26 - alles tut weh!

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⊱─ ⋯ ─⊰ TAG 6 ⊱─ ⋯ ─⊰

[Dienstags tagsüber]


ʝιɱιɳ

Ich wache auf, und es tut weh. ALLES tut weh. Also nicht nur jeder Muskel nach sechs Stunden tanzen. Und mein Kopf nach drei Stunden "falsch" singen. Nachdem ich mich heute Nacht in meinen Träumen mehr oder weniger ununterbrochen über einzelne Töne von Yoongis Song mit ihm gestritten habe, tut irgendwie auch die Seele weh. Genau dreieinhalb Tage lang habe ich mich hier wie zu Hause gefühlt, habe unser Lachen und Albernsein genossen genauso wie unsere gemeinsame Liebe zur Musik. Das Gespräch über Oma, das so wunderbar in den Lyrics wieder zu finden war. Dornröschen, sein seltenes, um so lebendigeres Grinsen ... Stop, Jimin. Du tust dir nur selbst weh.

Ich habe keine Ahnung, warum mich der eine unproduktive Abend dermaßen aus der Bahn wirft. Ich hab wohl zu viel hineininterpretiert in die letzten Tage und bin jetzt einfach enttäuscht. Es ist eben doch nur eine normale Studenten-WG, wo man sich auf ein paar Spielregeln einigt und dann sein Leben lebt.
Ich glaube immer noch, dass es richtig war gestern Abend, einfach zu gehen. Ich wollte nicht noch mehr verletzt und verunsichert werden.

Ich kann den Text in und auswendig, ich fühle so viel dabei! Aber Yoongi lässt mich nicht. Ich bin überhaupt nicht zu ihm durchgedrungen. Aber jetzt fürchte ich, dass Yoongi sich jemand anderen sucht - weil ich zu unfähig bin. Vielleicht ist er ja auch zu recht ungeduldig, und ich stelle mich wirklich blöd an. Wär ja auch nicht das erste Mal ... Ich möchte am liebsten gar nicht aufstehen.

Und außerdem habe ich dann vielleicht auch für Freitag ein Problem. Ich brauche eine Endfassung, am besten mit und ohne meinen Gesang, für den Auftritt. Also bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als irgendwann in einem unbeobachteten Moment irgendeine Version von mir und eine reine Musikdatei aus seinem Computer zu holen und das für Freitag alleine durchzuziehen. Auch wenn es jetzt kein Stück mehr Spaß machen oder kokett rüberkommen wird - weil es bitter schmeckt. Such is life, Jimin. Krieg deinen Arsch hoch, die anderen warten auf dich.

Irgendwann quäle ich mich dann doch noch aus dem Bett und durchs Bad, mümmele lustlos mein Müsli in der kalten, unaufgeräumten Küche und mache mich auf den Weg zur Uni. Die anderen warten schon auf mich und schauen mir irritiert entgegen. Ich bin sonst nicht so der Zuspätkommer ...
"Alles in Ordnung mit dir? Du siehst aus wie drei Tage Regenwetter."
"Lass gut sein, Kai. Ich möchte mich jetzt bitte sehr konzentriert in die Arbeit an eurer Choreo stürzen und möglichst wenig über mich selbst nachdenken."
Ich fange an, mich sorgfältig warm zu machen, und ignoriere dabei gekonnt die stummen Blicke meiner Freunde. Ich schmeiße mich mit viel Energie in die Arbeit und blende das ganze Filterfiasko total aus. Und das tut verdammt gut.

Wir kommen gut voran, aber irgendwann macht Taemin einen für mich unerwarteten und auch gar nicht sehr willkommenen Schwenk.
"So, für heute kann ich nicht mehr denken. Und es ist ja eigentlich auch deine Trainingszeit, Jimin. Lass uns an deiner Choreo weiter arbeiten."
"Ach, und schöne Grüße von Seojun. Sie kommt gut voran mit deinen Klamotten. Wenn du morgen durch die Gesangsprüfung durch bist, können wir wohl schon Anprobe machen und dann den Wechsel üben."
Kai macht gleich weiter.
"Ich konnte für heute spontan noch ein Tonstudio buchen. Wollen wir nachher mal dran gehen, dass Du das Lifesingen übst?"
Jei, die drei sind sich ja echt einig. Ich sage einfach gar nichts zu all dem. Sofort liegt mir wieder der bittere Geschmack von heute morgen auf der Zunge. Aber dann ringe ich mich doch zu einer Antwort durch.
"Ich ... glaube, ich brauche eine schöpferische Pause. Lasst uns morgen an meinem Ding weiter arbeiten."
"Aber ... wir haben diesen Raum noch für eine halbe Stunde, die müssen wir nutzen. Und es wird immer später für dich. Jetzt bloß keine Müdigkeit vorschützen!"

Ich schüttele den Kopf über mich selbst, weil ich mich einfach nicht lösen kann von gestern Abend. Ich habe etwas verloren, und ich weiß nicht mal, was. Ich weiß nur, dass ich mich fühle, als hätte ich Bleigewichte an den Füßen, sobald ich an den Song, die Choreo, den Gesang ... oder an Yoongi denke.
Zum Glück geben die anderen jetzt Ruhe und arbeiten einfach weiter an ihrem eigenen Stück. Langsam komme ich wieder runter und kann mich nochmal drauf einlassen. Und dann ist die Zeit auch bald schon vorbei.

Kai und Taemin haben schon heute Mittag ihre Gesangsprüfung, für die sie sich jetzt noch ein bisschen ausruhen wollen. Jeongkwon schmeichelt mich derweil in das kleine gebuchte Tonstudio und übt mit mir, mit einem Headset zu tanzen und zu singen. Ich soll mich schlicht an die Technik gewöhnen, bevor ich tatsächlich gleichzeitig tanze und singe. Mein innerer Widerstand ist ziemlich groß, aber ich bin dankbar, dass er sich meiner annimmt. Irgendwann schwimme ich mich dann doch noch frei und singe ein paarmal mit geschlossenen Augen diesen Song so, wie ICH ihn mir vorstelle.

In Anbetracht der Tatsache, dass ich ja wahrscheinlich gezwungen sein werde, tatsächlich gleichzeitig zu singen und zu tanzen, bin ich nach unserer Stunde Zeit im Studio richtig dankbar, dass Jeongkwon nicht locker gelassen hat. Natürlich war es nötig - und auch so schnell wie möglich - dass ich diesen Schritt gegangen bin, mich mit der Technik vertraut zu machen. Und ich werde das bis zur Prüfung am Freitag Nachmittag auch jeden Tag wieder üben müssen, damit es mich dann nicht zusätzlich nervös macht.

"Danke, Kwon. Das hat jetzt gut getan. Du ... ich hab das tatsächlich gebraucht, dass jemand mit mir so konzentriert und feinfühlig übt. Jetzt habe ich eine Vorstellung davon, was auf mich zukommt und dass ich das schaffen kann."
"Gerne, Jimin. Künstler können nur voneinander lernen, wenn sie sich aufeinander einlassen."
Autsch! Möchtest du vielleicht gaaaaanz zufällig mal eben Yoongi anrufen und ihm DAS sagen? Hmpf ...

"Komm, Taemin und Kai sind in einer guten Stunde fertig mit ihren Gesangsprüfungen. Lass uns in der Cafeteria warten und dann hören, wie es bei ihnen gelaufen ist."
Eigentlich könnte ich jetzt nach Hause gehen. Oder mich irgendwo anders ausruhen, damit ich dann nachher wieder in der Lage bin, mit Yoongi zu arbeiten. Aber ... ich will gar nicht "nach Hause". Weil das seit gestern Abend nicht mehr "Zuhause" ist ...

Ein bisschen schüttele ich ja schon den Kopf über meine dramatische Reaktion, während ich Jeongkwon hinterher in die Cafeteria laufe. Wir ziehen uns zwei Kaffee, und ich hole mir noch ein Matschbrötchen. Ausgesprochen kontraproduktiv, jetzt so viel Zucker in mich reinzuschaufeln. Aber ich habe keine Energie mehr, gegen den Frustschmacht anzukämpfen.

Kaum sitzen wir auf der Fensterbank ganz hinten bei den künstlichen Blumenkübeln, schaut Kwon mich grade an und haut mir sehr direkt seine Beobachtungen um die Ohren.
"So, Jimin. Und jetzt spucks aus. Irgendwas stimmt nicht. Du bist ein vollkommen ausgewechselter Mensch im Vergleich zu gestern. Komm mir bloß nicht mit 'schöpferischer Pause'! Das ist Blödsinn. Ich habe Dich vorher kaum gekannt, aber ich habe in den letzten drei Tagen einen positiven, aus sich heraus strahlenden Typ kennengelernt, der bereit und in der Lage ist, wie ein Bekloppter für seinen Traum zu ackern. Der mit dem Herzen voll dabei ist und genau weiß, wo er hin will. Heute warst du wie in Ketten gelegt."
Ich weiß nicht, wo ich hinschauen soll, während er eine bedeutungsvolle Pause macht und zum nächsten Schlag ausholt.
"Hast du dich mit all den Prüfungsprojekten schlicht übernommen, ist deine Lieblingstante gestorben - oder kommst du mit Yoongi nicht klar? Du hast ihn heute noch mit keinem Wort erwähnt ..."

Schweigen.

Dann bin jetzt wohl ich dran ...
Zögerlich sehe ich Kwon nun doch an.
"Ich ... uff. Ich könnte dich jetzt abwimmeln, wir kennen uns kaum. Aber ... scheiße, du hast recht. Ich brauch jemand zum Reden, weil ich das Chaos da oben nicht alleine sortiert kriege."
Und das da unten im Herzen auch nicht ...

"Ich ... hab ganz viele Ebenen durcheinander. In mir. Und mit Yoongi. Und ich bin grade völlig damit überfordert, das auseinanderzuhalten, damit ich meine Kraft in die Prüfungen zu stecken kann. Ich habe keine Probleme damit, jeden Tag sechs Stunden lang zu tanzen. Ich liebe es, meine ganze Seele in egal welchen Song zu stecken. Und da Seojun mir so großartig hilft, ist es überhaupt keine Frage, ob ich mich für sie einmal vor einem Haufen Profs aus- und wieder anziehe."
"Aber?"
"Ich habe ..."
Und dann purzeln die ganzen letzten fünf Monate und die letzten vier Tage aus mir raus wie ein Vulkanausbruch. Meine Sehnsucht nach Zuhause. Meine Angst zu versagen. Unsere seltsame Nicht-WG. Der plötzliche Schwenk in Yoongis Verhalten und wie alles mit dem Song angefangen hat. Unsere Gespräche. Und ... ja. Unsere überhaupt nicht funktionierende Zusammenarbeit.
"Ich will doch einfach nur meine Sache gut machen. Aber er zweifelt ALLES an! Bald hat er mich soweit, dass ich ihm das alles glaube ..."
Ich starre auf den Boden, als ich mit meiner Generalbeichte fertig bin. Jetzt kämpfe ich auch noch mit den Tränen. Ja, das ist es. Ich bin maßlos enttäuscht und verunsichert. Kwon legt mir seinen Arm um die Schulter und hält einfach eine Weile die Klappe, bis ich mich wieder gefangen habe.

"Schöne Scheiße. Und ein 'klitzekleines Bisschen' unpassend in dieser vollgeknallten Woche. ... Pass auf. Ich habe dein Bedürfnis nach einem Zuhause in der Fremde verstanden, ging mir am Anfang auch so. Aber das müssen wir da jetzt rausfiltern, damit du eine Chance hast, deine Prüfungschoreo und die dafür notwendige Zusammenarbeit mit Yoongi zu retten.
Ich verstehe auch, was da so weh tut, denn ich habe dir vorhin zugehört, wie du dich freigeschwommen und dein Herz in diesen Song gelegt hast. Du musst Vollgas mit angezogener Handbremse fahren. Wegen der ablaufenden Frist. Weil dein Herz da drinnen steckt und du es rauslassen willst. Und weil Yoongi als Autor des Songs sich das Recht nimmt, dass du eben nicht DEIN sondern SEIN Wahrnehmen dieses Songs interpretierst und singst."

"Aber das ist doch keine Zusammenarbeit!"
"Stimmt. Ist es nicht. Von ihm nicht, weil er nicht rafft, wie gute Sänger ticken. Und du bist wirklich verdammt gut für einen Erstsemestler. Er hört nur deine Stimme und braucht sie als Instrument, statt dein Potential zu nutzen.
Aber von dir auch nicht. Weil du ihn als Instrument nutzt, um an den Song für deine Prüfung ranzukommen. Statt sein Potential zu nutzen."

Autsch! Jetzt fange ich tatsächlich an zu heulen. Jeongkwon zieht mich an sich, damit nicht alle anderen im Raum sehen, was mit mir los ist. Es tut gut, dass er sich ganz auf mich einstellt, weil Yoongi das grade so gar nicht tut.
"Hei. Das schmeckt nicht. Das weiß ich. Heul dich so richtig aus, du stehst grade unglaublich unter Strom. Aber dann nimm es als Chance zu wachsen. Ich werde jetzt nicht auf die Jimin-Yoongi-Ebene eingehen, weil du dafür einfach keine Kraft übrig hast. Ich verspreche dir, dass ich das mache, sobald deine Prüfung rum ist. Aber für die Ebene Komponisten-Mensch und Sänger-Tänzer-Mensch - da kann ich dir helfen und raten. Wenn du das willst. Ich hab Zeit.
Pass auf: ich sage dir jetzt ein paar Dinge, und dann wirst du nach Hause fahren und mit Yoongi diesen Song hinzaubern."
Ich nicke bloß und freue mich über das Kompliment.

"Erstens: Du kriegst nicht beides auf einmal. Also lass dich voll auf Yoongis Vorstellung ein, dann geht es viel schneller. Versuche zu verstehen, warum er welchen Klang haben will, und hinterfrage es nicht. Denn zweitens: es ist eine fantastische Übung in Teamworking für dich, ihm seinen Song zu geben, weil er damit in seine Prüfung muss. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt braucht ER das Gefühl von Sicherheit. Drittens: Wenn du das innerlich zulässt, stehst du nicht mehr so unter Strom, dann klappt viertens auch euer WG-Leben wieder besser. Du lernst fünftens genauer, was deine Version im Kopf von seiner Version unterscheidet. Und damit kannst du sechstens selbst bis Freitag um so besser DEINER Version Leben einhauchen.
Ich weiß - das klingt einfacher, als es ist. Aber den Schalter musst du umlegen, das kann dir keiner abnehmen. Yoongi jedenfalls wird es nicht tun."

Ich lasse all die Enttäuschung und den Schmerz raus und kann endlich die ganze Anspannung loslassen. Gleichzeitig arbeiten seine Worte in meinem Kopf. Und kommen dann auch in meinem Herzen an. Er hat recht. Ich benutze Yoongi genauso wie er mich. Scheiße!
"Gefressen. Danke, dass du mir den Spiegel vorgehalten hast. Das ist von beiden Seiten scheiße gelaufen."
"So gefällst du mir besser. Mir ist in den letzten Tagen schon aufgefallen, wie geduldig und kritikfähig du bist. So kannst du das schaffen. Darf ich dir meine Wahrnehmung mitteilen?"
Weiß ich nicht.

"Weiß ich nicht."
"Schade, aber ich bin da, wenn du mich für weitere Antworten brauchst. Du hast nicht mehr viel Zeit."
Er schnappt sich mein Handy, das neben mir liegt, und speichert seine Nummer ein.
"Meld dich. Bevor es zu spät ist. Und jetzt ab nach Hause mit dir. Du solltest dich nicht länger davor drücken, weil es sonst einfach nur immer schlimmer wird. Denk unterwegs drüber nach und dann hol das Beste aus der Situation - für euch beide!"
Er gibt mir einen liebevollen Schubs gegen die Schulter und grinst mich an.
"Du kannst so viel mehr, verlier bloß nicht das Vertrauen in dich selbst."

Leichter gesagt als getan. Mit diesem überaus verwirrenden Gespräch im Kopf stapfe ich zu meinem Rad und fahre zum Wohnheim. So richtig will ich da noch immer nicht hin, aber es hat unglaublich gut getan, das alles mal jemand zu erzählen.
Ich verstehe jetzt, dass ich einfach stumpf machen soll, was Yoongi will. Dann kostet es weniger Energie. Und was ich mit meiner Prüfungs-Choreo mache, geht ihn nichts an. Aber ich verstehe nicht, warum das so gelaufen ist, was in seinem Kopf vorgeht, und: warum mich das so sehr verletzt. Und wovor ich eigentlich Angst habe. Habe ich vor Yoongi Angst, wenn er im Muffelmodus ist? Aber ich bin doch erwachsen, er kann mir doch nichts tun! Bin ich doch das dusselige Dornröschen, das gerettet werden muss? Aber ausgerechnet von Yoongi? Was verliere ich, wenn ich mit ihm doch nicht so klar komme, wie es am Wochenende aussah? Warum tut diese Vorstellung so sehr weh?

Bis ich zu Hause angekommen bin, ist in mir wieder die Bereitschaft gewachsen, mich der Sache zu stellen. Dann kriegt Yoongi jetzt einfach, was er will. Und danach kümmere ich mich wieder um mich. Das fühlt sich scheiße an, aber so komme ich am besten durch. Also gehe ich die Treppe rauf und betrete unsere Wohnung. Ich lasse ihn heute Nachmittag einfach machen, und dann ist eben erst heute Abend wieder Dornröschen dran. Vielleicht. Oder so. Wer weiß. Eins nach dem anderen.

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13.7.2021

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