Kapitel 18 - Bedenkzeit

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Xenias p.o.v.

Ein schrilles Klingeln riss mich aus dem Schlaf. Verschlafen langte ich mit der Hand dorthin, wo mein Wecker auf meinem Nachttisch stand, traf den Knopf und endlich war es wieder still.
Ich war so müde, als hätte ich gar nicht in den Schlaf gefunden. Als ich gestern heimkam, ohne jemanden aufzuwecken, waren da noch so viele Gedanken in meinem Kopf, dass ich einfach nicht einschlafen konnte.

Aber ich musste es wohl am Ende doch getan haben, wahrscheinlich kurz bevor mein Wecker mich zum Aufstehen mahnte.
Für einen Moment stellte ich mir vor, einfach zu Hause zu bleiben, in meinem schönen gemütlichen warmen Bett....

"Xenia! Aufstehen! Du kommst noch zu spät zur Schule!", ertönte da die Stimme meiner Mutter.
Murrend wälzte ich mich schließlich aus dem Bett und zog mich an.
Dann ein Gang zum Badezimmer, wo ich mich nach einer kurzen Katzenwäsche schon etwas frischer fühlte und dann ging es nach unten.

Kurze Zeit später war ich auch schon auf dem Weg zur Schule.
Hoffentlich sah ich Kilian heute nicht. Obwohl da immer noch dieses Sehnen in mir war, wäre es für uns beide besser. Wer weiß, was ich in dem müden Zustand, in dem ich mich befand, in seiner Anwesenheit alles tun würde.
Ich konnte ja kaum die Augen lange genug aufhalten, um einen Schritt vor den anderen zu setzen.

Irgendwie schaffte ich es dennoch zur Schule, ohne Kilian über den Weg zu laufen und auch in den ersten vier Stunden begegnete ich ihm nicht, worüber ich froh war. Zumindest versuchte ich mich selbst davon zu überzeugen und diese Enttäuschung, die sich in mir eingenistet hatte, zu ignorieren.

In der großen Pause ging ich schließlich zur Mensa, wo ich um einen Kaffee bitten wollte. Zwar gab es für die Schüler keinen Kaffee und sonst war mir das auch egal - ich mochte Kaffee nicht besonders - aber heute brauchte ich einfach einen Wachmacher.
In der Kantine angekommen ging ich zu der Küchenhilfe, die in der großen Pause immer Snacks anbot, wie Snickers, Donuts, Riegel und anderes.

Heute war zum Glück nicht viel los und ich kam relativ schnell dran.
"Hey", sagte ich zu der älteren Frau, die mich aus dunkelbraunen Augen freundlich lächelnd ansah. Sie war neu, ich kannte sie noch gar nicht. Ich hätte das ausnutzen und so tun sollen, als wäre es normal, einen Kaffee zu kaufen, aber um auf diesen Gedanken zu kommen, war mein Hirn zu träge.
"Ich weiß, das ist eigentlich nicht erlaubt, aber ich brauche wirklich dringend einen Kaffee und wollte fragen, ob Sie mir vielleicht einen geben könnten?"

Bittend blickte ich die ältere Dame vor mir an.
Sie schien einen kurzen Augenblick nachzudenken, dann meinte sie:

"Wie wäre es denn, wenn ich dir einen gebe, du mir dann aber in der Mittagspause ein wenig Gesellschaft leistest?"

Normalerweise hätte ich bei solch einer Bitte gestutzt. Zu oft hatte meine Mutter mir gesagt, ich solle bei Fremden vorsichtig sein.
Aber in der Aussicht auf Kaffee und in meinem müden Zustand, stimmte ich zu, ohne groß nachzudenken.

"Okay, klar, ich komm dann einfach her.", entgegnete ich lächelnd und kurz darauf reichte mir die Dame eine Tasse schönen warmen Kaffees.
Vielleicht bildete ich es mir nur ein, aber allein der Duft von Kaffe schien meine Lebensgeister bereits ein wenig zu erwecken.
In wenigen Zügen trank ich ihn aus.

"Dankeschön.", sagte ich dankbar lächelnd zu der älteren Dame.
"Bis heute Mittag."

"Bis dann.", entgegnete sie, "einen schönen Schultag noch."

Und lächelnd ging ich in die nächsten Stunden. Der Kaffe schien Wunder zu wirken. Tatsächlich war es beinahe erschreckend, wie gut er wirkte. Wo mir zuvor die Augenlider zugefallen waren und mein Kopf sich gefährlich der Tischdecke zugeneigt hatte, saß ich nun aufrecht da, mit offenen Augen und meldete mich sogar im Unterricht. Ich kam gut mit und all die Spinnweben, mit denen die Müdigkeit meinen Geist gefangen gehalten zu haben schien, waren verschwunden.

Ich hätte ja gesagt, sie hätte diesen Kaffe irgendwie verzaubert, aber dazu hätte sie eine Hexe sein müssen. Und wir Hexen erkannten unsereins.
Zum Glück sah ich sie heute noch einmal. Ich musste sie unbedingt fragen, was das für ein Kaffee war.
Vielleicht wurde ich dann ja doch noch zur Kaffeetrinkerin.
Oder ich bewahrte ihn einfach für solche Tage wie heute auf.
Denn diese würden bestimmt auftreten. Zwar hatten mich die Gedanken an Kilian fast die ganze Nacht wach gehalten und doch hatte das keine Früchte getragen.

Ich wusste einfach nicht, was ich glauben sollte.
Und heute war ich zu müde gewesen, um überhaupt einen gescheiten Gedanken zu fassen, geschweige denn eine Entscheidung zu treffen.
Das heiß, meine Bedenkzeit würde noch anhalten. Und mir wahrscheinlich weitere schlaflose Nächte bescheren.
Vielen Dank, Kilian.

Aber was sollte man machen. Es war ja nicht seine Schuld. So war nunmal das Leben. Entscheidungen um Entscheidungen, manche einfacher als andere.
Kilian konnte schließlich nichts für meine Müdigkeit. Die nun zum Glück Geschichte war.
Meine Freunde waren in den nächsten Stunden erstaunt, mich so wach zu sehen, und ich erzählte ihnen heimlich von dem Kaffee.

"Wow, hätte ja gar nicht gedacht, dass doch etwas Rebellisches in dir steckt, Xenia.", meinte Lukas neckend.
Ich verdrehte die Augen. Aber er hatte schon Recht. Normalerweise war ich sogar so brav, dass ich nicht nach etwas fragte, das für uns Schüler eigentlich nicht vorgesehen war und sei es auch nur so etwas Harmloses wie Kaffee.

"Tja, in mir steckt eben viel mehr, als man auf den ersten Blick meinen könnte.", erwiderte ich grinsend.

Und es stimmte, auch in anderer Hinsicht. Wer würde zum Beispiel schon denken, ich sei eine Hexe?
Keiner. Zumindest kein Mensch in der heutigen Zeit.
Doch auf einmal wurde mir auch etwas anderes klar....wer würde schon glauben, Kilian sei ein Werwolf? Niemand... Sah wohl ganz danach aus, als ob wir beide da eine Gemeinsamkeit hätten.
Auch wenn es darum ging, dass in uns beiden noch mehr steckte als unser Wesen...
Oder? Schnell schob ich diese Gedanken weg und redete weiter mit meinen Freunden, bevor schließlich der Unterricht wieder anfing.

Bald war Mittagspause und ich sagte meinen Freunden, ich konnte sie dieses Mal nicht mit ihnen verbringen. Zwar bereute ich jetzt, da ich wieder klar denken konnte, dass ich zugestimmt hatte, ihr Gesellschaft zu leisten, denn ich war ein wenig misstrauisch. Aber ich hatte ihr gesagt, dass ich kommen würde und ich brachte es nicht über mich, es dann nicht zu tun.
Also ging ich zur Kantine, wo die Küchenhilfe auch schon mit einem Teller Sandwiches auf mich wartete.

"Hab ich extra für dich gemacht.", sagte sie freundlich zwinkernd.

"Oh, das ist aber nett!", rief ich erfreut aus.

Zusammen gingen wir nach draußen in den sonnigen Hof, vorbei an den lärmenden Kindern, in eine etwas ruhigere Ecke, wo unter einem Schatten spendenden Baum eine Bank stand. Dort setzten wir uns und ich fing an, meine leckeren Sandwiches zu verschlingen.

"Mmmh, sehr lecker.", genussvoll schloss ich die Augen.

"Danke. Allerdings gibt es einen bestimmten Grund, warum ich mit dir reden wollte, Xenia.", sagte die alte Dame neben mir mit sanfter Stimme.

Plötzlich aufmerkend öffnete ich die Augen und sah sie ein wenig misstrauisch an.
"Woher kennen Sie meinen Namen?", Denn ich erinnerte mich nicht daran, ihn ihr genannt zu haben.

Sie lächelte geheimnisvoll.

"Den hat mir dein Seelengefährte Kilian verraten.", entgegnete sie und ich erstarrte mit meinem Sandwich in der Hand kurz vor dem Mund.
"Oder auch dein Mate Kilian, ihr Jugendlichen bevorzugt heutzutage eher diese englische Bezeichnung, nicht wahr?", fuhr sie leichthin fort, als hätte sie nicht gerade von meiner angeblichen Seelenverbindung mit Kilian gesprochen und zwar so beiläufig, als rede sie übers Wetter.

Ich schluckte schwer.

"Woher...wie...", stammelte ich, verwirrt und auch etwas mehr als nur überrascht.
Die Gedanken überschlugen sich in mir. Woher wusste sie davon? Nur Kilian und ich wussten das. Außer Kilian hatte es ihr erzählt. Aber warum...? Und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Sie musste zu seinem Rudel gehören. Er hatte es bestimmt seinen Leuten erzählt.

Mit plötzlich trockener Kehle krächzte ich:
"Sie sind eine Werwölfin."

Angst durchflutete meine Adern. Dabei sah diese Dame nicht zum Fürchten aus. Aber wenn sie eine Werwölfin war... andererseits,...Kilian war auch ein Werwolf und hatte mir bisher nichts getan.
Ich wusste einfach nicht mehr, was ich glauben sollte.

Die Frau neben mir lächelte auf solch eine mysteriöse Weise, als wüsste sie etwas, was ich nicht wusste.

"Allerdings. Ich bin eine Werwölfin.", erwiderte sie sanft.
Das änderte aber nichts an der Angst, die sich in mir ausbreitete. Diese Angst, die von Jahren voller Vorurteilen rührte. Da konnte Kilian noch so harmlos und nett rüberkommen, diese Angst ließ sich nicht so einfach vernichten.

Ich räusperte mich und stellte langsam den Teller Sandwiches auf die Bank. Meine Hand zitterte.
Ich ignorierte es.

"Entschuldigen Sie, ich....ich hab was vergessen...", stammelte ich.

Und dann sprang ich auf, wollte zurück ins Schulhaus zu gehen, doch ihre nächsten Worte ließen mich erstarren.

"Ich bin eine Werwölfin und eine Hexe, meine Liebe."

Langsam drehte ich mich wieder zu ihr um. Eine Werwölfin und eine Hexe? Das war unmöglich. Das würde ja bedeuten...

"In der Tat.", sagte die Frau, als sich die Erkenntnis in meinem Gesicht ausbreitete. "Mein Vater war ein Hexer und meine Mutter eine Werwölfin. Und hier bin ich: ein Mischling. Oder Halbling. Wie auch immer du mich nennen willst. Da unsere Existenz nicht allen bekannt ist, gibt es keinen offiziellen Namen."

Ich starrte diese Frau vor mir an. Entsetzt. Fassungslos.
Das konnte nicht sein. Müsste ich es denn nicht spüren, wenn sie zur Hälfte Hexe war?
Nein, das konnte einfach nicht sein. Wer von unserer Art würde sich auf einen Werwolf einlassen?
Sie musste lügen. Kilian musste sie geschickt haben. Ja, wahrscheinlich um mich zu überreden. Er...

"Ich kann es dir gerne beweisen, wenn du mir nicht glaubst.", sagte sie.

Ich kniff die Augen zusammen. Was, wenn das ein Trick war?
Aber wenn sie hier und jetzt zauberte...ich würde die Magie spüren. Das konnte man nicht vortäuschen.
Mit einem mulmigen Gefühl im Magen nickte ich ihr zu.

"Dann beweisen Sie es.", forderte ich mit wackliger Stimme.

Sie sah sich um, als wolle sie sichergehen, dass niemand uns seine Aufmerksamkeit schenkte. Dann pflückte sie neben uns ein Gänseblümchen, das noch nicht geblüht war.
Sie hielt es zwischen Daumen und Zeigefinger, sodass ich es gut sehen konnte. Gebannt starrte ich darauf.
Und dann....dann begann sich das Gänseblümchen ganz sachte zu öffnen und offenbarte strahlend weiße und lila angehauchte Blüten und das gelbe Innere.
Zeitgleich spürte ich eine sanfte Welle von Magie.

Langsam hob ich wieder den Blick.
Die alte Dame lächelte mich an und die Falten in ihrem Gesicht vertieften sich noch mehr, als sie mein Gesicht sah.

"Nun, Kindchen, das hast du nicht erwartet, was?", fragte sie leicht vergnügt.

Langsam schüttelte ich den Kopf.
Dann ging ich wieder zur Bank und ließ mich fassungslos darauf plumpsen. Länger hätten mich meine Beine sowieso nicht mehr getragen.

Ein Mischling. Werwolf und Hexe. Vermutlich konnte ich sie nicht als Hexe identifizieren, weil ihr Hexenanteil zu gering war. Und doch... Das....das änderte alles. Oder? Laut allen Hexen und Hexern, die ich kannte, gab es niemanden, der sich mit einem Werwolf eingelassen hatte oder es tun würde.
Aber vielleicht... vielleicht hatte sich der Hexer auch gar nicht auf eine Werwölfin eingelassen. Vielleicht wurde der Vater dieser Frau neben mir vergewaltigt...?

"Meine Eltern waren auch Seelengefährten", sagte sie da neben mir und ich wandte ihr den Kopf zu. Sie sah mich nicht an, sondern hatte den Blick traurig in die Ferne gerichtet.
"Sie liebten sich unglaublich. Weißt du, das Band der Seelengefährten ist besonders. Diese Liebe.... einzigartig. Mit nichts anderem zu vergleichen. Natürlich war es nicht einfach, er ein Hexer und sie eine Werwölfin. Aber sie schafften es, ihre Beziehung zu verheimlichen. Sie waren noch jung, als sie sich das erste Mal trafen, sie 18, er 20. Sie konnten einfach nicht voneinander lassen, trotz aller Vorurteile. Und sie lernten sich kennen....lernten sich kennen und erkannten, dass diese Vorurteile...nun, wie ihr Jugendlichen heutzutage wohl sagen würdet: beschissen waren. Vorurteile...es ist ja nicht so, als gebe es sie nur bei uns Hexen und Werwölfen. Nein, auch in der Menschenwelt. Seien es die Vorurteile gegen Schwarze und was weiß ich gegen noch alles. Dabei stimmen diese ganzen Vorstellungen nicht. Sie schaffen nur unnötigen Hass und Feindlichkeit zwischen bestimmten Gruppen. Dabei verpasst man soviel, wenn man sich von diesen Vorurteilen beeinträchtigen lässt. Man verwehrt sich die Bekanntschaft zu ganz tollen Menschen. Man verwehrt sich besondere Freundschaften."
Nun wandte sie mir wieder den Blick zu und sah mir ernst in die Augen.
"Man verwehrt sich die Liebe."

Ich biss mir auf die Lippe und blickte leicht beschämt auf den Boden.

"Sag mir eins, Xenia: willst du dir selbst die Liebe verwehren?"

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