♬ 3: ℓιттℓє ѕυρєяησναѕ ιη му нєα∂

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⊱ ────── ⋅♬  Chapter 3  ♬⋅ ───── ⊰
   

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Yoongi bereut es. Er hätte die Flucht ergreifen sollen, als er noch die Möglichkeit dazu hatte. Aber nicht mal das hat er geschafft. Jetzt darf er seit geschlagenen zehn Minuten unzählige Fragen über sich ergehen lassen, auf die er keine Antworten zu bieten hat. Wenigstens hat er es irgendwie hinbekommen, sich bei Jungkook zu entschuldigen. Der bittere Beigeschmack auf seiner Zunge will trotzdem nicht verschwinden. Und der kommt sicherlich nicht von dem Kaffee, den der Barista ihnen serviert hat. 

"Hey Yoongi”, spricht Jungkook ihn da gerade direkt an. Seine Stimmlage hat immer noch diesen leicht verdrießlichen Beigeschmack. “Was für ‘ne Chance hab’ ich dir eigentlich versaut? Bestimmt nicht die, den Anschluss noch rechtzeitig zu bekommen. Bist halt echt richtig ausgeflippt deswegen, also scheint’s wichtig gewesen zu sein.” 

Ob er die Notwendigkeit einer Antwort wegschweigen kann? Yoongi probiert es zumindest und greift schnaubend nach einem Vanillecreme-Donat. Er hat keinen Hunger, aber wenn er kaut, muss er immerhin nichts sagen. Hoseok hat schon mindestens drei von der Sorte verputzt. An ihm ist trotzdem kein Gramm Fett zu viel dran. Gut an Yoongi auch nicht. Aber Hobi wirkt trotzdem stark und durchtrainiert und Yoongi halt wie… Yoongi. Alias: die Super-Lusche. Der Begriff “Lauch” im Lexikon. Das ist dann wohl der Unterschied zwischen regelmäßig Tanzen und Sport treiben und immer nur vor dem Computer abhängen. Kurz spielt Yoongi mit dem Gedanken, ob er auch anfangen sollte, regelmäßig Sport zu treiben. Dann lacht er sich innerlich aus. Als würde er das ernsthaft umsetzen können. In einem anderen Leben vielleicht, aber ganz bestimmt nicht in diesem.

“Yoongi?”, besteht Jungkook auf seine Antwort. 

“Wie gesagt, vergiss es einfach”, reagiert Yoongi ausweichend und hofft, dass damit das Thema endlich vom Tisch ist. Er möchte mit den beiden nicht über diesen Jiminie reden, nicht über seine Seelenmelodie und erst recht nicht über seine Schlafprobleme. Und irgendwie hängt seine Antwort ja mit all’ diesen Dingen zusammen. Leider scheint Jungkook seine Abweisung gar nicht zu schmecken. Er funkelt Yoongi so böse an, dass er auf der Stelle tot umfallen würde, wenn Blicke tatsächlich töten könnten. Eindeutig keine bessere Fortsetzung zu ihrem ohnehin schon schlechten Anfang. Zum Glück ist Hoseok da. Er legt seine Hand auf Jungkooks Schulter und lächelt ihn sanft an. 
“Es gibt Sachen, da reden wir nicht gerne mit anderen drüber, Kookie. Lass gut sein.” 

Yoongi entspannt sich etwas, als er beobachtet, wie Jungkooks Ausdruck sich auf Hoseoks Bemerkung umgehend ins Gegenteil umschlägt. Jetzt wirkt er nicht mehr böse und genervt, sondern ganz weich und nachgiebig. Vielleicht sogar eine Spur verlegen. Jungkook erwidert das Lächeln von Hoseok und löst dann ganz schnell den Blickkontakt wieder. Die beiden merken es echt nicht, oder? Dabei fällt sogar jemandem wie Yoongi auf, dass da definitiv mehr zwischen ihnen ist als Freundschaft. Nicht nur von Hoseoks Seite aus.

“Wenn’s sein muss…”, knickt Jungkook schließlich ein und bläst die Wangen auf. Anstatt, dass die Geste ihn kindlich wirken lässt, macht sie ihn nur noch süßer. Jetzt ist Hoseok derjenige, der unter dem Anblick rot wird. 

“Es muss sein”, bestätigt er trotzdem mit fester Stimme. 

“Als würdest du dich damit auskennen! Du redest immer über alles.” 

“Ich rede über viel, aber nicht über alles.” 

“Über sehr viel!”, bestätigt Jungkook. “Wie kann das nicht alles sein?” 

“Alles ist halt noch sehr viel mehr… Und ein paar Geheimnisse muss ich mir ja auch bewahren.”

“DU HAST GEHEIMNISSE VOR MIR?”, schnappt Jungkook und gleichzeitig entsetzt nach Luft. “Du darfst keine Geheimnisse vor mir haben.” 

Als wäre das so einfach, denkt Yoongi vermutlich gleichzeitig mit Hoseok. Sein Blick spricht jedenfalls Bände. Und trotzdem schafft er es mit ein paar weiteren Worten das Thema elegant zu umschiffen und die Wogen zu glätten. Sowas schafft Yoongi nie. Wenn er verlegen ist, dann versucht er, ein Thema totzuschweigen. Oder geht auf Angriff. Flucht oder Angriff. Mehr Optionen kennt er nicht. Ein charmanter Themenumschwung gehört echt nicht zu seinem Repertoire und wenn er es versuchen würde, würde er vermutlich gnadenlos daran scheitern. 

Kann er nicht ein bisschen mehr so sein wie Hobi? Dann würde sich dieses Treffen nicht fast genauso unangenehm anfühlen, wie die Aufführung in der Schule damals, an die er nur ungerne zurückdenkt. Er war gerade mal in der Mittelschule angekommen und hat geglaubt, dass jetzt alles besser werden würde. Hat an dem Wunsch festgehalten, dass er mit seinem Stück auf dem Piano alle vom Hocker reißen würde und anschließend sogar Freundschaften schließen könnte. Aber kaum hatte er die Schulbühne betreten, war sein Kopf völlig leer. Seine Finger hatten vergessen, welche Tasten sie zuerst spielen sollten. Yoongi wusste nicht mal mehr, wie das Stück hieß, dass er spielen wollte. Nichts. Blackout. Er erinnert sich viel zu gut daran, wie sich das Getuschel erst ausgebreitet hat und dann nach und nach in Buhrufe übergegangen ist. Es war mit Abstand die schlimmste Erfahrung überhaupt und er war sich zu diesem Zeitpunkt absolut sicher, dass sie durch nichts mehr getoppt werden könnte. 

Tja. Leider ist es bis jetzt öfter vorgekommen, als ihm lieb ist. Weil das einzige, was er wirklich gut kann, versagen ist. Er kann Situationen nicht verbessern, so wie Hoseok, sondern immer nur den möglichst katastrophalsten Ausgang herbeiführen, der eintreten kann. Und irgendwie hat er das Gefühl, das es heute wieder genauso sein wird.
 
"Ach Kookie. Ich wollte dir übrigens noch sagen, dass ich nochmal was an der Choreo verändert hab", kommt es wenig später von Hoseok und reißt Yoongi damit aus seinem Strudel der Gedanken. Er war so sehr in seinen Erinnerungen vertieft, dass er nicht mitbekommen hat, wie er schon wieder an seinen eh schon malträtierten Nagelbetten herumgeknibbelt hat. Erst jetzt merkt er, dass er schon wieder zu weit gegangen ist und fragt sich, wie er die blutigen Stellen vor den beiden verstecken soll. Verzweifelt zieht er die Ärmel länger, bis sie seine Hände völlig verdecken, und hofft, dass es ausreicht. Zum Glück sind die beiden schon wieder viel zu sehr auf sich konzentriert, um davon überhaupt Notiz zu nehmen.

"Oh, echt? Schon?", fragt Jungkook verwundert. "Das ging schnell."
"Joah, aber ich wollte, dass wir noch genug Zeit haben, um das richtig einzustudieren. Ich will ja, dass das am Ende gut wird."
"Mit nem Choreomeister wie dir, kann das ja nur gut werden!"
Hoseok fängt auf Jungkooks Aussage an laut zu lachen. Yoongi, der nur noch als stiller Beobachter an dieser Unterhaltung teilnimmt, entgeht nicht, dass Hoseok damit eigentlich nur seine Verlegenheit überspielen will. Auch das Greifen nach Donat Nummer vier dient wahrscheinlich nur der Ablenkung. 

"Lach nicht, Hobi. Ich mein's ernst. Wenn ich überlege, wie weit wir jetzt schon gekommen sind und wie genial das einfach alles ist… Ich frag mich so oft, was passiert wäre, wenn damals alles anders gekommen wäre. Ich weiß, dass das scheiße für dich war damals, aber ich bin echt mittlerweile froh, dass das genau zum richtigen Zeitpunkt passiert ist."

"Dass was passiert ist?", mischt sich Yoongi in das Gespräch ein. Der Blick der beiden schwenkt zu ihm und kurz sehen sie sich fragend an. “Also nur… wenn du erzählen willst…natürlich…”, setzt Yoongi daraufhin schnell nach. Wahrscheinlich haben die beiden gar kein Bock, dass er sich in ihre Unterhaltung einmischt. Fuck. Warum hat er das getan?? 

"Ach stimmt, du weißt es ja noch gar nicht", sagt Hoseok und wirkt keinesfalls so als käme die Nachfrage ungelegen. Aber Yoongi ist zu beschäftigt damit, seine Hände weiter gut zu verstecken und seinen Blick gesenkt zu halten, dass er mal wieder nichts mitbekommt. Nicht einmal, wie Jungkook Hoseok mit solch funkelnden, neugierigen Augen ansieht, dass spätestens jetzt jedem klar sein sollte, wie verknallt er in Hoseok ist. 

"Ich war damals schon zwei Jahre im Tanzkurs", beginnt der Tänzer seine Erzählung, "War echt 'ne stressige Zeit, aber beim Tanzen konnte ich immer ein bisschen abschalten. Deswegen war es mir auch wichtiger als alles andere, aber irgendwie scheint mein Körper 'ne Zwangspause für sinnvoller erachtet zu haben. Ein Nerv in meinem Bein war auf einmal tot. Von jetzt auf gleich. Bam! Und dann konnte ich nicht mehr tanzen. Ich weiß bis heute nicht, wie das passieren konnte."

“Scheiße”, entgegnet Yoongi und stellt sich sofort vor, wie es wäre, wenn man ihm vom jetzt auf gleich die Musik wegnehmen würde. Was würde dann noch von ihm bleiben? 

"Die Ärzte haben alles abgecheckt", mischt sich Jungkook ein. Anscheinend kann er sich daran genauso gut erinnern wie Hoseok. 
"Aber nie was gefunden. Rücken okay, Leisten okay, Beine okay. Es war denen allen ein Rätsel, wie das passieren konnte. Ich glaub, die waren hinterher genauso verzweifelt wie du, Hobi."

Hoseok nickt. "Definitiv. Im Endeffekt musste ich mindestens zweimal wöchentlich zur Krankengymnastik. Hab dann immer Strom auf die Stelle bekommen und musste so Übungen machen, bis der Nerv wieder da war. Hat ewig gedauert und natürlich war es das dann auch mit dem Tanzen für mich. Als ich mein Bein wieder normal bewegen und belasten konnte, war mein Kurs logischerweise schon viel weiter. Hätte niemals alles wieder aufholen können, und dachte dann, dass ich es für immer aufgeben müsste."

"Du warst echt so verzweifelt. Ich erinnere mich noch, wie du zum Training gekommen bist. Eigentlich wolltest du an dem Tag nur deine Kündigung für die Mitgliedschaft abgeben, aber Mr. Lee hatte dich gebeten zu warten. Du hast da gesessen und uns beim Tanzen zugeschaut. Und ey… ich glaube, ich habe noch nie jemanden gesehen, der so verdammt traurig ausgesehen hat." 

Hoseok hat seinen Blick derweil gesenkt. Der traurige Blick, von dem Jungkook gerade erzählt hat, legt sich wie ein Echo auch jetzt wieder auf seine Augen. 
"Das war ja auch alles echt heftig für mich. Tanzen war immer mein Leben. Als das auf einmal weggebrochen ist, wusste ich gar nicht mehr, was ich mit mir anfangen sollte. Ich hab’ es sogar nochmal probiert. Der Trainer meinte auch, dass ich sicherlich wieder reinkomme, aber ich war zu dem Zeitpunkt hart am struggeln mit meinem Leben und hab’ das direkt aufgegeben."
Hoseok sieht Yoongi direkt an. "Zum Glück kam in dem Moment Jungkook."
Jetzt wird Yoongi doch neugierig. Er erwidert den Blick und schaut immer mal wieder zu dem Barista. Er ist es auch, der weiter erzählt. 

"Ich konnte das auch echt nicht länger mit ansehen. Du musst wissen, Yoongi, ich war in meinem Kurs nie wirklich der Beste. Ich mochte das Tanzen zwar, aber so richtig viel Talent hab’ ich nicht mitgebracht. Ich hatte irgendwie immer im Kopf, dass es mehr sein sollte, als belangloses Rumgehopse. Ich wollte, dass das Tanzen mehr Bedeutung bekommt. Weißt du, was ich meine?”
Yoongi nickt, obwohl er sich eigentlich gar nicht sicher ist, was Jungkook meint. Aber Nachfragen lässt ihn zu dumm dastehen, oder? Als ob. Aber sein Kopf gaukelt ihm gerne vor, dass es genauso wäre. 

Jungkook scheint seine nonverbale Bestätigung auszureichen und er erzählt enthusiastisch weiter:
“Die Musik, die ich gehört habe, hat mir so viel bedeutet. Ich wollte nicht einfach nur chimmy, chimmy, yeah meinen Booty dazu shaken. Ich wollte, dass mein Tanzen genauso bedeutungsvoll wird wie die Musik. Also bin ich zu Hoseok. Jeder kannte ihn. Unser Trainer hat oft von ihm gesprochen und uns ständig mit ihm verglichen. Also dachte ich, ich schlage einfach zwei Fliegen mit einer Klappe. Ich kriege einen bedeutungsvollen Tanz und Hobi eine Beschäftigung, die mit Tanzen verbunden ist, damit er nicht mehr so traurig ist." 

"Scheint funktioniert zu haben."

"Und wie!", wirft Hoseok freudestrahlend mit ein. Die Regenwolken in seinen Augen verschwinden und machen Platz für einen klaren, mit Sternen behangenen Himmel. 
"Jungkook kam auf mich zu, hat mir sein Handy vor die Nase gehalten und gesagt: ich will, dass meine Choreo genauso bedeutungsvoll ist, wie dieses Lied! Und ich möchte, dass du mir dabei hilfst, weil es laut Trainer Lee keinen besseren gibt als dich! Ich hatte erst gar keine Chance nein zu sagen." 

"Gut so. Dadurch hast du nämlich wieder angefangen mit dem Tanzen", sagt er an Hobi gewandt. Im nächsten Moment dreht er seinen Kopf wieder zu Yoongi. "Es gibt übrigens wirklich niemanden, der besser ist als Hoseok. Er hat es echt geschafft, dass wir zu einem meiner absoluten Lieblingssongs eine Choreografie einstudiert haben und alle waren total begeistert. Dabei ist das jetzt nicht unbedingt ein Song, zu dem Leute ansonsten eine Choreografie entwerfen…." 

"Naja, es war ja auch mein Lieblingslied zu der Zeit. Ich konnte ja nicht mehr viel machen außer zocken und Musik hören. Aber dieser Song… er war irgendwie wirklich was ganz besonderes. Keine Ahnung, ob ich auf deine Bitte eingegangen wäre, wenn es nicht zufällig dieses Lied gewesen wäre. Wahrscheinlich hätte ich gesagt, dass du dir jemand anderen suchen sollst", fügt Hoseok mit einem breiten Grinsen hinzu. 

"Dann bin ich froh, dass wir beide dieses Lied so gehyped haben. Man könnte echt sagen, dass es uns zusammen… geführt hat." 
Die beiden versinken erneut in ihrer Welt aus tiefen, bedeutungsvollen Blicken, in der für Yoongi kein Platz ist. Die beiden schweigen, während sie sich verliebt ansehen (und diesmal bemerkt es selbst Yoongi). Naja, wenn das so weitergeht, kann er immerhin bald unauffällig verschwinden. Natürlich findet er es erstaunlich beruhigend, dass neben ihm noch andere Menschen existieren, die in die Musik dieselbe Menge an Emotionen investieren wie er. Auch wenn höchstwahrscheinlich keiner davon an Yoongis Verbindung und Verständnis von Musik heranreicht.

Okay, so schnell scheinen Jungkook und Hoseok ihr visuelles Liebesspiel nicht beenden zu wollen und nach etwa zwanzig Sekunden (ja, Yoongis Geduldsfaden ist wirklich so lang), wird es ihm tatsächlich zu bunt. Er ist ja eigentlich wirklich nur mitgekommen, weil er dem Sänger seiner Seelenmelodie begegnen wollte, aber hier scheint nichts für ihn zu holen zu sein. Also hat Yoongi hier auch nicht länger etwas verloren. 

“Danke für die… Story”, räuspert er sich verhalten. “Aber ich würd dann jetzt auch ma-" Weiter kommt er nicht, denn Jungkook ignoriert seine Aussage volle Kanne und übergeht ihn, indem er sein Handy zückt und es mit einem lauten Knall neben seiner Kaffeetasse landen lässt. 
"Der neue Song ist aber fast noch geiler! Hast du schon gesehen!? Ich feiere den so hart!" 

Next magic moment is coming. Die Herzen über den Köpfen der beiden sind beinahe plastisch und Yoongi begreift auch ohne weitere Worte, dass die Musik sie schließlich zusammengeführt hat. Wenigstens damit kennt er sich aus. Er weiß, dass Musik verbindet. Sie verbindet ihn zumindest mit AgustD (falls das zählt. Aber wenn man sonst niemanden hat, muss man sich halt an ein Alter Ego klammern).

"Der ist auch einfach wahnsinnig gut!", stimmt Hoseok zu und schiebt fast gleichzeitig das Handy über den Tisch rüber zu Yoongi. "Solltest du auch unbedingt mal hören. Ich schwörs dir, du wirst es lieben!" Innerlich verdreht Yoongi die Augen, weil er jetzt wieder aktiv ins Gespräch eingebunden ist und sich schlecht aus dem Staub machen kann. Tatsächlich wagt er aber doch einen flüchtigen Blick auf das Smartphone. 

Keine Sekunde später verschluckt er sich heftig an seiner eigenen Spucke. 

Sein eigener Song blinkt ihm entgegen. 
AGUSTD, steht da. 

"Alles okay?"
"Was hast du?" 
"Ich glaub, er hat sich verschluckt..." 
"Scheint so. Hey, alles gut? Geht's wieder?" 

Yoongi hört die besorgten Stimmen der beiden, winkt jedoch ab und überlegt, ob die beiden ihn verarschen, weil sie wissen, dass er AgustD ist. Den Gedanken verwirft er jedoch so schnell, wie er gekommen ist. Das kann nicht sein. Er hat sich noch nie als AgustD in der Öffentlichkeit präsentiert oder ein Foto veröffentlicht. Es ist also unmöglich. Auch jetzt, in diesem miserablen körperlichen und mentalen Zustand, möchte Yoongi ungerne mit seiner Kunstfigur in Verbindung gebracht werden. AgustD würde sich für ihn schämen. Außerdem wäre es schlechte Publicity. Beides würde zu unnötigen Gesprächen und Diskussionen mit seinem Alter Ego führen. Darauf kann Yoongi echt verzichten. No way, dass er jetzt also irgendwas dazu sagen wird. 

"Ich glaube, ihr zwei solltet euch dringend mal unterhalten", krächzt er bei dem Versuch vom eigentlichen Thema abzulenken und schießt dabei, wie immer, über das Ziel hinaus. "Das kann ja kein Mensch mit ansehen. Ihr seid sowas von verknallt ineinander…"

Schweigen. Die beiden trauen sich nicht einander anzusehen und Yoongi kann das auch nachvollziehen. Es ist nicht fair, den beiden das so uncharmant um die Ohren zu hauen, doch es ist in diesem Moment seine einzige Möglichkeit, sich aus der Affäre zu ziehen.

"Ich lass euch dann mal alleine. Danke für den Kaffee, Jungkook." Mit diesen Worten lässt er die beiden irritiert im Starbucks allein zurück und mit ihnen wahrscheinlich seine letzte Chance auf ein Treffen mit dem Sänger seiner Seelenmelodie.
  

⊱ ────── ⋅♬⋅ ───── ⊰

   
Yoongi kommt nicht weit. Sein Fluchtreflex verebbt in dem Moment, als er endlich den Laden verlässt, frische Luft seine Lungen flutet und eine Sekunde später eine neue Zigarette an seinen Lippen hängt. Er steht jetzt etwa zehn Schritte entfernt. Eben exakt so weit weg, dass ihn die ausladenden Fensterfronten nicht mehr verraten, dass er eigentlich immer noch anwesend ist. Seine rechte Gesichtshälfte wird noch schwach beleuchtet und wenn er sich ein wenig nach vorne beugen würde, könnte er vermutlich beobachten, welche Reaktion seine Worte bei Jungkook und Hoseok ausgelöst haben. 
Natürlich tut er das nicht. Er will den beiden ihre Privatsphäre lassen. Aber neugierig ist er trotzdem. 
In einem anderen Leben könnten die drei bestimmt befreundet sein. Dann wäre er eben nicht überstürzt aus dem Lokal geflohen, sondern hätte sich lediglich diskret für eine kurze Zigarettenpause zurückgezogen, um seinen Freunden Raum dafür zu geben, ihre Gefühle füreinander zu gestehen. Dass Yoongi jetzt hier draußen steht und friert, könnte auch eine rücksichtsvolle Geste sein. In einer anderen Welt. In einem anderen Leben. 
In diesem atmet er Rauch und Qualm und Nikotin wie ein Ertrinkender und schämt sich für seine soziale Inkompatibilität. 
Objektiv betrachtet war das Treffen vermutlich nicht mal eine Vollkatastrophe, sondern hat sich nur für Yoongi danach angefühlt. Wie so ziemlich jede andere menschliche Interaktion auch.

Er lässt sich erschöpft gegen die Wand in seinem Rücken sinken und beobachtet die Rauchschwaden dabei, wie sie friedlich in den Himmel aufsteigen. Mal wieder nutzt er den Moment dazu, um sich selbst fertig zu machen. Das gehört zu Yoongis liebsten Hobbys. 

Heute fragt er sich, ob Sterben wohl friedlich sein wird. Es ist nicht das erste Mal, dass ihm solche Gedanken durch den Kopf gehen. Für ihn ist das Rauchen immer bloß ein Epitom für Traurigkeit gewesen. Das einzige Sinnbild, welches er bereit ist mit der Gesellschaft zu teilen, um ihr seine wahren Gefühle zu präsentieren. 
Wie traurig muss ein Mensch denn sein, damit er Geld für etwas ausgibt, dass ihm dabei hilft, ein bisschen schneller sterben zu dürfen? Jeder Zug ist ein kleiner, langsamer Selbstmord für all diejenigen, die nicht mutig genug sind zu springen. An einer Zigarette hältst du dich nur dann fest, wenn da sonst nichts ist, an dem du dich festhalten kannst.
Ein bisschen Hoffnung liegt trotzdem in jeder nikotingeschwängerten Luft. Denn immerhin willst du dich überhaupt noch irgendwo festhalten. Ein Zug an der Zigarette ist nicht so endgültig wie der Sprung von einer Brücke. Du bist noch nicht bereit, alles loszulassen. Die Schachtel Kippen ist sicherlich nicht die beste Option, aber es ist trotzdem ein Anfang.
Und solange du dich festhältst, besteht immer die Möglichkeit, dass du etwas anderes finden kannst, was dir Halt geben kann. Dass du etwas findest, dessen Halt du nicht mit einem langsamen Tod bezahlen musst. Solange es den Rauch der Zigarette gibt, gibt es auch Hoffnung. Egal wie paradox es auch klingen mag. Vielleicht ist das immer so mit Sinnbildern. 
Auf der einen Seite bedeuten sie Tod. Aber drehst du die Medaille um, siehst du nur das Leben. 

Yoongi nimmt einen letzten Zug, schmeißt den Zigarettenstummel achtlos auf den Boden und stampft das leichte Nachglühen mit einem gezielten Fußtritt in den Boden. 
Er müsste dort liegen. “Ihr seid sowas von verknallt ineinander” - wie bescheuert kann man eigentlich sein? Er kennt die beiden doch gar nicht. Er hatte kein Recht, sich in ihr Liebesleben einzumischen.

Trotzdem gewinnt der leichte Anflug von Neugier in ihm und er beugt sich ein Stück nach vorne. Wie vermutet reicht die Bewegung aus, sodass Yoongi einen Blick in das Innere des Starbucks werfen kann.

Jungkook und Hoseok sind völlig vertieft ineinander. Hoseok sitzt mit dem Rücken zur Fensterfront, sodass Yoongi nur den Jüngeren von ihnen ausgiebig beobachten kann. Auf seinen Wangen liegt ein rötlicher Schimmer. Jungkook schlägt immer wieder verlegen die Augen nieder und spielt nervös mit seinen Haaren. Auch wenn Yoongis erster Eindruck des Jungen nicht sonderlich positiv gefärbt war, muss er nun selbst zugeben, dass der Jüngere dabei lächerlich bezaubernd aussieht. Kein Wunder, dass Hoseok ihm so hoffnungslos verfallen ist. 
Es sieht generell recht gut aus für die Beiden. Scheinbar hat Yoongi mit seiner Äußerung wirklich nichts kaputt gemacht, sondern nur einen Stein ins Rollen gebracht, der eigentlich schon lange angekommen sein sollte.

Hoseok beugt sich gerade nach vorne und Jungkook wird noch ein bisschen röter. Erst beobachtet er sein Gegenüber neugierig in dessen Tun, denn er muss sich sicher sein, dass die Geste eben genau das bedeutet, was er erwartet. Ihre Gesichter kommen sich näher. Es ist wie ein romantischer Kinofilm. Jungkook schließt die Augen erst im letzten Moment. Yoongi kann es nicht genau erkennen, aber er glaubt, dass ihre Lippen sich jetzt berühren müssten. Er geht noch einen Schritt näher Richtung Fensterfront. Nun, wo die beiden auf diese Weise miteinander beschäftigt sind, muss er zumindest nicht mehr befürchten entdeckt zu werden und traut sich einen offensichtlicheren Blick zu wagen. 
Doch bevor es so weit kommt, schiebt sich eine Gestalt, eigentlich besteht sie aus nichts anderem als eine übergroßen Pullover, dessen Kapuze ihm weit ins Gesicht hängt, an ihm vorbei und steuert geradewegs auf die Eingangstür zu.
 
Shit!

Keine Kundschaft! Doch nicht jetzt!

Die beiden frisch Verliebten haben diesen Moment in Ruhe verdient.
Deswegen tut Yoongi etwas, was er noch nie zuvor getan hat. Er packt den Fremden einfach am Arm und zieht ihn ruckartig zurück. Sie prallen aufgrund der plötzlichen Bewegung gegeneinander und der andere krallt überrascht seine Hände in Yoongis Seiten, um nicht von den Füßen gerissen zu werden. Dieser wiederum versucht den Fremden ebenfalls zu stabilisieren, denn er wollte ihn ja nicht umhauen, sondern lediglich aufhalten, aber unbedachte Reaktionen waren echt noch nie seine Stärke und irgendwie endet das Ganze in einer verqueren Art von Umarmung. 
Yoongi räuspert sich und versucht sein Bestes, die unangenehme Situation möglichst galant zu überspielen. 

“Sorry. Schon geschlossen”, erklärt er ausdruckslos. 
Die beiden wackeln immer noch unsicher gegeneinander und keiner traut sich so richtig loszulassen. Yoongi möchte ungern, dass der Fremde wegen seines unbedachten Vorgehens jetzt auch noch im Dreck landen muss, also greift er sicherheitshalber noch ein wenig fester zu. 

“Ich weiß”, erklingt eine melodiöse Stimme an seinem rechten Ohr. Plötzlich riecht es überall nach Honig. 
“Aber ein Freund von mir arbeitet dort und wir sind verabredet und... OH!” 

Ein ohrenbetäubendes Quietschen sorgt in Yoongis Gehörgang für einen andauernden Tinnitus. Zur Hölle... warum riecht es plötzlich so intensiv nach Honig? 

“OH!”, wiederholt der Fremde in seinen Armen noch etwas lauter. Scheinbar hat er seine Umgebung gerade vollkommen ausgeblendet. Zumindest erscheint sein Stand Yoongi schon wieder wesentlich trittfester und trotzdem löst er sich nicht von ihm.   
“SIE KÜSSEN SICH!!”, ertönt wieder die aufgekratzte Stimme viel zu nah an seinem Ohr. 
“Richtig. Und sie wollen sicher nicht dabei gestört werden.” 
Yoongi nutzt den unfreiwilligen Körperkontakt dazu, sich selbst und den Fremden wieder aus der Sichtweite des Schaufensters zu dirigieren. Wer weiß, wie lange so ein erster Kuss zwischen Liebenden andauert. Sowas gehört nicht zu den Erfahrungswerten, die Yoongi bislang in seinem Leben gesammelt hat. 

Der Junge in seinen Armen ist viel zu leicht. Außerdem ist er vermutlich noch ein Stück kleiner als Yoongi selbst – oder er hängt einfach nur verdammt schief in seinen Armen herum. Genauere Aufmerksamkeit kann er den körperlichen Attributen des Fremden momentan nicht zollen, trotzdem ist er ihnen dankbar, denn sie sind der einzige Grund dafür, dass er es schafft mit ihm in den Armen aus dem möglichen Blickfeld zu watscheln. 
Watscheln. Wortwörtlich zu verstehen, denn anders kann man diese Form der Fortbewegung unmöglich bezeichnen. Der Fremde ist anscheinend so fasziniert von dem Bild der zwei küssenden Männer, dass er jegliche Körperfunktionen aufgegeben hat. Er lässt sich zwar widerstandslos mitziehen, zeigt aber selbst wenig Einsatzbereitschaft ihr Fortkommen zu erleichtern. 

Gott, vermutlich könnte Yoongi irgendetwas sagen oder tun, um diese seltsame Situation aufzulösen, aber fuck, er ist so schlecht im Umgang mit Menschen, dass ihn doch schon der Körperkontakt vollkommen überfordert. Und dieser verdammte Geruch erst! Er ist doch in keinen verfickten Bienenstock gefallen. 

“Es hat soooooo lange gedauert”, erklärt der Fremde gedehnt. “Ich kanns gar nicht glauben, dass sie sich wirklich küssen. Ich muss das nochmal sehen!” 
Die fehlende Sicht weckt offensichtlich seine Lebensgeister wieder. Denn seine haltsuchende Umklammerung löst sich langsam auf und er macht erneut einen Schritt in Richtung StarBucks-Schaufenster. 

Yoongi hält ihn wieder auf, aber diesmal ergreift er nur seine Hand. 
“Lass sie. Sie haben’s gerade erst erfahren. Also... voneinander, mein ich. Dass sie sich mehr mögen... mehr mögen... als nur Freundschaft... und so... ja. Du weißt schon, was ich meine. Lass sie. Sie brauchen noch Zeit”, versucht er holprig zu erklären. Gleichzeitig wünscht er sich so sehr, er wäre auch in der Realität ein bisschen mehr wie AgustD, der nie um Worte verlegen ist, aber halt nur vor dem Computerbildschirm existiert. Vor lauter Verlegenheit starrt Yoongi mal wieder den Boden mit seinen Blicken nieder. Er sollte die Hand des Fremden loslassen, oder? Aber irgendwie kommt ihm der menschliche Kontakt gerade gar nicht mal so scheiße wie sonst immer vor. Eigentlich ist es ganz angenehm, eine Hand zu halten. Auch wenn es die eines Fremden ist. Fuck, warum ist er nur so verflucht awkward??

“Kennst du Jungkook und Hobi?”, fragt der Fremde nun. Dem Klang nach zu urteilen, hat er sich mittlerweile zu Yoongi gedreht und beobachtet ihn vermutlich aus neugierigen Augen. Vielleicht betrachtet er aber auch angeekelt ihre miteinander verbundenen Hände und fragt sich, wie er diesen Typen möglichst schnell wieder abschütteln kann. 
Yoongi erinnert sich an sein eigenes Erscheinungsbild. Er trägt seit ungefähr 24 Stunden die gleichen Klamotten. Er hat sie nicht einmal nach dem Aufstehen gewechselt. Duschen war er irgendwann vorgestern das letzte Mal. Schwarze, fettige Haare. Leichenblasse Haut. Augenringe. Angeknabberte Fingernägel und überall blutige Wunden rum um seine Fingerkuppen. 

Wahrlich kein glamouröser Anblick. Vermutlich sieht er aus wie ein Junkie, ‘ne wandelnde Leiche. Er würde sich selbst auch nicht anfassen wollen. 
Als ihn die Erkenntnis überkommt, löst er blitzschnell ihre Hände voneinander und versteckt sie in den weiten seiner viel zu großen Jacke, friemelt aus der Zigarettenschachtel ungeschickt die nächste Kippe. Er braucht jetzt Nikotin. Dringend! Und... er müsste vielleicht mal antworten. 

“Flüchtig”, bemerkt er kurzangebunden. Die Zigarette zwischen seinen Lippen ist schneller angezündet, als er blinzeln kann. 
“Achsoooo...! Ich hab’ mich schon gewundert, warum ich dich nicht kenne. Ich kenn’ eigentlich alle von Hobis Freunden... Wir hängen schon seit Ewigkeiten miteinander rum, weißt du, und er kann Dinge nicht besonders gut für sich behalten. Menschen auch nicht. Hab’ mich schon gewundert, wie er es geschafft hat, solange vor Jungkook zu verheimlichen, dass er total katastrophal verknallt in ihn ist!”, erklärt der Fremde ausufernd. In seiner Stimme klingt das gleiche wilde Gestikulieren mit, welches die umherwirbelnden Schatten seiner Hände auf dem Boden andeuten. 

Yoongi kennt diese Stimme, oder? Er hat sie schon einmal gehört... 

Er hat vielleicht nicht besonders viele Talente und Fähigkeiten, aber Klänge kann er sich eigentlich recht gut merken. Um nicht zu sagen, dass sein Gehör ziemlich unglaublich ist. Und diese Stimme... Sie hat schon so oft für ihn gesungen. Fast jede Nacht in seinen Albträumen. Und zuletzt... auch in der alten U-Bahn-Station, oder? ODER??? Bildet er es sich nur ein?  
Er kommt nun nicht mehr drum herum, sondern muss sich trauen seinen Blick zu heben. Yoongi muss mit eigenen Augen sehen, was seine Ohren schon zu wissen glauben. Es muss der rosahaarige Junge mit der Jacke aus blauen Wolken sein. Seine verpasste Chance. Der Sänger seiner Seelenmelodie. 

“OH MEIN GOTT!”, quietscht sein Gegenüber sofort los, als sich ihre Blicke berühren. Als er fast noch im selben Moment seine Kapuze von seinem Kopf zieht und die rosafarbenen Haare zum Vorschein kommen, gibt es keinen Zweifel mehr. Er ist es.  

“DU BIST ES!” 
Jiminie.
Hat er das gerade laut gesagt? Haben sich seine Lippen überhaupt bewegt? Vielleicht sollte Yoongi wirklich langsam damit anfangen, an das Schicksal zu glauben. Oder vielleicht dreht er auch einfach durch. Ein Kurzschluss in seinem Gehirn durch einen Overload an sozialen Interaktionen. Sonderlich verwundernswert wäre das vermutlich nicht. 
“AGUSTD!” 

Was. Zur. Hölle. 

“Du kennst mich?”, fragt Yoongi vollkommen überfordert mit der Welt. 
“NA KLAR”, brüllt Jimin beinah, immer noch eine Oktave zu hoch. Seine Augen sind vor Erstaunen weit aufgerissen und kugelrund. In ihnen liegt ein bewundernder Ausdruck, den Yoongi nicht verdient hat. Agust hätte den Anblick vielleicht verdient. Aber der existiert nur in den vier Wänden seiner traurigen Ein-Zimmer-Wohnung. 
“Du bist AgustD! Ich LIEBE deine Musik”, betont er weiter. “Ich hab so oft darüber nachgedacht, was ich dir sagen soll, wenn ich dir mal gegenüberstehe... Ich hab nur nicht gedacht, dass es tatsächlich mal so weit kommt... Jetzt bin ich vollkommen überfordert.” 
Nun. Dann ist Yoongi immerhin nicht allein damit. 
Er zieht verlegen an seiner Zigarette, nur um sich um eine Antwort zu drücken. Er schafft es kaum, Jimins Blick Stand zu halten. Seine Augen haben sich schon wieder auf den Boden verirrt. 

Er will nicht, dass die Leute ihn in der Öffentlichkeit erkennen. Wie gesagt, er hat kein Foto von sich im Netz veröffentlicht. Wie kann es sein, dass ausgerechnet dieser Jiminie ihn erkennt?!?!
In Yoongis Synapsen knallt eine Supernova durch. Was sagt man, wenn man absolut nichts zu sagen hat und da gleichzeitig siebenhunderttausendtrillionen Worte in deinem Kopf sind? 
“Nenn mich bitte… Yoongi. Ich bin Yoongi”, erklärt er schließlich vorsichtig und hebt langsam den Blick. Der rosahaarige Junge ist noch nicht vor ihm zurückgewichen. Tatsächlich ist er wohl eher noch einen Schritt nähergekommen und betrachtet ihn mit leicht geöffneten Lippen, auf denen das elektrische Licht des Schaufensters glitzert wie Lipgloss. Wie schön kann ein einzelner Mensch bitte sein? 

“Und ich bin JIMIN”, antwortet sein Gegenüber, immer noch mit der gleichen freudigen Erregung in der Stimme. Rafft er nicht, was für ein Freak Yoongi ist? AgustD ist in der Realität nicht mehr als eine demaskierte Enttäuschung. Wie kann er sich da immer noch freuen?

“Also Yoongi... AgustD... Agust... ich weiß gar nicht, wie ich dich nennen soll. Aber es muss Schicksal sein, dass wir uns begegnen, oder? Das klingt jetzt verdammt dumm, ich weiß... aber vermutlich ist das meine einzige Chance und Zuhause würde ich mich schwarzärgern, wenn ich die jetzt nicht ergreife deswegen...” 

Jimin atmet noch einmal tief ein. Pumpt Luft in seine Lungen wie Mut. Dann strafft er die Schultern und funkelt Yoongi mit Sonnenstrahlen in den Augen an, die sich auf einer gewellten Wasseroberfläche brechen. Sie funkeln überall. 

“DANKE”, platzt Jimin hervor. “Danke, danke, danke für ALLES. Für jeden Text und jeden Song und jede Melodie. Danke, dass du Musik machst. Weißt du, ich bin davon überzeugt davon, dass Musik Leben retten kann und ich schwöre dir, deine Musik hat mein Leben gerettet. Gerettet und VERÄNDERT. Oh Gott, ich wünschte, ich könnte dir ausführlich erklären, was du alles für mich getan hast, aber du hast sicher nicht den ganzen Abend Zeit und selbst das würde nicht reichen, aber du sollst wissen... Du bist mein Held. Ehrlich... von Herzen... vielen... Dank.” 

Yoongi weiß nicht, was er dazu sagen soll. Er wurde noch nie von einem “Fan” auf der Straße erkannt. Die Dankesworte im Internet hat er immer mit einem unwirschen Zischen weggeklickt. Dumme Worte von dummen Kindern, die nicht wissen, wem sie huldigen. So hat er immer gedacht. 
Aber Jimin steht im direkt gegenüber. Er sieht ihn und... er wendet sich nicht ab. 
Musik kann Leben retten, davon ist auch Yoongi überzeugt. Nur hat er immer geglaubt, dass sie ihn rettet und niemals daran, dass auch seine Musik Leben retten kann. 
  

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