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Jimin

Ein Bild aus Dunkelheit umgab mich. Wie Schlieren alten Öls waberte sie um mich herum, raubte mir jegliche Orientierung. Blinzelnd drehte ich mich um meine eigene Achse, doch außer dieser Dunkelheit war dort nichts. „Hallo?", rief ich vorsichtig, doch meine Stimme verhallte sofort, verschluckt von der Schwärze selbst. Ein leiser Druck baute sich in mir auf und die Furcht ergriff mich. 

Wo war ich?

Immer wieder sah ich mich um, doch nichts veränderte sich und so fing bald selbst die Dunkelheit an sich zu drehen und sich in meinem Kopf festzusetzen. Alles war undurchdringlich und ich hatte das Gefühl jeden Moment würde etwas aus den Schatten springen und mich mit fürchterlich spitzen Krallen attackieren.

Langsam setzte sich eine bleierne Schwere in meinem Kopf fest, als würden die Schwaden durch meine Poren kriechen und giftähnlich meinen Verstand umnebeln. Doch da. Ein Funkeln nicht weit von mir entfernt. Es glich einer Reflexion von Licht und stellte einen schauererregenden Kontrast zu der Schwärze dar, die mich vollständig umgab. Neugier kribbelte in meinem Buch, ließ mich alle etwaigen Warnungen meines verbliebenen Verstands in den Wind schießen und schwankend diesem einen Funken folgen. Vielleicht wäre es ja auch mein Weg aus diesem Nichts, aus diesem Loch, dem nichts innewohnte, außer Gedankenlosigkeit.

Langsam tappste ich weiter voran und immer wieder tauchte funkelnd ein kleines Licht auf, das mir immerzu meinen Weg wies. Tatsächlich wurden die Schwaden mit der Zeit immer dünner und langsam kristallisierte sich ein anderes Bild vor meinen Augen. Kahle Bäume stachen aus dem Boden, zeigten mit ihren krummen, abgehackten Fingern nach oben in das grenzenlose Nichts, wo eigentlich der Himmel sein sollte. Doch statt des beruhigenden dunklen Blaus der Nacht herrschte dort die gleiche Schwärze, die mich grade eben noch umgeben hatte und dort wo eigentlich Sterne funkelnd wilde Figuren an den Himmel zeichnen sollten, war.... nichts. 

Alles schien trostlos und bald darauf manifestierte sich das Bild des toten Waldes immer weiter. Trockenes, längst vergangenes Laub bedeckte den Boden, stach und pikste in meine nackten Füße. Es brannte regelrecht und beinahe meinte ich auf spitzen Dornen zu gehen, doch das Glitzern direkt vor mir hielt mich davon ab in die bleierne Schwere des Nichts zurückzukehren. Ich passierte mehrere Bäume, musterte deren abgeblätterte Rinde und spitzen Enden, die förmlich nach mir zu greifen schienen. 

Doch dann hörten mit einem Mal die Bäume auf und ein riesiger See breitete sich vor meinen Augen aus. Es glitzerte und funkelte, reflektierte scheinbar Licht, welches hier doch gar nicht existierte. Weder der Mond noch Sterne waren zu sehen und trotzdem strahlte er förmlich von innen. Immer neugieriger über dieses Phänomen trat ich näher und näher, bis ich letztendlich das Ufer erreichte. Vorsichtig ließ ich mich auf die Knie sinken, ignorierte dabei das fürchterliche Stechen der Nadeln oder Dornen, die sich in meine Haut drückten und mir winzig kleine Schrammen zufügten. 

Langsam beugte ich mich nach vorne, sah über den Rand des Ufers hinweg und blickte direkt in das Wasser des Sees. Doch gleich darauf erkannte ich, dass es kein Wasser war, das mir dort entgegenblickte. Es waren Scherben. Hunderttausende, winzige Scherben mit messerscharfen Kanten und allen möglichen Formen und Größen. 

Ich streckte meinen Finger danach aus, fuhr mit den Spitzen über die Kanten und zuckte sie kurz darauf erschrocken zurück, als heißer Schmerz über meine Haut zog und sich eilig ein paar rote Tropfen bildeten und beinahe zischend auf das Glas trafen. Ein hohes Fiepen ertönte, setzte sich in meinen Ohren fest, ließ mein Trommelfell schmerzhaft hin und her schwingen, bis es mit einem Mal aufhörte und daraufhin der komplette Scherbensee in Bewegung geriet. Laut scheppernd bewegten sie sich, sammelten sich zu kleinen oder auch großen Haufen. Immer weiter, bis auf einmal völlige Ruhe herrschte und alles stehen blieb. 

Wie in Trance beugte ich mich erneut vor und wäre beinahe sofort wieder aufgesprungen. Bunte Farben sprangen mir entgegen, blendeten mich für wenige Sekunden, nur um ein noch klareres Bild zu ergeben. Die Scherben waren nicht mehr einfach nur Scherben. Nein, jede von ihnen entwickelte ein Eigenleben, zeigte mir Szenen, Szenen aus meinem eigenen Leben. 

Völlig schockiert betrachtete ich eine dieser Scherben genauer. Warmes Licht schlug mir aus dem sonst so leblosen Material entgegen und ich sah mich selbst. Jedoch nicht mein jetziges Ich, sondern mein fünfjähriges. Lachend rannte ich durch das Haus, in der Hand einen selbstgebastelten Papierflieger. Ich umkreiste die Möbel, erfreute mich an diesem einen Stück Papier, das mich groß träumen ließ. Dann plötzlich tauchten im Vergleich zu meinem winzigen Körper riesige Hände auf und umschlangen meine zarte Taille. Lachend hob mein Vater mich hoch, wirbelte mich durch die Luft und ließ mich fühlen, wie der Papierflieger zuvor in meiner Hand. Wir beide lachten vergnügt und als er mich dann wieder runterließ, schloss ich meine dünnen Ärmchen um ihn, um mich fest an ihn zu drücken.

Heiße Tränen kullerten über meine Wangen, als ich mich an diese Szene erinnerte. An diesem Tag war nichts spektakuläres passiert und doch hatte ich ihn als einer meiner glücklichsten in Erinnerung. Es war die ungefilterte Freude gewesen, die mich so glücklich gemacht hatte, einfach weil alles so perfekt war, wenigstens für diesen einen kleinen Moment.

Wie ein kaputtes Licht erlosch die Scherbe und gab den Platz für eine weitere frei. Wieder sah ich mein jüngeres Ich, diesmal vielleicht sieben oder acht. Wir waren im Zoo und staunend betrachtete ich all die exotischen Tiere, die eine absolute Faszination für mich waren. Hibbelig hing ich an den Händen meiner Eltern, zog sie mit einem dicken Lächeln und großen, kullerrunden Augen von Gehege zu Gehege. 

Schniefend wischte ich mir die Tränen von den Wangen und musste unwillkürlich selber ein wenig lächeln, als ich daran zurückdachte. Meine Neugierde und Begeisterung war förmlich zum Greifen gewesen und ich konnte mich noch an das Gefühl erinnern, das mich an diesem ganzen Tag nicht mehr loslassen wollte. Grenzenlose Freude.

Ein harter Schluchzer entrang sich meiner Kehle und blinzelnd versuchte ich mich weiterhin auf die Szenen meiner Kindheit zu konzentrieren. Immer mehr Erinnerungen folgten. Ich, wie ich mit meiner Mom Weihnachtsplätzchen backte und danach einer süßen Mehlmumie glich, Ich am Tag meiner Einschulung, umringt von denjenigen Menschen, die mir auf dieser Welt am liebsten waren, Ich, wie ich mit einer guten Noten nach Hause kam und meine Eltern super stolz auf mich waren. All diese Erinnerungen überfluteten mich, zeigten mir die Schönheiten einer normalen, glücklichen Kindheit. 

Doch dann wandelte sich das Bild auf einmal. Verschwunden waren die hell leuchtenden Erinnerungen meiner Kindheit und stattdessen traten düsterere an ihre Stelle. Ich sah die gläsernen Augen meines Vaters, doch nicht vor Tränen. Ich sah ihn, wie er mit breiten Schultern vor meinem etwa 12-jährigen Ich stand und mir wütend entgegen brüllte, da ich mich weigerte seinen Dreck zu beseitigen. Ich erinnerte mich an das Herzklopfen, an die Angst, die mich an diesem Tag ergriffen hatte. Immer öfter hatte ich meinen Vater nun schon so erleben müssen und langsam machte ich mir einen Reim darauf, woran all das liegen könnte.

Doch auch diese Erinnerung verschwand und mit klopfendem Herzen hoffte ich darauf, dass nicht weitere solcher Szenen folgen würden. Doch wie immer spielte mir das Schicksal einen miesen Streich und so sah ich gleich darauf die nächste. Wieder stritten wir uns und er warf mir haltlos irgendwelche Beleidigungen an den Kopf. Ich wusste nicht mehr, was der Auslöser für diesen Streit war, aber ich kannte noch genau das Gefühl, dass es in mir hinterlassen hatte. Enttäuschung. Das und Schmerz. Ich wusste, dass mein Vater kein wirklich emphatischer Mensch war und oft nicht merkte, wenn er jemanden mit seinen achtlosen Worten verletzte, aber das hinderte mich nicht daran mir diese Worte zu Herz zu nehmen. Ich hasste dieses Gefühl. Ich hasste es ohne wirklich erkennbaren Grund beleidigt zu werden. Was hatte ich denn getan, um solch harte Worte zu verdienen? Jedes Mal regierten mich Selbstzweifel, ließen mich atemlos zurück, ohne jegliche Antwort. Ich hasste es, vor allem weil ich nichts hatte, um mich dagegen zu wehren. Niemals im Leben würde ich mich trauen meinen Eltern auch nur ein einziges Schimpfwort an den Kopf zu werfen, nichtmal meinem Vater, egal wie viel ich meist von ihm hielt. Doch wieso konnte man mir diesen Respekt nicht auch gegenüber bringen? Warum musste ich diese verletzenden Worte ertragen? War ich es etwa nicht wert, dass man mir Respekt entgegenbrachte?

Keuchend zog ich Luft in meine Lunge, doch die schien wie zugeschnürt. Warum ich? Immer neue Tränen flossen aus meinen Augen, zogen Spuren des Schmerzes über mein Gesicht, als ich einen letzten Blick auf diese Erinnerung warf, bevor auch sie erlosch. Doch anders als zuvor trat keine neue an ihre Stelle. Stattdessen schien auf einmal der gesamte See zu erwachen und in einem höllischen Lärm schlugen mir hunderte von Geräusche entgegen. Lachen vermischte sich mit Weinen, Schreien mit ruhigen Gesprächsfetzen von mir und Menschen, die ich lieb hatte. All das schlug mir ins Gesicht, raubte mir den Atem und ließ mein Herz vor Kummer zusammenziehen. Immer weiter schwoll der Lärm an, echote in meinem Inneren, wurde dort verewigt wie ein Brandzeichen. Schluchzend brach ich zusammen, ließ meinen Körper fallen, egal ob die harten Dornen dadurch regelrecht Löcher in mich bohrten. 

Zitternd warf ich einen Blick auf den See und erkannte meine zerbrochene Seele darin. Da war nichts ganzes mehr, alles nur winzige Einzelteile eines früheren Kunstwerks, dessen Zeit nun abgelaufen war. Immer wieder erkannte ich darin die frühere Schönheit, das Leben, doch der Schatten des Leids hatte sich darüber gelegt, hatte einen ohnmächtigen Druck darauf ausgeübt, dass nur noch Scherben übrig ließ.

Diese Erkenntnis zog mir erneut den Boden unter den Füßen weg und schreiend bedeckte ich meine Ohren mit meinen blutigen Händen. Ich wollte das alles nicht mehr hören, wollte nicht mehr hören, wie mein junges, naives Ich lachte, während mein älteres Ich nur noch vor Verzweiflung weinen konnte. Doch dennoch drangen sie in meine Ohren, vermischten sich zu einer gruseligen Sinfonie, die mich nur schmerzhaft aufschreien ließ. „Hört auf!"

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