-~35~- Es ist nur ein Fall

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Es waren mehrere Wochen vergangen und ich wurde zunehmend ungeduldiger.
Inzwischen arbeitete ich wieder und die Regelungen für Veranstaltungen waren gelockert worden.
Heute Abend würde wieder ein Rennen in Ascot stattfinden und Sherlock hatte mir versprochen, mitzukommen.
Allerdings mussten wir in einer halben Stunde los und er saß immer noch im Morgenmantel auf seinem Sessel und starrte auf seinen Wettcomputer.

,,Sherlock! Ich gehe ohne dich, wenn du jetzt nicht anfängst, dich fertig zu machen!" Langsam wurde ich wirklich wütend und hätte mir die Haare getauft, hätte ich sie mir zuvor nicht so schön zurecht gemacht.
Er murrte nur schlecht gelaunt, erhob sich dann aber doch aus seiner komfortablen Position und schlurfte zu seinem Schlafzimmer.
Entnervt atmete ich tief durch.
,,Du hast zwanzig Minuten!", rief ich ihm hinterher.
Mir war nicht entgangen, dass er das verfluchte, silberne Gerät mitgenommen hatte, aber ich ließ es zu, um ihn nicht noch mehr zu nerven.

John war bei Rosie und spielte mit ihr. Er würde heute nicht mitkommen. Die Lösung des Falls war nicht weit vorangeschritten. Sherlock war einfach viel zu sehr in anderen Welten vertieft. Er hatte noch nicht einmal den Besitzer des Hotels in Cardiff gefunden und selbst konnte ich es nicht machen, da mir die Kompetenzen fehlten.

Schließlich verließ Sherlock wieder sein Schlafzimmer und sah aus, wie ein verwandelter Mann. Er hatte seine Haare ordentlich frisiert, trug einen wunderschönen schwarzen Anzug mit seinem lilanen Hemd darunter und lächelte mir entgegen.
Er kam auf mich zu und setzte einen Kuss auf meinen Scheitel, bevor er ein ,,Entschuldigung" murmelte und dann weiter in die Küche ging.
Verwundert drehte ich mich zu ihm um. Es war selten, dass er sich bei irgendjemanden entschuldigte, aber wenn er es tat, meinte er es wirklich ernst. Mich ließ das Gefühl nicht los, dass diese Reue nicht nur auf den heutigen Tag bezogen war.

,,Tee?", fragte er mich aus der Küche.
Ich sah auf meine Uhr, aber bevor ich antworten konnte, drückte mir Sherlock schon eine Tasse in die Hand. ,,Wir haben noch acht Minuten und fünfzehn Sekunden."
,,Danke", sagte ich sanft.
Sherlock betrachtete sich im Spiegel und richtete seinen Kragen.
Ich trat schräg hinter ihn und sah seiner Reflektion in die Augen.
,,Ist alles bereit?", fragte ich ihn dann.
,,Das ist es", erwiderte er.

Owens würde heute auf der Veranstaltung auftauchen. Ich hatte ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen, seit er die Stadt verlassen hatte und wurde zunehmend unruhiger.
Wir wussten inzwischen, dass Owens nur ein kleiner Handlanger war, der seine Position ausgenutzt hatte, um Wettbetrug zu betreiben. Dass er dadurch seine gesamte Organisation verraten würde, hatte er wohl nicht erwartet.
Sherlock und ich hatten ihm heute eine Falle gestellt, die seine Machenschaften ein für allemal beenden sollte. Wir hatten Polizisten des Scotland Yards auf die Gästeliste gesetzt, die ein Auge auf unseren Betrüger haben sollten.
Sherlocks und meine Aufgabe war nun, ihn in Versuchung zu bringen.

Es war ein gutes Gefühl und ich freute mich nahezu auf diese Veranstaltung. Schon die letzten Tage war nichts anderes mehr Thema gewesen. Es fühlte sich an, wie der erste Schritt in die richtige Richtung.
Erwartungsvoll nippte ich an meinem Tee und stellte die Tasse dann zur Seite, um Sherlock bei der Verkabelung zu helfen.

,,Lestrade hat vorhin angerufen. Seine Männer sind schon da", sagte ich zu Sherlock, als ich das Mikrofon schließlich unter seinem Hemdkragen befestigte.
Er nickte und zog sich sein Sakko wieder an. ,,Gut, ich bin fertig. Gehen wir."

______

Angekommen in Ascot ließ ich uns durch die gläserne Eingangstor in das Gebäude.
Wir hatten noch ein paar Stunden, bis der Einlass beginnen würde und bis dahin hatten wir noch viel vorzubereiten. Ich kümmerte mich um meine Aufgaben als Managerin, während Sherlock die Polizisten auf der Anlage herumführte.

Gerade als ich die Sicherheitsleute der Anlage nach Einhaltung ihrer Aufgaben kontrollierte, bog Jake um die Ecke. Ich zuckte unterbewusst zusammen, als ich ihn erblickte. Es war das erste Mal, dass ich ihn gesehen hatte, seit der Entführung und ich brachte ihn noch immer mit dem Ereignis in Verbindung. Zusätzlich schuf die Tatsache, dass man durch die Maske nur die Hälfte seines Gesichtes sehen konnte, zusätzliches Misstrauen.
Es hatte sich herausgestellt, dass Jake ebenfalls erpresst worden war. Er sollte mich an diesem Abend nach Ascot bringen, sodass man mir Angst machen konnte. Er wusste jedoch nichts von der Entführung und nachdem herausgefunden wurde, was passiert war, wurde er unter polizeilichen Schutz genommen, bis die Erpresser von ihm abgelassen hatten. Unser Chef hatte ihn trotzdem suspendiert, um die Geschäfte von Ascot nicht zu gefährden.
Diese Aktion schürte meine Wut noch mehr. Jake war immer ein verlässlicher Mitarbeiter gewesen, doch nun wusste ich nicht mehr, wem ich vertrauen konnte.

,,Hi Liv", begrüßte er mich vorsichtig und ich klammerte mich unbewusst an meinem Klemmbrett fest.
,,Hallo Jake, schön dass du wieder da bist", erwiderte ich.
Er nickte mir fast unmerklich zu und wollte dann wissen: ,,Was sind meine Aufgaben für heute?"
,,Ich möchte nur, dass du die VIPs begrüßt. Den Rest habe ich schon zusammen mit Tessa vorbereitet."
,,Alles klar", erwiderte er dann.
Sobald er den Flur verlassen hatte, atmete ich erleichtert aus. Die  Zusammenarbeit würde wohl eine Herausforderung werden.

______

Als es schließlich soweit war, mischte sich die gesamte Gruppe unter die Besucher und wartete darauf, dass Owens auftauchen würde. Jake hatte Owens Ankunft noch nicht gemeldet und langsam wurde ich nervös. Sonst war er immer einer der ersten Gäste.

Eine Stunde nachdem der Einlass begonnen hatte, suchte mich Sherlock zusammen mit Lestrade auf.
,,Ist er immer noch nicht da?", frage der DI und ich schüttelte besorgt den Kopf.
,,Wenn er in einer halben Stunde noch nicht da ist, müssen wir abbrechen. Dann schließen die Wettschalter", erklärte ich und sah mich noch einmal in der Menge um, die um uns herum stand, mit der Hoffnung, dass Owens doch darin zu finden sein würde - jedoch erfolglos.
Erfolg hatte ich allerdings darin, eine andere Person sofort zu erkennen.
Schon von weiten sah ich Mycroft, der auf uns zusteuerte.

,,Hast du ihn eingeladen?", fragte ich Sherlock leise und er folgte meinem Blick.
,,Nein. Unter gar keinen Umständen wäre mir das eingefallen", antwortete er dann und ich sah, wie sich sein Blick verhärtete.

Mycroft hatte wie gewöhnlich seinen eisigen Gesichtsausdruck aufgesetzt, den ich selbst durch die Maske erkennen konnte, und lief schnellen Schrittes und erhobenen Hauptes.

,,Sherlock, du steckst zu weit drin. Es ist vorbei. Du hast mehr als fünfzehntausend Pfund verloren!", eröffnete Mycroft das Gespräch lautstark und es grenzte beinahe an einem Wunder, dass sich die Gäste weiterhin mit sich selbst beschäftigen und ihre Aufmerksamkeit nicht auf Mycroft richteten.
Entgeistert sah ich zu Sherlock, der nun einen nahezu bösartigen Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte. Noch nie hatte ich ihn so wütend gesehen. Für gewöhnlich versteckte er seine Emotionen hinter einer emotionslosen Maske, aber jetzt hatte er sich dafür entschieden, absolut lesbar zu sein, trotz Stoffmaske.
,,Ich stecke nicht zu weit drin und wenn es dir zu viel Geld ist, dann bezahle ich die Wetten aus meiner eigenen Tasche", zischte er schnippisch.

Es ging um die Wetten? Sherlock hatte in den letzten Wochen so viel Geld verloren? Wie konnte mir das entgangen sein?

,,Es geht mir nicht um das Geld", erwiderte Mycroft geduldig, doch Sherlock beruhigte sich nicht:
,,Gut, denn es ist nur ein Fall, Bruderherz, nicht mehr."
,,Das ist kein Spiel mehr", traute ich mich nun zu sagen. ,,Mycroft hat recht."
Sherlock hatte in den letzten Wochen viel Zeit mit seinem Wettcomputer verbracht. Zu viel Zeit. Es hätte mir vorher auffallen sollen, denn der Verlust von fünfzehntausend Pfund war wahrlich nichts mehr, über das man lachen konnte - besonders wenn es nicht mal sein eigenes Geld war.
Sherlock sah mich entgeistert an und drehte uns dann den Rücken zu.
Mycroft hielt mich davon ab, ihn vom Gehen abzuhalten und noch bevor ich etwas sagen konnte, war er in der Menschenmenge verschwunden.
,,Lassen Sie ihn darüber nachdenken. Sein kindliches Verhalten kommt nur daher, dass er die Situation nicht erfassen kann."

,,Ich habe ihn vorher noch nie so emotional gesehen. Es schien ihm bisher gutzugehen", sagte Lestrade erstaunt. ,,Er wirkt so befreit durch die Emotionen."
Mycroft sah Lestrade skeptisch an.
,,Wir reden von Sherlock. Er war derjenige, der Gefühle als chemischen Defekt bezeichnet hat. Emotionen sind für ihn kein Ventil, wie für Sie. Es ist anstrengend, welche zu zeigen, wenn man sie immer zu kontrolliert."
Lestrade sah betreten zu Boden. Vielleicht weil er mich nicht ansehen wollte.

Mein Handy vibrierte in diesem Moment und ich holte es schnell aus meiner Hosentasche.
,,Er ist da", stand in der Nachricht von Jake.
,,Es geht los", sagte ich den beiden Männern und unterbrach damit ihr Gespräch.

______

Während Jake von Owens sofort abgewimmelt wurde, machte ich mich auf den Weg zu den Schaltern, zu denen auch er sofort gehen würde. Ich fragte mich zunehmend, wie ich an Owens herantreten sollte, ohne Sherlocks Hilfe. Er hatte einen Deal mit Owens gemacht, ich nicht. Warum sollte er betrügen, solange ich ich seiner Nähe war? Er wusste, dass ich von seinem letzten Gewinn wusste.

,,Sherlock", sagte ich leise in mein Mikrofon, doch der Angesprochene reagierte nicht. ,,Sherlock, bitte... Können wir das später klären? Owens ist da", flüsterte ich weiter. Noch immer keine Antwort. Ich atmete tief ein.
Ich fühlte mich wie bei Mission Impossible, jedoch beruhigte mich der Gedanke, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ich am Ende an einem Hochhaus hinaufklettern musste, recht gering war.

Als ich Owens an einem der Schalter sah, blieb ich ruckhaft stehen. Die Bilder, die ich gesehen hatte... Sie alle kamen zurück in meinen Kopf. Owens, der an meinem Krankenbett saß und Zeitung gelesen hatte, wie er nachts durch unser Hotelzimmer geschlichen war und wie er gestorben war. Zweimal. Durch mich.
Ich schluckte schwer.
Aber das war nicht Brian Owens gewesen. Das war nur das Cylen.
Ich konnte meine Beine noch nicht dazu bringen, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Ich stand einfach da wie angewurzelt und beobachtete Owens dabei, wie er seine Wette abgab. Er stach aus der Masse von Menschen nahezu heraus, die sich um mich herum befand.

Jemand legte eine warme Hand auf meine linke  Schulter und ich drehte mich zu der Person um. Stumm tauschten Sherlock und ich einige Blicke aus, bevor er mir sanft einen Kuss auf die Schläfe hauchte und dann an mir vorbei zu Owens ging.

,,Mr. Owens", begrüßte er ihn überschwänglich und auch das Gemüt seines Gegenübers hellte sich auf, sobald er den Detektiv sah.
,,Mr. Holmes, ich freue mich, Sie zu sehen!"
Die Männer unterhielten sich eine Weile neben dem Schalter und ich suchte mir einen Platz in sicherer Entfernung, bei dem ich das Gespräch trotzdem noch mithören konnte.
Hinter einem Pappaufsteller mit Englands erfolgreichsten Jockeys setzte ich mich an einen geschützten Tisch und hörte über das Mikrofon mit. In einigen Metern Entfernung konnte ich zwei der Polizisten erkennen, die sich vor einen der Bildschirme, die die Rennbahn zeigten, gestellt hatten.

,,Sagen Sie mal, sind Sie eigentlich noch an unserer Vereinbarung interessiert?", fragte Owens neugierig. Die Tonqualität des Kommunikationsgerätes in meinem Ohr war nicht gerade herausragend, aber man konnte das Gespräch verstehen.
,,Ich weiß nicht", erwiderte Sherlock. In seiner Stimme schwang Unsicherheit mit. Ich fragte mich, ob er den Deal tatsächlich abschütteln wollte oder ob er Owens nur anlocken wollte. Schauspielern konnte er auf jeden Fall.
,,Ach kommen Sie. Wir haben beide etwas davon: Ich helfe Ihnen noch mehr zu Gewinnen und Sie geben mir etwas von Ihrem Glück ab", versuchte es Owens.
,,In letzter Zeit ist große Skepsis im Sicherheitspersonal von Ascot aufgekommen. Das alles ist mir zu unsicher", erwiderte der Detektiv mit gesenkter Stimme.
,,Machen Sie sich keine Sorgen. Ich habe alles unter Kontrolle. Meine Leute halten absolut dicht. Ich habe eine Tierärztin, die alles für mich organisiert."
,,Ich bin nicht überzeugt. Ich brauche einen Namen, damit ich mir wirklich sicher sein kann", stichelte Sherlock.

Ich sah von weitem, wie sich Owens in alle Richtungen umdrehte, bevor er sich wieder Sherlock zuwandte.
,,Also gut. Ihr Name ist Liv Carter. Sie ist die Sicherheitsmanagerin hier. Ohne sie würde hier nichts laufen und niemand hat sie unter Verdacht."
In mir zog sich alles zusammen. Owens log, wir wussten also nicht, ob er die Wahrheit sagte, egal wen er verpfiff.
,,Sie hatten etwas von einer Tierärztin gesagt", fragte Sherlock nach. Owens senkte die Stimme erneut etwas ab und ich musste mich anstrengen, um noch etwas zu verstehen: ,,Dr. Angela Spring. Mehr kann ich Ihnen aber wirklich nicht sagen."

,,In Ordnung", erwiderte Sherlock. ,,Also, wie läuft der Deal?"
,,Setzen Sie auf die 14, die 19 und die 2. Beeilen Sie sich, der Schalter schließt gleich."
Mit diesen Worten verschwand Owens in der Menschenmenge und ich stand von meinem Platz auf, um zu Sherlock zu gehen.

Er sah mir ernst entgegen und noch bevor ich etwas sagen konnte, sagte er etwas: ,,Er weiß es."
,,Was?", fragte ich perplex und folgte dann Sherlocks Blick zu den beiden Polizisten, die ihre Position noch immer nicht verlassen hatten.
,,Er hat die beiden Idioten da drüben erkannt. Er wird jetzt sofort nach Hause fahren."
Entgeistert starrte ich zu den beiden Polizisten herüber.
,,Dann müssen wir ihn jetzt festnehmen! Waren das nicht genug Beweise?"
,,Das waren sie, aber ich werde ihn jetzt nicht nicht verfolgen", antwortete Sherlock.
,,Was? Warum nicht?"
,,Es ist vergeblich", erwiderte er schulterzuckend und ging in die entgegengesetzte Richtung, in die Owens gegangen war.

Den Restlichen Abend hatte ich ihn nicht mehr gesehen.

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