3. Der Wächter des Waldes

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng


"Der Schattenwald ist gefährlich, hüte dich vor ihm, Kymani", warnte mich meine Großmutter immer. "Aber warum denn? Es ist doch bloß ein Haufen alter Bäume, was soll denn daran schon gefärlich sein?", protestierte ich als ich noch klein war.

Damals fegte sie die Frage mit einer Handbewegung beiseite, ohne sie zu beantworten. Als ich älter wurde, begann sie jedoch, mir lauter "Schauergeschichten" über den Schattenwald zu erzählen, bis meine Mutter einschritt mit: "Mach dem Jungen nicht so eine Angst, das sind doch bloß alles Märchen."

Aber ich hörte gerne ihre Geschichten über die magischen Wesen des Waldes, die ihn vor Eindringlingen schützten und sich um die Tiere darin kümmerten. Die Hüter und Wächter des Waldes und seiner Schätze machten mir keine Angst, waren sie doch meist die Guten in ihren Erzählungen.

"Man sagt, im Herz des Waldes soll ein Schatz verborgen liegen, das, was die Menschen seit langer Zeit am meisten begehren: Unsterblichkeit. Eine Quelle der Jugend und ein Baum des ewigen Lebens sollen tief verborgen existieren und wer davon trinkt und isst, dem wird unsterbliche Jugend geschenkt, so heißt es", lautete eine meiner liebsten Geschichten.

Als Kind spähte ich gern vom Waldrand aus in den Wald und suchte in den Schatten nach jenen zauberhaften Wesen. Aber natürlich zeigten sie sich mir nicht, sie hielten sich ja vor Menschen verborgen.

Jedoch schrumpfte dieser kindliche Glaube auf die Größe eines Sandkorns, als ich "zu alt für diesen Kinderkram" wurde. Jeder, den ich kannte -bis auf meine Großmutter natürlich, andere uralte Leute und kleine Kinder- hielten diese Geschichten nämlich für Hirngespinste. Nichts als Abschreckung und Gute-Nacht-Geschichten für die Kleinsten.

Denn in Wirklichkeit war der Schattenwald ein trostloser Ort, ein toter Wald, in dem kaum noch etwas lebte und erst recht keine magischen Wesen. Vor einigen Jahren, noch vor meiner Geburt, wurde er von einer Feuersbrunst regelrecht verschlungen. Alles, was zurückblieb, waren schwarze Baumstümpfe, versteinert, tot.

Die Ursache sollte ein Sommergewitter gewesen sein, hatte man mir erzählt. Alles war staubtrocken gewesen und nach einem Blitzeinschlag breitete sich das Feuer viel zu schnell aus, um es aufzuhalten.

Alle im Dorf kämpften mit Wasser und Schaufel dagegen an, um zumindest ihre Häuser zu schützen, was ihnen auch gelang. Es musste schrecklich gewesen sein und bei dem Gedanken daran wurde mir heiß und kalt.

Man sagt zwar, tiefer im Wald wäre er vom Feuer verschont geblieben oder hätte sich wieder erholt, doch hier am Rand kann man nichts sehen, außer die verkohlten Gerippe der Bäume, die mit ihren kurzen Stummelarmen gen Himmel ragen. So gelangte der Schattenwald auch zu seinem Namen und kein Mensch darf ihn einfach so betreten. Es wäre zu gefährlich.

~~~

"Kymani, Kyyymaaaniiii...", rief mich jemand, wie aus weiter Ferne. Als würde der Wind die Worte mit sich tragen und herumwirbeln, so leise.

Benommen schüttelte ich den Kopf. Wer hatte das gesagt? Oder hatte ich mir die Stimme nur eingebildet? Blinzelnd blickte ich mich um, riss die Augen auf und wäre vor Schreck fast gegen einen Baum gestoßen.

Ich war im Schattenwald! Da hörte ich wieder jemanden meinen Namen rufen, doch dieses Mal erkannte ich die Stimme sofort, es war meine Mutter. "Kymi, wo steckst du? Das Essen ist fertig!" Ihre Stimme kam von hinter mir, wahrscheinlich rief sie mich vom Küchenfenster aus, wie sie es immer tat.

Als ich mich umdrehte, erkannte ich, dass ich nur wenige Meter vom Waldrand entfernt war. Doch wann war ich über die Grenze getreten? Schnell rannte ich aus dem Wald, über die Wiese, die unseren Garten vom Wald trennte, und nach Hause. Aus dem Augenwinkel sah ich noch einen rötlichen Schatten, doch wahrscheinlich hatte ich ihn mir nur eingebildet.

So leise und zart, das ich es mir auch nur einbilden konnte, hörte ich ein letztes Mal meinen Namen im Wind. Tief in meinem Inneren spürte ich ein leichtes Ziehen, als würde ich mit einem dünnen Faden tiefer in den Wald gezogen werden. Doch als ich den Wald hinter mir ließ, riss er ab und das merkwürdige Gefühl verschwand mit ihm. Das Gefühl, beobachtet zu werden.

~~~

"Wie geht es Großmutter? Wird sie wieder gesund?", fragte ich den Doktor besorgt. Seufzend schüttelte er den Kopf. "Sie ist schon sehr alt und schwach. Ich kann nichts mehr für sie tun, es bräuchte ein Wunder."

Tröstend legte er mir die Hand auf die Schulter, bevor er sich von mir verabschiedete. In den letzten Wochen war er häufig zu uns nach Hause gekommen, aber meiner Großmutter ging es immer schlechter statt besser.

Ich kämpfte mit den Tränen, als ich vor ihrem Bett stand. Sie schlief und sah dabei so friedlich aus. Als würde ihr nichts fehlen, doch die fahle Haut und hervorstechenden Knochen waren Zeugen ihrer Schwäche.

"Kymani, weine nicht wegen mir, mein Kind." Ich war so in Gedanken versunken gewesen, dass ich gar nicht bemerkt hatte, wie sie ihre Augen öffnete, ebenso wenig die Tränen, die sich heimlich aus meinen Augenwinkeln geschlichen hatten. Ich wollte doch gar nicht weinen, jetzt noch nicht.

Kniend nahm ich ihre Hand in meine Hände. Sie fühlte sich ganz runzlig und viel zu kalt an, ich musste sie wärmen. "Ich bin doch kein Kind mehr", erinnerte ich sie mit einem schmalen Lächeln, "übermorgen werde ich doch schon achtzehn."

Auch sie lächelte schwach. "Für mich bist du aber noch ein Kind, so jung und..." Weiter konnte sie nicht reden, ein Hustenanfall zwang sie dazu, aufzuhören. Schnell half ich ihr, sich aufzusetzen und einen Schluck Wasser zu trinken.

Meine märchenerzählende Großmutter so schwach zu sehen, brach mir fast das Herz. Sie war immer für mich da gewesen, wenn ich jemanden brauchte, kannte alle meine Geheimnisse. Ich liebte sie über alles. Wenn meine Eltern unterwegs waren, was oft der Fall gewesen war, war sie es, die sich um mich kümmerte.

Das alles sollte bald ein Ende haben? Nein, das konnte doch nicht sein, jetzt noch nicht! Der Doktor konnte nichts mehr tun, es müsste ein Wunder geschehen, hatte er gesagt. Ein Wunder?

Wie ein Blitz schoss eine Idee in meinen Kopf. Sie war geradezu wahnwitzig, vollkommen verrückt, aber was hatte ich schon zu verlieren? Wenn es doch kein Märchen war, dann konnte sie vielleicht geheilt werden!

Begeistert von meiner eigenen Idee bat ich Großmutter, mir noch einmal die Geschichte der Quelle zu erzählen. Mit röchelnder Stimme tat sie mir den Gefallen, auch wenn sie nur die Kurzversion wiederholte und selbst dann mehrmals eine Atempause einlegen musste.

"Tief im Wald verborgen entspringt eine Quelle unter einem magischen Baum, das Herz des Waldes. Nur ein Tropfen soll die Lebensgeister wieder erfrischen, alle Gebrechen heilen und...", ein weiterer Hustenanfall ließ ihre Stimme brechen. "Und dich wieder jung machen", beendete ich den Satz für sie. "Ich werde diese Quelle finden und du wirst wieder gesund!"

Aufgeregt sprang ich in die Höhe, doch etwas zog mich jäh wieder zurück. Meine Großmutter hielt meinen Arm fest umklammert. Als ich mich wieder zu ihr beugte, strich sie mit ihrer anderen Hand zitternd über meine Wange.

Mit schwacher Stimme flüsterte sie mir noch ins Ohr: "Ich danke dir, mein lieber Kymani, doch das musst du nicht für mich tun. Allerdings habe ich gesehen, dass es dein Schicksal ist, die Quelle zu finden, so werde ich dich nicht aufhalten. Lass mir dir noch einen letzten Rat mit auf den Weg geben. Hüte dich vor dem Fuchs. Er ist hinterlistig und wird dich verraten, jedoch kann nur er dich ins Herz des Waldes führen, denn er ist sein Wächter."

Nach jedem Satz wurde ihre Stimme leiser und ich hatte Mühe, die letzten Worte zu verstehen. Der Fuchs ist der Wächter, ich muss ihn finden und ihn dazu bringen, mich zu führen, doch ich darf ihm nicht vertrauen. Das war es, was sie mir sagen wollte, da war ich mir sicher.

Als Großmutters Kopf nach hinten fiel und sich ihr eiserner Griff löste, bekam ich einen Schreck. War es vielleicht schon zu spät? Als ich ihren ruhigen Atem hörte, beruhigte ich mich wieder etwas. Sie war nur eingeschlafen, das viele Reden hatte sie überanstrengt.

~~~

"Menschenjunge, du hast in diesem Teil des Waldes nichts zu suchen, geh hinfort und kehre nie zurück!"

Noch am selben Tag war ich aufgebrochen. Meine Eltern hatten versucht, mich aufzuhalten, letztendlich aber doch gehen lassen. Meine Mutter hatte mir sogar Proviant gepackt und mein Vater mit einem Schulterklopfen gesagt: "Tu, was du tun musst, mein Junge, komm bloß heil wieder."

Stundenlang war ich durch den geschwärzten Wald gelaufen, der selbst bei Tag eine Düsternis verströmte, die einen die Nacht fürchten ließ. Dann kam sie, die Nacht. Ohne ein wärmendes Feuer zu entzünden, ich wollte schließlich keinen weiteren Waldbrand auslösen, rollte ich mich am kalten Erdboden zusammen.

Schlafen konnte ich kaum. Meine Sorgen und die merkwürdigen Geräusche des Waldes hielten mich wach, bis der nächste Morgen graute.

Seit ich den Wald betreten hatte, hörte ich immer wieder kaum vernehmbar meinen Namen und spürte ein Ziehen tief in mir, wie an dem Tag vor so vielen Jahren. Bildete ich mir das nur ein?

Zwei Lichter erschienen weit vor mir zwischen den Bäumen, wie Augen, die mich aus dem Nebel heraus musterten. Bestimmt waren es nur Irrlichter. Ich wollte ihnen nicht folgen, doch sie lagen genau in die Richtung, in die ich förmlich hingezogen wurde.

Als ich näher kam, blinzelten sie, von rötlichem Nebel umgeben. Ich rieb meine Augen, doch ich hatte mich nicht getäuscht. War der Nebel anfangs noch gewöhnlich grau, so wurde er jetzt immer rötlicher und schien sich zu... verdichten?

Wie von selbst bewegten sich meine Füße weiter darauf zu, einen Schritt nach dem anderen. So fasziniert war ich von dem Schauspiel vor mir.

Die Nebelwand vor mir blieb dicht, als würde sie etwas verbergen wollen. Der rote Nebel jedoch wurde immer kleiner und dichter, bis man eine Gestalt erkennen konnte. Es war ein riesiger Fuchs und die zwei funkelnden Irrlichter waren tatsächlich Augen!

Mit einer ungewöhnlich tiefen Stimme - ja, er konnte sprechen! - wies er mich an, umzukehren, doch ich blieb stehen. "Wie lautet dein Name, Junge." Sollte ich ihm meinen Namen nennen?

Ich riskierte es. "Kymani", antwortete ich ihm, "und wie heißt du?" Nach einer Weile, als ich schon glaubte, er würde nicht antworten, sprach der Fuchs: "Du kannst mich Selmor nennen, ich bin der Wächter dieses Waldes."

Als Selmor noch immer keine Anstalten machte, mich vorbeizulassen, doch ebenso wenig mich zu verjagen, nahm ich meinen Mut zusammen und kniete mich vor ihm nieder. "Oh, großer Wächter. Bitte lass mich in das Herz des Waldes um einen Tropfen von seiner Quelle zu holen."

Ein Geräusch ließ mich erschrocken den Kopf heben, doch er wirkte mehr belustigt als verärgert. "Schmeichelein bringen dich hier nicht weiter. Einen Tropfen möchtest du, sagst du, so so. Ihr Menschen seit doch alle gleich, einen Tropfen gibt man euch und ihr wollt die ganze Quelle. Doch der Wald braucht sie, um zu leben."

Verhement schüttelte ich den Kopf. Nie würde ich mehr nehmen, als ich brauchte, um meine Großmutter zu heilen. Keinem Menschen sollte ewiges Leben vergönnt sein, doch war es so falsch, ein paar weitere Jahre leben zu wollen?

"Nun gut. Sollten deine Absichten ehrlich und dein Herz rein sein, lasse ich dich passieren. Ist dies nicht der Fall, wirst du umkehren und nie wieder zurückkommen." Mit einem Nicken gab ich meine Zustimmung bekannt.

Die Augen des Fuchses begannen zu glühen und eine Wärme breitete sich in meinem Brustkorb aus, die mir den Atem raubte. Nach einer halben Ewigkeit, oder nur wenigen Sekunden, war es vorbei und der Nebel vor mir begann sich zu lichten.

Der Nebelfuchs, vor wenigen Augenblicken noch größer als ich, schrumpfte nun noch weiter in sich zusammen bis vor mir ein gewöhnlich aussehender Fuchs stand. Seine grünen Augen musterten mich und seine weiße Schwanzspitze bedeutete mir, ihm zu folgen. Zumindest sah es so aus, also hatte ich die Prüfung anscheinend bestanden.

~~~

"Wofür brauchst du denn den Lebenstropfen? Doch nicht etwa für dich, du bist ja noch jung, oder?", wollte der Fuchs nach einer Weile wissen. "Für meine Großmutter, sie ist schon alt und krank", antwortete ich ehrlich.

Der Wald um uns herum sah nun komplett anders aus, grün und voller Leben. Nichts im Vergleich zu dem toten Wald, aus dem ich gekommen war, der nun wiederum hinter der dichten Nebelwand verborgen lag.

Die Blätter raschelten im Wind, ich hörte Vögel zwitschern und Blumenduft kitzelte mich in der Nase. Es raschelte im Gebüsch und immer wieder sah ich die Bewohner des Waldes, die sich jedoch schnell versteckten, wenn sie mich bemerkten. Ich war ein ungebetener Gast in diesem Paradies.

"Schön, oder?" Ich brauchte eine Weile, bis ich verstand, was Selmor meinte. Ja, es war schön hier, wunderschön. "Schade, dass ihr Menschen bereits so viel davon zerstört habt." Er sagte es wie beiläufig, doch ich konnte die unterdrückte Wut und den Kummer in seiner Stimme hören.

Bevor ich nachfragen konnte, wurde mir der Boden unter den Füßen weggerissen. Im einen Moment war unter mir noch Gras und im nächsten war da nichts mehr.

Hart kam ich auf dem Boden auf, Schmerz durchzuckte meinen Körper. Hatte ich mich bei dem Aufprall verletzt? Wo war ich? Der Schmerz ebbte ab und ich öffnete die Augen, konnte jedoch in der plötzlichen Dunkelheit nichts erkennen.

Erst als ich über mir einen Flecken Himmel sah, erkannte ich, dass ich in ein Loch gefallen war. Ein tiefes Loch. Konnte ich hinausklettern? Die Wände schienen steil zu sein.

Eine dunkle Silhouette erschien vor dem Loch, es war der Fuchs. "Hilf mir!", rief ich ihm zu. "Warum sollte ich? Ihr Menschen seid doch alle gleich. Selbst wenn du jetzt reine Absichten hast, kann sich das ändern. Sobald du oder jemand anderes die Wunder sieht, die ein Tropfen vollbringen kann, wird es wieder geschehen."

Großmutter hatte Recht, ich hätte dem Fuchs nicht vertrauen dürfen! Aber er war meine letzte Hoffnung, um sie zu retten. Er war der Wächter, bestimmt vertraute er mich nicht wegen einem bestimmten Vorfall. Ich musste wissen, was er meinte.

"Was geschehen?", fragte ich also mutig. "Weißt du, was mit dem Teil des Waldes passiert ist, den ihr Dorfbewohner nun Schattenwald nennt?", konterte er mit einer Gegenfrage. Alles, was ich wusste, war die Geschichte mit dem Waldbrand, den ein Blitzschlag ausgelöst hatte und so erzählte ich es ihm auch.

Noch bevor ich geendet hatte, schnaubte der Fuchs verächtlich. "Was für eine schöne Geschichte. Ich erzähle dir, was damals wirklich geschah, was ihr uns angetan habt." Ich war mir nicht mehr sicher, ob ich die Sicht des Fuchses wirklich hören wollte, doch ich lauschte dennoch seinen Worten.

"So wie du kamen einst Menschen, meist waren es sogenannte Heiler, in den Wald für einen Tropfen der magischen Quelle. Zu dieser Zeit lebten wir noch in Frieden miteinander und teilten, was wir hatten. Doch sie wurden immer gieriger und nahmen mehr, als sie brauchten. Dies schwächte den Wald, denn auch er war auf die Quelle angewiesen. Der damalige Hüter verbot den Menschen den Zutritt zum Herz, doch dies verärgerte diese. Sie dachten, das Wasser darin würde ihnen gehören!

Ein Streit brach aus und es wurde ein Abkommen getroffen. Kein Mensch würde ohne die Erlaubnis des Hüters einen Fuß in das Herz des Waldes setzen, doch wenn jemand aufrichtige Absichten hegte und große Not litt, musste ihm geholfen werden. Jahre vergingen und der zerbrechliche Frieden hielt Bestand.

Doch ein junger, unerfahrener Hüter glaubte zu sehr an das Gute in den Menschen und führte jemanden zur geheimen Quelle. Kurz darauf kam eine Armee, die sich einen Weg durch des Wald bahnte und alles niederbrannte. Der Hüter und alle magischen Waldbewohner verteidigten die magische Quelle und ihre Heimat mit allem, was sie hatten.

Mit letzter Kraft konnten sie gewinnen und die Dorfbewohner in die Flucht schlagen, doch der Wald war nie mehr wie zuvor. So viel wurde zerstört."

Niemand im Dorf hatte mir je davon erzählt, sollte das wirklich die Wahrheit sein, dann... .
Selbst die Existenz der magischen Wesen wurde totgeschwiegen, bis auf Großmutters Märchen natürlich. Sie musste sich noch daran erinnern können.

Die letzten Worte des Fuchses klangen jedoch nicht nur vorwurfsvoll und traurig, sondern auch schuldig. War es vielleicht doch nicht die alleinige Schuld der Menschen oder hoffte ich das bloß?

Bevor ich jedoch den Gedanken weiterspinnen konnte, hörte ich in der Stille ein feines Geräusch. Als ich mich in die Richtung wendete, aus der es zu kommen schien, spürte ich einen leichten Luftzug. So tief unten war das praktisch unmöglich, es musste sich um einen Tunnel handeln.

Ohne viel darüber nachzudenken, kroch ich darauf zu und tatsächlich fand ich einen Spalt, gerade groß genug, dass ich auf allen Vieren weiterkriechen konnte. Da hörte ich es wieder, eine Art Piepsen. Es klang wie ein Tier in Not, ich musste ihm helfen.

"Na, so still dort unten, Mensch!", hörte ich die Stimme des Fuchses von oben herab. "Ein Tier sitzt hier unten fest, ich muss ihm helfen!", schnitt ich ihm das Wort ab, bevor er mich weiter verhönen konnte. Wenn wirklich jemand hier feststeckte, musste ich ihm helfen und vielleicht konnte ich mich dadurch auch beweisen.

Ohne eine einzige Lichtquelle und ohne zu wissen, was mich erwarten würde, kroch ich weiter, nur den schwachen Geräuschen und dem Luftzug folgend, der auf einen Ausgang hoffen ließ. Nach einer gefühlten Ewigkeit stieß ich auf die Quelle des Geräuschs.

Es war ein kleines, mir unbekanntes Tier, in der Finsternis konnte ich nichts genaues erkennen, doch es schien verletzt zu sein. Mit einem Lied, dass mir meine Großmutter immer vorgesungen hatte, schaffte ich es, das kleine Wesen zu beruhigen und nahm es schließlich in den Arm.

Auf drei Beinen kroch ich weiter, dem Luftzug folgend, bis ich endlich einen Weg ins Freie fand. Dort wartete bereits Selmor auf uns. Anscheinend hatte er gewusst, wohin der Tunnel führte.

"Du hast dich bewiesen, Menschenjunge. Du hast dein eigenes Leben aufs Spiel gesetzt, um einen der unseren zu retten. Ich danke dir."

~~~

"Kymani, du hast es geschafft!"

Durch meine selbstlose Tat hatte ich das Vertrauen des Fuchses erlangt, der mich und das verletzte Wesen zur Quelle führte. Ein Tropfen heilte das Wesen und einen Tropfen übergab er mir.

Als Dank oder als Vorsichtsmaßnahme führte mich Selmor wieder aus dem Wald hinaus, bis ich den Weg alleine fand. Bevor ich jedoch nach Hause zurükkehrte, musste ich noch etwas wissen.

"Warst du der Hüter, der den Menschen zu Quelle ließ und von ihm verraten wurde? Und hattest du etwas mit der Zerstörung des Waldes zu tun?" Besonders die letzte Frage fiel mir schwer, doch ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich damit richtig lag.

Nach langem Schweigen nickte Selmor leicht. "Ja, ich war der damalige Hüter und mit den Kräften des Feuers habe ich die Menschen aus dem Wald verjagt. Ich wusste damals nicht, was für einen verheerenden Schaden es anrichten würde, wie viel Leben auslöschen. Ich bin schuld."

"Nein, du hast nur deine Aufgabe erfüllt, hast das Herz beschützt."

Als ich nach Hause kam, war die Freude groß, besonders als es Großmutter tatsächlich wieder besser ging. Der Tropfen hatte ihre Krankheit besiegt und ihr neue Lebenskraft geschenkt. Es war ein Wunder.


___

3090 Wörter

Nicht überarbeitet, selbe Version in meinem Abgabenbuch auf meinem 2. Account C_the_Saint

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro