Kapitel 4 - Das Treffen

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Aramis' p.o.v.

Dieses Mal schlich er endlich allein im Wald umher, auf jedes einzelne Detail bzw. jedes Geräusch, das von einem Mischling oder Werwolf kommen könnte, achtend.
Wie immer hatte er einen Schutzzauber und Unsichtbarkeitszauber gewirkt, um nicht auffällig zu wirken, wie er Anton und den anderen versichert hatte. In Wahrheit wollte er sich damit nur vor ihnen schützen. Doch für Xenia hatte er sozusagen ein Loch in seinem Schutzschild eingebaut, falls sie einen Suchzauber nach ihm wirken sollte, wie er hoffte. Denn sonst musste er einfach hoffen, einen Werwolf oder jemand anderen von ihnen zu Gesicht zu bekommen und wer weiß, wie lange das dauern konnte.

Fast fühlte sich das hier an wie jede normale Jagd früher. Nur war er diesmal nicht auf der Jagd, sondern auf der Suche nach seiner Schwester. Und ausnahmsweise wollte er niemanden töten. Also keinen Werwolf. Tatsächlich hoffte er sogar, einem gegenüberzustehen und mit ihm reden zu können. Wobei er ab da leider keinen wirklichen Plan hatte. Wenn, bestand sein Plan eher aus lauter Hoffnungen wie: hoffentlich treffe ich hier jemanden von ihnen, hoffentlich gehen sie nicht gleich auf mich los, hoffentlich lassen sie mit sich reden, hoffentlich glauben sie mir….

Ja, vielleicht ein wenig zu optimistisch gedacht, besonders, da die Werwölfe seit dem Tag auf der Lichtung noch weniger auf die Hexen zu sprechen waren als sie es davor schon gewesen waren.
Aber sie zu einer Antwort zu zwingen, war auch schlecht. Wenn jemand von ihrem Rudel in der Nähe war, wäre Aramis ziemlich am Arsch, um es auf gut deutsch zu sagen. Außerdem würde das das falsche Zeichen setzen.

Letztendlich blieb ihm in dieser Hinsicht also nichts weiter als Hoffnung. Und obwohl ein Teil von ihm ziemlichen Schiss hatte, war der größere Teil dennoch fest entschlossen, alles zu versuchen und sei es noch so riskant. Für seine kleine Schwester würde er eben alles tun.

Aber das hatte er nicht. Wieder einmal meldete sich sein Schuldbewusstsein zu Wort, indem es ihm diese grausamen Bilder von der Lichtung zeigte. Xenia, wie sie sich über diesen Werwolf stürzte. Wie die Blitze in sie einschlugen. Wie sie schrie. Und Aramis nichts tat, außer erstarrt dazustehen. Er war schockiert gewesen, hatte absolut nicht damit gerechnet. Aber das war keine Entschuldigung. Das wusste er. Und würde sich selbst seine Tatenlosigkeit nie verzeihen können.

Er hoffte nur, Xenia würde ihn dafür nicht hassen. Und wenn doch...er würde dennoch zu ihr stehen.
Sie war seine Schwester und er liebte sie. Er würde sein Bestes tun, ihr zu helfen. So gut er eben konnte. Aber dafür musste er erst einmal zu ihr kommen, rief er sich wieder in Erinnerung.

Am besten wäre es wirklich, wenn sie nach ihm suchte, um zu sehen, wie es ihm ging. Aber das tat sie offensichtlich nicht. Frustriert blieb Aramis stehen und fuhr sich mit der rechten Hand durch die Haare. Ließ seine Augen durchs Dickicht gleiten, als würde da plötzlich Xenia stehen und ihn ansehen statt dieser grauen Augen dort hinter dem Gebüsch.

Einen Moment mal. Er stutzte. Sah wieder zu dieser Stelle. Und starrte die grauen Augen an, die ihn ruhig betrachteten.
Wunderschöne graue Augen. Aber das tat jetzt nichts zur Sache. Denn diese grauen Augen gehörten zu einem Wolf.
Es musste ein Werwolf sein.
Nur….dieser Werwolf sah ihn direkt an. Was er aufgrund seiner Schutzzauber eigentlich nicht tun konnte.

Aramis blickte hinter sich. Aber da war nichts. Nur Bäume. Er sah wieder zu dem Wolf. Der hatte sich nicht geregt, sondern betrachtete ihn einfach weiterhin.
Okay, Aramis musste sich irren. Wahrscheinlich starrte dieser Wolf einfach nur in die Luft. Er konnte ihn nicht sehen, das war unmöglich, seine Zauber waren stark und hatten bisher immer funktioniert.
Dennoch musste er sich das selbst beweisen und ging ein paar Schritte zur Seite. Diese grauen Augen folgten seiner Bewegung.

Das war zu viel des Zufalls. Dieser Werwolf konnte ihn offensichtlich sehen, warum auch immer.
Aber er griff ihn nicht an. Das war ein gutes Zeichen, oder?
Vielleicht konnte er so endlich seine Antworten bekommen.

"Hey", Aramis hob leicht die Hand. Der Wolf sah ihn nur weiterhin an. Okay, wenn das kein Werwolf war und nur ein stinknormaler Wolf, wäre das ziemlich peinlich.

Andererseits war hier niemand, der diese Peinlichkeit sehen konnte und im Vergleich dazu, angegriffen oder getötet zu werden, war Peinlichkeit nichts. Also machte er weiter. Erst da fiel ihm auf, dass er sich vielleicht eine kleine Rede hätte überlegen sollen. Was er natürlich nicht getan hatte. Dann musste er eben improvisieren.

"Ich suche meine Schwester. Xenia. Klein, lange rote Haare, braune Augen. Hast du sie zufällig gesehen?"
Der Wolf regte sich nicht. Ließ nicht erkennen, ob er ihn verstanden hatte oder nicht.

Hm. Aber Aramis musste es weiter versuchen.
"Ich muss mit ihr reden. Kannst du ihr das vielleicht sagen? Wir könnten uns hier irgendwo treffen. Ich will ihr oder den anderen nichts Böses, im Gegenteil, ich will ihr helfen. Ich weiß, das klingt jetzt vielleicht unglaubwürdig, aber sie ist meine Schwester und ich liebe sie. Mir ist egal, dass sie einen Werwolf gerettet hat, sie ist und bleibt meine Schwester. Und wenn sie ihn als rettungswürdig angesehen hat, glaube ich ihr, dass er es war. Tatsächlich hat mir das Ganze zu denken gegeben. Ich muss wirklich dringend mit ihr sprechen. Ihr könnt sie auch bewachen oder mir den Mund zukleben oder..."

Plötzlich erhob sich der Wolf und Aramis wurde bewusst wie groß er war. Er ging ihm bestimmt bis zur Körpermitte. Außerdem erhob er sich mit der den Werwölfen eigenen Geschmeidigkeit. Fasziniert und auch wachsam beobachtete Aramis, wie der Wolf langsam auf ihn zu schritt. Und wenige Zentimeter vor ihm Halt machte. Aramis schluckte schwer. Noch nie war ihm ein Werwolf so nahe gewesen, ohne dass er mit ihm gekämpft hatte.

Es war mehr als ungewohnt, einfach so dazustehen und nichts zu tun. Verdammt, es war beängstigend. Aber wenn er jetzt etwas tat, würde er Xenia vielleicht nie wieder sehen. Also riss er sich zusammen und blieb still.
Die Augen des Wolfs waren wachsam, blickten ihn fast schon prüfend an. Er bemerkte Schlieren von hellerem Grau in seinen Augen. Wunderschön. Und auch sein Fell war grau mit weißen und schwarzen Schlieren darin.
Einen Moment lang betrachteten sie sich.

Dann stieß der Wolf sich plötzlich mit seinen Vorderpfoten ab und legte sie auf Aramis' Schultern.

"Was zur…", keuchte er und machte erschrocken einen Schritt nach hinten. Natürlich musste er dabei über einen Zweig stolpern und fiel hart auf den Rücken. Und der Wolf mit ihm. Nur, dass er auf ihm landete. Während Aramis nach Luft rang, blickte er den Wolf schockiert an.
Dieser erwiderte den Blick, aber mit diesen unergründlichen Augen, in denen Aramis nicht zu lesen vermochte.

Sein Körper lag warm auf seinem und sein Gewicht lastete schwer auf ihm. In dieser Position bedurfte es keiner Sekunde und er könnte Aramis töten. Ihm einfach an die Kehle gehen. Zack. Und tot. Dennoch rührte er sich kein Stück. Sein Herz klopfte wie wild, aber er hielt still. Und wartete ab. Der Wolf schien dasselbe zu tun.
Momente vergingen, die sich wie Ewigkeiten anfühlten.
Jeden Augenblick rechnete er damit, dass es gleich mit ihm vorbei sein würde. Aber nach jedem Augenblick kam der nächste und der nächste. Ohne dass etwas passierte.
Schließlich legte der Wolf den Kopf schief.
Und dann hörte Aramis eine Stimme in seinem Kopf.

Du willst uns ja wirklich nichts Böses.

Er starrte ihn an. Fassungslos. Der Wolf starrte zurück. Abwartend.
"Hast du gerade gesprochen?", fragte Aramis ungläubig. "In meinem Kopf?!"
Okay. Ganz ruhig, Aramis. Du wirst nicht verrückt. Es gibt dafür bestimmt eine logische Erklärung...

Ja, sagte die Stimme in seinem Kopf. Und der Wolf nickte synchron. Er nickte.
Okay, gar nicht gruselig.
"Wie ist das möglich?", flüsterte Aramis.

Lange Geschichte, kam die Antwort.
Aramis schluckte. Dann erinnerte er sich, warum er eigentlich hier war. Was ihn in diese bizarre Situation gebracht hatte.

"Kannst du mich zu Xenia bringen? Oder Xenia zu mir?"

Der Wolf sah ihn an. Als müsste er scharf darüber nachdenken. Aramis wartete atemlos ab, versuchte die Tatsache zu ignorieren, dass dieser Wolf noch immer auf ihm lag und ihm so langsam ziemlich warm wurde. Diese Wesen waren echt heiß. Also ihre Körperwärme.
Schließlich sagte der Wolf:

Könnte ich. Aber dafür musst du mir erst beweisen, dass du uns wirklich nichts Böses willst.

Aramis runzelte die Stirn. "Ich dachte, genau das hab ich gerade getan?"

Der Wolf schnaubte ihn leicht an, sodass sein Atem warm über Aramis' Wangen strich.

Du hast bewiesen, dass du meinesgleichen nicht gleich umbringst. Das ist nicht dasselbe.

Noch immer mit gerunzelter Stirn murmelte Aramis: "Aha."
Und da er nunmal zu Xenia wollte und ihm diese Situation leicht unangenehm war, gab er nach:
"Also, was muss ich tun, um dir zu beweisen, dass ich euch nichts Böses will?"

Er schwor, wenn Wölfe lächeln konnten, so hat dieser das gerade getan.
Streichel mich.
Für einen Moment starrte Aramis ihn nur an.
Aber er fügte nichts hinzu. Er meinte es ernst.

"Was?", fragte Aramis dennoch sicherheitshalber nach.
Streichel mich, wiederholte der Wolf.
Er machte wirklich keine Witze.
Und doch…"Einfach...streicheln?"
Der Wolf nickte. Einen Moment lang regte Aramis sich nicht.

Dann hob er langsam die Hand. Der Wolf betrachtete ihn intensiv. Aramis schluckte. Holte tief Luft und legte seine Hand auf sie Stirn des Wolfs. Keiner von den beiden regte sich. Als würden sie beide auf etwas warten. Wahrscheinlich darauf, dass einer von ihnen die Nerven verlor und den anderen von sich schleuderte. Abhaute. Oder umbrachte.

Stattdessen schmiegte sich der Wolf plötzlich an Aramis' Hand und wie von selbst begann Aramis, ihn zu kraulen.
Sein Fell war grob, aber auch ein bisschen weich. Er begann, ihn hinter seinen Ohren zu kraulen, als der genießerisch seine Augen schloss. Und dann begann der Wolf zu...schnurren. Verwundert hielt Aramis inne und starrte ihn an, als würde er erwarten, plötzlich eine Katze vor sich zu haben. Aber er war immer noch ein Wolf. Da machte er ein Auge auf und knurrte ihn mürrisch an, als wollte er sagen: warum hast du aufgehört? Mach weiter!

Blinzelnd begann Aramis also wieder, ihn zu kraulen. Und er schnurrte wieder. Als wäre er wirklich eine Katze. Und nicht ein großer, gefährlicher Wolf.
Seinen Kopf legte er nun auf Aramis' Schulter ab und seine Schnurrhaare kitzelten seine Haut dort. Er versuchte es zu ignorieren und machte weiter mit seiner Streichelaktion. Das Schnurren vibrierte in der Brust des Wolfes, was er hautnah fühlte. Von außen betrachtet musste diese Szene bestimmt absurd wirken. Werwolfjäger streichelt schnurrenden Werwolf, der auf ihm liegt.

Aber im Moment war ihm das irgendwie egal. Tatsächlich konnte er sich nur noch auf das Gefühl des Fells an seiner Hand konzentrieren, wie warm und schwer der Wolf sich anfühlte und wie schön sein sonores Schnurren klang.
Eigentlich war es ganz angenehm. Bis Aramis plötzlich etwas Nasses an seinem Hals fühlte.

"Verdammt!" Er zuckte zusammen und hörte auf, den Wolf zu streicheln. "Hast du mich gerade etwa geschleckt?"

Statt einer Antwort spürte er dieses Gefühl nochmal. Ein Gefühl von nasser, rauer Zunge auf seiner Haut, das ihn kitzelte.
Er versuchte sein Bestes, ein Lachen zu unterdrücken und zischte stattdessen:
"Das war nicht abgemacht, also hör auf."
Doch dieser Wolf war einer von der trotzigen Sorte, denn anstatt aufzuhören, fing er gerade erst richtig an.

Er schleckte seinen ganzen Hals ab, bis Aramis nicht mehr anders konnte, als loszulachen und das Schlimmste: der Wolf hörte gar nicht mehr auf.
Als Nächstes leckte er ihm übers Gesicht, sodass er dort nun Wolfsspeichel hatte. Lecker.
Aramis wischte sich über die Wange und schmierte dem Wolf das Zeug ins Fell.

"Danke dafür, aber ich hab heute schon geduscht."
Er sah hoch und direkt in diese grauen Augen. Und er schwor, er sah einen verschmitzten Ausdruck darin.
Noch einmal leckte der Wolf ihm übers Gesicht, dann sprang er von ihm runter und machte Anstalten, im Dickicht zu verschwinden.
Schnell rappelte Aramis sich auf und rief:
"Hey, wo willst du hin?"

Der Wolf drehte sich nicht zu ihm um, aber er hörte wieder seine Stimme in seinem Kopf.

Ich gehe, um mit deiner Schwester zu sprechen. Ihr zu sagen, dass ihr Bruder sie sucht.
Aramis konnte es nicht fassen. Genau das, was er wollte. Und doch…
"Wann sehen wir uns wieder?", fragte er.

Der Wolf hielt inne. Dann drehte er den Kopf zu ihm herum und sagte in seinem Kopf:
Bald. Und keine Sorge, ich werde dich immer finden.
Dann verschwand er vollständig im Dickicht. Ließ ihn zurück. Und obwohl es überhaupt keinen Sinn ergab, fühlte Aramis sich irgendwie ...leerer als zuvor.

Schließlich fuhr er sich über den Hals und wischte sich den Speichel an seiner Hose ab. Erst da wurde ihm richtig bewusst, was er gesagt hatte. Und er fragte sich, ob er es gruselig finden sollte, dass seine Schutzmechanismen bei dem Wolf nicht wirkten. Oder ob er froh darüber sein sollte….

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