Kapitel 19 - Im Dunkeln

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

»Was war denn das zwischen euch beiden?«, fragte Jakob, als sie zu dritt beim Abendessen saßen und Maisy ihren Erlebnisbericht ihres ereignisreichen Tages im Garten beendet hatte. Jetzt, da sie nicht jeden Morgen eine Wegstunde für die Anfahrt verschwendete, hatte sie viel mehr Zeit, sich auch um das dichte Gestrüpp auf der anderen Seite des Gartens zu kümmern, das normalerweise vom publiken Auge nicht verurteilt wurde. Dass ohnehin kein Bisschen des Gartens von irgendjemandem in Wispmoore verurteilt würde, grummelte Jakob, ignorierte sie mit einem gekonnten Lächeln.

Willow blickte ertappt auf und Maisy warf Jakob einen neugierigen Blick zu. »Dasselbe könnte ich dich fragen«, murmelte sie zwischen zwei Bissen Brot und hob eine Augenbraue.

Jakob stieß ein unstimmiges »Hm« aus und widmete sich wieder seinem Essen.

Willow legte ihr Besteck argwöhnisch zur Seite. »Also war da was«, bohrte sie nach.

Jakob presste seine Lippen zusammen, ehe er Willow einen strengen Blick über Maisys Kopf hinweg zuwarf. »Die Sache mit seiner Mutter lässt du lieber unausgesprochen.«

Diese Antwort verwirrte Willow mehr, als dass sie Klarheit brachte. »Wieso denn? Die kleinen Zeitungen schreiben alle über diese seltsamen Vorfälle.«

Maisy wurde hellhörig und schaltete sich ein. »Geht es um die Mondsucht?«

»Nein«, sagte Jakob in dem Moment, in dem Willow mit »Ja«, antwortete.

»Ohhh«, stieß Maisy aufgeregt aus. »Heute im Pub hat Ernie behauptet, er hätte Linda vergangene Woche auf der anderen Seite des Waldes in der Nähe von Shipley Bridge gesehen!«

»Maisy«, warnte Jakob und Willow wurde hellhörig.

»Ihr wart im Pub? Wer ist Linda?«

»Nur Maisy.«

»Ernies Tochter, die vor wenigen Monaten in der Nähe des Waldes verschwunden ist. War mit ein paar Freundinnen Spielen und-«

»Maisy«, warnte Jakob.

»Jakob hält das alles für dummes Gewäsch.«

»Nein, Maisy, ich halte es für gefährlich sich hinter dem Rücken des Bischofs und seiner Gattin, die zufällig Willows Onkel und Tante sind, zu treffen, um die Kompetenz der Sonnenkirche infrage zu stellen.«

Willow fiel die Kinnlade herunter und Maisy verzog säuerlich den Mund. »Gefährlich, also bitte. Niemand bricht mit dem Geschwätz irgendwelche Regeln. Wir sorgen uns einfach.«

»Und ich sorge mich um die junge Miss Willow hier, die sich mit Gesetzesbrechern abgibt.«

»Gesetzesbrecher?!«, rief Maisy verärgert aus und warf ihre Arme in die Luft. »Jetzt gehst du zu weit.«

»Wieso ist Naoise denn ein Gesetzesbrecher? Weil er seine Mutter im Wald sucht?«, hakte Willow neugierig ein und es fiel ihr schwer, zu leugnen, dass ihr Interesse an dem, was er vorhin zu ihr sagen wollte, nur noch brennender geweckt wurde.

»Ganz genau«, sagte Jakob grimmig. »Es gibt Regeln zu befolgen, die alleinig zum Schutz der Jäger aufgestellt wurden, um Vorfälle wie den Elises zu verhindern. Das erste Mal«, fuhr Jakob schroff fort und brachte Maisy mit einem strafenden Blick zum Schweigen, »hat man Naoises Verhalten noch als impulsiven Tatendrang eines schwierigen Teenagers durchgehen lassen. Aber man hat ihm zu verstehen gegeben, dass es keinen weiteren Straferlass geben würde, sollte er die Gesetze wieder brechen. Er ist kein Kind mehr.«

Willow schluckte. »Hat er aber.«

»Hat er aber«, nickte Jakob unzufrieden über das Tischgespräch und stand schließlich auf. »Er ist kein guter Umgang für eine Löwin. Arrogant und präpotent hält er sich für fähiger als unsere berufsältesten Jäger. Er wurde mehrmals vom Dienst suspendiert. Aber das habe ich dir sicher schon einmal erklärt, richtig?«

Willow widerstand dem Drang, die Augen beschämt niederzuschlagen, ihre Wangen fingen trotzdem an zu brennen. »Ja, Jakob.«

Maisy seufzte tief und unglücklich, hob aber bloß entschuldigend die Schultern. »Er ist doch nur ein Kind.«

»Nein, ist er nicht«, hielt Jakob dagegen. »Er ist fast volljährig und zudem Nachtwächter. Er sollte es besser wissen.«

Willow saß nach dem Essen eine Weile grübelnd am Esstisch und dachte an Naoise und sein fröhliches Lachen, das sie als Kind so gerne aus ihm herausgelockt hatte. Wenn sie gemeinsam mit Viola in ihrem Versteck hinter den Weißdornbüschen ausgeharrt und auf Beths roten Haarschopf geachtet hatten, um im Falle des Entdecktwerdens davonzurennen, war es ihr die größte Freude gewesen, Naoise zum Prusten zu bringen. Viola hatte ihr immer heftig in den Arm gekniffen, wenn Naoise mit funkelnden Augen gekichert hatte und ihr mit einem kaum unterdrückten Grinsen zu gezischt, dass sie beide ins Grab brächte, sollte ihre Tarnung ihretwegen auffliegen.

Von dieser Fröhlichkeit war in keinem von ihnen etwas übrig geblieben und Willow fragte sich das erste Mal ernsthaft, was der Verrat ihrer Eltern in Wispmoore für gravierende Auswirkungen auf die Gemeinschaft der Kleinstadt genommen hatte.

Das Wochenende verlief ruhig. Willow vertiefte sich einmal mehr in ihre Notizen und wühlte sich die beiden regnerischen Tage durch die zweistöckige Bibliothek im Anwesen. Auch hier hatte das Gericht ordentlich zugeschlagen, viele Regale wiesen grobe Lücken auf, weil man der Annahme ging, dass Heather und Keith in den Werken über Geschichte, Archäologie und Pathologie des Mondstaubes irgendwelchen Verbindungen zu den Mondmottenpriestern nachgeforscht hatten.

Willow seufzte schwer und strich über die von Jakob rein gehaltenen Regalbretter und wünschte sich, sie selbst hätte diese Bücher, um in ihnen nach Anhaltspunkten zu stöbern. Warum ihre Eltern getan hatten, was sie angeblich getan hatten. Und folglich, wunderte sie sich, weshalb die heiligen Schriften, die ihre Eltern zu stehlen versucht hatten, so wichtig waren, dass man sie unter derart diskretem Verschluss hielt, sodass kein nicht staatlich kirchlicher Beamte einen Blick darauf werfen durfte.

Nach außen hin waren die beiden das perfekte hetairos-Paar gewesen und noch dazu Ehrenmitglieder der Sonnenkirche. Sie waren Teufelskrallen, Teil der ältesten und ehrwürdigsten Blutlinie seit des ersten, groben Konflikts zwischen Mondmotten und Sonnenkirche. Es grenzte an unwahrscheinliche Ironie, dass ausgerechnet eine Löwin so einen Verrat begehen sollte, wo doch ihre Urahnin sinnbildlich für den Schutz der Sonnendrachen gestanden hatte.

Flenridge war der Mittelpunkt vieler Partys und Zusammenkünfte der hochrangigen Jägergemeinschaft gewesen, schließlich war Heather als Aufsichtsrätin des Konvents von Wispmoore, Sickersbridge und Umgebung vorgestanden, ehe ihre Schwester Elmira diesen Posten nach der Festnahme erhielt.

Die Verschwörung, welche die beiden gegen die Sonnenkirche geplant hatten, musste gut versteckt unter aller Nasen abgelaufen sein und die Schande über die alarmierend späte Entdeckung, lastete zusätzlich als Groll auf dem Namen Phyteuma. Wie sie es geschafft hatten die ganze Stadt hinters Licht zu führen, war ihnen unbegreiflich und von einer Eigenverantwortung wollte niemand etwas wissen. Willow wurde ebenfalls vor vier Jahren verhört, aber sie wusste heute wie damals genau gleich viel: schlichtweg nichts. Dennoch erinnerte sie sich mit einem Schaudern an den kalten, ungemütlichen Vernehmungssaal der Jugendstrafanstalt, in dem es kein einziges Fenster und nicht einmal stoffbezogene Stühle gegeben hatte. Das kalte Metall der Handschelle flüsterte ihr manchmal noch im Traum gemeinsam mit dem stechenden Blick des Gefängniswärters und seiner warmfeuchten Finger über die Haut und brachte ihren Nacken zum Kribbeln.

Sie hatte den Namen des Mannes über die wenigen Monate in der Jugendstrafanstalt, in die man sie aufgrund vermuteter Mittäterschaft gesteckt hatte, nicht vergessen: Alistair Marten. Dunkelhaarig, schlank und muskulös, gutaussehend und in Willows Erinnerung gigantisch. Trügerisch freundlich und bemüht einladend. Sie hatte sich in seiner Gegenwart stets hilflos gefühlt, von seinem blendenden Aussehen betrogen, das über seine wahre Natur hinwegtäuschte. Man hatte Willow natürlich nicht geglaubt, dass er, wenn niemand hinsah, handgreiflich wurde, so wie man keinem Mädchen Glauben geschenkt hatte, das sich in seiner Obhut befand. Ihre Eltern hatte sie nicht ein einziges Mal besuchen dürfen.

Jetzt saß Willow vor mehreren Büchern über die lokale Flora und Fauna vertieft und ließ das Ende ihrer Füllfeder immer wieder auf ihr Notizbuch schlagen. Man hatte ihr im Grunde gar nichts erzählt, ständig im Dunkeln gehalten und sie mit dem Satz »Sei ein braves Mädchen und tu, was man dir sagt«, abgespeist. Selbst die Ausrüstung hatte man ihr praktisch davongestohlen und ohne Schutzmaske würde man ihr nie im Leben erlauben in den Wald zu gehen. Sie würde zwar einen Antrag für die Anfertigung stellen können, doch auch dieser lief durch die Hände der Aufsichtsrätin.

Frustriert sank sie in den mit Samt überzogenen Stuhl zurück und schloss die Augen. Der Regen prasselte unentwegt gegen die Fensterscheiben und tauchte den Garten vor dem Fenster in tiefes, sattes Grün, in dem sich die wenigen, bunten Farbtupfer der knospenden Blüten verwaschen auf den Boden drückten. Gerne hätte sie die Dienstpläne der Jäger eingesehen, sich selbst eingetragen, um zu wissen, wer von ihren ehemaligen Freundinnen heute ihr Leben riskierte, aber sie saß wie die letzten vier Jahre völlig im Dunkeln.

Frustriert klappte sie die Lehrbücher zu und machte sich auf die Suche nach alten Tageszeitungen, um sich näher in die aktuellen Ereignisse in Devonshire zu vertiefen. Jakob hob die Wochenzeitungen neben dem Kamin auf und nutzte sie als Anzünder, die ältesten Ausgaben waren daher schon verheizt worden, doch die der letzten Monate lagen noch in der großen Kiste neben dem Kamin. Willow schlichtete die Zeitungen auf ihren Schoß und nahm sich vor, zuerst das vergangene Jahr durchzugehen.

| Bisschen spät bin ich dran, es tut mir echt leid! Ich bin nur gerade ziemlich versunken in Diego Lunas Karriere und daher ein bisschen beschäftigt xD

Aber ich verspreche, es wird weitergehen und ich freue mich nach wie vor über jede Unterstützung eurerseits <3 |

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro