Kapitel 38 - Die Prophezeiung

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Kilians p.o.v.

Eine Prophezeiung. Natürlich. Da lebten wir im 21. Jahrhundert und es gab immer noch Prophezeiungen. Ich hoffte nur, dass in dieser nicht unser Tod oder Ähnliches vorausgesagt wurde…

"Nun gut", sagte Derya und atmete tief durch.
"Einst zwei Völker in Frieden,
Hexen und Werwölfe freundschaftlich Hand in Hand,
Doch dann aus Liebe plötzlich Funken des Hasses entstiegen,
Und das Feuer setzt alles in Brand.

Aber heimlich blühen noch die Blumen der Liebe
In stetiger Angst vor den gierigen Händen der Diebe,
In der Liebe Früchte liegt die Hoffnung,
Die ist des Friedens Dung.

Ein Junge, von Mutter Erde geschaffen und vom Mondlicht getauft,
Und ein Mädchen, von der rachsüchtigen Gier genährt,
Zwischen beiden ein Band der Seelen verlauft,
Ihre Schultern von der Last der Erwartung erschwert.

Besiegen müssen sie dunkle Wolken,
Damit wieder scheinen kann die Sonne, so golden,
In der Dunkelheit weist ihnen den Weg ein Stern,
Und doch ist die Rettung noch fern.

So sind hier drei Ratschläge zu geben:
Erstens, lasst niemals eure Zweifel leben,
Zweitens, hört auf euer Herz,
Und drittens, enthüllt das Licht der Kerz'."

Einen Moment lang hörte man nur das leichte Summen des Kühlschranks und die Stimmen vom Fernseher einen Stock über uns. Dann:
"Das  soll die Prophezeiung sein?", Verwirrt blickte Xenia Derya an.

"Das ist die Prophezeiung, ja", erwiderte diese mit ungerührter Miene.
"Und was sagt uns das jetzt?", schaltete ich mich ein.
Derya hob eine dunkle Augenbraue. "Ist das nicht offensichtlich?"
"Nein", kam es gleichzeitig aus Xenia und mir herausgeschossen.
Sie blickte über die Schulter zu mir und lächelte leicht.
Derya seufzte nur.
"Ich würde es euch ja gerne erklären, aber das ist mir nicht erlaubt."

Ich schnaubte leise.
"Natürlich nicht", murmelte ich.
"Wäre ja auch zu einfach gewesen."

Derya ignorierte es.
"Ihr müsst euren Weg selbst finden, ich kann euch nur bedingt helfen. Aber wenn ihr Rat sucht, bin ich immer auf eurer Seite, bedenkt das. Ihr seid nicht allein."

Wie hilfreich, wenn sie uns diese Prophezeiung ja nicht erklären konnte.
"Und was gibst du uns jetzt für Ratschläge?", fragte ich leicht mürrisch.
Ihre Antwort kam sofort:
"Bleibt zusammen. Ihr dürft euch nicht trennen, egal was passiert. Eure Liebe ist der Schlüssel zu allem."

Ich hob die Augenbrauen.
"Findest du das nicht ein wenig zu klischeehaft?"

Derya lächelte mich nur geheimnisvoll an.
"Manchmal ist das Leben nunmal klischeehaft, kleiner Kämpfer."

Und dabei beließ sie es.
"Aber ich verstehe das nicht", erklärte Xenia verwirrt. "Wir müssen also eine Prophezeiung erfüllen? 'Dunkle Wolken besiegen', was auch immer das zu bedeuten hat? Aber warum?"

Derya seufzte tief.
"Warum, fragst du? Nun das ist leicht zu beantworten. Weil es so nicht weitergehen kann. Denn die Hexen sind drauf und dran, die Werwölfe auszulöschen. Und ihr seid der Schlüssel dazu, sie daran zu hindern."

Ich biss die Zähne zusammen. Zwar hatte ich gewusst, dass es schlecht um die Existenz von uns Werwölfen stand, aber dass wir kurz vor der Auslöschung standen...das war nicht gut, ganz und gar nicht gut.

"Aber die Werwölfe töten doch auch unsere Art", meinte Xenia noch immer verwirrt.

"Es tut mir leid, aber ich kann nicht mehr sagen", war alles, was Derya erwiderte.
"Und ihr solltet jetzt auch ins Bett gehen. Schlaf ist wichtig. Mit Schlafmangel erreicht ihr gar nichts, im Gegenteil, ihr werdet nur unachtsamer, und das könnt ihr euch in diesen Zeiten einfach nicht leisten."

Ich konnte fast spüren, dass Xenia jetzt alles andere als schlafen wollte, sondern geradezu auf Antworten brannte.
Und was mich anbelangte...nun, auch ich hätte gerne mehr Antworten. Oder zumindest irgendwelche bessere Hilfestellung als diese Prophezeiung. Das Leben der Werwölfe stand auf dem Spiel. Zusätzlich zu meiner Wut auf die Hexen gesellte sich nun auch eine stechende Sorge. Wenn wir diese Prophezeiung nicht erfüllen konnten…

Schließlich seufzte Xenia auf und machte Anstalten aufzustehen. Reflexartig zog ich sie zurück auf meinem Schoß, war einfach noch nicht bereit, sie loszulassen. Doch spätestens als sie sich mit strengem Blick zu mir umdrehte, erinnerte ich mich an unsere Abmachung. Ich hasste sie jetzt schon. Aber da ich unsere Beziehung nicht schon von vorneherein sabotieren wollte, ließ ich Xenia widerstrebend los.
Auch wenn es mich nicht gerade wenig Selbstbeherrschung kostete. Aber ich hatte Xenia gerade erst gefunden, hatte gerade erst eine Chance von ihr bekommen. Das würde ich mir nicht selbst kaputtmachen.

"Ich begleite dich noch zur Tür", sagte ich schnell und stand auf. Deryas wissenden Blick ignorierte ich.
Xenia lächelte leicht und nahm meine Hand in ihre. Wenigstens das. Wenigstens konnte ich ihre warme kleine Hand halten, während wir zur Tür gingen. Ich wünschte, der Weg wäre länger.
Schon viel zu früh waren wir dort und hielten inne, Xenia drehte sich zu mir um und lächelte mich schüchtern an.

"Also dann…bis morgen? Ich würde wieder herkommen, so nachmittags um 15:00 Uhr?"
"Klingt gut", brachte ich heraus. Auch wenn ich sie am liebsten schon viel früher getroffen hätte. Aber verdammt, ich durfte nichts überstürzen. Und ich wollte sie nicht bedrängen. Schließlich hatte sie auch noch ein Leben. Ein Leben, in dem ich keine Rolle spielte.
Xenia nickte lächelnd. "Gut." Dann zögerte sie noch, als wollte sie noch nicht gehen. Am liebsten hätte ich sie jetzt geküsst, ihr einen zärtlichen Abschiedskuss auf diese rosanen Lippen gegeben, auf die ich gerade starrte.

Aber ich konnte nicht. Wegen dieser verdammten Vereinbarung. Stattdessen biss ich die Zähne zusammen und zwang mich dazu, ihr in die Augen zu sehen.
"Tschüss", sagte Xenia mit erröteten Wangen und wandte sich ab.
Erst da wurde mir richtig bewusst, dass sie nun gehen würde, ohne dass ich mich richtig von ihr verabschiedet hatte. Auch wenn wir uns morgen bereits sehen würden, musste ich mich doch irgendwie von ihr verabschieden, konnte sie nicht einfach so gehen lassen.
Es war also ein verzweifelter Reflex, als ich schnell die Arme um sie schlang und sie eng an mich zog.

"Kilian!", japste Xenia erschrocken auf.
"Nur eine kurze Umarmung", murmelte ich an ihrer Halsbeuge und atmete ihren Duft nach Frühling ein, nach knospenden Pflanzen und Sonne.
Schließlich erwiderte Xenia die Umarmung und schmiegte sich an mich.
Ich genoss das hier, so nah bei ihr zu sein. Am liebsten würde ich es immer sein, sie immer umarmen, aber...frustriert biss ich die Zähne zusammen, als der altbekannte Drang in mir aufstieg.

Der Drang, sie endlich wirklich meins nennen zu können. Der Drang, meine Zähne an diese eine perfekte Stelle an ihren Hals zu setzen und nur kurz zu beißen, um sie dann wirklich und wahrhaftig meine Seelengefährtin nennen zu können.
Ich wollte ihn verdrängen, wollte diese Umarmung noch ein wenig länger genießen können, aber...verdammt!

Schließlich machte ich mich schnell von Xenia los und ging ein paar Schritte zurück.
"Du solltest gehen", brachte ich heraus, ohne den Blick von dieser Stelle an ihrem Hals nehmen zu können.
Sie musste das Verlangen und die Sehnsucht in meinen Augen gesehen haben, denn sie nickte nur und verschwand dann schnell aus der Tür.

Ich lauschte noch ihren Schritten, wie sie die Treppenstufen hinunterging und hinaus in die Nacht. Bekämpfte den Drang in mir, ihr zu folgen.
Schließlich lehnte ich mich erschöpft mit dem Kopf an die Tür. Hoffentlich wollte sie bald schon markiert werden, denn ich wusste nicht, wie lang ich noch meine Instinkte unter Kontrolle halten konnte.
Selbst als ich Deryas Schritte hinter mir hörte, änderte ich nichts an meiner Position. Sie blieb stehen. Wartete. Und dann:

"Es heißt, dass die besonders starken Wölfe auch stärkere Instinkte haben, weil sie in der Regel die Alphaposition im Rudel einnehmen. Und ihre Frauen sind dann in besonderer Gefahr, denn wie könnte man die Position eines Alphas besser untergraben, als wenn man seine größte Schwäche angreift?"

"Und das soll mich jetzt etwa beruhigen, oder was?", grollte ich leise.
"Nein", erwiderte Derya sanft, "aber es soll dir helfen zu verstehen."

Ich seufzte nur leise.
"Ich gehe ins Bett", sagte ich dann, stieß mich von der Tür ab und schlurfte in Richtung mein Zimmer.  
Bevor ich die Tür hinter mir schloss, sagte ich noch: "Gute Nacht."

Ich hatte die Tür fast geschlossen, als mich Deryas Stimme aufhielt.
"Denk dran, Kilian. Die Liebe ist etwas Einzigartiges. Sie kann auch Einzigartiges bewirken. Man sollte sie wertschätzen und nicht leichtfertig wegwerfen. Denn die Liebe ist auch launisch und wenn man etwas anderes höher schätzt...dann könnte es sein, dass sie einem keinen Besuch mehr abstattet."

Ich runzelte die Stirn, verstand nicht, was sie mir damit sagen wollte. Als keine Erklärung hinterher kam, schloss ich die Tür hinter mir. Vergaß diese Worte. Und legte mich schlafen.

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