Kapitel 1.2 - Roman

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„Wahrlich ist der Mensch der König aller Tiere,
denn seine Grausamkeit übertrifft die ihrige."

- Leonardo da Vinci


Grausamkeit.

Das war etwas, das Romans Leben in all seinen Formen und Farben geprägt hatte. Es begann als er noch der sechsjährige Sohn eines mittelständischen Händlers war. Damals gab es für ihn keine Sorgen, keine Ängste. So war es nie wieder. Denn das Geschäft ihrer Familie zerschellte am Boden, als sein Vater gezwungen wurde, die Kaufmannsgilde zu verlassen.


Seine Eltern brachten Roman in einem kirchlichen Waisenheim unter, wo er zum ersten Mal die Grausamkeit eines überlegenen Feindes erfuhr. Die Brüder und Schwestern mochten den aufsässigen, sturen Jungen nicht, der nicht nur gegen ihre Regeln verstieß, sondern auch andere Kinder dazu anstiftete. Nach kurzer Zeit versuchte er auch schon dem Kloster zu entkommen und lief weg. Die Flucht dauerte allerdings nur wenige Minuten, denn der Bursche lief einer Gruppe Inquisitoren direkt in die Arme, welche ihre neuesten Rekruten unter den Waisen auswählten.


Für Roman begann ein neuer Lebensabschnitt, mit der Ausbildung bei der heiligen Kirche. Er lernte zu kämpfen und zu siegen, erarbeitete sich einen gewissen Ruf und wurde bereits im Alter von fünfzehn Jahren in den Stand eines voll ausgebildeten Inquisitors erhoben. Diese Jahre veränderten den Jungen. Mittlerweile klebte viel Blut an seinen Händen und die Unschuld eines Kindes hatte er unwiederbringlich verloren. Aus jemandem, der gerne lachte und sich nie an die Regeln gehalten hatte, wurde ein verschlossener, ernster Kämpfer, für den nur noch wenige Regeln galten... diese verteidigte er jedoch brutaler als die Meisten seines Standes. Nur ein Jahr nach seiner Zeremonie verließ er die Inquisition allerdings, um sich den roten Jägern anzuschließen.


War der böse Wolf die größte Angst eines jeden kleinen Kindes... so waren die Roten der fleischgewordene Albtraum des bösen Wolfes. Ihre Beute waren keine Rehe oder Hirsche... sondern eben jene bösartigen Kreaturen, welche die Nacht und der Teufel hervorgebracht hatten. Hexen, Vampire, Werwölfe... dunkles Blut. Rote Jäger waren, wie ihre Beute, anders als andere Krieger, Söldner oder Soldaten. Ihre Methoden waren nicht so plump und brutal wie jene der Inquisition, zugleich aber auf anderer Ebene deutlich grausamer.


An der Seite der Roten tötete und lernte Roman viel. Jeder Kampf machte ihn besser, jedes Jahr stärkte ihn. Aus dem Burschen wurde ein Mann und er perfektionierte sein Handwerk bis ins kleinste Detail. Nach drei Jahren war er bereits in den Stand eines roten Jägers erhoben. Ab da stieg er weiter und weiter auf. Mit harter Arbeit, einem messerscharfen Verstand und einem beinah beängstigend präzisen Gefühl für die Jagd, schaffte er es von dem bronzenen Rang in den silbernen. Mit seinem fünfundzwanzigsten Lebensjahr verlieh ihm sein Anführer schließlich den Goldrang, den höchsten Grad, welchen man für die rote Jagd erhalten konnte.


Unter den Roten war Roman Lenoid ein bekannter Name, gehörte er immerhin zu den besten und gefährlichsten Kämpfern, die es je gegeben hatte. Mit der Zeit baute er um sich herum eine Truppe auf, die ebenfalls ihresgleichen suchte. An seiner Seite hielten sich nur die Besten, denn alle anderen schickte er wieder fort. Nur wer gut genug war, konnte die Jagd nach den Kreaturen der Nacht überleben und Roman war durch und durch ein Anführer. Er hätte nie zugelassen, dass seine Leute ihr Blut vergossen, weil er bei ihrer Auswahl einen Fehler gemacht hatte.


Mittlerweile war aus ihnen jedoch viel mehr als nur eine Truppe geworden. Für Roman waren seine Roten alles. Sie waren seine Familie, jene Menschen, die er um jeden Preis schützen würde, und für die er die Verantwortung trug. Eine Verantwortung, die er mehr als ernst nahm.
Und obwohl sie alle die Brücken in ihr altes Leben hinter sich abgerissen hatten... oder wenigstens nicht mehr überqueren konnten, sah er seine Verantwortung auch in der Loyalität seinen Leuten gegenüber. Genau das war der Grund, warum ihr Weg sie nun zu einem ganz speziellen Auftrag führte. Einen, den er unter anderen Umständen vielleicht nie angenommen hätte. So aber betraf es einen von ihnen, und wenn es einen betraf, waren sie alle betroffen.


____________~+~____________

Legends never die
When the world is calling you
Can you hear them screaming out your name?
Legends never die
They become a part of you
Every time you bleed for reaching greatness
Relentless you survive

____________~+~__________
(1)


Roman spürte seine Beine, die sich in die Flanken des Pferdes drückten, um es voran zu treiben. Wie führte er den Trupp und behielt die Umgebung aufmerksam im Auge. Seit Tagen ritten sie durch dichte, vom Schnee völlig eingenommene Bergwälder. Diese Landschaft war wie geschaffen für die Kreaturen, derer wegen sie den weiten Weg auf sich genommen hatten.


Wölfe. Schon allein dieses kleine Wort konnte Menschen hier oben in Angst und Schrecken versetzten. Aus gutem Grund. Die Bestien waren intelligent, von animalischen Instinkten und Trieben gesteuert, und in Gegenden wie dieser hielten sie ganze Landstriche fest im Griff der Angst. Die Gefahr war überall spürbar, deshalb ließ Roman seine Leute seit einigen Tagen nur noch wenige Stunden rasten. So kamen sie schnell voran, und jeder einzelne von ihnen war es gewohnt, mit wenig Schlaf und minimalistisch zu reisen.


Am Ende war es schlichtweg unvermeidbar. Die Menschen, zu denen sie ritten, brauchten ihre Hilfe, wenngleich sie noch nicht wussten, dass sie welche bekamen. Für ihn war das Grund genug, den stechenden Wind und die stechenden Eissplitter in der Luft einfach hinzunehmen. Er konzentrierte sich auf ihre Umgebung, nahm die Bilder in sich auf und hatte schon geeignete Methoden für Fallen und andere Mittel im Kopf, um ihnen die Jagd zu erleichtern.


Überall lag Schnee, nur gelegentlich spitzten Felsen hindurch und erinnerten ihn daran, dass irgendwo jenseits der Baumkronen Berggipfel und Steilwände aufragten. Hier musste es viele Höhlen geben - tief verwurzelt mit dem Gebirge und perfekt geeignet für die Plage, die sich hierzulande festgesetzt hatte.
Ah, allein der Gedanke an die vierbeinigen Ungetüme widerte ihn an. Biester, die sich Menschen wie Vieh in „ihrem" Revier hielten. Wie lange quälten sie das Dorf dort oben wohl schon? Wie viele Bewohner hatten sie auf dem Gewissen? Der Gedanke an dieses Unrecht schürte Wut in Roman, die einzig und allein von der Gewissheit erstickt wurde, dass sie dem bald ein Ende machten.
Bald werdet ihr rennen wie die Beute, die ihr so gerne hetzt. Sobald die Fassade des Dorfes auftauchte, würde jeder seiner Leute sich geschickt in die ihm angedachte Rolle einfügen. Wie immer hatten sie einen Plan, eine Strategie, mit der sie arbeiten würden und die sie, je nach Fortschreiten der Situation, anpassen konnten.


Diesmal hatte es allerdings länger gedauert, sich für einen Weg zu entscheiden. Roman hatte ungewöhnlich intensiv mit der Truppe darüber diskutiert, wie sie die Plage ein Fuchsbergen angehen wollten. Doch das letzte Wort in dieser Sache hatte diesmal nicht er gehabt... sondern Red, mit seiner Zustimmung. Sie war der Grund, warum er entschieden hatte, den Auftrag anzunehmen. Denn die einzige Jägerin der Truppe hatte den Großteil ihrer Kindheit in Fuchsbergen verbracht und Roman wusste, dass es noch immer Menschen hier gab, die ihr wichtig waren. Als sie von dem Werwolfproblem in Fuchsbergen gehört hatten, hatte Red ihn persönlich gebeten es aufzusuchen, um dem Dorf zu helfen. Anfangs zögerte Roman, denn es konnte gefährlich sein, seiner Vergangenheit nach so vielen Jahren wieder zu begegnen. Sie alle hatten viel Grausamkeit gesehen und... auch verursacht.


Wird Red es ertragen, ihren Liebsten in die Gesichter zu sehen, mit ihnen das Spiel der Roten zu spielen und sie anschließend wieder zu verlassen?
Diese Frage hatte ihn lange wach gehalten... doch am Ende hatte er ihr den Wunsch nicht abschlagen können. Seine Liebsten beschützen zu wollen war nur natürlich und ihre Truppe hatte die Fähigkeiten dazu. Denn bei allem was heilig war, wenn man Roman für eine Säuberung bezahlte... dann waren sie gründlich.
Während sie nun die breiter werdende Straße entlang trabten, warf er Red nur einmal einen Seitenblick zu. Roman kannte sie gut und er sah ihr an, dass da mehr hinter den tiefblauen Augen flackerte als bloße Wachsamkeit. Das hier war ihre Vergangenheit, der Ort, den sie einmal Zuhause genannt hatte. Jetzt war er nur noch eine blasse Erinnerung... zumindest glaubte Roman, dass es so war.


Schließlich wehte der Rauch von unzähligen Schornsteinen ihnen durch den Wald entgegen, gefolgt von den emsigen Geräuschen fleißig arbeitender Menschen. Hier klopfte jemand Nägel in Holz, dort schlug ein Hammer auf glühendes Eisen, in der Ferne erklang das gedämpfte Hacken von Äxten. Inmitten dieser Wildnis brummte das Dorf wie ein Bienenstock. Roman hob den Blick zu dem, was sich vor ihnen auftat. Es erweckte tatsächlich den Anschein, einigermaßen abgesichert zu sein. Fuchsbergen war von einer Palisade umschlossen, die aus dickem, verwittertem Holz bestand. Es gab sogar zwei kleine Wachtürme, die nur von einem gutmütigen Betrachter tatsächlich als solche bezeichnet werden konnten. Roman fiel dazu eher etwas anderes ein, doch er verkniff sich die sarkastische Bemerkung. Aeryn lenkte ihr Pferd nun vor den Rest der Truppe und Roman beobachtete ruhig, wie sie mit dem Burschen auf dem „Wehrgang" sprach.


Jacob Hawkins... was für ein leichtgläubiger Narr, dachte Roman fast schon mitleidig. Doch auch für ihn war das nichts Neues. Menschen waren leicht zu manipulieren, vor allem, wenn es ein Fundament gab, auf dem man aufbauen konnte. In diesem Fall war das Aeryns Vergangenheit in diesem Kaff.
Der Anführer schnaubte freudlos, als Jacob tatsächlich ohne einen einzigen Vertrauensbeweis das Zeichen gab und weiter unten jemand das Tor öffnete. Es war unfassbar. Sie hätten ein Haufen von Plünderern sein und die kleine Siedlung ausrauben können. Niemand wäre ein ernsthaftes Hindernis gewesen. Wie auch? Bauern, Holzfäller, Wildjäger... woher sollten sie gelernt haben zu kämpfen? Roman seufzte leise und warf Hawk einen unauffälligen Seitenblick zu, der mehr sagte als tausend Worte.


Hier gibt es einiges zu tun.


Während Aeryn den jungen Mann begrüßte, der geschickt die Leiter des Turmes herabkletterte, nutzte Roman die Gelegenheit, um sich umzusehen. Sie zogen schon jetzt neugierige Blick an. Natürlich. Eine Gruppe von breitschultrigen, grimmigen Männern in verschneiten Umhängen und auf Rössern, die vermutlich mehr wert waren als dieses ganze Kaff an Besitz aufbringen konnte... es war selten, dass die Menschen hier etwas Neues sahen. Und dann natürlich Red, oder besser: Aeryn Hawker. Das verschollene Mädchen von damals, von dem niemand wusste, ob und wie sie überlebt hatte. Nun, jetzt würden sie es erfahren. Oder zumindest eine verdrehte Version der Wahrheit, die ihnen vielleicht irgendwann später offenbart würde. Wenn überhaupt.



(1) Song: Legends Never Die; League of Legends, Against The Current

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