-~10~- Es ist kurz nach elf

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

Am nächsten Tag konnte ich in Ruhe zur Arbeit fahren. Es war nicht nötig gewesen, schon sonderlich früh in Ascot zu sein, also hatte ich morgens noch in einer Werkstatt angerufen, die mir einen Mitarbeiter vorbeigeschickt hatte, der mein Auto repariert hatte. Mr. Holmes hatte recht gehabt. Es war ein Marderbiss gewesen, aber zum Glück hatte der kleine Störenfried nicht all zu viel Schaden angerichtet, sodass die Reperaturen nicht ganz so teuer geworden waren.

Tessa saß heute nicht am Empfang, sondern in ihrem Büro, das zwei Stockwerke höher lag. Dort suchte ich sie auf und ließ sie mir zwei Eintrittskarten für die kommende Veranstaltung ausstellen, die ich am Nachmittag bei Mr. Holmes und John vorbeibringen wollte.

Gerade, als ich in meinem eigenen Büro einige Bestellungen telefonisch abgewickelt hatte, kam Jake herein. Er sah wiedermal gestresst aus. Seine Locken standen in alle Richtungen ab, seine Augenringe verrieten, dass er wohl eine kurze Nacht gehabt hatte und tiefe Sorgenfalten lagen auf seiner Stirn.
,,Liv, beim Verladen der Pferde in einen Anhänger von den Gardener's gab es einen Unfall. Es sieht schlimm aus und du musst ein Unfallprotokoll ausfüllen. Der Besitzer hat die Managerin verlangt", erklärte er mir.
,,Dafür bin ich normalerweise nicht zuständig. Wo ist Kaden?", wollte ich wissen.
,,Er ist heute morgen nicht aufgetaucht. Ich denke, er ist krank und hat vergessen anzurufen..."
Ich seufzte.
,,Gut, ich komme mit. Kannst du mich kurz briefen, damit ich nicht vollkommen unvorbereitet bin?" Er nickte und ich erhob mich von meinem Stuhl, um ihn zu den Ställen zu folgen.

,,Da Kaden nicht da war, haben Matt und ich die Pferde eingeladen. Als die Gardener's Pferde dranwaren und der Besitzer seinen Anhänger hergebracht hat, gab es schon Probleme, die Rampe zu öffnen", erklärte Jake, während wir draußen auf dem Fußweg liefen. Er beeilte sich und haspelte die Fakten runter, so schnell er konnte.
,,Inwiefern?", wollte ich wissen.
,,Sie hat geklemmt", erwiderte er. ,,Wir haben sie dann aber aufbekommen und das erste Pferd geholt. Es gab wieder ein paar Probleme beim Einladen. Das Übliche eben: er hat ein bisschen rumgetänzelt und wollte nicht mitmachen, du weißt schon."
,,Welches Pferd?", fragte ich.
,,Glorious Vision", erwiderte er.
,,Das ist der Fuchs, oder? Was ist passiert?"
,,Richtig. Ich habe ihn auf die Rampe geführt und eine der Halterungen ist gebrochen. Er hat sich ziemlich erschrocken und sich losgerissen."
,,Wie konnte denn das passieren?", fragte ich etwas irritiert.
Er zuckte mit den Schultern. ,,Keine Ahnung. Jedenfalls ist er zurück in die Stallgasse gerannt und als er nicht mehr weiter konnte, durch die Absperrung gebrochen. Dabei hat sich einer der Metallstangen in seinen Brustkorb gebohrt."
Ich sog scharf die Luft ein. ,,Weiter?", drängte ich ihn.
,,Wir haben ihn eingefangen und Doktor Spring hat ihn sediert, aber es sieht nicht gut aus. Die Metallstange steckt in seiner Schultergürtelmuskulatur. Heilung ist zeitnah fast nicht möglich. Er wird an keinem Rennen mehr teilnehmen können, weder dieses, noch nächstes Jahr. Vielleicht gar nicht mehr", erklärte er.

Von weitem konnte ich jetzt schon eine Gruppe Menschen um einen rotbraunen, auf dem Boden liegenden Körper erkennen.
,,Okay. Wie lange liegt er schon? Er muss aufstehen. Wenn sein Kreislauf schlapp macht, haben wir ein noch größeres Problem."
Jake betrachtete mich kurz. ,,Vielleicht eine Viertelstunde. Wir haben ihn noch nicht dazu bringen können, aufzustehen."
,,Was sagt der Besitzer und wie viel Schaden ist entstanden?", wollte ich weiter wissen.
,,Ich glaube, Mr. Gardener will ihn loswerden. Der Schaden beträgt mehr als sechhunderttausend Pfund, sechunddreißig Millionen, falls er es nicht überleben sollte, aber unsere Versicherung trägt es, keine Sorge", antwortete mir Jake.
Ich schluckte und schloss kurz die Augen. Diese Zahlen musste ich erst einmal verdauen.

,,Da sind Sie ja endlich!", rief ein älterer Mann mit grauen Haaren und einer runden Brille. Er kam auf uns zugestürtzt und deutete auf sein am Boden liegendes Rennpferd.
,,Mr. Gardener, ich bin informiert über das Geschehen. Ich werde sofort den Unfallbericht schreiben und Sie bekommen den Schadensersatz", erklärte ich ihm.
,,Ich habe dieses Pferd mit der eigenen Hand aufgezogen. Ich habe ihn aller zwei Stunden mit der Flasche gefüttert, habe ihn das Galoppieren gelehrt. Ich will keinen Schadensersatz, ich will dass Sie diesen Vollidioten feuern!" Er deutete auf Jake, der mich erschrocken ansah.
,,Ich weiß, dass Sie aufgebracht sind. Es war ein Unfall und ich werde mich um alle Konsequenzen kümmern", versuchte ich ihn zu beruhigen. ,,Jetzt müssen wir erst einmal Glorious Vision zum Aufstehen bringen."

Ich ging an ihm vorbei und hockte mich neben die Tierärztin, die die Wunde gerade desinfizierte.
,,Wie sieht es aus, Dr. Spring?", fragte ich.
,,Er muss operiert werden. Ich werde es gleich hier im OP durchführen können, aber er kann nicht laufen. Jede Bewegung richtet mehr Schaden an."
,,Dann müssen wir ihn mit dem Gabelstapler... Na, Sie wissen schon. Wie wir es damals mit der Stute von Mr. Wright gemacht haben", erwiderte ich. Sie nickte.

In einer umständlichen Hilfsaktion schafften wir es, den Hengst wieder auf seine Beine zu stellen. Eine speziell dafür vorgesehene Tragevorrichtung wurde um seinen Körper gelegt und so schafften wir es, ihn mit dem Gabelstapler in den nahegelegenen OP zu bringen.

Während er operiert wurde, verluden Jake und Matt die restlichen Rennpferde der Gardener's in einen unserer hauseigenen Transporter und ich füllte den Unfallbericht aus.
Mr. Gardener riss mir die Kopie missmutig aus der Hand, als ich fertig war und verabschiedete sich dann barsch.

,,Mr. Gardener, Sie können Ihr Pferd nicht bei uns lassen. Sobald es aus dem OP raus ist, können Sie es mitnehmen, das hat mir Dr. Spring versichert", versuchte ich ihn aufzuhalten.
,,Behalten Sie ihn einfach. Er nützt mir nichts mehr!", zischte der ältere Mann.
,,Sir, das geht nicht. Wir können ihn nicht hier behalten. Es ist Ihr Pferd-"
,,Wie heißen Sie?", unterbrach er mich grob.
,,Oliv Carter, Sir", erwiderte ich irritiert.
Er riss mir das dunkelblaue Klemmbrett aus der Hand, das ich gerade noch gehalten hatte und begann etwas auf die leere Seite zu schreiben.
Als er fertig war, drückte er es mir wieder in die Hand und stieg in sein Auto.
,,Sir?", fragte ich unsicher, doch er antwortete nicht, sondern zog nur seine Autotür zu, startete den Wagen und fuhr davon.

Langsam ließ ich meinen Blick auf das Klemmbrett in meiner Hand wandern.

Hiermit erkläre ich, dass ich meinen Besitz an dem Fuchshengst ,,Glorious Vision" an Mrs. Oliv Carter übertrage. Dabei wurden alle Kosten an dem Wert meines Pferdes bereits getilgt.

Gezeichnet
Oscar Gardener

Ich starrte wie gebannt auf das Stück Papier.
Oh mein Gott. Was sollte ich denn mit dem Pferd? Ich konnte ihn unmöglich behalten.

Plötzlich tauchte Jake neben mir auf und musterte mich interessiert.
,,Sorry, was hier gelaufen ist. Es war aber wirklich ein Unfall und- Liv?" Er wartete auf eine Reaktion meinerseits, doch ich konnte ihn nur entgeistert anstarren und das Klemmbrett in die Hand drücken. Dann musste ich gehen. Ich ging einfach an ihm vorbei und wieder zurück in Richtung meines Büros.

Nach einigen Metern holte mich Jake jedoch wieder ein und gab mir das Klemmbrett wieder zurück.
,,Hast du eine Ahnung, was für ein Glück du hast?", fragte er strahlend. Seine Augen sprühten geradezu vor Euphorie.
,,Jake, was soll ich denn mit dem Pferd? Weißt du, was das kostet? Das kann ich mir unmöglich leisten."
,,Dann bietest du ihn als Zuchthengst an oder verkaufst ihn. Er ist ein Gewinnertyp!", rief der Blonde.
,,Nicht wirklich. Wenn ich mich richtig erinnere, hat er beim letzten Rennen den vorletzten Platz belegt", erinnerte ich ihn.
,,Na und? Das ist Ascot. Hier laufen nur die besten", erwiderte Jake.

Ich atmete tief ein. ,,Vielleicht hast du recht. Ich verstehe nur nicht, warum dieser Gardener mir seinen Hengst schenkt, den er angeblich so geliebt hätte. Da muss es doch einen Haken geben. Niemand verschenkt ein so teures Rennpferd."
,,Der Haken ist, dass er auf dem OP liegt und es noch nicht sicher ist, ob er wieder aufwacht", antwortete Jake auf meine Bedenken.

Ich nickte langsam. ,,Ich will, dass du Gardeners Background checkst. Ich habe da so eine Vermutung und ich brauche ein Blutbild von Glorious Vision", sagte ich, woraufhin er nickte. ,,Du siehst aus, als hättest du die ganze Nacht nicht geschlafen", wechselte ich dann das Thema.
,,Ja, ich habe weiterermittelt, bei Mr. Owens", erwiderte Jake.
,,Und?", wollte ich wissen.
,,Er hat einen Kontaktmann hier in Ascot. Er heißt James Wilde", erklärte er.
,,Noch nie von ihm gehört", erwiderte ich.
,,Er ist nur ein Stallbursche, aber hat erstaunlich gute Kontakte nach oben."
,,Das werde ich Mr. Holmes ausrichten. Danke", sagte ich.
Ich ging zurück zu meinem Büro und unsere Wege trennten sich wieder.

Nach einer halben Stunde rief mich Dr. Spring an. Sie fragte nach Mr. Gardener, aber ich erklärte ihr, dass ich vorerst für das Pferd zuständig wäre.
,,Die OP ist gut verlaufen. Ich schätze, ich werde ihn einfach in einer der freien Boxen einquartieren. Er hatte Glück, es war ein sehr sauberer Einstich und es wurden keine Knochen beschädigt", gab sie mir zu verstehen.
,,Okay, danke, Dr. Spring", bedankte ich mich.

_______

Zuhause, als ich wieder in meinem Bett lag, dachte ich über das Geschehene nach. Ich konnte nicht schlafen und so stand ich wieder auf und ging zum Fenster hinüber, um auf die andere Seite der Straße zu schauen. Das Licht in der ersten Etage der 221B brannte noch und so entschied ich mich, mich nochmal anzuziehen und hinüber zu gehen.

Mrs. Hudson ließ mich herein und freute sich sichtlich über meinen Besuch. Nach einer kurzen Unterhaltung mit ihr ging ich die Treppen hinauf und klopfte an die Wohnungstür, die mir inzwischen sehr bekannt war.
John öffnete sie und sah mich überrascht an. ,,Liv! Ähm... Was machen Sie hier? Es ist kurz nach elf."
,,Ich... Habe die Karten für die Veranstaltung in zwei Tagen", erklärte ich, ,,und noch ein paar Informationen für Mr. Holmes."
,,Kommen Sie rein", sagte er und trat ein Stück zur Seite, um mich hereinzulassen.

Der Detektiv saß in seinem Sessel, mit einem Tee in der Hand und den Beinen überschlagen. Gedankenverloren starrte er in die Luft und regte sich auch nicht, als ich das Wohnzimmer betrat.
,,Guten Abend, Mr. Holmes", begrüßte ich ihn und er verdrehte leicht die Augen, als ich ihn damit aus seinen Gedanken riss.
,,Ich hoffe Sie haben etwas für mich, um Ihre Störung zu entschuldigen", sagte er.
,,Ich habe die Karten für die Veranstaltung am Mittwoch. Abendgarderobe ist angebracht, also bitte ich Sie, sich auch so zu kleiden."
,,Noch was?", fragte der Detektiv gelangweilt.
,,Zwei Namen: James Wilde und Oscar Gardener. Ersterer hat offensichtlich Kontakt mit Brian Owens und der andere hat heute für Furore gesorgt...", erwiderte ich.
,,Was war los?", wollte John nun wissen.
Ich winkte ab. ,,Nur ein bisschen Stress beim Verladen seiner Pferde."
,,Aber etwas hat Sie misstrauisch gemacht. Was ist es?", fragte Mr. Holmes.
,,Das kann ich Ihnen morgen zeigen", antwortete ich.

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro