66 - Nathan - Fly high angel

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Ehrlich? Ich habe keine Ahnung, wie genau ich die letzten beiden Tage überlebt habe.

Nur verschwommen erinnere ich mich an sie zurück, was wohl daran liegt, dass es nicht viel gibt, woran ich mich wirklich erinnern könnte. Im Grunde lag ich den ganzen Tag nur da, und habe die Freude der Ärzte nur wenig teilen können, wenn sich meine Werte mal wieder verbessert haben. Laut Aleyna habe ich verdammt viel Glück gehabt, doch wirklich besser macht das die Situation nicht.

Ich weiss, dass sie alles versucht, um für mich da zu sein, und ich bin ihr wirklich sehr dankbar dafür. Doch ich glaube, keiner kann mir diesen Schmerz wirklich nehmen. Jede Sekunde in der ich die Chance dazu hatte habe ich bei Ray verbracht, manchmal mit Gesellschaft meiner Freunde oder Aleyna, manchmal aber auch alleine.

Nur noch wenige Leute dürfen ihn besuchen kommen, die meisten, um Abschied zu nehmen. Ich sehe meinem Bruder an, wie schwer es ihm fällt, seine Freunde zurückzulassen. Ich weiss, dass er noch nicht sterben will, doch ich weiss auch, dass keiner es mehr ändern kann. Seine Gesundheit wurde zu sehr geschädigt, seine Verletzungen sind zu gravierend. Er und Ethan haben am meisten von uns dreien abbekommen.

Eigentlich würde Ray das, was er abbekommen hat sehr gut wegstecken können, wäre da nicht der Krebs, der ihn sowieso schon stark geschwächt hat. Und die Tatsache, dass er die letzten Tage vor der Explosion kein einziges Medikament nehmen konnte, trägt auch nicht wirklich zur Verbesserung bei.

Jetzt gerade sitzt Aleyna auf meinem Bett, und liest irgendwelche Fragen an Dr. Sommer aus allen Magazinen vor, die sie besitzt. Sie hat Caine damit beauftragt, ihr die zu bringen. Mittlerweile sind wir beide nicht mehr auf der Intensivstation, jedoch muss Aleyna noch immer streng überwacht werden, weshalb alle zehn Minuten eine Krankenschwester bei ihr nach dem Rechten sieht. Ihr Gesicht ist noch immer blass, und ihr Körper ist noch viel dünner geworden. Es ist ihr anzusehen, dass sie bis vor kurzem noch um ihr Leben gekämpft hat, und ich bin mächtig stolz auf sie, dass sie diesen Kampf erneut gewonnen hat. Auch, wenn ich es gerade nicht zeigen kann.

Ich höre ihr gar nicht richtig zu, sondern beobachte das Mädchen mit den blauen Haaren einfach nur, während sie versucht, mich abzulenken. Ich habe sie noch nicht oft ohne Schminke gesehen, und nutze diesen Moment daher aus, um sie mir ganz genau anzusehen. Eigentlich sieht ihr Gesicht auch ohne Schminke nicht viel anders aus, doch der dunkle Lidschatten, den Aleyna normalerweise trägt, hat ihre Augen ziemlich betont.

Jedoch bilden ihre schwarzen, dichten Wimpern auch ohne jegliche andere, dunklen Töne einen wunderschönen Kontrast zu ihren blauen Augen. Man sieht Aleyna – abgesehen von der Hautfarbe – nicht wirklich an, was sie die letzten Monate durchgemacht hat, und ich frage mich, wie viel sie noch ertragen hätte. Ich habe keine Ahnung, wie sie das alles wegstecken kann, immer wieder aufs Neue. Kaum war eine Sache geklärt, kam etwas Neues auf sie zu, und sie wurde erneut auf die Probe gestellt.

Doch es gab keine Sekunde, in der Aleyna darüber nachgedacht hat, hinzuschmeißen und wegzulaufen. Sie hat sich ihren Problemen seit dem ersten Tag gestellt, und es hingenommen, dass sich ihr Leben daraufhin drastisch verändert hat. Dieses Mädchen ist unglaublich stark, und ich glaube, manchmal weiss sie das gar nicht. Doch dafür weiss ich es.

„Du hörst mir gar nicht zu", seufzt Aleyna plötzlich, und reißt mich aus meinen Gedanken. Ich sehe, wie sie mich mit einer hochgehobenen Augenbraue mustert, und zucke bloss mit den Schultern. Normalerweise würde ich jetzt eine sarkastische Bemerkung machen, doch mir ist nicht danach. Allgemein ist mein ganzer Humor fort, so, als hätte er nie existiert. „Es wird ihm danach besser gehen", flüstert Aleyna plötzlich, und fährt mit ihrem Daumen auf meinem Handrücken leicht auf und ab.

Ihren Blick hat sie dem Boden gewidmet, und ein paar ihrer schwarzblauen Strähnen verdecken mir die Sicht auf ihr Gesicht. „Ich weiss", antworte ich nur mit rauer Stimme, und räuspere mich leicht. Eine Weile schweigen wir bloss, und ich drehe meine Hand mit der Handfläche nach oben, um unsere Finger miteinander zu verschränken. Keiner von uns sagt was, und irgendwie ist das auch okay so. Manchmal ist es besser, Gefühle ohne Worte sein zu lassen, und sich durch andere Gesten zu zeigen, dass man nicht alleine ist. Auch wenn ich mich so fühle.

Ich lege das Magazin, welches auf Aleyna's Schoss liegt weg, und ziehe sie leicht zu mir, damit sie sich hinlegen kann. Wortlos kommt Aleyna der Geste nach, und legt ihren Kopf auf meiner Brust ab, während sie einen Arm um mich legt. „Weißt du", murmelt sie leise, und schluckt leicht.

„Manchmal fragt man sich, wieso sowas ausgerechnet dir passieren muss. Du weißt genau, dass es besser ist so, du weißt es. Doch du willst es nicht wahrhaben. Du willst nicht, dass dieser bestimme Mensch geht, und würdest alles dafür tun, dass er bleiben kann. Es will nicht in deinen Kopf, dass es ihm nur Schmerzen bereiten würde, und dass es besser ist, wenn er endlich erlöst werden kann. Es will nicht in deinen Kopf. Du fragst dich immer wieder, warum ich? Und keiner kann dir eine Antwort geben, weil es keine Antwort gibt. Manche nennen es Karma, andere Schicksal, und ich glaube, dass es manche Menschen gibt, die schon von Anfang an nicht dazu bestimmt waren, lange auf dieser Welt zu bleiben. Menschen, die nicht für diese Welt hier geschaffen sind, und denen es besser gehen wird, wenn sie gehen dürfen. Und genau mit diesen Menschen erlebt man die schönsten Zeiten, und deshalb tut es so weh. Es tut so unglaublich weh, loszulassen, doch es ist notwendig. Du musst irgendwann loslassen. Sonst wirst du zerstört."

--

Es ist später Nachmittag, und Aleyna liegt leicht schlafend neben mir. Seit sie diese Worte gesagt hat, die mich so berührt haben wie schon lange nichts mehr, ist sie bloss in Tränen ausgebrochen, und kurz darauf eingeschlafen. Ich habe noch lange über ihre Worte nachgedacht, stumme Tränen geweint, und leise mit Kopfhörern Musik gehört, während ich mit den Fingerspitzen leicht durch Aleyna's Haare gefahren bin.

Gerade fängt es draußen an zu regnen, und die Bäume vor dem Krankenhaus bewegen sich regelmäßig im Wind. Es klopft leise, und kurz darauf betritt ein Arzt den Raum. Es ist nicht mein Arzt, es ist Rays Arzt. „Nathan Scott?" Ich nicke leicht, und Aleyna öffnet langsam ein Auge. „Was ist los?", frage ich den Arzt, obwohl ich es an seiner Miene schon ablesen kann. „Es wird langsam Zeit", sagt der Arzt ruhig, und ich nicke stumm.

Aleyna steht auf, und ich erhebe mich ebenfalls. „Ich warte auf dich", flüstert sie mir zu, doch ich schüttle den Kopf. „Ich... wäre sehr froh, wenn du mitkommen könntest", murmle ich, und für einen kurzen Moment sieht Aleyna mich überrascht an. Dann nickt sie, und deutet auf ihren Rollstuhl. „Würdest du mich dann schieben?" Ich nicke, und deute Aleyna an, sich zu setzen. Sie kommt meiner Bitte sofort nach, und ich gehe mit ihr zum Arzt, der in der Türe wartet.

„Ist das okay?", frage ich, und deute auf Aleyna, die auf ihre Finger starrt. Der Arzt nickt, und wir verlassen mein Zimmer. Der Weg zur Intensivstation fühlt sich unendlich an, und ich weiss nicht, was ich fühlen soll. Alles in mir zieht sich zusammen, als ich daran denke, dass es das letzte Mal ist, dass ich zu Ray gehen werde. Das letzte Mal, dass er mich begrüßen wird, sobald ich das Zimmer betrete. Das letzte Mal, dass ich sein Gesicht sehen kann, während er mich frech angrinst.

Eine bedrückte Stimmung macht sich breit, als wir aus dem Lift treten, und uns steril machen müssen. Keiner verliert auch nur ein Wort, als wir die letzten Meter zu Rays Zimmer zurücklegen, und der Arzt klopft erst, als ich nicke. Natürlich bin ich nicht bereit dafür, doch das wäre ich nie gewesen. Wir betreten das Zimmer, mit dem ich mich die letzten Tage etwas angefreundet habe, und Aleyna geht mit etwas wackeligen Schritten zu dem Stuhl, der neben dem Bett meines Bruders steht.

Ich umrunde das Bett, und setze mich gegenüber von Aleyna auf einen weiteren Stuhl, der ebenfalls für Besucher gedacht ist. Ray lächelt uns schwach an, und beide nehmen wir eine seiner Hände in unsere. „Es ist wohl so weit", murmelt mein Bruder, und schluckt schwer. Ich nicke leicht, während ich Aleyna deutlich ansehe, wie schwer es ihr fällt, die Tränen zurückzuhalten. Ray sieht zu ihr, und lächelt erneut.

„Du darfst ruhig weinen", flüstert er, und Aleyna schluckt hart, ehe die erste Träne über ihre Wange rollt. Auch ich lasse nicht lange auf mich warten, und als Ray unsere Trauermienen sieht, lösen sich auch aus seinen Augen Tränen. „Könnt ihr wenigstens lächeln oder so?", flüstert er mit diesem spitzbübischen Lächeln, welches trotzdem verrät, wie schwer es ihm eigentlich fällt, Abschied zu nehmen. Seine Haut ist blass, und seine Lippen sind spröde und hellrosa. Man sieht ihm an, dass er nicht mehr lange da ist.

„Tut mir leid", lacht Aleyna leise, und schluchzt daraufhin auf. „Aber so einfach ist das gerade nicht." Ray winkt sie ran, und etwas umständlich setzt Aleyna sich auf den Bettrand. „Ich möchte, dass du mir zuhörst, okay?", bittet Ray, und Aleyna nickt. „Also... ich weiss nicht so genau, was ich sagen möchte, da ich mir keine Rede oder so bereitgelegt habe. Aber ich hoffe, dass du bald mit allem hier abschließen kannst, und deine Vergangenheit dich nicht mehr verfolgt. Du bist ein absolutes Traummädchen, vergiss das nie, Al. Du bist schlau, frech, lustig und hübsch noch dazu. Du hast so viele Talente in dir, die du unbedingt zeigen musst. Deine Stimme zum Beispiel. Du solltest öfters singen."

Ray holt kurz Luft, während Aleyna nur noch aus Schluchzern, Schniefern und Tränen besteht, und es Ray somit wohl auch nicht gerade leicht macht, weiterzusprechen. „Du hast so ein gutes Herz Al, bitte pass darauf auf. Lass dir von niemandem sagen, was du tun oder lassen sollst, hörst du? Du bist du, und das ist genau richtig so. Vergiss nie, wer du bist. Ich hoffe, dass du irgendwann wieder richtig glücklich sein kannst. Das ist mein einziger Wunsch für dich."

Aleyna kann nur noch den Kopf schütteln, ehe sie Ray in den Arm nimmt. Mein Bruder legt ihren Kopf behutsam auf seine Schulter, und drückt ihr einen Kuss auf die Stirn. Ich nehme mit meiner freien Hand die von Aleyna, und drücke sie fest. Ich weiss nicht mal annähernd wie schwer es für sie sein muss, erneut jemanden zu verlieren, der ihr so wichtig ist. Nach ein paar Minuten setzt Aleyna sich wieder auf ihren Stuhl, da sie Rays Kraft nicht zu sehr schwächen will. Mein Bruder sieht zu mir, und noch bevor einer von uns was sagen kann, brechen wir beide in einen Schwall von Tränen aus.

„Nate", flüstert Ray, und zieht geräuschvoll die Nase hoch, ehe er versucht, sich etwas aufzurichten. Ich helfe ihm sofort dabei, und mein kleiner Bruder lächelt mich dankbar an. „Ich weiss gar nicht, wo ich anfangen soll. Du bist der beste Bruder, den man sich wünschen kann, vergiss das niemals. Du hast mir mein Leben so viel erträglicher gemacht, und ich weiss gar nicht, wie ich dir jemals dafür danken soll. Du hast so viel für mich aufgegeben, alles versucht, um mir mein Leben so schön zu gestalten wie nur möglich. Ich meine, du hast es geschafft, dass ich meinen Geburtstag auf einem verdammten Dach feiern konnte. Das war der geilste Abend meines Lebens, Nate. Ich weiss, dass du leidest. Ich sehe den Schmerz in deinen Augen. Ich sehe, wie dich die Erinnerungen an ihn manchmal überkommen, und es tut mir weh zu wissen, dass ich nichts dagegen tun kann. Doch bitte lass dir von deinem kleinen Bruder einen Rat geben, der zu deinem Wohl dient. Ich möchte dich bitten, dich an jemanden zu wenden, der dir wirklich helfen kann. Jemanden der dir dabei hilft, dein Leid loszuwerden, oder es wenigstens erträglicher zu machen. Ich möchte, dass du glücklich sein kannst. Dass du lachen kannst, und all diese Liebe in dir zeigen kannst. Du hast es verdient, du hast es wirklich verdient, glücklich zu sein. Ich möchte dir für all die Jahre danken, Nate. Ich hab' dich lieb."

Ich nicke nur, und wische Ray die Tränen von den Wangen, da er es selbst nicht mehr kann. Seine Stimme ist immer träger geworden, und ich spüre, dass der Druck seiner Hand langsam nachlässt. Ich beuge mich über meinen Bruder, und drücke ihm einen Kuss auf die Stirn. „Ich werde mir Hilfe suchen", flüstere ich, und schlucke schwer. „Ich habe dich auch lieb", presse ich hervor, und Ray lächelt mich noch ein letztes Mal an.

Während ich meine Stirn gegen seine lehne, und ihn festhalte, schließt mein kleiner Bruder nach diesem jahrelangen Kampf langsam die Augen, und schläft langsam und für immer ein.

Ich spüre, wie sich ein schmaler Körper an meinen Rücken lehnt, und nehme Aleyna fest in den Arm, während die ersten Schluchzer des Verlusts meine Kehle verlassen, und ich völlig in mir zusammenbreche.

Lebe wohl, Ray Scott. Ich weiss, dass du auf mich aufpasst Du warst ein toller kleiner Bruder.

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Ich. Heule. :(

Es fällt mir immer so schwer eine Person in meinen Büchern sterben zu lassen, die so.. Idk, toll ist? Ich hab Ray's Charakter geliebt :(

- Xo, Zebisthoughts

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