۞ 38. кαρiτєℓ - isτ ∂αs ∂αs єท∂є?

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"Wir werden sterben."
Die Worte rollten Evelyn erstaunlich leicht von der Zunge. Aidan lag im Gras und hatte ihren Kopf auf seinem Bauch. Der Boden war warm. Selbst der Windhauch, der gerade kam, dämpfte die Wärme nicht.

"Drei Menschen, die für uns stimmen. Mit den doppelten Stimmen des Bürgermeisters vier", flüsterte Aidan gedankenverloren.

"Und nun gewinnt niemand", sagte Evelyn leise, "Der weiße Wolf tötet Marco, das einzige verblieben Rudelmitglied tötet Franklin und der Mörder übernimmt Mary. Am Morgen werden nur noch wir beide aufwachen. Und unser Schicksal ist besiegelt. Es ist einfach nur traurig."

Aidan nickte leicht. Irgendwann richtete er sich langsam auf und sagte, es sei Zeit, die letzten Kämpfe zu führen. Während Evelyn zu Mary aufbrach, suchte Aidan Marco auf. Dieser wartete bereits auf ihn und schaute mit geschlossenen Augen zum Mond hinauf. Als er Aidan durch das Gestrüpp stiegen hörte, wandte er den Kopf. Sagen tat er nichts, doch in seinen Augen spiegelte sich der Tod.

Der Wald war so dunkel, dass der braune Wolf nur einen, großen, schwarze Schatten auf sich zu kommen sah. Einen Schritt von ihm entfernt erkannte er doch noch etwas anderes. Es waren die im Nachschein glänzenden Augen seines Feindes, die voller Anmut und Kälte strahlten. Sie verrieten dem armen Geschöpf, was als nächstes folgen sollte.

Der riesige Schatten stürtzte sich auf ihn. Es ging viel zu schnell, als das der Wolf sich hätte wehren können. Er war nie gut im Kampf gewesen, doch gegen die unglaublich starken Krallen seines Gegeners hätte selbst ein erfahrener Wolf sich mittlerweile nicht mehr wehren können. Tief und tiefer bohrten sie sich in das rotbraune Fell des Wolfes, welcher schmerzvoll aufheulte.

Als nächstes spritzte es Blut. Viel Blut, der junge Wolf konnte gar nicht fassen, dass diese Massen an Flüssigkeit aus seinem Körper austraten. Sein Blick wurde trüber, sein Sichtfeld eingeschränkter. Bewegen konnte er sich nicht mehr, dazu war er zu geschwächt und seine Gliedmaßen wahrscheinlich schon meterweit entfernt, um sie benutzen zu können.

Doch eines nahm er ganz genau wahr. Wie der andere Wolf sich langsam von seinem Körper erhob, sein Blut an seinem Fell klebend und das Maul blutrot. Er wimmerte leise und wünschte sich, durch alles andere zu sterben, doch nur nicht so. Denn der letzte Anblick in seinem durch dieses Spiel verhunzten Lebens waren die strahlend blauen Augen seines Feindes. Die Augen eines Feindes, die am Morgen sowieso tot neben seinen eigenen lagen. Welch eine Tragödie.

Als Aidan sich von der Leiche entfernte, verwandelte er sich zurück. Auch als Mensch waren seine Arme und sein Mund blutig rot. Er betrachtete die Leiche im Mondschein und suchte dann einen See auf, um sich zu waschen.

Danach ging er zurück ins Dorf. Er setzte einen Fuß auf den Marktplatz und sah seine Liebste am anderen Ende auf ihn zukommen. An ihrer Hand klebte Blut. Kinderblut.

Sie kamen weiterhin auf einander zu, in der Mitte neben der Wolfsstatur stand jedoch noch ein anderer. Franklin. Er schaute in den Himmel. Aidan und Evelyn stellten sich links und rechts zu ihm und sahen ebenfalls hinauf.

"Langsam geht die Sonne auf", flüsterte Franklin tief zufrieden.

"Ein neuer Tag beginnt", sagte Aidan.

"Es fühlt sich eher so an, als würde ein Tag enden", wisperte Franklin, dessen Augen sich mit Tränen füllten, "Wollt ihr euer Werk nicht vollenden?"

"Müssen wir nicht", sagte Evelyn, drehte sich zu ihm und lächelte ruhig. "Wenigstens einer sollte gewinnen. Und das werden Sie sein."

"Nein, dazu habe ich kein Recht", sagte Franklin und sah nun den Bordstein an, "Wieso sollte ein alter Mann wie ich überleben? Ich hatte bereits ein Leben. Ein erfülltes noch dazu, schließlich war ich Bürgermeister einer gesamten Stadt. Ich habe viele Menschen kennengelernt und viele in mein Herz geschlossen. Doch diese sind nun alle tot. Ich bin der einzige. Und ich möchte nicht als einziger überleben. Ihr seid jung und habt das ganze Leben vor euch. Aber noch viel wichtiger: Ihr seid zu zweit. Ihr solltet überleben."

Evelyn lächelte weiterhin. "Die Lynchung wird uns töten. Daran wird nichts mehr geändert." Doch noch im selben Moment, indem sie ihre Worte sprach, verstand sie. Aidan und sie drehten sich geschockt zu ihm um.

"Ganz genau", sagte er langsam und sah die beiden an, "ich gab nicht euch meine Stimme sondern Marco."

Damit stand es vier zu zwei. Vier zu zwei für Marco. Und der war bereits tot. Evelyns Augen weiteten sich. Sie starrte den Bürgermeister an. Dann wich sie zurück.

"S-Sie hätten überleben können!", flüsterte sie geschockt, "Sie wären der Sieger! Und sie wollten uns lediglich einen Gefallen tun?" Sie hielt sich die Hand vor den Mund. Tränen schossen ihr in die Augen. Aber wenn sie jetzt nicht starben, musste jemand getötet werden. Sie mussten ihren Retter töten. Es reichte wohl nicht, bereits ihren Lehrmeister und ihre beste Freundin sterben zu sehen, deren Tochter zu ermorden und den Rest des Dorfes zu verraten. Ihr Lebensretter würde durch ihre eigene Hand sterben! Mit vor Tränen quellenden Augen sah Evelyn auf.

Franklin sank gerade in sich zusammen. Aidans Hand war eine Klaue. In ihr prankte ein pulsierendes Herz. Evelyn verschlug es die Worte. Sie wollte schreien, starrte aber nur auf den sterbenden Körper.

"Er wird nicht leiden", flüsterte Aidan und trat ganz nah zu ihr. "Er ist bereits tot."

Evelyn hielt ihn fest. Ganz fest, damit nicht auch er noch von dieser Welt verschwand. Was nun? War das der Sieg?

Der Himmel wurde weiß. Ihre Umgebung wurde weiß. Sie spürte Aidan, der sich ebenfalls fester an sie krallte.

"Herzlichen Glückwunsch." Die Stimme klang ganz ohne allmächtigen Klang. Sie war nicht laut, als ob sie durch ein Mikrophon gesprochen wurde. Sie war nicht beherrschend. Sie kam aus einer Entfernung von zehn Metern.

Evelyn drehte den Kopf und spähte über Aidan Arm hinweg. Ein Hovercraft schwebte leicht über der Erde. Eine Klappe war hinuntergelegt und es strahlte in hellem Weiß aus dem Inneren. In der Lucke stand die Silhouette eines Mannes und streckte die Arme aus.

Langsam setzte sich Aidan in Bewegung. Doch Evelyn hatte es den Atem verschlagen. Sie stand wie angewurzelt da. Aidan zog sie immer weiter in Richtung des Flugzeuges, doch Evelyn vermochte nicht zu realisieren, was sie da gerade sah. Diese Silhouette. Diese Stimme so nah. Jetzt erkannte sie alles.

"Evelyn", sagte der Beobachter als die beiden vor ihm standen. Er legte seine Arme um beide. Die Klappe ging zu.

"Papa", wimmerte Evelyn in den Stoff seiner Jacke. Aidans Augen weiteten sich. Er löste sich aus der Umarmung.

"Sie sind der Beobachter?", flüsterte Aidan geschockt, "Aber wieso?"

Evelyns Vater schüttelte den Kopf. Ein abgemagertes Gesicht und eine zerbrechliche, große Statur. "Lasst es mich euch zeigen." Er nahm Evelyn Hand in seine. Auch so hätte sie ihn nicht mehr losgelassen.

Er führte beide in einen sterilen, weißen Raum mit ein paar Bänken. In die Wände waren links und rechts große Fenster eingelassen, welche den Düsterwald zeigten. Sie flogen. Sie setzen sich an eine der Bänke ans Fenster und sahen hinaus.

"Der Düsterwald", raunte Evelyns Vater, "Ein Wald, der nicht nur eurem Dorf gehört."

"Unser Dorf?", Evelyns Augen tränten, "es ist doch auch deins, oder?"

"Nicht mehr, nicht mehr. Das ist lange vorbei." Er sah mit verlorenen Augen nach draußen. Das Licht seine Augen war schon vor vielen Jahren ausgelöscht worden. "Seht jetzt her." Das Flugzeug näherte sich dem Waldrand. Im ersten Moment dachte Evelyn, sie wären im Kreis geflogen, doch die Häuser, die nun unter ihnen lagen, unterschieden sich deutlich von ihrem eigenen Dorf. Sie waren vollkommen anders angeordnet.

"Das ist Dorf Nummer vier. Ihr kommt aus fünf." Evelyns Vater starrte auf die Bewohner, die unbekümmert aus ihren Häusern aus und ein gingen. "Dieses Dorf ist momentan kein Spieldorf. Hier werden nächste Generationen herangezogen. Sobald in einem anderen Dorf ein Spiel begonnen wird, zieht man aus allen Generationsdörfern ein paar Menschen ab. Diese werden zu Spielern. Der Rest lebt einfach weiter."

Aidan und Evelyn verschlug es die Sprache. Jedem auf seine Weise. Irgendwann wollte Evelyn etwas fragen, ihr Vater unterband diese Frage jedoch.

"Deine Sorge ist berechtigt", sagte er und nickte, "Wenn du Glück hast, bist du eine alte Frau, wenn das Spiel beginnt. Dann hast du dein ganzes Leben bereits gelebt. Wenn du Pech hast - wie Mary - dann beginnt das Spiel, wenn du ein Kind bist."

"Als du damals gegangen bist", versuchte es Evelyn, "Wurdest du da selbst in ein Spiel geschickt?"

Das Nicken ihres Vaters ließ ihr eine Träne über die Wange laufen.

"Wieso konnte nur ich mich an dich erinnern? Wieso?!"

"Wir nennen es Kollektive Gedankenkontrolle. Wir wenden ein Erinnerungsmuster auf das ganze Dorf an und passen somit Erinnerungen an. Doch gerade durch diese breite Abdeckung kann es zu Fehlern kommen. Starke Persönlichkeiten mit einem starken Willen und unerschütterlichen Gefühlen können den Prozess verlangsamen und manchmal sogar komplett aufhalten."

"Wieviele?" Es war Aidans Stimme, die so strikt fragte. "Wieviele Dörfer?"

"Fünfzig", antwortete er nur.

"Fünfzig Dörfer", murmelte Evelyn geschockt, "Das waren die Spieler an der Barriere." Sie hielt inne und starrte auf den Boden. Dann sah sie ihren Vater an. "Aus welchem Dorf kommt Aidan? Aus welchem komme ich?"

"Ihr beide seid dort geboren, wo ihr auch gespielt habt. Lediglich Lorian, Carter, Mia, Pixie und Franklin sind ebenfalls aus eurem eigenen Dorf. Alle anderen sind hinzugekommen. Wurden aus ihren alten Familien gerissen und in ein neues Leben geworfen. Ein Leben, in dem die meisten nicht einmal eine Woche überlebten. Evelyn, deine Mutter wurde sehr früh eingezogen, du warst kaum geboren. Erst als Beobachter konnte ich mich wieder an sie erinnern. Aidan, deine Eltern sind gemeinsam in ein anderes Dorf geschickt worden."

Aidan traute sich nicht, zu fragen. Doch Evelyn Vater verstand. Er schüttelte den Kopf. Sie hatten es nicht überlebt.

"Was passiert jetzt mit uns?"

"Sieger werden zu Beobachtern. Ihr werdet selbst eines dieser Todesspiele leiten. Früher oder später."

Evelyn blickte fest. "Und wenn wir uns widersetzen?"

Der Beobachter blickte sie das erste mal richtig an. Seine Augen schienen nicht erfreut. "Dann werdet ihr erneut ins Spiel geschickt. Als Spieler."

"Verdammt", flüsterte Aidan in seine Hand hinein, "Ein Sieg, der sich nicht mal wie einer anfühlt."

"Spiele kommen nicht allzu oft vor. Einige müssen jahrelang warten, bis ihnen das erste Spiel zugeteilt wird."

"Jetzt ergibt die andere Stimme einen Sinn", wisperte Evelyn vor sich hin, "Der andere Beobachter. Er hatte uns als 'auflehnend' bezeichnend."

Evelyns Vater nickte und lächelte matt. Seine Augen bekamen das erste mal einen leichten Glanz zurück.

"Dorf Nummer 5 hat nun einen legendären Ruf", sagte er und schloss die Augen, "Ihr habt euch aufgelehnt wie kein anderes Dorf. Eure Ängste übernahmen niemals die volle Kontrolle über das Dorf. Die Mehrheit hatte sie sogar selbst unter Kontrolle. Natürlich hat mir das umso mehr Schmerzen bereitet."

Evelyn sah ihn fragend an. Er drückte ihre Hand fester. "Ich habe inständig gehofft, dass du überlebst. Auch wenn dich hier kein besseres Leben erwartet, so hätte sich dein Spieleinzug nicht abwenden lassen können. Und dann wurde das Dorf so unglaublich stark zusammengestellt. Feinde, wie sie in einem Spiel nur ein einziges Mal auftauchen, tauchten bei euch zu Hauf auf. Es war furchtbar. Die Gewinnchancen lagen so niedrig."

"Du klangst immer so", Evelyn suchte verzweifelt nach einem richtigen Wort, "Überglücklich. Absolut erfreut über einen Tod. Hast du dich so sehr mit dieser Rolle abgefunden?"

Der Beobachter legte den Kopf in den Nacken. "Genauso wie wir eure Gehirne kontrollieren können, können wir auch unsere eigenen Gedanken durch Technik beeinflussen lassen. Ich wusste, was ich tat, aber ich habe andere Gefühle dabei gefühlt, als ich es sonst tun würde. Die da oben sehen es als Vorsichtsmaßnahme. Die Spieler sollen denken, wir wären allmächtig und ohne Furcht."

"Die da oben?", Aidan lachte, "Die Hierarchie geht weiter?"

"Natürlich. So gesehen endet die Hierachie nie."

"Was für ein System. Habt ihr euch niemals aufgelehnt?", fragte Evelyn.

"Doch, natürlich. Aber das schon vor vielen Jahren. Die Kontrolle ist zu mächtig."

Sie sahen gemeinsam aus dem Fenster und schwiegen. Unter ihnen tauchte ein Dorf nach dem anderen auf. Sie flogen so lang, bis es dämmerte. Die Nacht brach herein und sie sahen Werwölfe, die über Menschen herfielen. Sie sahen Mörder, die ihre Opfer erdolchten. Und sie sahen Sekten, die umherzogen und Unruhe stifteten. Die Sekte wäre tatsächlich die beste Möglichkeit gewesen, wie möglichst viele Menschen überleben hätte können. Selbst, dass sie beide gemeinsam gewonnen hatten, war dabei jedoch besonders. Doch das nur, weil sie offiziell verliebt gewesen waren. Oder waren sie das immer noch?

Evelyn sah zu Aidan. An ihm war alles so, wie zu dem Zeitpunkt, als sie sich verliebt hatte. Seine blonden Haare und blauen Augen zogen sie erneut in seinen Bann.

"Papa", fragte sie, als sie sich losgerissen hatte, "Passierte alles, auch diese Gefühle zu Aidan, aus einem Zwang? Das hatte nicht ich mit eigenem Willen bestimmt sondern eine Sonderrolle? Jemand anderes?" Evelyns Augen zitterten leicht. Diese Erkenntnis war fürchterlich.

"Nun", sagte der Beobachter in einem sehr, sehr ruhigem Ton, "Du musst das anders betrachten."

"Wie denn?", fragte sie mit Verzweiflung in der Stimme. Sie versuchte sich zusammen zu raufen.

"Eventuell", fing er an, sah ihr tief in die Augen und begann zu lächeln, "wussten diese Rollen, dass ihr euch verlieben würdet. Sie wussten einfach alles und sagten es voraus."

"Aber wie meinst du das denn?"

"Eventuell standen einige Dinge in der Geschichte schon fest. Und wie und auf welchem Wege sie geschehen, liegt im Auge des Betrachters." Er lächelte warm. Seine Augen zeigten plötzlich einen weisen Glanz.

"Das bedeutet", sagte Evelyn und schluckte, "Wir hätten uns sowieso verliebt?"

"Möglich", sagte er lächelnd und legte ihr die Hand auf den Kopf. "Betrachte es als solches Geschehnis."

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