(16/4) Taktik

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"Ich, Angelo Gatto, schwöre bei Gott, dass ich die Wahrheit sagen werde."

Valerio nahm seine Finger von dem geprägten Ledereinband herunter, er zog den Arm zurück und legte ihn auf der Seitenlehne seines Stuhles ab. Sein erwartungsvoller Blick ging zu dem Kardinal hinüber. Inständig hoffte er, dass dieser nicht bemerkte, wie er das Aussprechen von Wahrheit gerade in irgendeine Zukunft verlegt hatte. Er hatte nicht geschworen, jetzt die Wahrheit zu sagen.

"Befragt mich." Er verlieh seinen Worten einen selbstsicheren Klang. "Was immer Ihr wissen wollt, ich antworte. Ich habe nichts zu verbergen."

Vincenzo Grassi zögerte, es wirkte, als sei er unschlüssig, wie er beginnen sollte. Valerio ließ sich nicht täuschen; der Kardinal wusste exakt, was zu fragen war und auf welche Weise. Das Verhör war reine Routine. Allerdings schien es diese anderen Fragen zu geben - Fragen, die nicht laut ausgesprochen werden konnten und die auch in keinem Protokoll zu finden sein durften. Vielleicht war es diese Schwierigkeit: Das eine so zu erfragen, dass das andere sich offenbarte.

"Wir beginnen neu", erklärte Vincenzo Grassi. "Unsere Konversation gestern Abend tut hier also nichts zur Sache."

Plötzlich wirkte er abgelenkt, wandte das Gesicht nach rechts und in den halb dunklen Raum hinein. Der Blick huschte unruhig über die Wände, verirrte sich an die gewölbte Decke, über die der Feuerschein zuckte. Irgendetwas schien ihn zu beschäftigen. Wie zur Bekräftigung seiner eigenen Gedanken nickte Vincenzo schließlich, seine Aufmerksamkeit kehrte zu seinem Gefangenen zurück. Er atmete tief ein. "Der Zeuge ist fort. Seine Aussage... ist gemacht. Sollten sich hier nun ganz andere Zusammenhänge ergeben - und sollte ich diese für glaubwürdig halten - werde ich die Aussage des Kaufmanns anzweifeln. Und nach ihm schicken lassen, damit man ihn in Ketten hierher zurück bringt."

Warum sagte er das? Und warum hatte er Mauro so voreilig gehen lassen, wenn er Valerio zur Sache noch ausführlich verhören wollte... und damit rechnen musste, dass noch weitere und neue Fakten zutage kamen? Oder hatte sich etwas geändert, hatte es neue Informationen gegeben, seit man ihn hier hinunter gebracht hatte? Es reizte ihn zu fragen, ob man denn seine Aussage nicht ebenfalls protokollieren wollte; sein Eid war bereits ohne weitere Zeugen geschehen und musste so doch eigentlich ungültig sein... Im letzten Moment hielt er sich aber doch zurück. Es war klüger den Kardinal reden zu lassen.

"Mauro de Lorca hat geschworen." Für eine Sekunde wandelte der Anflug eines Lächelns die harte Miene des Inquisitors. Es passte nicht zu dem Thema, das er anschnitt. "Wie Ihr sicher wisst, ... Angelo... steht auf Meineid der Tod. Ich hatte ihn dringlich daran erinnert, so wie ich es hier nun auch Euch sage. Ihr habt ebenfalls geschworen, seid also gewarnt. Jede Unwahrheit, so wir sie entlarven können, bringt Euren Hals unter das Schwert. Oder - in dem Fall, dass wir Euch und nicht ihm glauben schenken möchten - den Kaufmann an den Henker." Vincenzo Grassi beugte sich über den Tisch vor. Der Ton, in dem er weiter sprach, unterstrich das Gewicht dessen, was nun folgte. "Ich lege hier nun in Eure Hand die volle Verantwortung für alles, was Euch selbst oder Mauro de Lorca in Folge Eurer Aussage geschieht. Meine Hände sind rein und werden es bleiben. Niemand anders wird für die Folgen Eurer Aussage zur Verantwortung zu ziehen sein als Ihr allein und selbst."

Valerio erfasste die scharfe Warnung, die aus Worten und Haltung des Kardinals sprach. Gewarnt war er so oder so. Mit dem Inquisitor war nicht zu spaßen, das hatte er bereits erfahren dürfen. Viel wichtiger jedoch war der Fakt, dass Mauro nicht mehr in der Festung gehalten wurde! Man hatte ihn also tatsächlich gehen lassen. Das bedeutete, dass er in diesem Verhör nun frei entscheiden konnte, welche die günstigeren Aussagen waren - für ihn selbst, nicht für sie beide. Denn wie sollte man ihm eine Lüge oder auch nur geringe Abweichungen von der Wahrheit nachweisen, wenn sie beide vereidigt waren und gleichwertig Aussage gegen Aussage stand!

Was immer Mauro dem Kardinal noch weiter gesagt haben mochte, nachdem man ihn abgeführt hatte - er konnte nun immernoch seine eigene Wahrheit über den Hergang des Geschehens abliefern und sicher sein: Die Differenzen würde man niemals ganz aufklären können. Er musste Mauro belasten, so wie dieser ihn beschuldigt hatte. Aber immerhin würde der Kaufmann frei und unterwegs sein, während das geschah - er selbst war in den Klauen des Inquisitors gewesen, als Mauro ihm den Mord in die Schuhe schob. Der Kaufmann hätte seinen Tod billig in Kauf genommen, um frei zu sein.

Es würde ihm schon nichts geschehen. Wenn er nicht ganz dumm war, verwischte er jetzt gerade seine Spuren, ging nicht wie angekündigt nach Rom und auch nicht in seine Heimatstadt zurück. Besser, er nahm sein Geld und hielt sich eine Weile woanders auf, wo man ihn nicht kannte. Und Tote konnten nicht sprechen! Weder Mauros noch seine Version würden sich letztlich widerlegen lassen, Floriano - der Einzige, der die Wahrheit kannte - war tot. Auch hatte er dem Kardinal vor Zeugen gezeigt, wie leicht ein kundiger Mann feststellen konnte, dass die meisten Wunden dem Jungen tatsächlich nicht zugefügt worden waren, als er noch lebte! Jeder einigermaßen fähige Leibarzt, jeder Heiler und Barbier in Narni, würde das genauso sehen, es war kein Kunststück. Floriano hatte diese Verletzungen nicht gehabt, als sie in der Festung ankamen, sie waren ihm innerhalb dieser Mauern zugefügt worden.

Aber durch wen? Dass Mauro selbst Zugang zur Leiche gehabt haben sollte, während er gleichzeitig an eine Wand gekettet die Stunden verbrachte, war auszuschließen. Der Kaufmann hatte ihm die Spuren seiner Fesseln gezeigt. Ein Inquisitor besaß große Macht und weitgreifende Befugnis; wenn es allerdings um Mord ging, dufte er keine Male am Opfer verstecken oder verleugnen, noch durfte er welche hinzu fügen lassen. Aber er konnte Männer kaufen, die das für ihn erledigten... ebenso, wie er ihr Schweigen kaufen konnte. Nur... wozu das alles?

"Ihr dürft Euch jedwede Folge selbst zusprechen", wiederholte Vincenzo in schnarrendem Ton. "Ich fragte, ob Ihr das verstanden habt. Ich würde gerne beginnen, wenn Ihr dann soweit seid." Er schien sichtlich bemüht, seine Ungeduld zu unterdrücken.

"Ich habe verstanden." Valerio erwiderte den Blick des Kardinals fest und sicher. "Ich weiß, dass ein Meineid mit dem Tod bestraft wird. Aber... Ihr hattet mir die heiligen Sakramente zugesagt, Hochwürden." Mit der freien Rechten wies er zum Beitisch hinüber, auf dem der Wasserkrug und der Wein für den Kardinal standen. "Ich sehe leider nicht, dass sich mein Wunsch erfüllen soll?"

Der Inquisitor hob die Augenbrauen, eine Mimik, die den kleinen nebelgrauen Augen eine runde, beinahe kindliche Form verlieh. "Eure Frömmigkeit steht in seltsamem Kontrast zu dem, was man Euch vorwirft, findet Ihr nicht? Die Frömmigkeit oder die Mordanklage... was hier falsch ist, werden wir heraus finden." Er griff nach seinem Becher und nahm einen Schluck von seinem Wein. "Ihr dürft sicher sein, mein Sohn", fuhr er fort, "wenn ich Euren Bezeugungen Glauben schenke, werde ich Euch höchstpersönlich begleiten und Ihr werdet die heiligen Sakramente empfangen. An einem erquicklicheren Ort allerdings, dort, wo ich selbst meine Seele reinige und stärke."

Er fixierte Valerios Gesicht, schien jede geringste Regung zu verfolgen. Valerio senkte den Blick und schloss den Kardinal aus. Er spürte den Ärger, der in Vincenzos Stimme mitschwang, als dieser seine Rede fortsetzte. "Wenn ich Euch aber töte..., weil ich befinde, dass Ihr den Tod verdient habt..., werde ich selbstverständlich dafür sorgen, dass Ihr zuvor in Eurer Zelle innerhalb dieses Gemäuers das Abendmahl und die Beichte empfangt. Unmittelbar vor Eurer Hinrichtung, nicht früher. So ist es Brauch." Ein flaches Lächeln ließ seine Lippen noch schmaler werden als sie ohnehin waren. "Seid versichert", brachte er seine Erklärung zuende, "niemand verlässt mich, ohne die Segnungen der Heiligen Kirche empfangen zu haben. Ganz gleich, wie die Sache für Euch endet, Ihr werdet also Beichte und Kommunion erhalten. Sehr bald.... wenn Ihr nun keine weiteren Fragen mehr habt und wir mit dem Verhör beginnen können."

Valerio bemühte sich ruhig zu bleiben. "Und wenn ich aus Eurer eigenen Hand Hostie und Wein empfangen möchte... Jetzt gleich? Und Euren Segen - hier, an diesem Ort? Mir ist der Ort gleich, die Sakramente sind es, die ich brauche. Ich bin schon lange unterwegs und wäre längst am Ziel, wenn ich hier nicht gefangen sitzen würde. Man beschuldigt mich eines Mordes, Hochwürden! Sicher versteht Ihr... allein der Gedanke, mich hier unter Verdacht zu finden, eine so schwerwiegende Todsünde begangen zu haben, bedrückt mich grenzenlos." Er sah dem Kirchenmann offen in die Augen. "Bitte verzeiht, Eminenz, dass ich Euch so bedränge, aber ich fühle mich besudelt. Ich möchte beichten und den kirchlichen Segen empfangen! Dann weiß ich, dass ich alles getan habe, um rein vor dem Höchsten zu stehen, wenn ich hier meine Aussage mache. Es würde mir Kraft geben, dieser unrechten Beschuldigung im Verhör weitaus ruhiger und zuversichtlicher zu begegnen."

Er unterstrich seine Worte mit diesem speziellen Blick, von dem er seit fünfhundert Jahren wusste, dass er Steine erweichte. Schon als Achtjähriger hatte er auf dem Marktplatz in Assisi vor den Marktleuten herum gestanden und seine sehnsuchtsvollen Augen über Aprikosenpasteten, Zimtfladen und Korianderstangen schweifen lassen. Man hatte ihn oft so satt gefüttert, dass er beinahe platzte - während andere Kinder stehlen mussten, was sie haben wollten.

Das Stirnrunzeln des Kardinals war nicht zu deuten. Sein Blick schien in Valerios Gesicht nach einer Lüge zu suchen; aber vielleicht überlegte er auch nur, ob er dem Wunsch seines Gefangenen nachgeben sollte.

Schließlich schüttelte er den Kopf. "Diese Festung", erklärte er, "wurde nicht zur Ehre Gottes errichtet. Seit ihrer Erbauung im Jahr 1367 diente sie der Verteidigung gegen die Invasionen der Feinde Italiens." In einer ausladenden Bewegung wies er durch den kleinen Raum. "Seht Euch um... Dies ist ein kriegerischer Ort! Diese Wände... sie haben das Elend der Welt gesehen. So viel Böses, so viel menschliches Verderben, all diese Schwäche und Sünde... Unchristliche, unwürdige Dinge. Meine Seele findet Frieden und Erneuerung in dem kleinen Dominikanerkloster im Nordwesten der Stadt. Hinter diesen tristen Mauern kommt sie nicht zur Ruhe. Ihr selbst, sobald Ihr ein freier Mann seid, solltet ebenfalls nicht vor dem Hintergrund schimmeliger Kerkermauern und hinter eisernen Riegeln und Schlössern die Sakramente erhalten! Das ist hier an diesem Ort den Verurteilten vorbehalten. Freie Männer von Terni, und auch ich und meine Gäste und Bediensteten sowie diejenigen, die hier auf der Durchreise Herberge finden, wenden sich zu diesem Zweck an Pater Geronimo. Die Abtei liegt am anderen Ende von Narni, direkt am Hang. Ich werde dort..."

"Aber Hochwürden, wäre es nicht möglich..." Valerio machte einen letzten Versuch. Noch während er sprach, wusste er, er hätte besser schweigen sollen.

Die Mimik des Kardinals wandelte sich. Sein Blick hatte plötzlich dieses erschreckend Vogelartige, das ihm bereits zu Beginn an ihm aufgefallen war.

"Nötigt mich nicht!" Vincenzos Worte hallten von den Wänden wider. "Versucht mir nicht die Neutralität zu nehmen, um die ich mich hier in Eurem Interesse bemühe! Ringt mir in Eurer Seelennot keine Zeremonie ab, wie ich sie nur für die todgeweihten Sünder anbiete! Das ist würdelos - für mich und für Euch! Ich möchte Eure Antworten und mein Urteil auf dem Tisch haben, bevor ich Euch wie einen zum Sterben Verurteilten behandle und Euch hier auf dem rauen Stein knien lasse. Noch wissen wir nicht, wohin mit Euch!" Die harte, kratzende Stimme nahm eine weichere Färbung an, er beruhigte sich wieder. "Habt Geduld und lasst uns jetzt beginnen. Wenn es soweit ist - und wenn sich zeigen sollte, dass ich Euch in die Freiheit entlasse - erhaltet Ihr ein Pferd und kommt mit mir. Es ist nicht mehr als ein halbstündiger Ritt von hier, immer an der Stadtmauer entlang. Wenn Ihr Eure Sakramente empfangen habt, seid Ihr frei und könnt die Straße nehmen, die in die Schlucht hinunter führt."

Der Kardinal zögerte einen Augenblick. Als er weiter sprach, wirkte seine Stimme in Valerios Ohren schmeichelnd, glatt. Wie die abgetretenen Stufen, die ins Verließ hinunter führten.
"Für Eurer gutes Damaszenermesser und die Silbertaler, die in Eurem Beutel sind, überlasse ich Euch einen alten Gaul, wenn Ihr nicht zu Fuß gehen mögt." Vincenzo schien nicht auf Valerios Augenbraue zu achten, die sich in leisem Protest hob. Er dachte einen Moment nach, dann grunzte er ungnädig. "Oder legt noch etwas drauf... wenn Ihr wisst, wie Ihr das anstellen wollt. Für das Ferkel. Ihr habt in meinen Wäldern gewildert. Euren Bogen erhaltet Ihr nicht zurück."

Er konnte nicht widersprechen. Jetzt lag alles bei ihm. Der Kardinal war hinterlistig, er schien eine Vorliebe für üble Überraschungen zu haben. Und seine Stimmung wechselte schneller als Valerio über eine schulterhohe Mauer kam. Er saß so tief in der Falle! Dazu gab es jetzt keinen einzigen Schluck Wein, sondern stattdessen ein Verhör, das dauern konnte und dessen Ausgang so ungewiss war wie die Launen des Inquisitors... und diese wollte er nun nicht schon zu Beginn seiner Vernehmung unnötig reizen.

Aber immerhin! Er hatte die Freiheit zu reden gewonnen, da Mauro sich nicht mehr in den Händen des Kardinals befand... und er hatte das Recht angehört und ernst genommen zu werden, weil er auf die Bibel geschworen hatte. Sicher, es gab keine Zeugen für seinen Schwur. Das konnte ein Anzeichen für eine Falle sein; Vincenzo konnte hinterher leicht behaupten, dass eine Vereidigung nicht stattgefunden hatte und man daher seine Version der Geschichte nicht ernst nehmen müsse. Ohne anerkannten Eid konnte man leicht befinden, dass er log.

Bei Mordfällen war es mehr als üblich, Zeugen und mutmaßliche Täter zu vereidigen. Ein Inquisitor mit einer Macht, wie Rom sie Vincenzo Grassi in Terni verliehen hatte, würde sich immer fragen lassen müssen, warum er versäumt hatte den Hauptverdächtigen zu vereidigen, bevor man ihn verhörte. Allerdings konnte dieser hinterher noch offiziell einfordern auf die Bibel schwören und seine Aussagen wiederholen zu dürfen, sollte man ihm aus einer angeblich fehlenden Vereidigung später einen Strick drehen wollen. So leicht konnte ihn der Inquisitor also nicht in jede beliebige Ecke drängen, es gab Vorschriften, Rechte! Und Gesetze, an die sich auch die Römische Kirche halten musste. Nicht zuletzt hatte sie sogar eigene erlassen, an die sie nun gebunden war.

Insgesamt war seine Lage jetzt weitaus besser als zuletzt, als er nackt und mit absterbenden Händen an der Wand gehangen hatte. Das hier war bereits so viel besser... Womöglich war diese Verbesserung tatsächlich seinem Geschick zu verdanken, sich in das persönliche Interesse des Kardinals hinein zu schleichen. Wenn es nicht mit dem Teufel zuging, konnte er in der nächsten Stunde einen guten Schritt Richtung Freiheit tun! Er wollte nicht undankbar sein und keine Zeit verschwenden, er hatte keine. Er musste in den nächsten Stunden an Wein kommen, sonst würde er zurück fallen. Tierblut wäre eine Alternative - wenn es ihn auch nicht so kalkulierbar machte wie Rosinen oder Wein, und Tiere triggerten seine Jagdlust.... Aber die Ratten in diesem Gemäuer wollte er sich nur antun, wenn es keine andere Möglichkeit gab.

Zurück gelehnt in das gepolsterte Leder seines Stuhles, den versonnenen Blick auf Valerios Gesicht gerichtet, beobachtete ihn der Kardinal. Als Valerio aufsah und sich nickend, wenn auch mit Sorge und Bedauern, in den Aufschub der Kommunion fügte, nahm Vincenzo Grassi wieder eine offizielle Haltung ein.

"Dann wäre das also endlich geklärt. Wir beginnen." Der Ton, in dem er sprach, wurde knapp und fordernd. "Nennt mir Euren Namen und wann Ihr geboren seid, dazu den Wohnort, Eure geburtliche Herkunft."

"Ich bin Angelo Gatto, geboren am vierten November 1497 in Florenz. Ich lebe in Perugia."

"Ihr wart gestern auf dem Weg wohin?"

"Nach Rom."

"Was wolltet Ihr dort?"

"Einen Freund besuchen. Tomaso Brandini."

Es war riskant, aber er musste Namen nennen. Da es hier aber wohl kaum um sein Reiseziel ging, sondern eher um ein Abtasten der generellen Glaubwürdigkeit seiner Person, durfte er davon ausgehen, dass solche Nebendinge nicht näher überprüft werden sollten... Falls exakt dies dem Kardinal aber einfallen sollte, musste Valerio alles daran setzen, von hier zu verschwinden! Tomaso war im Jahr 1521 gar nicht in Rom gewesen, nicht, dass er davon wusste. Rom war keine Stadt für Steinmetze, die sich ihr Leben lang nur mit kleinen Bauten und der Reparatur von Nutzgebäuden beschäftigt hatten. Es hatte für Tomaso keinen Grund gegeben, sich ausgerechnet in Rom Arbeit zu suchen, bestimmt hatte es auf dem Land um Assisi für ihn genug zu tun gegeben. Nach Valerios Verschwinden war er wahrscheinlich nie weiter herum gekommen als bis Perugia, Spoleto oder Gubbio. Es war gefährlich, einen ernsthaften Bezug zu Menschen seiner eigenen Vergangenheit herzustellen... Es würde das Schicksal jedes Einzelnen verändern! Am Ende würde alles außer Kontrolle geraten und Valerio hätte großen Schaden angerichtet. Dieser würde sich über die Jahrhunderte bis in die moderne Zeit auswirken.

Oh, Tomaso... Der Baumeister war ihm eben zufällig in den Kopf gekommen. Vielleicht hatte er sich auch aufgedrängt, es würde zu ihm passen - er hatte länger nicht an ihn gedacht.

Wie gerne hätte er ihn einmal wieder gesehen, ihn einfach in seiner Zeit besucht! Aber er durfte sich ihm nicht zeigen, das Risiko war zu groß. Nachdem man ihm erklärt hatte, Caterina sei tot, hatte er Assisi verlassen, war unter dem gewaltigen Schock nach Rom gewandert... und von dort hatte sich aus der Sicht aller, die ihn gekannt hatten, seine Spur verloren, niemand hatte ihn jemals wieder gesehen. Tomaso war da gewesen an dem Morgen, als sie am Westtor standen, zusammen mit Camilla und Maria. Valerio hatte es ihm hoch angerechnet, dass er gekommen war; er hatte zu seinem Abschied niemanden erwartet, aber den Baumeister zu allerletzt. Sie hatten einander versprochen, sich bald einmal wieder zu sehen, aber dann... war alles ganz anders gekommen. Nein, er durfte Tomaso da nicht mit hinein ziehen, im Leben des Älteren war genug schief gelaufen, der Baumeister brauchte nicht noch eine Katastrophe.

"Tomaso Brandini", wiederholte der Kardinal. "Was macht er, dieser Brandini? Und was wolltet Ihr von ihm?"

Valerio bemühte sich zu lächeln. "Nun, was Freunde voneinander wollen. Ich hatte gesagt, ich komme mal vorbei. Meine Braut wünscht sich ein Haus... Mein Freund ist Steinmetz und hat einige Gesellen unter sich. Er schuldet mir noch etwas. Ich habe kein Geld, um ein Haus zu bauen, aber wir haben den Anbau hinter dem Haus meines Schwiegervaters, den dürfen wir uns einrichten. Es geht um eine marode Wand, die müsste raus. Das Eichengewerk ist in Ordnung, aber wir wollen es mit Steinen statt mit Weidenruten füllen, die Wand liegt zum Hang und im Winter pfeift der Wind hindurch. Durch die Steine wird es im Winter hoffentlich wärmer sein..."

Es funktionierte. Vincenzo Grassi begann an seiner Armlehne zu zupfen, dann richtete er seine Robe, die Hand drehte den Fuß seines Weinglases... Es interessierte ihn nicht. Valerios ausschweifender Bericht langweilte ihn. Er hatte gezielt vermieden den Namen noch einmal zu erwähnen; statt dessen hatte er über ihn einen Berg voller Ablenkungen geworfen, der Kardinal sollte Bilder von Steinen und Weidenruten, von Bräuten, Berghängen und kalten Wintern im Kopf haben... und den Namen darüber vergessen. Die Tatsache, dass hier nun niemand ein Protokoll führte, sollte nicht allein zum Vorteil des Inquisitors sein.

Ende Teil 147

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