25 - Zärtliches Verwöhnprogramm

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Paul schläft eine ganze Weile, und ich ertappe mich dabei, dass ich Angst habe, er könnte nicht nochmal wach werden. Ich halte ihn die ganze Zeit im Arm, spüre seinen ruhigen Atem, seine Wärme, genieße seinen entspannten Anblick, sein Knabbern an meiner Hand. Ich halte ihn, kraule ihn hinter den Ohren, streichele sein weiches Rückenfell, knabbere an seiner Hand. Erst gegen zwanzig nach Acht regt er sich wieder, streckt sich genussvoll und öffnet die wunderschönen, leuchtend grünen Augen.
Gott sei Dank! Er ist wieder besser drauf! Noch dreieinhalb Stunden ...

„Möchtest du was essen, Paul?"
Er schüttelt den Kopf und lauscht in sich hinein.
„Aber Trinken wär gut."
Ich bin unglaublich froh, dass er das ernst nimmt und durchzieht, und reiche ihm die Flasche. Dann steckt er wieder seine Nase in meinen Pulli, kuschelt sich an mich und seufzt. Und ich frage mich, wie um Himmels Willen wir die kommenden Stunden ohne Krampf überstehen sollen.

Auf einmal schießt mir sein Wunsch vom Freitag durch den Kopf.
Ich wünsche mir nichts mehr, als das du am Sonntag Abend noch die Kraft hast, ganz für mich da zu sein."
Und meine Mutter hat gemeint, dass Paul es brauchen wird, dass ich heute Abend noch professionell mit ihm umgehen und Sicherheit ausstrahlen kann. Der Abschied ist so nahe gerückt, dass mir das ganz schön schwer fällt. Aber beide haben Recht. Also frage ich mich ganz sachlich: wie kann ich die folgenden Stunden so gestalten, dass Paul sie genießen kann?
Was könnte ihn jetzt erfolgreich ablenken und entspannen?

Die Lösung kommt recht schnell.
„Paul? Hast du Lust, nochmal zu baden? Du hast heute früh so heftig gekämpft. Du musst dich doch seitdem ziemlich klebrig fühlen."
Sofort beginnen seine Augen zu strahlen.
„Au ja! Und hinterher gibt's dann streicheliges Verföhnprogramm!"
Wir müssen beide über dieses süße Wortspiel lachen. Ich packe ihn in die Kissen und gehe ins Bad, um das warme Wasser einlaufen zu lassen. Schnell rufe ich über den Flur.
„Mit oder ohne Schaum?"
Und Paul antwortet.
„Ohne. Ich mag nicht nach Chemie riechen."
O.K.  ...
Das wird zwar eine "kleine" Herausforderung für mich, weil ich dann ungebremst beobachten kann, wie wunderschön er ist. Aber wenn ihn das nicht stört?
... muss ich halt den professionellen Krankenpfleger auspacken.

Ich laufe zurück ins Wohnzimmer, löse den Schlauch der sowieso leeren Infusion vom Zugang, schnappe mir meinen von Vorfreude erfüllten Freund und trage ihn ins Bad. Dort setze ich ihn auf die Toilette, packe den Zugang an seiner Hand wasserdicht ein und helfe ihm beim Ausziehen. Die berufliche Routine hilft dabei enorm. Entspannt-zufrieden lässt er sich ins Wasser gleiten.
„Das tut gut!"
Er schließt einfach die Augen, während ich ihn mit einem weichen Schwamm wasche.

Da huscht ein Grinsen über sein Gesicht. Neben seinen Knien taucht seine nasse, samtigweiche Schwanzspitze aus dem Wasser auf, und er stupst mich vergnügt mit der Hand an.
"Fang mich doch!"
Augenblicklich schießen mir die Tränen in die Augen, denn genau das war Nenas allerliebstes Badewannenspiel, und die plötzliche Erinnerung erwischt mich grade eiskalt. Aber ich fange mich schnell wieder. Im Grunde ist es eine zauberhafte Erinnerung. Ich höre im Geiste noch einmal Nenas vergnügtes Quietschen und konzentriere mich wieder auf Paul.

Mal sehen, ob er mitspielt. ...
Oh, was war das grade?

„Alles in Ordnung, Niklas? Hab ich was Falsches gesagt?"
Schnell lächele ich ihn an.
„Ja, klar. Sorry, das kam so plötzlich. ... Nena hat das Spiel geliebt. Aber es ist eigentlich schön, dass du mich dran erinnert hast. Mach dir keine Gedanken."
Und dann muss ich auch grinsen. Ich weiß ja, dass ich überhaupt keine Chance habe, denn Katzenschwänze sind flinke, präzise gesteuerte Muskelpakete. Aber ich spiele mit, so wie ich es immer getan habe. Bei Nena.
„Bring dich lieber in Sicherheit!"
Ich ziehe meinen Pullover und mein T-shirt aus, schmeiße beides möglichst außer Reichweite und stürze mich in den Kampf.

Innerhalb kürzester Zeit steht das halbe Bad unter Wasser, ich bin von Kopf bis Fuß pitschnass und wir können uns vor lauter Lachen nicht mehr halten.
„Hei, lahme Ente! Wo bleibst du – hier bin ich!"
Und zack! Da taucht seine Schwanzspitze schon wieder auf der anderen Seite auf, während ich an einer völlig falschen Stelle ins Leere greife. Wieder geht eine Fontäne auf mich nieder. Ich lasse nochmal warmes Wasser nachlaufen, damit Paul nicht friert. Und dann begebe ich mich wieder auf die erfolglose Jagd. Plötzlich fängt Paul an zu glucksen.
„Fehlt echt nur noch das Quietscheentchen. Mann, macht das Spaß!"
Grade habe ich genau das selbe gedacht!
Lachend breche ich auf dem Badewannenrand zusammen, raffe mich aber schnell wieder auf und hasche erneut nach seiner Schwanzspitze, die er verführerisch vor meiner Nase herumwedelt.
Arrrgh – es hat einfach keinen Zweck!!!

Auf einmal hält Paul ganz still und schaut mich an. 

Ich möchte ihn so gern fühlen.
Ob ich das darf?

Seine Hand streichelt kurz meinen Hals und fährt dann langsam abwärts. Paul flüstert nur.
„Du bist schön."
Völlig überrumpelt halte ich die Luft an und schließe die Augen. Stromschläge jagen durch meinen Bauch. Schnell zieht er seine Hand wieder weg.
„Entschuldige! Ich ... Das war nicht schön für dich."
Geschockt reiße ich die Augen wieder auf.
„Paul! Spinnst du? Das kam nur so überraschend. Und wie das schön war!"
Schweigend sehen wir uns an. Aus dem albernen Spiel ist plötzlich knisternde Spannung geworden. Für einen ewigen kleinen Augenblick hält die Zeit an.

Dann entspannt sich seine Miene wieder.
„Du? Ich glaub, ich mag jetzt einfach ins Bett gehen und nur noch kuscheln."
Diesen Wunsch erfülle ich ihm gerne. Immerhin muss ich grade selbst etwas unerwartete Anspannung loswerden. Das wird einfacher, wenn er erstmal wieder angezogen ist ... Wir lassen das Wasser ab, während ich rasch mit einigen Handtüchern den Boden trocken wische. Schnell werfe ich mir T-Shirt und Pulli wieder über. Dann wickele ich ihn in ein großes Badelaken, trockne seine Beine und Arme ab, rubbele seine Haare ein bisschen und bringe ihn ins Bett. Dabei wird mir plötzlich bewusst, dass ich selbst eine klatschnasse Hose anhabe durch die Planscherei.
"Warte einen Moment!"
In Windeseile ziehe ich mir nebenan bequeme, trockene Klamotten an.

Zurück bei Paul ziehe ich ihm nur Unterhose und Jogginghose an. Paul kuschelt sich in seine Decken und greift nach der Maus. Genussvoll schließt er die Augen und fängt schon an zu schnurren, obwohl ich mit dem Bürsten und Föhnen noch gar nicht begonnen habe.
„Oha! Ich kriege schon Vorschusslorbeeren. So schön?"
Paul lächelt, mit immer noch geschlossenen Augen.
„Noch schöner!"

Du ahnst nicht, WIE schön!
Wenn deine Fingerspitzen durch mein Fell und über meine Haut fahren, fühle ich mich so randvoll mit Glück, dass kein Gramm Trauer oder Wut oder Angst mehr Platz hat in mir.
Da bist nur noch du, und mir geht es gut.

Während ich leise Schlaflieder summe, föhne ich Pauls Kopf und Rücken trocken, fahre ihm immer wieder mit den Fingern durch die feinen Haare und bürste ihm dabei sein wunderschönes Fell. Er streckt sich förmlich der Bürste entgegen und entspannt sich immer mehr. Bis er schließlich schnurrend einschläft. Eine Weile kraule ich ihm noch durchs Fell. Dann decke ich ihn vorsichtig zu, sitze nur noch da und schaue ihn an. Der Moment eben - im Bad - hat uns eine Ahnung geschenkt, was wir noch füreinander sein könnten. Kaum denke ich daran, kribbelt wieder meine Haut, da, wo er mich berührt hat. Bald werde ich ihn nicht mehr sehen, aber in diesem Moment hat er mir eine weitere Erinnerung geschenkt, die ich festhalten möchte.

Vorsichtig streckt meine Mutter ihren Kopf zur Tür rein und grinst.
„Na, Planschorgie vorbei? Ich finde es toll, wie schön du ihm diesen Abend machst. Und du selbst bist auch viel besser zu Wege, als ich befürchtet hatte. Aber jetzt mach bitte nochmal ein bisschen Pause und iss was. Ach, und hier."
Sie hält mir mein Paulbuch unter die Nase, wedelt auffordernd damit und schaut mich intensiv an.

Seufzend nehme ich ihr das Notizbuch ab und räume das Feld auf der Bettkante.
Wenn ich jetzt anfange zu schreiben, wird der Abschied viel präsenter, und das wird es nicht grade leichter machen.
Aber ich gebe mich geschlagen und verlasse den Raum. Durch den Flur sehe ich, dass in meinem Wohnzimmer ein paar Kerzen angezündet sind, und ahne etwas. Neugierig gehe ich auf die Wohnzimmertür zu. Und staune mal wieder. Meine Mutter weiß echt, was ich mag, wenn ich mich entspannen will. Was das angeht, bin ich einfach Romantiker. Gedämpftes Licht, leise Klaviermusik. Neben meinem Lieblingssessel steht ein kleiner Tisch mit einem Teller dampfender Spaghetti mit Käsesauce und Kräutern, daneben ein Glas Wein, ein Teller mit meinen Lieblingsmuffins.

Ich liebe dich, Mama!
Ich lasse mich zufrieden seufzend in den weichen Sessel sinken, mampfe genüsslich die Nudeln in mich rein, genieße ein paar Schlucke vom Wein und lehne mich entspannt zurück. Auf dem kleinen Tisch liegt auch ein Stift – wie die materialisierte Aufforderung. Zögernd greife ich danach und öffne mein Paulbuch. Ich blättere durch die beachtlich vielen, beschriebenen Seiten, lese hier und da. Ich lasse diese vier Tage mit Paul Revue passieren. Dann schreibe ich alles auf, was seit dem letzten Eintrag heute Morgen passiert ist.

Es dauert eine ganze Weile, bis ich mich bis jetzt durchgeschrieben habe. Aber es tut unglaublich gut, sich alles von der Seele zu schreiben. Mein Kopf wird frei – frei für unsere Liebe und frei, den Abschied weiterhin schön zu gestalten.

Ich lasse weiterhin die linken Seiten des Notizbuches frei, damit ich dort Fotos von Paul und von uns beiden hinkleben kann. Ich muss mir unbedingt von ihm noch den vollständigen Namen von Sammy sagen lassen, und ein paar Daten.
Oder war das im letzten Willen schon aufgenommen? Ich weiß es nicht mehr ...
Sonst werde ich das Grab vielleicht nicht finden ...
Das Grab. Ich habe schon viele Sterbende begleitet, aber ich war grundsätzlich noch nie auf einer der Beerdigungen, obwohl wir meistens von den dankbaren Angehörigen eingeladen werden. Aber da trennen wir strikt zwischen Privat und Dienst.
Diesmal werde ich nicht nur hingehen – diese Beerdigung werde ich organisieren.
Sofort fange ich meine Gedanken ein. Paul hat aufgeschrieben, was er möchte. Und damit kann ich mich morgen noch auseinander setzen. Spätestens bis Dienstag Abend ist seine Oma zu uns verlegt worden. Wir werden uns kennenlernen und dann gemeinsam Pauls letzten Willen umsetzen. Aber noch ist es nicht so weit. Noch bleiben uns etwa zwei Stunden, und die will ich ihm schön bereiten.

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22.7.2019    -    25.9.2019

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