23 - Zeitdruck

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⊱─ ⋯ ─⊰ TAG 5 ⊱─ ⋯ ─⊰

[Montag tagsüber]

    

ʝιɱιɳ

Zum Mittag gehen wir alle gemeinsam in die Mensa, weil wir dann ab 14 Uhr in meiner gebuchten Zeitschiene sowieso weiter zusammen tanzen werden. Mittendrin gebe ich der versammelten Studentenschaft in der Mensa ein "kleines" Rätsel auf, weil ich ein "klein" wenig in Jubel ausbreche. Mein Handy meldet sich - Yoongi schreibt mir, dass "Filter" in die Endrunde gekommen ist. Und da wir mit den Lyrics fertig und mit den Aufnahmen schon gut dabei sind, steht einem Erfolg für Yoongi nichts mehr im Wege. Leise erkläre ich den anderen, warum ich grade so laut gejubelt habe.

Mit frischer Motivation starten wir zur zweiten Trainingseinheit heute. Ich hab wieder den großen Raum erwischt, so dass wir nochmal drei Stunden konzentriert und mit ausreichend Platz arbeiten können. Erst proben die an ihrem Ding weiter, während ich meine Schneiderpuppe aufbaue, mit den Mitbringseln behänge und versuche, drumrum zu tanzen und dabei die Sachen an- und auszuziehen. Brillen und Hüte sind kein Problem. Aber die Jacken - das läuft nicht so flüssig, wie ich das gerne hätte. Eigentlich bräuchte ich dabei Hilfe.

Nach einer Weile setzen sich die anderen zu mir und schauen zu. Also mache ich Pause, singe ihnen einmal die Lyrics zur Musik vor, und wir reden darüber, was das alles bedeutet. Und dann purzeln die Ideen. Sie wollen alle sechs mittanzen, ich soll ganz unbedingt live dazu singen - und die wildeste Idee ist: ich soll mich mittendrin komplett umziehen!

Ich zeige ihnen diskret einen Vogel.

"Wie soll das denn bitte gehen? Ich hab dafür nur an einer Stelle nur vier Sekunden Zeit. Das ist eine geile Idee, aber völlig utopisch."

Doch einer der neuen Mittänzer schüttelt den Kopf.

"Das ist gar nicht so wild. Klar muss das schnell und präzise sein. Aber es gibt da ein paar Tricks. Zeig mir mal die Klamotten, die du schon hast."

Ich reiche Yeonkwon mein schwarzes Jackett und den roten Anzug.

"Zieh das Rote mal komplett an, ob das überhaupt passt."

Ich habe Glück. Der Anzug sitzt figurbetont geschnitten und wie angegossen. Die Sachen sind aber auch elastisch genug, dass ich mich gut drin bewegen kann.

"Das ist doch ganz einfach. Meine Freundin studiert Textildesign und hat schon mit der Theater-AG zusammen gearbeitet. Die hat bestimmt eine Idee und macht dir das. Das würde sogar ... Genial!"

Er greift sofort nach seinem Handy und bimmelt seine Freundin an. Die scheint erstmal überhaupt nicht begeistert und will wohl abwimmeln.

Aber dann sagt Yeonkwon offensichtlich das richtige Stichwort.

"Seojun, halt die Luft an. Ich weiß - du musst immer noch bis Freitag ein Modell einkleiden für Deine Prüfung. Jimin IST dein Modell. Er braucht zwei Outfits übereinander, die er innerhalb von 4 Sekunden komplett wechseln kann. Wenn du DAS hinkriegst, bestehst du jede Prüfung."

Schweigen am anderen Ende.

"... Doch, du schaffst das. Du fängst nicht bei null an, die untere Schicht existiert sogar schon. ... Okay, dann bis gleich. Wir sind im zweiten Stock, Raum C2.17 ... Ja. Bis gleich!"

Im Raum ist es völlig still. Taemin und Kai grinsen breit. Ich verstehe gar nichts mehr. Schließlich stelle ich die einzige Frage, die mir einfällt.

"Wieso bist du dir so sicher, dass sie eine Lösung für das Zeitproblem findet?"

"Weil sie erstens schon im siebten Semester ist und sich zweitens auf Bühnenkleidung spezialisiert hat. Das heißt: sie kennt dein Problem ganz genau. Die müssen sich nämlich alle ganz oft umziehen. Vertrau mir."

Bis Seojun kommt, proben wir die Choreo, soweit ich sie habe, mit Hut, Tuch, Jackett und Brillen. Es macht unglaublich Spaß, weil die Jungs alle in höheren Semestern sind und ich dabei ganz viele tolle Ideen bekomme. Wir kommen tatsächlich so weit, dass die Choreo im Rohbau steht, der Zeitpunkt fürs Umziehen feststeht und wir eine Vorstellung haben, wie wir das kaschieren können.

Seojun ist eine eher stille, aber unglaublich kreative Frau, die sich den ganzen Tanz zweimal aus verschiedenen Perspektiven ansieht und sich dann die bereits vorhandenen Klamotten schnappt.

"Okay - Idee. Ich schlage vor, dass Du schwarz-weiß startest, dann ist der Kontrast zu völlig rot am größten. Du hast unten drunter die rote Hose, drüber eine schwarze, die also weiter sein und mit einem Ruck auszuziehen sein muss. Das krieg ich hin, hab ich schon mal gemacht.

Oben kannst du das rote Hemd nicht unter das weiße anziehen, weil das durchscheinen würde. Aber ich kann das so konstruieren, dass das weiße Hemd mit Druckknöpfen funktioniert und auch mit einem Ruck verschwinden kann. Das rote Hemd darunter muss praktisch zur Wurst aufgerollt sein. Und das muss ich so präparieren, dass du in einer Sekunde drin bist. Vorne zu, hinten offen, Jackett drüber - fertig. Der Rest ist üben, üben, üben."

Mir bleibt der Mund offen stehen. Die meinen das alles ernst! Und es scheint sogar machbar zu sein. Aber ob ich das bis Freitag automatisiere - die Choreo, den Gesang UND das Umziehen - das wage ich dann doch zu bezweifeln.

"Klingt cool. Aber alleine schaffe ich das trotzdem nicht in 4 Sekunden."

Yeonkwon strahlt vor Stolz auf seine Freundin und grinst mich dann an.

"Musst du doch auch nicht. Wir hier sind fünf Backgroundtänzer für dich. Wenn Seojun hinterm Vorhang steht, vier von uns vorne Tralala machen und die ganze Szenerie verdecken, dann können Seojun und einer von uns dir beim Umziehen helfen. Einer hockt sich hin, roppt dir die schwarze Hose runter und zieht die roten Hosenbeine stramm. Du selbst reißt dir das Hemd runter. Und Seojun wickelt das rote Hemd hoch und hilft dir rein. Währenddessen hält dir der erste hinten das Jackett hin. Bäm!"

Ich muss einigermaßen lustig aussehen, denn Taemin und Kai lachen sich schief über mein Gesicht.

"So einfach ist das? Aber ob die Zeit reicht - das glaub ich immer noch nicht. Und es sind nur noch so wenige Tage zum Üben!"

"Quatsch, stell dich nicht an. Das Umziehen können wir überall üben, wo uns keiner zuschaut. Das Singen übst du doch sowieso zu Hause. Das wird schon!"

Ungläubig schaue ich Taemin an. Allmählich habe ich den Verdacht, dass mich diese Woche umbringen wird. Aber dafür kann ich mit Yoongi an dem Song arbeiten. ... So what!

"Ich versuchs. Wie schnell kannst du die Klamotten für mich umgearbeitet haben, Seojun?"

"Wenn ich die schwarze Hose und das weiße Hemd habe, muss ich da nur gefühlt dreihundert Druckknöpfe dran machen. Das rote Jackett bleibt, wie es ist. Die Hose auch. Falls sie beim Tanzen unten rauskuckt, musst du sie in die Socken stopfen, oder ich muss sie etwas kürzen. Hochwasser ist ja in. Eigentlich muss ich nur das rote Hemd präparieren. Und damit kann ich schon anfangen."

  
 

𝕐𝕠𝕠𝕟𝕘𝕚

Ein paar Mal muss ich noch durchatmen und diese wunderbare Neuigkeit sacken lassen. Bis mir eins klar wird. Die Abgabe ist Donnerstag. Jimin möchte, dass der Song am besten Dienstag schon fertig ist, weil er ja am Mittwoch seine Gesangsprüfung hat. Das heißt mit anderen Worten, uns bleibt nur noch heute und morgen.

Heute und morgen? Für die komplette Tonaufnahme?

Und das ist verdammt wenig Zeit! Es ist streng genommen total unrealistisch, dass wir das so schnell fertig bekommen. Utopisch, wenn man es ganz genau nimmt. Aber vielleicht kann ich schon vorarbeiten. Ich MUSS! Wenn Jimin dann nach Hause kommt, haben wir heute nochmal etwas Zeit, um daran weiter zu arbeiten und dann noch morgen. Wenn wir konzentriert an die Sache gehen, dann besteht zumindest die Chance, dass es klappt. Hoffentlich.

Also tue ich das, was mir gerade möglich ist. Ich rutsche hochmotiviert auf meinen Stuhl, öffne wieder die Datei, lege mir ein paar Zettel und Stifte neben meine Tastatur und setze meine Kopfhörer auf. Und schon geht es los. Ich starte den Song, und höre penibelst genau hin. Ich vermerke auf meinem Notizzettel jede einzelne schief gesungene Note und blende die Wirkung aus, die seine Stimme auf mich hat. So habe ich innerhalb kürzester Zeit nicht nur meinen Kaffee vollständig inhaliert, sondern auch drei Din A4 Seiten vollgekritzelt. Ich merke nicht, wie die Zeit vergeht, als ich den Song zum ich-weiß-nicht-wievielten Male abspiele. Ich finde immer wieder neue kleine Schwachstellen, und wenn es ein leises Luftholen ist, dass man bei ganz genauem Hinhören bemerken kann.

Ich freue mich schon tierisch, wenn Jimin gleich nach Hause kommt und wir direkt durchstarten können. Immerhin kann ich recht stolz auf meine gute Vorarbeit sein, und es wird unsere Zusammenarbeit wesentlich effektiver machen. Ich hoffe nur, dass Jimin bald kommt.

   
  
ʝιɱιɳ

Der Rest des Nachmittags besteht aus tanzen, tanzen, tanzen. Die Choreo wird festgeklopft. Die fünf Tänzer um mich drumrum geben ein tolles Bild ab. Seojun geht derweil in den Fundus und sucht für mich nach weiteren Klamotten.. Das schwarze Jackett habe ich ja schon. Und auch das wird in den Tanz integriert.

Als wir den Raum für die nächsten Studenten frei machen müssen, brummt mir der Schädel, jeder einzelne Muskel im Körper tut weh - und die Zweifel im Kopf sind auch noch nicht ganz verstummt.

"Warum seid ihr euch alle so sicher, dass ich das packe? Ich hab zum Beispiel noch nie gleichzeitig gesungen und getanzt."

Taemin legt mir den Arm um die Schulter.

"Ich habe die Demoversion von Yoongi gehört. Und ich habe gehört, wie du vorhin locker und emotional ganz dicht die Lyrics über die Musik gesungen hast. Jimin, du kannst das! Du MUSST das einfach können, denn du hast so viel mehr Gefühl dabei. Du bist locker, lässig, ein bisschen kokett, du hast es echt drauf. Glaub mir - das haut deine Prüfer um!"

Allmählich merke ich, was ich mir selbst zumute mit zwei Choreos, Yoongis Song und nun obendrauf auch noch der Aufgabe, für Soejun für ihre Prüfung zu modeln. Ich bin echt heftig platt. Das waren heute sogar sechs Stunden! Und ein klitzekleines Bisschen zweifle ich auch immer noch, dass das mit dem Selbstsingen und dem Umziehen wirklich gut rüberkommen wird. Die Zeit rennt mir echt davon.

Ich radele nach Hause und muss über mich selbst schmunzeln, weil ich wie ein alter Opa mit Arthritis die Treppen raufschleiche. Im Moment freue ich mich nur noch auf eins: eine warme, entspannende Dusche.

  
  

𝕐𝕠𝕠𝕟𝕘𝕚

Als ich die Wohnungstür höre, springe ich sofort von meinem Schreibtischstuhl hoch und nehme Jimin in Empfang. Ich habe so lange gewartet, dass er jetzt endlich da ist, lässt mich vielleicht ein bisschen meine guten Manieren vergessen. Wenn ich die überhaupt besitze.

"Hi Jimin", begrüße ich ihn knapp, und will ihn am liebsten direkt hinter mir herschleifen, damit ich ihm zeigen kann, woran wir heute noch arbeiten müssen. Ich habe in der Zeit, in der ich auf Jimin gewartet habe, einen Zeitplan erstellt. Wenn wir uns daran halten, werden wir morgen Abend doch noch fertig. Zumindest, wenn es gut läuft und wir uns sofort an die Arbeit machen.

"Ich hab mir den Song vorhin direkt nochmal angehört und ein paar Notizen gemacht, woran wir als nächstes arbeiten müssen. Wenn wir uns an den Zeitplan halten, werden wir sogar noch rechtzeitig fertig!"

Ich merke selbst, dass ich mich beim Sprechen fast selbst überhole. Ich klinge geradezu euphorisch, und das tue ich sonst nie. Außer jetzt halt. Aber endlich spüre ich die Energie, die ich seit ein paar Tagen bei Jimin immer beobachten durfte. Endlich fühle ich mich produktiv und zuversichtlich.

Wir werden Filter bis morgen fertigstellen, Jimin wird übermorgen seine Gesangsprüfung ablegen können und ich kann in der Zeit den letzten Feinschliff machen.

  
  
ʝιɱιɳ

Ich öffne die Wohnungstür, schlüpfe aus meinen Schuhen und schlurfe den Flur entlang. Aber bis zu meinem Zimmer komme ich gar nicht, denn bereits davor werde ich von einem ausgehungerten Löwen angefallen - naja. Von einem hochenthusiastischen Yoongi. Aber ein großer Unterschied ist da zu meinem Leidwesen grade nicht ... Müde reibe ich mir über die Stirn und sehe wahrscheinlich nicht sehr begeistert aus.
"Darf ich ... eventuell erst mal duschen? Ich habe heute keine-Ahnung-wieviele-Stunden getanzt. Ich bin ziemlich platt und muss erstmal umschalten, damit ich dann für den Song noch mal alles aus mir rausholen kann."

𝕐𝕠𝕠𝕟𝕘𝕚

Ich schaue erwartungsvoll zu Jimin, doch entgegen meiner Erwartung wirkt er wenig enthusiastisch.

"Duschen?", kommt es enttäuscht aus meinem Mund, "Ähh ... ja, klar."
Nichts da, ja klar. Das passt leider so gar nicht in meinen Zeitplan. Aber vielleicht hat Jimin recht, und er braucht jetzt erstmal einen Moment zum runterfahren. Auch wenn ich innerlich mit den Hufen scharre. Ich versuche, so verständnisvoll wie möglich, zu lächeln, bin mir aber ziemlich sicher, dass es gequält aussieht. Aber was solls. Jimin weiß, dass ich mich nicht immer unbedingt so verhalte, wie man es sollte. Und es gibt gerade nun mal auch wichtigere Sachen, als irgendeine hirnrissige Sozialkompetenz. Die Aufnahme zum Beispiel!

Als Jimin sich dann jedoch an mir vorbei schlängelt, seine Schuhe in die Ecke wirft und Richtung Badezimmer trottet, wird mir bewusst, wie kaputt er aussieht. Von seiner energiegeladenen Leichtfüßigkeit ist gerade gar nichts zu sehen. Ich würde ihm gerne ein bisschen Ruhe gönnen, aber die Zeit rennt uns nunmal davon. Und es sind jetzt auch nur noch vier anstrengende Tage. Das wird Jimin mit Sicherheit schaffen. Hoffe ich. Und vielleicht gehts gleich wieder, wenn er aus der Dusche kommt.

"Ich mach Kaffee für uns", rufe ich in seine Richtung, bevor ich in die Küche sprinte und schnell nochmal eine neue Kanne Kaffee aufsetze. 

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9.7.2021

Lesenacht Teil 5

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