24 | T O M

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Schwer atmend lehne ich mich gegen die geschlossene Tür. Die Fahrt war die Hölle. Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe nach Hause zu kommen, aber ich bin froh, dass ich niemanden verletzt habe.

Dass dieser Tag beschissen wird, war mir klar. Nicht umsonst nehme ich mir jedes Jahr in der Woche um den dritten November Urlaub, obwohl mir das, was ich tue, endlich wieder einen Sinn gegeben hat weiterzumachen. Aber an diesen Tagen bin ich einfach nicht in der Lage dazu, meine Arbeit gewissenhaft auszuführen. Eric weiß das. Vor zwei Jahren waren wir knapp besetzt. Da brauchte es einen plausiblen Grund, um seine Zustimmung zu bekommen. Seitdem weiß er auch, dass dieser Job mein Leben ist und hat deshalb mehr als nur ein Auge zugedrückt, wenn ich mich mal wieder wissentlich in Gefahr gebracht habe.

Daniel weiß es schon länger. Leider hat er mich zufällig gesehen, als er das Grab seiner Großeltern besucht hat. Obwohl ich nicht viel gesagt habe, konnte er eins und eins zusammenzählen. Er ist eben nicht blöd. Noch heute erinnere ich mich an unser Gespräch. Eine Antwort auf seine Frage schulde ich ihm bis heute. Ich weiß es ja selbst nicht mal. Vielleicht liegt es daran, dass ich mich an die Details nicht erinnern kann. Ich blende es einfach aus. Bis auf dieses eine Mal. Seitdem geht er mir noch mehr auf die Nerven. Behauptet, dass ich mich systematisch kaputt machen würde. Das ganze Blabla eben, das mir langsam aber sicher zu den Ohren rauskommt.

Seufzend streiche ich mir den feuchten Pony zurück und stoße mich von der Tür ab. Ich brauche dringend Kaffee. Die letzte Nacht war kurz. Kürzer als sonst.

Auf dem Weg in die Küche komme ich an dem kleinen Regal vorbei. Ich will nicht zu dem schwarzen Mini Mustang sehen, den sie mir zu Weihnachten geschenkt hat. Doch ehe ich mich versehe spüre ich das weiße Isolierband unter meinen Fingern, das sie extra auf das Modellauto geklebt hat, damit es aussieht wie meins.

Es ist dunkel. Nur die Sterne leuchten uns entgegen, während eine Traube von Menschen an uns vorbeigeht. Sie lachen. Einige von ihnen halten Bierdosen in der Hand, obwohl sie sich gegenseitig stützen müssen.

Sie steht vor mir, das Gewicht auf ihr rechtes Bein verlagert, die Hand in die Hüfte gestemmt. Die andere hält sie mir auffordernd entgegen. »Nun gib ihn mir schon.«

»Ich weiß nicht. Lass uns lieber aufs Taxi warten«, schlage ich vor, doch sie winkt ab.

»Quatsch! Das wird ewig dauern. So sind wir schneller zu Hause und können uns den angenehmeren Dingen widmen.« Wie eine Katze schmiegt sie sich an mich, aber ich zögere.

Ich weiß nicht wieso, aber ich habe ein ungutes Gefühl dabei.

Sie zieht eine Schnute und fährt mit ihren Fingerspitzen lasziv über den Kotflügel. »Oder hast du etwa Angst, dass deinem Baby was passiert, Kleiner?«

»Nein. Ich ...« Ich seufze. Ich will ihr nicht das Gefühl geben, dass ich ihr nicht traue. Trotzdem ist da weiterhin diese Stimme in meinem Kopf, die dafür sorgt, dass sich das silberne Pferd noch tiefer in meine Handfläche bohrt.

Mein gequälter Gesichtsausdruck bringt sie zum Lachen. »Du und dein Auto. Ihr habt wohl auch 'ne ganz besondere Beziehung zueinander.« Ihre Schulter stößt gegen meine Brust, bevor sich ihre Lippen zu einem Schmollmund verziehen. »Also manchmal glaube ich fast, du liebst es mehr als mich!«

»Fuck!«

Wie in Zeitlupe fliegt das Modellauto vom Regal, um mit einem Knall in tausend Einzelteile zu zerschellen. Es klingt wie das furchtbare Geräusch, das mich Nacht für Nacht aus dem Schlaf reißt. Doch ich träume nicht. Das hier ist real. Meine Beine geben unter mir nach. Ich schaffe es gerade noch, mich an der Wand entlang nach unten gleiten zu lassen. Unzählige Einzelteile verteilen sich auf dem Boden. Bruchstücke, die mir knallhart vor Augen führen, wie kaputt ich wirklich bin. Stimmen hallen in meinen Ohren. Verzerrt. So als hätte ich Drogen genommen. Mein Blick verschwimmt. Alles dreht sich ... will mich in diesen Strudel reißen.

Ich presse die Hände gegen meine Ohren. »Hört auf!« Doch die Dämonen lauern schon hinter der Tür. Quietschend öffnet sie sich. Nach Blut lechzend strecken sie ihre scharfen Krallen aus. Sie wollen mich packen, sich Zentimeter für Zentimeter durch meine Eingeweide fressen. Bis nichts mehr von mir übrig ist.

Ich ringe um Atem, doch die Luft fühlt sich an wie heißer Dampf. Mit jedem Mal verbrennt er meine Lungen in Stück mehr. Unaufhaltsam hämmert mein Herz und verteilt dumpfe Schläge gegen mein Zwerchfell. Der Schmerz, er zerreißt mich. Mir wird schlecht. Schon wieder.

Meine Hand ballt sich zur Faust. Instinktiv schnappe ich nach Luft. Ich darf nicht aufgeben ... muss weitermachen. Genauso wie damals. Mit aller Kraft stemme ich mich gegen diese Tür, hinter der sich das Höllenfeuer ausbreitet. Die Krallen kommen näher. Sie schlitzen mich auf. Ich drücke fester, doch sie hören nicht auf, mich zu zerfetzen. Sie oder ich. Einer wird das nicht überleben.

Noch einmal sammle ich meine gesamte Kraft und stemme mich dagegen. Mit einem dumpfen Knall fällt die schwere Eisentür zurück ins Schloss. Mit zittrigen Händen schiebe ich den Riegel davor.

Dann ist es still.

Erneut schnappe ich nach Luft. Sie ist kühler ... frischer. Ich atme ein zweites Mal, lasse sie länger in meinen Lungen zirkulieren. Mein Herz pocht immer noch, als wolle es weglaufen. Meine Beine aber fühlen sich an wie gelähmt.

Ich fühle mich wie gelähmt.

Nur den Schmerz, den spüre ich nach wie vor. Genauso wie die Übelkeit. Dabei ist gar nichts in mir, was raus muss. Ich ziehe die Beine näher an meinen Oberkörper und warte darauf, dass mein Magen das auch endlich kapiert. Was auch immer in letzter Zeit mit mir los ist, ich will, dass es endlich aufhört.

Das wird es nicht und das weißt du auch! Diese Frau tut dir nicht gut! Ich habe es dir von Anfang an gesagt, aber du wolltest nicht auf mich hören. Sie allein ist der Grund für deinen Zustand und du weißt genauso gut wie ich, warum das so ist!

Meine Vernunft hat recht. Tief in meinem Inneren wusste ich es immer. Doch es ist wie eine Sucht. Ein Drogenabhängiger weiß schließlich auch, dass es ihn ein Stück weit mehr kaputt macht, wenn er sich den nächsten Schuss setzt. Trotzdem kann er nicht damit aufhören. Er braucht dieses Hochgefühl. Es klingt verrückt, aber genauso geht es mir mit Emma. Im einen Moment gibt sie mir das Gefühl fliegen zu können. Nur um mich im nächsten Augenblick in die Tiefe zu reißen.

»Ich habe das im Griff«, sage ich immer wieder und raufe mir die Haare. Am liebsten würde ich sie mir alle einzeln ausreißen, nur um diesen Schmerz nicht mehr ertragen zu müssen. Dabei sollte ich einfach nur diesen Tag hinter mich bringen. Irgendwie. Dann ist alles wieder beim Alten.

Rede dir das nur weiter ein, warnt mich die Stimme erneut.

Ich ignoriere sie weiterhin, versuche mich auf meine Atmung zu konzentrieren. Sie wird regelmäßiger, obwohl jede Art von Druck wie Gift auf mich wirkt. Emma, sie tut mir gut. Das ist das Einzige, was zählt.

Durch die gespenstige Stille dringt ihr glockenhelles Lachen an meine Ohren. Ich sehe die Freude in ihrem Gesicht, wenn sie erfährt, dass ihr doch jemand eine Chance gibt. Dieses Strahlen in ihren Augen, das meine dunkle Welt auf magische Art und Weise erhellt.

Nicht lange, weil sich unter die wohlklingenden Laute eine andere Stimme mischt. Sie wird lauter. Klingt genauso warm wie immer und doch jagt mir ein eiskalter Schauer über den Rücken. 

»Tja.«

Ich will mir die Ohren zuhalten, schreien. Irgendwas. Aber ich bin zu nichts in der Lage. 

»Wie man hört, sind wir gerade anderweitig beschäftigt. Falls ihr was Interessantes zu erzählen habt, lasst es uns wissen und wir rufen zurück. Und bis dahin ... tut nichts, was wir nicht auch tun würden.«

Immer noch starre ich auf den blinkenden roten Punkt. Ich sehe sie da sitzen. Auf dem Boden, mit dem Teil auf ihrem Schoss. Sie hat es gehasst. Es wäre unpersönlich, mit einer Maschine zu sprechen. Nur mit guten Argumenten und der Bedingung, dass sie das Band besprechen darf, hat sie sich darauf eingelassen und war am Ende stolz auf ihr Werk, als würde es sich dabei um eine Doktorarbeit handeln.

Warum ich das Teil immer noch habe? Ich denke, das erklärt sich von selbst. Warum es sich allerdings eingeschaltet hat, kann ich mir im ersten Moment nicht erklären. Denn eigentlich weiß jeder, dass er mich nicht unter der Festnetznummer anrufen soll, damit genau das nicht passiert. Auch meine Mutter weiß das. Gerade scheint ihr das jedoch ziemlich egal zu sein.

»Wo bist du? Und wieso gehst du nicht an dein Handy? Ruf mich sofort zurück, wenn du das hörst! Bitte!« Ihre aufgeregte Stimme befördert mich  endgültig in die Realität zurück.

Ich krame in der Tasche meiner Jeans und ziehe mein Handy hervor. Dreizehn verpasste Anrufe und unzählige Nachrichten ploppen vor mir auf. Zum größten Teil von meiner Mutter, aber auch einige von Greg.

Verdammt.

Ich kenne Mom. Wenn ich sie nicht sofort zurückrufe, wird sie spätestens in zehn Minuten einen Suchtrupp losschicken. Wenn sie das nicht schon getan hat. Das darf auf keinen Fall passieren.

Die Angst vor dem, was mich erwartet, wenn sie hier auf der Matte steht, verdrängt die Übelkeit und den Schmerz. Ächzend rappele ich mich vom Boden auf und bin froh, mich im Wohnzimmer auf die Couch fallen lassen zu können. Ein letztes Mal atme ich tief durch, bevor ich sie zurückrufe. 

Es dauert nicht lange bis sie atemlos abnimmt. »Gott sei Dank!« Ihre Stimme klingt, als würde ihr eine ganze Wagenladung Steine vom Herzen fallen. »Geht es dir gut? Wo bist du? Wieso gehst du nicht an dein Handy?«, überhäuft sie mich mit Fragen, die mich zunehmend überfordern. »Soll ich vorbeikommen?«

Alles. Nur das nicht. »Nicht nötig.« Innerlich verfluche ich mich dafür, dass meine Stimme genau das Gegenteil sagt. Sie wird es merken. Gerade bei mir scheint sie oft ein Gespür dafür zu haben, wenn etwas nicht stimmt.

Auch diesmal schlägt ihr Radar an. »Wirklich? Du klingst so ...«

Jetzt bin ich derjenige, der sie unterbricht. »Mir geht es gut, Mom.« Ich beuge mich nach vorne und reibe mir durchs Gesicht. »Wirklich. Ich bin zu Hause und ... habe einfach nicht mitbekommen, dass du angerufen hast. Okay?« Ein leises Seufzen kann ich mir am Ende nicht verkneifen. Ich weiß, sie meint es gut, aber anstrengend ist es trotzdem. Schließlich bin ich alt genug, um selbst auf mich aufzupassen.

»Möchtest du nicht vorbeikommen?«, fragt sie etwas weniger hysterisch. »Ich habe Brownies gebacken.«

Allein beim Gedanken daran kommt es mir hoch. »Danke, aber ich ...«

»Komm schon, Junge. Gib dir einen Ruck. Du ...« Ihr tiefer Atemzug lässt mich Böses ahnen. Eigentlich redet sie ohne Pause und vor allem ohne darüber nachzudenken. »... solltest besser nicht allein sein heute.« Mit jedem Wort wird sie leiser. Trotzdem weckt der letzte Teil meine schlimmsten Befürchtungen.

In der Hoffnung, dass meine Stimme nicht ganz so brüchig klingt, räuspere ich mich. »Ein anderes Mal vielleicht, okay?«

Erneut höre ich ihren tiefen Atem, bevor sie sich schweren Herzens geschlagen gibt. »Okay, aber ... wenn du etwas brauchst, dann ...«

»Melde ich mich«, beende ich ihren Satz. »Ich muss leider auflegen. Hab noch was Wichtiges zu tun«, lüge ich und fühle mich noch schlechter. Doch sie soll lieber denken, ich hätte keine Zeit für sie, als vor Sorge fast umzukommen. Es reicht, dass sie das bisher zweimal getan hat. »Mach's gut, Mom.«

Überzeugt sie nach wie vor nicht. Ich sehe ihre zusammengekniffenen Augen förmlich vor mir, während sie versucht, feinste Nuancen in meiner Tonlage zu analysieren. Dabei bemühe ich mich schon die ganze Zeit, meine Stimme nicht allzu gepresst klingen zu lassen. »Du auch, mein Junge.« Sie sollte ebenfalls an ihren Überzeugungskünsten arbeiten. »Und vergiss nicht, ich liebe dich.«

Jetzt bin ich derjenige, der scharf Luft einsaugt, wenn auch so leise, dass sie es hoffentlich nicht hört. »Das weiß ich. Ich ...« Dafür, dass ich diese dämlichen drei Worte nicht über meine Lippen bringe, könnte ich mir eine reinhauen.

»Ich weiß«, meint sie, obwohl ihre Stimme das Gegenteil behauptet. Mich würde es nicht wundern, wenn sie Tränen in den Augen hätte. Und ja. Dafür hasse ich mich gerade noch mehr.

»Bis bald, Mom«, sage ich diesmal und lege auf. Erschöpft lasse ich meinen Kopf gegen die Sofalehne fallen. Mein Magen kann sich zwar weiterhin nicht entscheiden, ob er mein Freund oder mein Feind sein soll, aber ich brauche jetzt einen Kaffee. Sonst mache ich endgültig schlapp.

Langsam erhebe ich von dem Polster, nehme eine Tasse aus dem Schrank und stelle sie auf die Metallplatte. Der Duft von frisch gerösteten Bohnen weht mir entgegen. Allen Warnungen zum Trotz gebe ich einige Löffel Zucker in die Tasse und setze sie an meine Lippen. Sofort spüre ich, wie die heiße Brühe an meiner Kehle vorbei rinnt, um kurz darauf ein erneutes Inferno auszulösen. Trotzdem trinke ich den Rest und spüle anschließend mit Wasser nach. Sozusagen als Friedensangebot. Bringt nur leider nicht viel. Dafür brauche ich jetzt keine Streichhölzer mehr für meine Augen. Ist ja auch was.

Kurz denke ich darüber nach, an den Medikamentenschrank zu gehen, verwerfe den Gedanken aber schnell wieder. Stattdessen entscheide ich mich dafür, mich hinzulegen. 

Zur Ruhe komme ich allerdings nicht, weil es kurz darauf auf dem Couchtisch brummt. Ein kurzer Blick aufs Display meines Handys bestätigt meine Befürchtung.

»Wer stört?!«, frage ich, obwohl ich bereits weiß, wer der Übeltäter ist.

»Ich wollte nur hören, ob du noch lebst.« Auch Gregs Stimme klingt provokant, was mich noch wütender macht.

Schnaubend richte ich mich auf. Wobei ich mich wahrscheinlich eher anhöre wie eine Schwangere bei der Geburt. »Ich stehe weder vor irgendeinem Abgrund, noch befinde ich mich in der Nähe von scharfen Gegenständen. Sind damit alle Unklarheiten beseitigt?«

Leider entgeht Greg meine nicht mehr ganz so bissige Stimmlage nicht. »Tom.« Die Eigenschaft, tief durchzuatmen, bevor er etwas Unangenehmes ausspricht, hat er eindeutig von Mom geerbt. So wie vieles andere auch. Als wir noch Kinder waren, hat man uns gefragt, ob wir wirklich Geschwister sind. Trotzdem haben wir uns bis zu diesem Tag immer sehr gut verstanden. »Du kannst vielleicht Mom an der Nase herumführen, aber mich nicht. Das solltest du langsam wissen.«

Ich stöhne demonstrativ. »Was willst du?«

»Du solltest das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Damals hattest du verdammt großes Glück. Beim nächsten Mal ...«

»Es wird kein nächstes Mal geben, okay?!«, versuche ich ihm klarzumachen, obwohl ich mir da gerade selbst nicht so sicher bin.

»Woher willst du das wissen?« Jetzt ist er derjenige, der stöhnt. So wie ich ihn kenne, kneift er sich gerade in die Nasenwurzel und presst die Augen zusammen. »Du gehst ja nicht mal zu den Kontrollterminen.«

Jap. Es hat eindeutig Nachteile, wenn der große Bruder im Krankenhaus arbeitet. Von Datenschutz haben die da echt nix gehört. Sollte mich nach der Sache mit Emma eigentlich nicht überraschen. »Ich ... geh da schon noch hin. Gerade habe ich nur einfach keine Zeit.«

Leider lässt Greg diesmal nicht locker. Stattdessen labert er irgendwas von Spätfolgen, woraufhin ich irgendwann aufgebe. »Ich werde einen Termin machen. Zufrieden jetzt?«

Natürlich nicht. Was hatte ich auch erwartet? »Moment. Ich schaue sofort nach.« Im Hintergrund höre ich ein Klackern. »Nächste Woche Dienstag kann ich dich dazwischenschieben. Um zehn.«

Hervorragend. Mein Blick wandert zur Decke. Womit habe ich das verdient? Ich seufze. »Tu, was du nicht lassen kannst.« Hauptsache er geht mir nicht mehr auf die Eier, zumal ich an dem Tag sowieso arbeiten muss.

Zum Glück höre ich kurz darauf eine Frau, die ihm sagt, dass er in die Notaufnahme muss. Es gibt also doch noch einen Gott! Oder so was in der Art.

»Ich muss Schluss machen«, meint er. »Und denk daran, kein Kaffee und keine Zigaretten. Sonst können wir die Untersuchung nicht durchführen.«

Was er nicht sagt? Er scheint gerne zu vergessen, dass ich mich inzwischen auch mit dem medizinischen Kram auskenne. Ich atme hörbar laut aus. »Jawohl, Sir.«

Wie immer ignoriert er meinen sarkastischen Unterton. »Gut. Wir sehen uns dann.« Subtil kann er.

Das ›hoffentlich nicht‹ denke ich mir nur, lege stattdessen wortlos auf und lasse mich zurück auf die Couch fallen. Wirklich Bock habe ich immer noch nicht auf den Quatsch, aber Greg ist genauso ätzend wie Daniel.

Besagter lässt es sich natürlich auch nicht nehmen, mir auf den Sack zu gehen. Vielleicht sollte ich mich einfach irgendwo einbuddeln und mein Handy am besten gleich mit. Zum Glück hat Daniel mir nur eine Nachricht geschickt.

Nervensäge: Lust auf eine Partie Poker?

Schnell schreibe ich ihm zurück, dass wir das gerne ein anderes Mal nachholen können, weil ich schon verabredet bin. Dass das nicht stimmt, muss er nicht wissen.

Nervensäge: Emma?

Gerade will ich selbst sie nicht sehen. Aber auch das muss er nicht wissen.

Ich: Jap. Zufrieden jetzt?

Nervensäge: Du kennst meine Meinung dazu, aber du musst selbst wissen, was du tust.

Genau so ist es. Wie bereits befürchtet war er alles andere als begeistert, dass Emma und ich uns regelmäßig treffen. Doch ich bleibe dabei. Ich weiß, was ich tue, auch wenn ich manchmal das Gefühl habe, mit dem Feuer zu spielen. Flammen, an denen ich mir nicht bloß die Finger verbrennen werde, wenn ich nicht schnell genug wegspringe.

Ich will mich gerade wieder einrollen, als eine weitere Nachricht auf dem Display auftaucht.

Emma: Danke für diese Chance! Du glaubst gar nicht, wie glücklich mich das gerade macht!

Eine ganze Armee von Emojis darf natürlich nicht fehlen. Obwohl ich nach wie vor weiß, dass es falsch ist, schleicht sich ein Lächeln auf mein Gesicht. Jedes Mal, wenn diese Frau auftaucht, vergesse ich alles um mich herum. Damit sie nicht denkt, sie würde wieder stören, tippe ich schnell ein paar Worte zurück.

Ich: Du weißt doch, jeden Tag eine gute Tat und so.

Ihre Antwort kommt prompt.

Emma: Als ob du das nicht sowieso schon tun würdest.

Kurz darauf schickt sie mir noch einen Affen, der sich die Augen zuhält, gefolgt von einem Zunge rausstreckenden Emoji.

Erst amüsiere ich mich erneut darüber, seufze aber kurz darauf, als ich die Frage auf dem Display lese, die ich inzwischen nicht mehr hören kann.

Emma: Ist alles okay bei dir?

Ich: Klar.

Emma: Ich weiß, wir kennen uns noch nicht so lange, aber ich kann nicht bloß quatschen, sondern auch gut zuhören.

Meine Augen weiten sich, während es in mir schlagartig enger wird. Wieso schreibt sie das? Eine Weile drehe ich mein Handy in der Hand. Ich muss etwas darauf antworten. Aber was?

Schließlich entscheide ich mich für die nächste Lüge.

Ich: Ich werde bei Bedarf darauf zurückkommen.

Seufzend lege ich das Teil weg und stehe auf. Ich brauche dringend Nikotin. Auf eine weitere Tasse Kaffee verzichte ich allerdings vorsichtshalber und begebe mich auf die Veranda.

So sehr ich Emma auch schätze, ich kann ihr das nicht erzählen. Sie würde sich nur unnötige Sorgen machen. Außerdem will ich nicht, dass sie ein falsches Bild von mir bekommt. So verrückt das auch klingt, aber als sie mir bei unserer Begegnung auf der Wache unmissverständlich klargemacht hat, was für ein riesengroßes Arschloch ich bin, habe ich sie genau dafür geschätzt. Wahrscheinlich habe ich sie deshalb ein paar Tage später im Park angesprochen.

Wenn sie erfährt, wer ich wirklich bin, wird das alles zwischen uns auf einen Schlag zerstören.

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