Wir sind Morgentau, der die Wiesen  überzieht wie eine Schicht aus wildfunkelnden Diamanten und schließlich doch langsam im feuchten Grün versickert.
So kühl.
Wir sind ein Sonnenuntergang, leuchtend rot, aber langsam verblassend und dunkel werdend, während die Nacht hereinbricht.
So feurig.
Wir sind ein Gewitter, so elektrisierend und energiegeladen, dass die Stille leicht knistert. Wir sind der Donner, der das Knistern durchbricht und der Blitz, der die Finsternis für Sekunden erhellt.
So vergänglich.
Wir sind eine Seifenblase, die in ihren buntesten Farben schillert. Es benötigt nur einen Windhauch, uns zu zerstören.
So verletzlich.
Wir sind eine welkende Blüte, die ihren Kopf verzweifelt gegen Sonne richtet, um ein letztes Mal das Licht auszukosten.
So trostlos.
Wir sind eine auslaufende Sanduhr, deren letzte Sandkörner durch das Glas rieseln und sich am Boden sammeln. Wir waren einmal voll, jetzt bleiben uns nur noch wenige Körner.
Könnte ich die Zeit aufhalten, würde ich es tun.
So verzweifelt.
Aber was auch immer wir jetzt sind, ich werde nie vergessen, was wir einmal waren.

[02.10.19]