(7/5) Das Lager

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Er riss die Augen auf. Sein Herz jagte und er schnappte nach Luft, gerade so, als sei er lange unter Wasser gewesen. Erst jetzt bemerkte er, dass er sich aufgesetzt hatte. Er war wach geworden. Was für einTraum! Und es hatte mit Feuer geendet... kein Wunder!

Es musste noch früh am Morgen sein. Während sein Herzschlag sich beruhigte, begann er sich im Raum umzusehen. Langsam sickerte die Erinnerung in sein Bewusstsein. Er war in Valerios Haus. Er war mit ihm mitgegangen, ein weiteres Mal. Erstaunt sah er an sich hinunter. Er war nackt. Seine Kleidung lag in einem unordentlichen Haufen neben ihm auf dem Fußboden. Es war viele Jahre her, dass er nackt geschlafen hatte. Und er erinnerte sich absolut nicht, wie er in der Nacht ins Bett gefunden hatte.

Aber... das war kein Bett. Unter den vielen Polstern gab es höchstens eine Art einfaches Holzgestell – wenn sie nicht sogar direkt auf dem Boden lagen. Er beugte sich zur Seite herüber und bis über die Kante, befühlte mit der Hand den Untergrund. Unter ihm stapelten sich mehrere wohl fest mit Stroh oder Wolle ausgestopfte dicke Matten, ähnlich wie Matratzen. Darüber lag ein weich gewebter Teppich, der wiederum mit einem großen Tuch abgedeckt war. Dies gab dem Lager eine gewisse Höhe, auch wenn man immer noch in Bodennähe schlief. Der Teppich über den Matratzen verlieh der Liegefläche eine angenehme Festigkeit. Er hatte erstaunlich gut darauf geschlafen.

Zugedeckt war er mit einem großen, weichen Laken, über dem eine Art gesteppte Decke lag, die mit roher Wolle gefüttert zu sein schien. Die angenehme Schwere und die gleichbleibende Wärme verrieten dies. Es war ein dicker Quilt, über und über verziert mit von Hand ausgeführten Steppstichen, die die untere Lage, die Füllung und den Oberstoff zusammen hielten. Auch wenn der Oberstoff seine Altersspuren aufwies, war er doch wunderschön. Die Farben waren verwaschen, auch erlaubte die Morgendämmerung noch keinen Blick auf feinere Details – aber dass der Stoff einen guten Anteil Seide enthalten musste und sehr fein gewebt war, konnte er fühlen – und dazu die zahllosen Steppstiche, die ein feines Relief in die Wattierung drückten. Bewundernd ließ er die Finger über die vielen kleinen Erhebungen gleiten. Auch die verschlungenen Ranken, Blüten und Zweige des Stoffes waren im schwachen Licht erkennbar. Diese Decke musste wirklich alt sein, wahrscheinlich eine kostbare Antiquität - und es war eine exquisite Handarbeit.

Er hatte eine Schwäche für alte Textildrucke, er liebte die alten Handwerkskünste. Über die Asiatische und Europäische Quiltkunst hatte er viel gelernt. Dies hier war wirklich eine besondere Decke. Und Valerio hatte sie ihm für sein Lager gegeben! Irgendwie rührte ihn der Anblick dieses improvisierten Bettes. Es steckte so viel Historie darin ... Es war eine uralte Form einer Schlafstatt, es war so abenteuerlich. Und irgendwie persönlich. Ja, es war eine auf einzigartige Weise treffende Geste, ihm ein solches Bett anzubieten. Er konnte gar nicht sagen, was es war, das ihn hieran so berührte, es kam aus dem Urgrund seiner Bedürfnisse.

Und wie gut man darauf schlief! Spontan nahm er sich vor, sich zuhause in seiner Wohnung ebenfalls ein solches Bett zu bauen. Mit einigen Futonmatratzen vielleicht. Und einem alten Kelim aus Wolle und einem Tuch darüber.

Gerade erst war er aufgewacht, und schon hatte er derartige Gedanken! Seltsam... Und auch der Traum war sehr... speziell gewesen. Diese aufgeladene Atmosphäre dort in diesem kleinen Raum! Warum er wohl ausgerechnet hier und jetzt solche Dinge träumte! Aber etwas daran hatte seine Sinne auf eine Weise angesprochen, dass es ihn sogar in diesem Moment noch beschäftigte. Selbst das Feuer zum Ende hatte den Eindruck, den diese Traumszene bei ihm hinterlassen hatte, nicht ansatzweise trüben oder abschwächen können.

Er zwang seine Gedanken auf andere Wege. Es war noch früh am Morgen und er fühlte sich bereits herrlich ausgeschlafen – Er konnte diese frühe Morgenstunde nutzen, um seine Gedanken und die gestrigen Ereignisse ein wenig zu sortieren, bevor er Valerio wieder begegnete.

Die blaue Dämmerung ließ bereits einige Dinge im Raum erkennen. An der Wand, gleich neben seinem Lager, entdeckte er einen Kamin. Sofort blieb sein Blick daran hängen. Eigenartig... Er hatte plötzlich Blutgeruch in der Nase! Und er sah Bilder... Die gesamte Oberfläche seiner Haut war auf einmal wie elektrisiert, sie schmerzte. Er spürte, wie er die Kiefermuskeln anspannte und die Zähne aufeinander presste. Vielleicht war es die Tatsache, dass er in diesem Moment nackt war, vielleicht, dass es exakt dieses Lager war, auf dem er gelegen hatte, als er schwer verletzt gewesen war... denn plötzlich war alles wieder da. Das Feuer hatte gebrannt, es war Nacht gewesen. Genau hier hatte er gelegen, Valerio hatte sich um ihn gekümmert. Der Schrank dort vorne, direkt neben der Tür... Dieser Raum war es, aus dem er geflüchtet war!

Er wollte nach seiner Kleidung greifen, als eine Hand in seinem Sichtfeld erschien und ihm ein Glas reichte. Ein Weinglas. Wie das Glas in seinem Traum. Es war gut halb voll. Der Inhalt war... dunkler als Wein.

„Trink", sagte Valerio.

Magnus erschrak. Er wich zurück, zog die Decke fester um sich. Valerio saß bei seinem Kopfende auf dem Boden. Er musste die ganze Zeit dort gewesen sein, still und unbeweglich. Er hatte ihn nicht bemerkt. Hatte Valerio seine Gedanken verfolgt? Hatte er... seinen Traum gesehen? Einen Augenblick lang wurde ihm siedend heiß. Was dachte er wohl, wenn er gesehen hatte, in welcher Weise er von ihm träumte - und dass er Gefühle dazu hatte, über die man sicher einen ganzen Abend lang diskutieren konnte?

„Was ist das?", brachte er hervor und zeigte auf das Glas. Und gleich danach: „Verdammt, was machst du hier? Wie lange hockst du hier schon hinter mir?"

Valerio war anzumerken, dass ihn seine Verlegenheit amüsierte. „Wein. Und... lange." beantwortete er beide Fragen zugleich in lässigem Ton.

„Was...?" Er verstand nicht. „Es ist zu früh für Wein!"

Valerio lachte. „Eine Frage der Perspektive. Es ist Abend."

Magnus sah Valerio ungläubig an. „Abend... Wirklich? Ich habe den ganzen Tag geschlafen?"

Valerio antwortete nicht direkt. „Ich habe mir Gedanken gemacht, weil du nicht wach wurdest. Ich habe nach dir gesehen."

„Oh." Magnus schaute irritiert auf das Glas in seiner Hand. „Ich wollte nicht unhöflich sein. Mir fehlt mein Wecker. Ich muss... Ich muss gestern ganz schön hinüber gewesen sein nach unserer.... nach dem Ausflug in... ins Kloster."

Valerio betrachtete ihn nachdenklich. „Ja", sagte er still. „Das warst du. Aber ich wollte sicher gehen, dass..."

„Hast du etwa gedacht, ich wäre geflüchtet? Wie beim letzten Mal?" Der Gedanke war ihm spontan gekommen, ehe er darüber nachdenken konnte, hatte er ihn bereits ausgesprochen.

Valerio antwortete nicht.

Magnus hatte nicht vorgehabt, mit der Tür ins Haus zu fallen – über die Schwierigkeit, die es mit seinen Fragen gab, hatten sie in der Nacht ausführlich gesprochen. Dennoch versuchte er es jetzt. Weil es ihn beschäftigte, weil sie nun hier in diesem Raum waren, weil er nach dieser einen Nacht, an die er sich immer mehr erinnerte, nun schon wieder hier gelegen hatte. Gerade jetzt saß er nackt auf diesem Lager.

„Ich kenne den Raum. Hier ist es gewesen, als du... mich zusammengeflickt hast."

Valerio wirkte erstaunt. „Was weißt du davon? Woran erinnerst du dich?"

Magnus sah sich in der Dämmerung um. Er nickte an Valerio vorbei zum Kamin hinüber. „Hier vorne hat Feuer gebrannt. Mir war kalt gewesen. Du hast oft Holz nachgelegt, bist immer wieder mit neuem Holz herein gekommen. Ungezählte Male bist du hinaus gelaufen und wieder gekommen, hast dies und das mitgebracht oder getan, hast nach mir gesehen, mit mir gesprochen."

„Du hast mich gesehen? Und auch gehört?"

Er nickte. „Sicher nicht immer... Oft bin ich weg gesackt, habe geschlafen, war bewusstlos. Aber ich habe oft gewusst, wenn du da warst. Und vieles habe ich mitbekommen." Als Valerio schwieg, fuhr er fort: „Mein Bein... da war alles offen, unten über dem Fuß. Der Knochen, du hast ihn... Du hast ihn irgendwie zurück gedrückt, hast die Teile zusammengefügt. Auch hier oben..." Er zeigte auf sein Schlüsselbein. „Ich dachte, ich würde sterben. Es war die Hölle."

Valerio lachte leise. „Es war eine elende Viecherei, ja. Einmal kamst du hoch, ich konnte dich nicht mehr halten. In diesem Moment musst du es gesehen haben. Das war, bevor ich dich... festgebunden habe." Er wurde ernst. "Ich hätte das gern anders gemacht. Aber ich konnte dir nicht noch mehr Schlafmohnsaft geben. Ich hätte dich umgebracht. Es ging nicht anders."

Magnus suchte in seiner Erinnerung. „Schlafmohn? Oh verdammt! Das ist sehr... sehr archaisch. Wann hat man dieses Zeug benutzt?"

Valerio lachte leise. „Immer schon. Seit Jahrtausenden. Erst in den letzten Minuten auf unserer Zeitskala haben wir die elegantere Version erfunden: Opiate, Schmerz- und Narkosemittel, chemisches Zeug."

Plötzlich erinnerte er sich. Wie konnte er nicht daran gedacht haben! „Dein Studium im Kloster... Wie ging es dort mit dir weiter? Bist du ein Medicus geworden?"

„Valerio zögerte, dann nickte er. „Ja. Und dann habe ich einige hundert Jahre weiter studiert. Nicht selten auf unüblichen Wegen. Ich bin gereist, durch die Welt, durch die Zeit. Ich habe in China gelebt, in Südamerika, in Indien. Ich war unterwegs auf den Spuren alten Wissens, habe gelernt, was es zu lernen gab in Zeiten großer Epidemien, an den Rändern von Schlachtfeldern..." Er lächelte. "Im Herzen bin ich ein Medicus geblieben. Ich vertraue der gewachsenen Natur mehr als den meisten menschlichen Erfindungen.

„Du hättest mich ins Krankenhaus bringen müssen." Magnus ließ den Blick durch den Raum schweifen. „Das hier ist kein Operationssaal. Du hattest keine Geräte, keine Hilfsmittel, keinen Assistenten. Nichts war steril..."

Valerio schüttelte energisch den Kopf. „Der Weg von hier bis in die moderne menschliche Welt ist weit, das weißt du. Niemand hätte kommen können, um dich abzuholen. Durch die Zeit zu reisen erfordert Kräfte, Energie – etwas, das dir in Minuten aus dem Körper rann. Du hattest viel Blut verloren, das Schlüsselbein hatte einige Arterien zerfetzt. Am Bein dasselbe. Du wärst verblutet, wenn ich dich weg gebracht hätte. Ich musste die Blutung stillen. Und dann habe ich den Rest... in Ordnung gebracht."

Was hast du gemacht? Was genau? Wie... wie hast du das hinbekommen?"

„Valerio zögerte. Dann seufzte er. "Ich weiß es nicht. Ich habe das Nötige getan, eines nach dem anderen. Ich habe nicht nachgedacht."

„Warum weichst du aus? Es war perfekt! Nichts habe ich davon zurückbehalten, abgesehen von einigen dünnen Linien auf meinen Knochen. Sieh her!" Er tippte mit dem Finger auf sein Schlüsselbein. „Du musst genau gewusst haben, was du tust. Ein Arzt, der mich untersucht hat, hält den "unbekannten Kollegen", von dem er glaubt, dass er dies vollbracht hat, für ein Genie. Er hat es ein Wunder genannt. Und eines musst du wissen: Er ist ein absolut sachlicher und modern denkender Kerl."

Valerios Lächeln war nur flüchtig. „Dann war es gut", entgegnete er trocken. Er wurde ernst. „Ich weiche aus, sagst du? Ich habe meine Gründe. Ich spreche nicht gern darüber. Es... erinnert mich an jemanden. Diese ganze Situation war... Ich habe schon einmal um ein Leben gekämpft. Ja, du hast Recht. Ich wusste genau, was ich tat. Ich wusste, dass es gut gehen wird. Ich habe Erfahrung. Ich habe getan, was getan werden musste. Es hat funktioniert. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen."

„Es hat funktioniert", wiederholte Magnus Valerios Worte und sah ihn erstaunt an. „Das ist alles, was du dazu sagst? Du hast mir das Leben gerettet!"

Was in diesem Moment in Valerio vorging, konnte er nicht sagen. Seine Züge, sein Blick, der ihm auswich, waren nicht lesbar.

„Ich bin noch nicht fertig mit meinen Fragen", erklärte er schließlich, weil Valerio weiter schwieg. „Wenn ich hier wieder weg gehe, möchte ich keine ungeklärten Fragen mitnehmen, sondern einen Haufen plausibler Antworten. Es war so abgemacht."

Valerios  Blick schweifte durch den Raum, aber dort gab es nichts, was interessant gewesen wäre. Schließlich wandte er sich Magnus wieder zu. Er hielt den Blick gesenkt, als er sagte: „Ja, ich hatte es versprochen, du hast Recht." Er seufzte. „Ich habe dich hier hinein geschafft. Ich habe dein Bein abgebunden. Dann habe ich dich in einen Schlaf versenkt, um die Mittel holen zu können, die ich brauchte. Wasser. Tücher, Schüsseln, einen Eimer. Handtücher, Decken, blutstillende und fiebersenkende Kräuter, antiseptische Kräuter und Salben, Verbandszeug. Trinkwasser, Essen, Tee, Feuerholz. Ich musste dich zu Bewusstsein kommen lassen, damit du schlucken konntest, was ich dir gebraut habe. Ich habe es dir immer wieder gegeben, so viel, wie du vertragen konntest... Weil ich Zeit brauchte, deine Knochen in Ordnung zu bringen und die Wunden zu versorgen. Dazu musstest du einigermaßen bei Sinnen sein, ich konnte es dir nicht geben, wenn du bewusstlos warst. Darum erinnerst du dich an die Schmerzen, darum hast du so viel gesehen. Es sollte so nicht sein. Als ich mich um das Bein kümmerte, musste ich dich festbinden. Du hast um dich getreten und dir selbst große Schmerzen verursacht, mehr als du bereits hattest. Ich habe das Gebräu angewendet, meine Kräfte und..."

„Welche Kräfte hat ein... Vampir, die hier nützlich wären?"

Valerio lächelte jetzt. „Nenne mich Wanderer. Deine Vorstellung über Vampire ist erbärmlich klischeebehaftet."

„Merkt man das?"

Der Blick, den Valerio ihm unter der hochgezogenen Augenbraue zuwarf, war Antwort genug. „Wozu... Zeitwanderer fähig sind, ist sehr verschieden", erklärte er. „Es ist wie mit allen anderen Fähigkeiten, die du kennst. Nicht jeder hat sie, nicht jeder ist gleich gut darin, wenn er sie hat, nicht jeder stellt dasselbe damit an oder geht verantwortungsvoll und seriös damit um. Nicht jeder hat überhaupt herausragende Talente. Die einen können dies besser, die anderen das. Es gibt einige spezifische Dinge, zu denen Zeitwanderer mehr oder weniger fähig sind. Wie sie es einsetzen, zu welchem Zweck und mit welchem Ziel - und auch, wie gut sie darin sind - all dies ist sehr individuell."

Magnus nickte. „Was sind deine Talente? Wie hast du mir geholfen?"

Ende Teil 53

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