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Meine Abgabe für den Blutzauber Schreibwettbewerb von Blutkralle zum Thema "Kelpie".

1396 Wörter

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Ich erinnere mich noch gut an die Worte meiner Mutter.

"Jonah, du darfst niemals alleine in die Nähe des Flusses. Kinder haben dort nichts zu suchen", warnte sie mich eindringlich. "Es ist gefährlich, verstehst du das? Besonders um diese Zeit. Versprich mir, dich fern zu halten", fügte sie etwas sanfter hinzu.

Am liebsten hätte ich ihre Warnung einfach ignoriert, aber ich konnte an den Fältchen auf ihrer Stirn, die nur dann erschienen, wenn sie sich Sorgen machte, erkennen, dass sie es ernst meinte. "Ich versprech's", hauchte ich.

Nach kurzen Zögern konnte ich mir eine Frage jedoch nicht verkneifen: "Warum darf ich eigentlich nicht hin? Denkst du, ich könnte ausrutschen und reinfallen?" Mit meinen sieben Jahren konnte ich schon selbst auf mich aufpassen und so tollpatschig war ich auch nicht, dachte ich.

Ein Schmunzeln zierte die zarten Lippen meiner Mutter, ihre Augen wurden weicher, doch die Sorgenfalten verschwanden nicht. "Ach, mein Kleiner", lachte sie und wuschelte mir durch mein braunes Haar -ich hasste es, wenn sie das tat-, wurde im nächsten Moment aber wieder ernst. "Nein, ich glaube nicht, dass du einfach so reinfällst, zumindest will ich das doch nicht hoffen." Mit düsterem Blick offenbarte sie mir ihre Sorge. "Das Wasser wird dünkler, jemand hat ein Kelpie gesichtet. Das ist es, wovor du dich in Acht nehmen musst."

Ein Kelpie. Eines jener mytischen Wesen, die alle paar Jahre in der Nähe unseres Dorfes auftauchten. Ich selbst hatte natürlich noch nie eines gesehen, sonst würde ich vermutlich nicht mehr hier stehen. Damals wusste ich noch nicht, ob die Geschichten über dieses kinderfressende Wasserpferd stimmten, aber es war nicht zu leugnen, dass immer, wenn eines gesichtet wurde, ein Kind verschwand. Ein Schauer rann meinen Rücken hinab.

Hätten wir doch damals schon gewusst, dass die wahre Gefahr von etwas -jemand- ganz anderem ausging. Doch ich würde es noch früh genug am eigenen Leib erleben.

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Ein Schatten im Dunkel der Nacht, ein Flackern von Licht, gefolgt von undurchdringlicher Finsternis. Eine Hand drückte sich auf meinen Mund, ich wollte schreien, doch kein Wort kam über meine zusammengepressten Lippen. "Ein Mucks, Kleiner, und ich bring dich zum Schweigen."

Die tiefe Stimme erinnerte mich an das Knurren eines Wolfs, rau und kaum mehr als ein Flüstern. Mit aufgerissenen Augen versuchte ich etwas zu erkennen, doch nur Schwärze füllte mein Blickfeld. Das vertraute Gefühl meines Betts verschwand in meinem Rücken, ersetzt durch Leere und einem eisernen Griff.

Ich wollte um mich schlagen, treten, mich befreien, konnte mich aber nicht gegen die Fesseln wehren, die meine Handgelenke zusammenbanden. Die Hand wurde von meinem Mund genommen, der Aufschlag meines Körpers auf hartem Untergrund raubte mir jedoch abermals den Atem. Was passierte hier? Es konnte nur ein Alptraum sein, jeden Moment würde ich aufwachen.

Das leise Klackern von Pferdehufen und wie sich der Boden unter mir bewegte, ließ nur einen Schluss zu. Ich war in einem Wagen. Entführt. Aus meinem Bett geraubt. Es war kein Traum.

Angst schoss wie noch nie zuvor durch meine Adern, ließ mein Herz wie ein Hammer gegen meine Brust schlagen. Das Dröhnen in meinen Ohren übertönte beinahe das Schluchzen. Ein Wimmern, das nicht aus meiner Kehle stammte. Ich war nicht allein.

Ohne jegliche Orientierungshilfe oder Zeitgefühl wusste ich nicht, wo wir uns befanden, nur das lauter und wieder leiser werdende Wasserrauschen zeigte mir, dass wir den Fluss überquert hatten. Nach einer gefühlten Ewigkeit hielten wir an, der Morgen war noch nicht angebrochen.

"Willkommen in eurem neuen Zuhause, Kinder." Ein kehliges Lachen drang an meine Ohren. Nein, egal wo wir uns befanden, ich würde einen Weg nach Hause finden. Da schwor ich mir.

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"Packt den Jungen, lasst ihn nicht entkommen!" Die Stimmen hallten durch die Nacht, kamen immer näher. Meine Flucht war nicht unbemerkt geblieben, doch ich würde nicht aufgeben. Halb blind raste ich durch den Wald, Hände schützend vor mein Gesicht haltend, Zweige peitschten dagegen.

Eine aus dem Boden ragende Wurzel ließ mich straucheln, Schmerz schoss in meinen Knöchel, als ich umknickte. Mit hämmerndem Herzen und wunden Händen landete ich auf dem belaubten Boden, einen Aufschrei unterdrückend.

In meinem Augenwinkel sah ich bereits flackernde Lichter, die Fackeln meiner Verfolger. Ich kämpfte mich wieder auf die Beine, ließ meinen Schuh zurück und hastete weiter. Sie hätten mich längst einholen können, ich war nicht schnell genug, das wusste ich. Ließen sie mich laufen? Nein, sonst hätten sie die Verfolgung bereits aufgegeben.

Da hörte ich es. Das Rauschen. Der Fluss, er lag vor mir. Sie wussten, dass ich ihnen nicht entkommen konnte, trieben mich wie ein Tier in die Falle. Ich sah bereits vor meinem inneren Auge, wie sie mich einkreisten und packten, doch ich blieb nicht stehen, wurde nicht langsamer.

Ein durchdringendes Geräusch, es klang wie ein Wiehern, ließ mich abrupt stehenbleiben, beinahe wäre ich wieder nach vorne gefallen. Mein Herz wollte mir aus meinem Hals springen und schien im nächsten Moment stehen zu bleiben, als ich es sah.

Kaum wahrzunehmen in der Dunkelheit, eine schwarze Silhoutte am Ufer des Flusses. Wie benebelt bewegte ich mich darauf zu, meine Füße bewegten sich ohne mein Zutun. Mein Kopf war leer, mein Atem flach. Die Zeit schien stillzustehen, die Rufe der Männer hinter mir drangen nur noch dumpf an mein Ohr.

Ich spürte keine Angst, keine Panik mehr. Die Kälte war verschwunden, angenehme Wärme breitete sich in meinem Inneren aus. Komm zu mir. Eine Stimme in meinem Kopf, die nicht meine war. Ich komme, antworte ich in Gedanken.

Nur wenige Schritte vor dem majestätischen Geschöpf blieb ich stehen. Fell, so schwarz wie eine sternenlose Nacht, Augen wie gefallene Sterne. Abertausende funkelnde Tropfen hafteten an der pechschwarzen Mähne.

Mit einem Schlag lichtete sich der Nebel in meinem Kopf und blanke Panik breitete sich abermals in meinem Körper aus. Wie erstarrt, unfähig mich wegzudrehen, starrte ich das Monster vor mir an. Ein Kelpie.

Komm, steig auf meinen Rücken. Die Stimme in meinem Kopf. Es sprach zu mir! An jedem anderen Tag wäre ich davongerannt, nach Hause und in die Arme meiner Mutter. Doch das konnte ich nicht. Es gab kein Zurück, wenn ich nicht wieder gefangen genommen werden wollte. Mein Zuhause lag auf der anderen Seite des Flusses.

Das Kelpie, in Form des schönsten Pferdes das ich je gesehen hatte, kniete sich vor mir nieder. Beeil dich. Meine Mutter hatte mich davor gewarnt. Ich hoffte, dass ich nicht bereuen würde, nicht auf sie gehört zu haben, doch mein Entschluss stand fest.

Ein tiefer Atemzug, nach zwei großen Schritten schwang ich mich auf den breiten Rücken und krallte mich an der triefend nassen Mähne fest. Bevor ich einen weiteren Gedanken fassen konnte, erhoben wir uns und glitten ins Wasser.

Es war kalt, die Strömung stark, nie hätte ich alleine dagegen ankämpfen können. Der Fluss würde mich jedoch nicht bekommen, denn mit Haut und Kleidung haftete ich am nassen Fell des Kelpies. Es hielt mich fest und über Wasser.

Als schon Hoffnung in mir aufkeimen wollte, spürte ich einen scharfen Schmerz in meiner Wange, dann an meinem Arm. Etwas landete neben uns im Wasser, dann rann etwas Warmes, dickeres als Wasser, über meine Haut. Blut. Mein Blut.

Ein Blick zurück bestätigte, was ich mir bereits gedacht hatte. Mehrere Gestalten reihten sich am Flussufer. Da schoss wieder etwas an uns vorbei. Pfleile. Sie schossen nach uns!

Da schlug das Wasser über meinem Kopf zusammen, füllte meine Ohren mit Rauschen, drückte mir den Atem aus der Lunge. Mein letzter Gedanke, bevor sich undurchdringliche Schwärze vor meinen Augen ausbreitete, war: Ich will nicht sterben.

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"Jonah? Jonah!" Mutter? War sie auch tot? War ich im Himmel? Meine Augen flackerten auf. "Mein Kind, du lebst!" Leben? Ich lebe?

Ihre Arme umschlangen mich, drückten mich so fest, bis es schmerzte. Schmerz. Ich riss meine Augen auf und sah die Wände meines Zimmers. Ich lebte! Ich war Zuhause! Was war geschehen?

Da fielen mir die vergangenen Ereignisse ein, wie ein böser Traum wirbelnden sie durch meinen Kopf. Doch es war kein Traum gewesen. Mein Arm war verbunden. Meine Mutter, die mich wieder losgelassen hatte, schluchzte und dankte Gott, dass er mich gerettet hatte.

Ich wagte nicht zu sagen, dass nicht Gott für meine Rettung zu danken war. Ein Kelpie hatte mich gerettet, aber vielleicht hatte Gott es auch geschickt. Dann musste ich ihm wohl doch danken.

Jeder im Dorf war froh über meine Heimkehr, doch niemand glaubte meiner Geschichte. Hielten es für einen Fiebertraum, eine Einbildung, bis ein weiteres Kind auftauchte mit derselben unglaublichen Erzählung.

Weitere folgten, alle gerettet durch ein Kelpie. Über den Fluss getragen und vor den ersten Häusern des Dorfes abgelegt. Es war nicht mehr zu leugnen, wem die einst hoffnungslosen Eltern zu danken hatten.

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Theoretisch hab ich noch weiter geplant, aber ich belasse es einmal hierbei.

Eventuell schreibe ich irgendwann nochmal weiter. Wer hätte Lust auf einen Teil 2?

Wie hat euch die Geschichte gefallen, gefällt euch die Idee?


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