Prolog

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Es war ein hundekalter Morgen - wie jeder Wintermorgen in Fuchsbergen.

In einem Häuschen mit zu vielen zugigen Löchern in den Wänden wälzte sich eine Frau mittleren Alters unter ihrer Decke herum. Sie hätte gerne länger geschlafen, doch die Kälte ließ sie so stark erzittern, dass an Ruhe nicht mehr zu denken war. Die letzten Flammen im Kamin mussten schon vor einigen Stunden erloschen sein und in der Nacht hatte es geschneit. Beweis hierfür war ein kleiner Haufen, den Wind und Wetter unter der Tür durchgetrieben hatten. Die Frau fluchte leise, schob sich über ihren schlafenden Ehemann und krabbelte aus dem Bett. Es war an ihr, das Feuer zu entfachen, bis der Taugenichts aus den Federn kam, die Axt von der Wand nahm und endlich zum Holzhacken das Haus verließ.

Der Zug durch die Schlitze zwischen den Brettern war eisig, fuhr herzlos unter das vergilbte Nachthemd und zerzauste die langen, bereits teilweise ergrauten Haare der Frau. Eleonore verdiente ihr bisschen Geld mit dem Verkauf von Fischen auf dem Markt. Normalerweise fing ihr Mann diese, doch momentan war das Eis auf dem kleinen Bergsee zu dick, um ein Loch hinein zu schlagen. Deshalb zog er, bis es wärmer wurde, mit den Holzfällern aus.

Eleonore schlurfte träge zum Kamin, nahm sich einige kleine Holzscheite und getrocknete Birkenrinde und schichtete alles zu einem kleinen Haufen in der Luke des Ofens auf. Es dauerte ein wenig, bis sie genug Funken mit den Feuersteinen geschlagen hatte, um eine Handvoll trockener Gräser zu entzünden. Eilig ließ sie die Flammen überspringen und brachte etwa zehn Minuten damit zu, das Feuer richtig anzufachen. Nur sehr langsam sickerte die Wärme ins Zimmer und berührte zögerlich ihre eisigen Zehen. Eleonore lebte am Rand des Dorfes, sodass sie das Blöken der Schafe aus den Ställen hören konnte, wenn sie aufmerksam lauschte. Nicht mehr lange und die Schäfer würden kommen, um nach ihren Tieren zu sehen.

Noch lag das Dorf verschlafen und gänzlich eingeschneit da. Inmitten der nördlichsten Berge, die ein Norden haben konnte, zwischen endlosen Wäldern und nur zugänglich über zerklüftete Straßen, die im tiefsten Winter ohnehin nicht befahren werden konnten. Selbst im Sommer brauchte man Talent, um Pferde oder Wägen hier herauf zu manövrieren. Es gab einige Felder, doch sie konnten nur von jenen bestellt werden, denen die schwierige Arbeit von klein auf in den Knochen steckte. Fuchsbergen war eine eingeschworene Gemeinschaft, in der jeder jeden kannte. In besonders schweren Zeiten half man sich gegenseitig und vor allem, wenn Fremde das Dorf betraten, wurde aus der nachbarschaftlichen Streiterei eine verbrüderte Allianz.

Es mochte ein einfaches, beschwerliches Leben sein... doch so abgegrenzt von anderen Gemeinden und Einflüssen war ihr Dasein freier, als das so mancher vom König oder der Kirche tyrannisierten Gegend. Jedenfalls, wenn man von dem großspurigen Geschwafel des Paters und den selbst-beweihräuchernden, gutmütigen Reden des Bürgermeisters einmal absah.

Langsam fraßen sich die Funken durch das trockene Gras, erstarkten zu kleinen Flämmchen und klammerten sich hungrig an dünne Späne. Nur Sekunden später hing der intensive Geruch von Rauch im Zimmer. Seufzend rappelte sich Eleonore von ihrem Platz vor dem Ofen auf und wandte sich in Richtung der Schlafstatt, um ihren Ehemann aufzuwecken. In diesem Augenblick  blitze in ihrem Augenwinkel etwas auf.

Mit hochgezogener Braue wandte Eleonore den Kopf. Ihr Blick fiel auf eine Stelle knapp neben der Tür. Eine dunkle Stelle zeichnete sich dort auf den hölzernen Dielen ab. Eine Substanz, die dort gefroren sein musste. Fahles Morgenlicht traf auf den Fleck und brachte ihn zum Glänzen. Eleonore kniff die Augen zusammen und machte einen skeptischen Schritt darauf zu. Hatte der faule Kerl in ihrem Bett mit seinen Stiefeln etwa wieder haufenweise Schnee oder Dreck hereingetragen?

Die Lippen bereits unzufrieden gekräuselt, trat sie noch näher und erstarrte. Eine kleine Lache von gefrorener, rotbräunlicher Flüssigkeit taute durch die Wärme des Feuers allmählich wieder auf und war dabei ins Holz einzuziehen. Eleonore schluckte, ihr Blick folgte dem Rinnsal bis zur Wand, wo es unter den Holzbalken verschwand. Aus der Nähe konnte sie es ganz deutlich erkennen: Blut. Langsam bewegte sie sich zur Tür und lauschte vorsichtig.

Nichts . Da war nichts. Totenstille.

Sie schluckte heftig, dann griffen die wettergegerbten Hände nach dem Riegel und zogen ihn vorsichtig zurück. Beinahe lautlos drehte sie den Schlüssel im Schloss und zog dann den zweiten Riegel nach hinten. Mit einem mahnenden Ächzen bewegte sich die schwere Holztür und erlaubte dem schwachen Licht der aufgehenden Sonne ins Zimmer zu fallen. Von der Helligkeit gekitzelt, grummelte ihr Gemahl, hielt es aber nicht für nötig sich zu bewegen. Eleonore schluckte, dann machte sie einen entschlossenen Schritt nach draußen. Ihre nackten Füße trafen auf die dicke Schneeschicht und sofort spürte sie den Stich der Kälte in den Zehen. Die Frau drehte den Kopf zur Seite und ihr Blick traf auf die Stelle der Außenwand, an der das Blut eingedrungen sein musste.

Direkt vor Eleonores Füßen lag ein Kopf. Er war nicht sauber abgetrennt, harte Bissspuren und grob aufgerissenes Fleisch prangten knapp an der Stelle, wo eigentlich ein Kehlkopf hätte sein müssen. Die Augen waren weit aufgerissen und starrten ins Nichts. Rabenschwarze Haare waren an die ehemals schweißnasse Stirn gefroren. Ein Kranz aus Eisblumen zierte die dunklen Wimpern. Dem Gesicht fehlte jede Farbe, doch Eleonore erkannte den Mann trotzdem.

Er war Söldner gewesen und erst seit einigen Tagen im Dorf... zusammen mit seinem Trupp von weiteren vier Männern. Der Bürgermeister hatte sie hergeholt, durch einen Brief, den er der nächstgrößeren Stadt schrieb. Anscheinend hatte sich die verzweifelte Bitte um Hilfe herumgesprochen, denn seine Leute waren nicht die ersten und vermutlich auch nicht die letzten "Retter" des Dorfes.

Eleonore starrte. Ihre Pupillen folgten langsam der Blutspur, die der Kopf hinterlassen hatte, bis zum Rest des Toten. Er lehnte direkt an ihrer Hauswand und saß dort, als hätte er nach einer durchgesoffenen Nacht nicht mehr nach Hause gefunden. Doch sie wusste es besser. Dieser Mann hatte nicht getrunken... die Kampfspuren zeichneten sich deutlich auch an der gesamten Kleidung ab. Blut tränkte den Torso, er war bedeckt von zahllosen Wunden. Große Stücke Fleisch waren aus dem Leib herausgerissen, Teile seiner Eingeweide über den Boden verstreut und lange Krallenspuren entstellten seine zerfetzten Beine. Trotzdem hielt er noch eine Waffe in der Hand... einen Dolch, an dem getrocknetes Blut klebte. Das Fleisch war ebenfalls gefroren. Schnee und Eis konservierten die Szene brutaler Gewalt und Entstellung.

Eleonore blinzelte, dann spürte sie ihre eigenen Knie wie Pudding unter sich zittern. Dass sich ihr Mund zu einem Schrei öffnete, nahm die Frau kaum wahr. Dann weiteten sich ihre Lungen, sammelten Luft und der Laut gellender Verzweiflung schreckte einen nahen Vogelschwarm auf. Eleonore schrie, schrie sich die Kehle wund, bis endlich jemand gelaufen kam. Sie wusste nicht, ob es ihr Mann, ein Nachbar oder sonst wer war. Das Bild der gefrorenen Augen hatte sich in ihren Kopf gegraben wie die Krallen des Wolfes in den Körper des Toten. Minuten, endlose Minuten verbrachte sie dort im Schnee und die Kälte fraß sich genauso teilnahmslos und grausam durch ihre unbedeckten Beine, wie in das Fleisch der Leiche.

Irgendwann zog sie jemand hoch, hievte die Frau ins Haus und setzte sie dort auf einen Stuhl. Eleonore zitterte am ganzen Körper, nicht vor Kälte, aber vor Angst. Direkt vor ihrer Tür war ein Mann ermordet... nein, erlegt worden.

Es war offensichtlich, was ihn getötet hatte. Der Zustand des Körpers sprach für sich. Eleonore hatte schon tausend Geschichten darüber gehört, unzählige trauernde Witwen, Schwestern, Brüder, Eltern und Kinder gesehen. Doch der Anblick eines Opfers selbst war ihr bis jetzt erspart geblieben. Nun konnte sie die Erinnerung an den Söldner nicht vertreiben. Er hatte keinen Kopf mehr, wie sollte er ohne Kopf ins Himmelreich finden? Wie sollte er Frieden finden, ohne Augen, die sehen und einen Mund, der sprechen konnte? Ihr Herz raste, sie spürte, wie ihre Hand sich immer wieder zur Faust ballte und dann entspannte. Kalter Schweiß stand ihr auf der Stirn, als sich ihr Ehemann nach einer ganzen Weile neben Eleonore auf einen Stuhl sinken ließ.

„Beruhige dich, sie haben ihn weggebracht", brummte er dunkel und tätschelte ihr Knie. Seine großen Hände waren warm, stark, rau. Gezeichnet von der harten Arbeit und sehr viel Entbehrung. Eleonore blinzelte, dann wandte sie ihm den Blick zu und fuhr sich langsam mit einer Hand über die Stirn.

„Das ist es nicht", murmelte sie gedankenverloren und spürte, wie ihr Körper sich langsam und durch seine Nähe wieder beruhigte. Er glaubte ihre Zerstreutheit ruhte vom Anblick der Leiche her, aber den entstellten Körper konnte Eleonore irgendwann wieder vergessen, das wusste sie. Nein, wovor die Bauersfrau wirklich Angst hatte, war etwas anderes. Ihre Hand bebte, als sie sie sinken ließ.

„Sie waren im Dorf, vor unserer Tür...", versuchte sie heiser zu erklären, doch die Worte verkamen in einem erstickten Schluchzen. Der breitschultrige Mann sank auf seinem Stuhl kaum merklich zusammen. Auch er wusste, wie machtlos sie gegen diese Bedrohung waren und er hätte seine Frau gerne beschützt, ihr Sicherheit und Vertrauen geschenkt. Doch das konnte er nicht.

„Ist gut, ist ja gut." Ein wenig ratlos legte er einen Arm um Eleonore und zog sie an seine Schulter, wo sie ihre tränennassen Wangen im schmutzigen Stoff des Nachthemdes vergrub. „Wir schaffen das schon. Wir schaffen es doch immer", erinnerte er sie. Langsam strichen die klobigen Finger über ihr schütteres Haar. Eleonores hagerer Körper zuckte unter den heftigen Atemzügen, obwohl sie mit aller Macht versuchte, die Tränen zurückzudrängen.

„Sie... sie..." Nur langsam versiegten die Tränen, doch es dauerte, bis Eleonore wieder Atem schöpfte. Die Verzweiflung schnürte für einige Augenblicke ihre Kehle zu, denn sie fühlte sich plötzlich in ihrer eigenen Hütte nicht mehr sicher. Schon früher waren sie, die Wölfe, nah an das Dorf herangekommen. Doch SO nah?

„Der Winter ist noch nicht vorüber... und sie werden hungriger", brachte sie hervor. Ihr Mann seufzte leise, aber er widersprach nicht. „Außerdem leben wir so weit am Dorfrand... niemand würde es merken, wenn sie uns..."

„Scht." Eleonore wurde von ihrem Gemahl unterbrochen, der ihr sanft aber bestimmt ins Wort fiel. Langsam löste sie sich von ihm und wischte über die nassen Spuren auf ihren eingefallenen Wangen. Das Feuer war längst wieder erloschen und die Kälte schlich langsam aber sicher in die Hütte. Sie beide sprachen nicht mehr weiter, dachten aber dasselbe. Niemand würde eingreifen, wenn die Wölfe sich in der nächsten Nacht an ihrem kleinen Häuschen zu schaffen machten. Sie konnten sich keine dicken Eisenschlösser oder festen Eichenbohlen leisten, mit denen man die Tür verriegeln und alle Fenster vernageln konnte. Wenn das Glück ihnen hold war, verhungerten sie nicht... doch auch das stand in den Sternen.

Und in der heutigen Nacht hatten die Wölfe sich bis ins Dorf vorgewagt und dort einen Söldner gerissen. Einen bewaffneten, gerüsteten Krieger... und er lag dort einfach so im Schnee. Eleonore war nicht einmal davon aufgewacht. Was hatten sie falsch gemacht, welchen Fehltritt hatten sie sich geleistet? Das Dorf zahlte regelmäßig seine Schuld und nun nun schien es seit einigen Monden nicht mehr genug zu sein.

Also was, was bei allen Göttern, würde als nächstes folgen?


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