15 - Riesenkater

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Am Samstag Morgen wache ich davon auf, dass Paul neben mir sich unruhig hin und her wälzt und leise wimmert.

uuuuuuuuu... auuaaaa ...
mir platzt der Schädel ... aaaaaaaa ...

Ich streiche ihm beruhigend über den Rücken, bis er richtig wach ist und sich vorsichtig zu mir wendet. Er öffnet kurz die Augen, kneift sie aber sofort wieder zu.

Licht! Auaaa ... och neee ...

„Niklas? Könntest du bitte das Karussell anhalten, damit ich aussteigen kann? Der Schwindel ist noch übler als gestern. Und du könntest bei Gelegenheit den Kater in meinem Kopf vor die Tür setzen. Mir brummt der Schädel, als hätte ich eine Woche durchgesoffen."
Das heißt nichts Gutes. Er scheint alle Symptome zu entwickeln, die möglich sind. Das wäre echt bitter – 1. Tag: Schwindel, 2. Tag plus Kopfschmerzen, 3. Tag plus über der Schüssel hängen ...
Über den Rest will ich gar nicht nachdenken.

„Ach Paul, das ist ja echt gemein, das tut mir so leid. Ich sage gleich Papa Bescheid, dass du jetzt auch noch Kopfschmerzen hast. Da kann er dir nämlich was geben dagegen. Bleib du ganz still liegen, ich bin gleich wieder da."
Ich streiche ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht, gehe in mein kleines Büro und schnappe mir das Haustelefon. Ich bin unglaublich froh, dass Papa sich die drei Tage frei genommen hat. Gestern hat rumtragen und langsam bewegen ja noch gereicht, aber ab heute scheint Paul tatsächlich die medizinische Versorgung zu brauchen.
„Kein Problem, Nick, ich komm gleich runter. Ich habe gestern alles Nötige aus der Klinik mitgebracht. Sorg du dafür, dass er gleich ganz viel trinkt. Und ganz heiß duschen. Obwohl ..."
Ich hake gleich ein.
„Ganz schlechte Idee, Papa. Ich weiß, dass das hilft. Aber er kann ja nicht mehr alleine stehen, und dass ich mit ihm zusammen dusche, um ihn zu halten? Das wäre selbst im Neoprenanzug noch purer Masochismus. Für uns beide ..."
Allein bei der Vorstellung, mit Paul zu duschen, ihn zu halten und zu waschen, wird mir ganz kribbelig  -  ... So viel Nähe? No Go!!! Da löst sich der Profi in mir im Handumdrehen in brennend heiße Luft auf.

Ich flitze in meine Küche, hole eine Schnabeltasse und Wasser. Im Flur begegne ich dann meinem Vater.
„Papa, ich hab echt Schiss, dass morgen dann auch noch die Übelkeit dazu kommt. Er scheint das volle Programm mitzunehmen. Und das wäre eine echte Quälerei in seinen letzten Stunden."
Gemeinsam gehen wir den Flur entlang.
„Lass uns das abwarten. Wir gehen jetzt fest davon aus, dass das nicht eintritt, das macht es für alle leichter. Und wenn doch – fällt mir schon was ein."
Am Schluss haben wir nur noch geflüstert, damit Paul uns nicht versteht. Aber als wir das Zimmer betreten, merken wir, dass das gar nicht nötig gewesen wäre.

Tieeeeeeef durchatmen und NICHT bewegen ...

Paul liegt nämlich mit geschlossenen Augen und streng verkniffenem Gesicht auf dem Rücken, beißt die Zähne zusammen – und ...
Er schnurrt???
„Paul, alles in Ordnung? Sind die Kopfschmerzen wieder weg?"
Er unterdrückt sofort den Impuls, den Kopf zu schütteln, und fast sich an die Stirn.
„Nö. Ich dachte einfach, wenn ich mich mit dem Kater da oben ein bisschen unterhalte und ihm sage, wie unwillkommen er hier ist, dann geht er vielleicht wieder ..."

Fast wäre mir die Schnabeltasse aus der Hand gefallen.
Sowas nennt man dann wohl Galgenhumor!
„Aber, Paul. Das Schnurren muss die Kopfschmerzen doch schlimmer machen. Das war grade witzig, aber du tust dir doch selbst weh damit!"
Nun klappt er ein Auge halb auf und schaut zu mir hoch.
„Das ist seltsam. Es tut zwar weh, aber da es mich – unabhängig von dem Brummschädel – ruhiger macht und entspannt, ist es in Summe eine Hilfe."
Und sofort klappt er das Auge wieder zu, weil das Licht ihn so blendet.

Ich reiche Paul die Tasse und lasse ihn erstmal trinken. Währenddessen ziehe ich die Vorhänge zu, um es ein wenig dunkler zu machen. Dann setzt sich mein Vater neben ihn und versucht, durch gezielte Fragen, den Sitz und die Art des Kopfschmerzes zu erkennen.
„Gut. Du hast Glück im Unglück, Paul. Diese Art Schmerz lässt sich noch einigermaßen gut händeln. Du bekommst von mir – oder Nick – stündlich Tropfen. Nach einer halben Stunde solltest du anfangen, die Wirkung zu spüren. Nick wird dich aber auch danach fragen. Dann kann ich noch etwas an der Dosis schrauben. Aber du musst jetzt trinken wie ein Weltmeister, verstanden?"
Paul brummt zustimmend, bekommt die Tropfen -
„brrrr, eklig!" -
und greift sofort wieder nach der Schnabeltasse.
Als die leer ist, hält er sie mir wortlos hin und wackelt damit. Ich muss kichern.
„Ich fliege, ich eile. Und schon ist sie wieder gefüllt!"
Nun grinst Paul.

„Ach – und noch was. Sollte dir übel werden, sag uns bitte schnell Bescheid. Wenn ich frühzeitig gegensteuere, wird es nicht so schlimm."
Mein Vater geht wieder nach oben. Er hat in letzter Zeit so viel gearbeitet, dass ich ihm ein Wochenende mit nur einem Patienten und auch nur ab und zu mal gefragt werden echt gönne.

Da es sicher eine Weile dauern wird, bis die Tropfen wirken, mache ich mich fertig für den Tag und hole aus der Überwachungskammer das Formular für ein Medikamentierungsprotokoll. Darauf notiere ich das Mittel, die Dosis und die Uhrzeit. Dann lege ich mich ganz vorsichtig wieder hinter Paul, damit das Bett nicht so schaukelt.
„Paul? Meinst du, es gibt vielleicht etwas, was dich von den Schmerzen ablenken oder dir irgendwie gut tun könnte?"

Einen Moment lang ist er still, dann brummt er zustimmend.
„Du musst bitte sagen, wenn dich das überfordert. Aber – als du mein Rückenfell gebürstet hast am Donnerstag. Das war toll. Könntest du? ..."
Ich schlucke und bin sehr froh, dass Paul am Hinterkopf keine Augen hat. Er würde meinem Gesicht sofort ansehen, dass mir das keinesfalls leicht fällt.
„Klar. Kein Problem. Magst du dich wieder auf den Bauch legen? Ich helf dir dabei."

Ich bin nicht taub, Niklas. Glaubst du echt, du kannst deine Gefühle vor mir verstecken?
Ich weiß, ich HÖRE, dass dir das schwer fällt. Aber wenn du dich nicht wehrst, bin ich jetzt egoistisch.
Ich muss irgendwie gegen diesen wahnsinnigen Schmerz ankommen, sonst drehe ich hier durch.

Mit langsamen, bedächtigen Bewegungen dreht sich Paul dreiviertel auf den Bauch, und ich ziehe ihm währenddessen sein Schlafanzugoberteil nach oben. Die Bürste liegt noch auf dem Nachttisch. Und so beginne ich, mit wenig Druck und langsamen Bewegungen sein Fell zu bürsten, bis es seidenweich und glänzend durch meine Finger gleitet. Paul entspannt sich tatsächlich dabei und schnurrt ab und zu genießerisch.

Ach, Niklas. Hast du eine Ahnung, WIE schön das ist?
Wenn ich jetzt in unserer Garage liegen würde ...
NICHT dran denken, Paul. Hier geht's dir gut.

Nach einer Weile höre ich leises Schmatzen. Ich lunze über seine Schulter und sehe, dass er mal wieder am Schwanz der Maus knabbert – und dass er dabei eingeschlafen ist. In Zeitlupentempo erhebe ich mich, klettere über ihn drüber und trage die Uhrzeit ins Protokoll ein, denn das ist ein Indiz, dass das Medikament angeschlagen hat.

Meine Mutter steckt leise den Kopf zur Tür rein. Ich mache ihr Handzeichen, dass Paul schläft, und so reicht sie mir wortlos ein Tablett mit richtigem Frühstück für mich und Griesbrei für Paul. Da muss er nicht groß kauen und hat trotzdem was Nahrhaftes im Bauch. Neben meiner Teetasse liegt noch ein Zettel.
Ah, die „Kandidaten"-Termine.
Meine Mutter hat alle auf den Nachmittag organisiert. Wenn das Medikament weiter so gut anschlägt und er genug schläft, kann er bis dahin auch wieder fit genug dafür sein. Und  - so schwer es mir fällt - es verschafft mir noch etwas Luft, mit ihm über uns zu reden in einem geeigneten Augenblick.

Statt schon wieder über ihn drüber zu klettern, hocke ich mich vor Paul auf den Fußboden. Ich rekapituliere von dort, wie wir nun stufenweise das Gästezimmer tatsächlich in ein Krankenzimmer verwandeln werden, ohne dass es für ihn zu sehr krankenzimmerartig wird. Wenn ich das Sofa wieder zurückverwandle und den Tisch etwas verschiebe, können wir das Bett quer stellen. Dann kommen wir für pflegerische Maßnahmen von allen Seiten an ihn ran. Aber es bleibt gemütlich hier, denn der Maschinenfuhrpark ist ja gegenüber in der Medi-Kammer. Und so lange er sich nicht dauernd übergeben muss, brauchen wir anderen auch kein Desinfektionsmittel. Ich möchte unbedingt vermeiden, dass meine Hände danach riechen und er mich deswegen nicht mehr an sich ranlassen kann.

Ich konzentriere mich wieder auf Paul und betrachte ihn schweigend. Er ist deutlich kleiner als ich – was jetzt nicht weiter schwierig ist- und hat zwar eine weitgehend menschliche Anatomie, aber er ist von Natur aus durchtrainiert und ganz schlank dabei, wie es eben bei gesunden Katzen der Fall ist. Und bevor er gestern angefangen hat, vor lauter Schwindel die Kontrolle zu verlieren, waren seine Bewegungen fließend und geschmeidig. Seine Hände, seine Gesichtszüge sind schmal und fein. Interessanterweise scheint er sich nicht rasieren zu müssen, was viele Hybriden tun, die nicht so „haarig" im Gesicht aussehen wollen. Seine Nasenflügel erzittern leicht beim ein- und ausatmen. Selbst im Schlaf noch sieht er wachsam aus.
Ich könnte ihm stundenlang beim Schlafen zusehen und mich in seinem Anblick verlieren. Wie gerne hätte ich ihn einmal gesund und kraftvoll erlebt – auf einem Spaziergang oder beim Sport. Es muss ein wunderbarer Anblick sein.

Hmmm. So entspannt zu gammeln, ist echt schön.
Ach – und die Kopfschmerzen sind fast weg. ...
Und irgendjemand sitzt da ganz nah vor mir, ich spüre jemand atmen.
Mal lunzen ...

„Und? Gefällt dir, was du siehst?"
Ich zucke zusammen. Ich sitze ja direkt vor ihm und mustere sein Gesicht, Trotzdem habe ich nicht gemerkt, dass er wach geworden ist und mich offensichtlich wahrgenommen hat. Seine Augen sind weiterhin geschlossen, und seine Stimme klingt so zufrieden-entspannt.
„Und wie! Ich könnte mich dran ..."
Ich beiße mir auf die Zunge.
„... gewöhnen. Es ist O.K., Niklas. Ich habe mich auch in meinem ganzen Leben noch nie so wohl dabei gefühlt, von jemand so genau beobachtet zu werden. Es ist, als würdest du mich mit deinen Blicken streicheln."
Ich halte die Luft an, und Paul öffnet die Augen.
„Hei, kuck nicht so wie ein verschrecktes Kaninchen im Fußballtor, wenn der Ball kommt. Was auch immer draus wird – jetzt, in diesem Augenblick beschenkst du mich und tust mir gut. Das ist grade alles, was für mich zählt."
Er lächelt mich an.

„Und meinem Kopf geht's besser. Also immer her mit dem ekligen Zeug."
Ich schaue auf die Uhr und stelle fest, dass er auch ein fantastisches Zeitgefühl hat. Ich gebe ihm seine Tropfen, und er schluckt sie tapfer mit angewidertem Gesicht runter. Währenddessen trage ich die Dosis ins Medi-Protokoll ein. Dann trinkt er gleich wieder einen ganze Tasse Wasser hinterher.
„Möchtest du auch mal was anderes außer Wasser? Es geht eigentlich alles. Saft, Tee – ganz, wie du magst."
Vorsichtig richtet er sich auf.
„Tee geht in jeder Lebenslage. Aber jetzt hab ich vor allem Hunger."
Ich reiche ihm den Griesbrei, den er mit Genuss in sich rein mümmelt.

Boah, ist das Zeug eklig. Aber mir geht's so viel besser, da nehm ich das in Kauf.
Und mit dem Süßpapp hier kann ich den widerlichen Geschmack gut überdecken.
Hm, ist das lecker. ...

Zufrieden schaufelt er den Teller leer. 

Wieviel Uhr ist es eigentlich?
Irgendwann heute kommen ja die „Kandidaten". Doofes Wort ...

„Wann müssen wir los?"
Ich reiße mich am Riemen und versuche, meine Stimme so neutral wie möglich klingen zu lassen.
"Heute Nachmittag. Bis dahin kannst du dich noch mehr erholen, und dann wird das sicher gut gehen."
Paul grinst und schüttelt dabei – nur kurz - den Kopf.
„Du bist ein schlechter Schauspieler, Niklas."
Verlegen fahre ich mir durch die Haare.
„Und du ein zu guter Beobachter, Paul."
Er kichert und streicht ganz kurz über meinen Arm.
„Kannst du mich rüberbringen? Ich mag hier mal rauskommen."
Ich stehe auf und trete ans Bett.
„Klar, kein Problem. Du bist der Dirigent. Da kriegst du dann auch deinen Tee. Komm."

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17.7.2019    -    27.9.2019

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