5. Enchanted Dreamer

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"An deinem sechzehnten Geburtstag sollst du dich an einer Spindel stechen und Hundert Jahre lang schlafen." So lautete der Fluch, den die böse Fee der neugeborenen Prinzessin schenkte. Jeder kennt diese Geschichte, doch keiner weiß, wie wahr und gleichermaßen falsch sie doch ist.

Ob es sich je so zugetragen hat, wie man sich erzählt, kann ich nicht sagen, aber an Märchen wie dieses glaube ich nicht. Wie kann ein „Kuss der wahren Liebe" den Fluch brechen, wenn sie sich doch gar nicht kennen? Ich glaube eher, dass der Prinz zufälligerweise zur richtigen Zeit am richtigen Ort war und er ohne etwas zu tun – außer sich durch die Dornenhecke zu kämpfen natürlich – als Held feiern ließ.

Aber lasst mich doch von der Prinzessin erzählen, die sich wünschte, für immer zu schlafen. Sie wollte der Realität entfliehen und sich in ihre Traumwelt flüchten, jedoch zahlten viele den Preis für ihren Leichtsinn.

Ihr Name war Amaris – Tochter des Mondes – und sie war, wie man es von einer Prinzessin erwartet, wunderschön. Vor vielen Jahren lebte sie wohlbehütet im Schloss, ohne Flüche, Sorgen und Ängste. Nein, das klingt ja so, als würde sie nicht mehr leben. Doch das tut sie, das weiß ich.

Denn ich kann sie träumen sehen. Ihre Träume sind... interessant, unterhaltsam sogar. Jede Nacht schleiche ich mich hinein, dringe ein in ihre heile Traumwelt, ohne dass sie mich bemerkt.

Seit jeher ist es mir nicht vergönnt, selbst zu träumen. Entweder erwache ich nach einer traumlosen Nacht oder teile mir als stiller Beobachter die Träume anderer. Es ist ein Segen und ein Fluch zugleich. Ein zweischneidiges Schwert, wie der Wunsch der Prinzessin.

Um ihn zu erfüllen, bat ihre gute Fee die Göttin Iaso um Hilfe. Diese versetzte Amaris in einen tiefen Schlaf, nahm dafür jedoch den Schlaf all jener, die sich an den Dornen der Rosenhecke stachen, die sich fortan um das gesamte Schloss wand. Jeder Prinz, der versuchte, die Prinzessin zu „retten", würde auf ewig dazu verdammt sein, wach zu bleiben.

Vielleicht fühle ich mich ihr deshalb so verbunden, wie zwei Seiten einer Münze ergänzt sich unser Schicksal. Oder die Abenteuer, die sie in ihren Träumen erlebt - wie sie auf Einhörnern reitet und auf Drachen fliegt – sind der wahre Grund, warum es mich während jedem Schlaf in ihre Welt zieht.

Nun wisst ihr, wie die Geschichte begann, ihr Ende muss jedoch erst noch geschrieben werden. So lasst mich euch unsere Geschichte erzählen.

__

In einem zarten Sommerkleid tollte Amaris über saftig grüne Wiesen, umgeben von zwitschernden Vögeln und flauschigen Kaninchen. Es war ein kitschiger Traum, der nichts aufregendes verhieß, doch ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Es hatte etwas so friedvolles und fröhliches an sich, dass mich ein warmes Gefühl der Glückseligkeit bei ihrem Anblick durchströmte.

So versunken war ich in ihren Anblick, dass ich die dunklen Wolken nicht bemerkte. Jedoch war es nicht der Himmel, der mich aus meiner Beobachtung riss und jede Wärme aus meinem Körper trieb.

„Wer bist du? Das ist nicht dein Traum, also was hast du hier zu suchen?" Wie ein Dolch stießen diese Worte in mein Innerstes, rüttelten mich wach und rissen mich aus der Idylle. Ein Blick in wie Obsidiane funkelnde Augen, eine eisige Klinge an meiner Kehle.

Mein Herz pochte gegen meine Brust, als würde es den Käfig aus Rippen sprengen wollen. Eine Gänsehaut breitete sich auf meinem ganzen Körper aus und doch war mir viel zu heiß unter meiner Decke. Ruckartig setzte ich mich auf und starrte mit schreckgeweiteten Augen in die Dunkelheit.

Es war nur ein Traum, Amaris Traum, versuchte ich mich zu beruhigen. Doch immer noch schoss das Adrenalin wie kleine Blitze durch meine Adern und ich glaubte diese fast schwarzen Augen vor mir zu sehen.

Erst da griff ich mir an den Hals. Er fühlte sich klebrig an, kein Wunder, so verschwitzt wie ich war. Es war zu dunkel, um etwas auszumachen, aber es fühlte sich nicht nur nach Schweiß an.

Das Licht der Öllampe, die ich entzündete, bestätigte meine dunkle Vorahnung. An meinen Fingern klebte Blut. Mein Blut.

Die Begegnung mit dem Mann – die Stimme ließ keinen Zweifel daran zu – war kein Teil von Amaris Traum gewesen. Er war kein Traum. Er war ein Traumjäger. Einer jener sagenumwobenen Gestalten, die Alpträume jagten, aber auch Menschen ihrer Träume berauben konnten – oder noch mehr.

Ein Schaudern ergriff mich, wurde zu einem unkontrollierbaren Zittern, bis mein ganzer Körper bebte. Meine Kehle schmerzte, war der Schnitt nur oberflächlich, so war sie doch staubtrocken.

Von dieser Nacht an traute ich mich nicht, die Träume anderer aufzusuchen, vor allem nicht die der Prinzessin, aus Angst, er könne mich finden. Doch schon bald wich Neugier der Angst und ich entschloss mich, ein Risiko einzugehen. Ich würde meine beste Traumquelle verteidigen, denn ohne sie konnte ich nicht mehr richtig schlafen.

Als ich mich wieder in Amaris Träume schlich, war er nicht da und tauchte auch nicht auf, egal wie wachsam ich war. Insgeheim hoffte ich fast, er würde beim nächsten Mal erscheinen, meine Vernunft riet mir jedoch, mich vor ihm zu fürchten. Als ich die Hoffnung bereits aufgegeben hatte, ihm je wieder zu begegnen, erschien er.

Er saß da, eingehüllt in einen nachtschwarzen Umhang, Kapuze über dem Kopf. Es war ein unwirklicher Anblick, ein dunkler Fleck im sonnenbeschienen Gras. Ich sah nur seinen Rücken, doch er hatte mich anscheinend gehört oder gespürt, denn er erhob die Stimme, jedoch ohne sich umzudrehen.

„Was tust du hier?" Er klang feindselig, griff mich jedoch nicht an wie beim ersten Mal. Daraus schöpfte ich Mut.

„Keine Ahnung. Was machst du denn hier?", konterte ich, worauf er den Kopf wand und mir einen finsteren Blick zuschoss. Oh oh.

Mit einer fließenden Bewegung stand er auf – er überragte mich um fast einen Kopf – und hob die Hände gen Himmel. Ein kehliger Singsang drang an mein Ohr in einer mir unbekannten Sprache.

Dunkle Wolken zogen über uns auf, bauschten sich zusammen. Donner grollte, der Wind nahm zu, wurde zu einem Wirbelsturm. Mit offenem Mund, den ich schnell wieder schloss, wurde ich Teil dieses Schauspiels. Er konnte Träume beeinflussen?

Und er wandelte Amaris Traum in einen... Alptraum? Denn dass es sich hierbei um einen handelte, war sonnenklar. Die Prinzessin rannte schutzsuchend über die offene Wiese, Blitze schlugen zu allen Seiten um sie ein, gefolgt von einem markerschütternden Schrei.

„Nein. Stopp!", schrie ich aus Leibeskräften, meine Worte vom Wind weggeweht, als sie meine Lippen verließen. Panisch schaute ich zu, zur Salzsäule erstarrt konnte ich mich nicht bewegen. Ich hätte sowieso nichts tun können.

Es war kaum zu vernehmen, doch ich glaubte den Unbekannten ein Wort sagen zu hören: „Erwache." Ich erwachte. Er hatte mich einfach aus dem Traum geschmissen. Oder doch nicht?

Ich ließ mich nicht mehr einschüchtern und besuchte weiterhin jede Nacht Amaris Träume. Oftmals waren sie so süß und unschuldig wie immer, doch wenn er auftauchte – und seine „Besuche" häuften sich – verwandelten sie sich in Alpträume.

Glaubte ich anfangs noch, seine Worte waren an mich gerichtet, so wurde mir mit der Zeit klar, dass nicht ich es war, die er aufwecken wollte. Es war Amaris. Sein „Erwache" richtete sich an die Prinzessin, die er mit zahllosen Abscheulichkeiten dazu bewegen wollte, aufzuwachen.

Auch wenn er mir nichts tat und mich größtenteils ignorierte, schien er zunehmend rastloser und gereizter zu werden. Als liefe ihm die Zeit davon.

In jener Nacht, als mein Leben eine neue Richtung einschlug, klopfte etwas an mein Fenster und riss mich aus meinem Schlaf. Wie ferngesteuert stand ich auf und öffnete es. Ein schwarzer Schatten zeichnete sich in der Dunkelheit ab. Es war der Mann aus Amaris Träumen.

„Folge mir." Als hätte jemand meinen Körper übernommen, tat ich genau das und kletterte aus dem Fenster. Barfuß. In meinem Nachthemd.

Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, mein Kopf war wie leer gefegt. Nur am Rande spürte ich den kühlen Erdboden unter meinen Füßen, die frische Nachtluft auf meiner Haut, hörte den Schrei eines Uhus und das Rauschen der Blätter in der Brise.

Immer tiefer führte er mich in den Wald, bis zu dem Ort, der von allen gefürchtet und doch von so vielen aufgesucht wurde. Das Schloss. Amaris Schloss, in dem sie schlafend in ihrem Himmelbett lag.

Der Schleier vor meinem inneren Auge legte sich und mein Sicht wurde klarer. Fasziniert beobachte ich, wie sich die Dornenranken wie von Geisterhand zurückzogen und den Weg zu einem schmiedeeisernen Tor freigaben.

Ich wollte mich abwenden, weglaufen, einfach fort von diesem Ort, doch ich konnte nicht. Mein Körper gehorchte mir nicht. Wie selbstverständlich folgten meine Füße der schwarzen Gestalt vor mir. Das Tor schwang auf und wir traten ein.

Es ist kalt im Schloss, kälter als draußen. Aber das ist auch kein Wunder, seit vielen Jahren wurde auch nicht mehr geheizt oder geputzt, wie der Staub und die Spinnweben bewiesen.

Ohne ein weiteres Mal anzuhalten, stiegen wir eine gewundene Treppe hinauf, bis zu einem Turmzimmer. Dort, in einem Himmelbett, lag Amaris. Sie sah so wunderschön aus, wie ich sie kannte, nur etwas älter als ihr Traum-Ich.

„Ich habe dich beobachtet." Das waren die ersten Worte, die der Traumjäger an mich wandte, seit er mich geholt hatte. Beinahe fiel mir bei dem Klang seiner tiefen Stimme mein Herz in die Hose.

„Du wurdest von Iaso die Macht verliehen, in andere Träume einzudringen, jedoch wurden dir im Gegenzug deine eigenen geraubt. Hilfst du mir die Prinzessin aus ihrem endlosen Traum erwachen zu lassen, gebe ich dir deine zurück."

Mit ernster Miene – sofern ich das in der Dunkelheit erkennen konnte – sah er mich an, schien mich zu studieren. Als ich nicht antwortete, fügte er hinzu: „Kein Mann hat je diesen Fluch überlebt." Seine Augen schienen mich zu durchbohren.

„Gut, dass ich kein Mann bin", hauchte ich ohne nachzudenken und glaubte, ein sanftes Lächeln über seine Lippen huschen zu sehen. Bestimmt hatte ich mir das aber nur eingebildet.

Es war nicht so, dass ich meine „Gabe" in fremden Träumen zu wandeln aufgeben wollte, jedoch war der Gedanke eigene Träume zu haben, ebenso verlockend. Außerdem war ich nicht vollkommen egoistisch, denn ich war mir sicher, wenn die Prinzessin erwachte, würde der Schlaf zu all jenen unglücklichen „Helden" zurückkehren, die versucht hatten, sie zu erretten.

„Wie heißt du?" Bevor ich jemandem half, einen Fluch zu brechen, wollte ich doch zumindest wissen, mit wem ich es zu tun hatte. Höflicherweise streckte ich die Hand aus – ich konnte sie wieder selbst bewegen – und stellte mich vor. „Ich bin Isleen."

Nach einer Pause, in der ich schon dachte, er würde weiter schweigen, offenbarte er mir doch seinen Namen. „Asra." Der in der Nacht Reisende. Das passte doch.

Mit einem Handschlag besiegelten wir unseren Pakt. Seine Hand war erstaunlich warm, weich und rau zugleich. So menschlich. Schatten strömten aus dem Ärmel seines Umhangs, umschlossen unsere Hände und krochen meinen Arm hinauf.

Ich wollte zurückzucken, doch er ließ mich nicht los. Seine Hand hielt meine fest umklammert und erst als sich der Nebel auflöste, lockerte er seinen Griff und ich stolperte rückwärts.

Als ich wieder in meinem Bett erwachte, war es bereits früher Morgen. Mit einer Hand griff ich mir an meinen dröhnenden Kopf und stützte mich mit der anderen ab, um mich aufzurichten.

Das war ein seltsamer Traum gewesen, der seltsamste bisher. Meine Schläfen pochten und sperrten den Großteil meiner Erinnerungen aus.

Als ich meine Augen wieder öffnete, die ich vor dem hellen Licht zusammengekniffen hatte, fiel mein Blick auf meine rechte Hand. Schwarze Muster zierten mein Handgelenk, umschlungen es wie ein Armband, das in meine Haut eingebrennt worden war.

Da fielen mir die Ereignisse letzter Nacht wieder ein. Es war kein Traum gewesen. Er war da gewesen! Wie konnte das sein? Wie war das möglich?

Mit einem Anflug von Entschlossenheit ballte ich die rechte Hand zur Faust. Ob ich wollte oder nicht, ich musste ihm nun helfen, Amaris zu wecken. Was hatte ich mir nur dabei gedacht?

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ca. 1930 Wörter, überarbeitete Version

Erstversion unter dem Titel "Cursed Dreams" in meinem Abgabenbuch zu finden.

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