„Gute Nacht"

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Klein, ganz klitze klein hatte sie begonnen. Sie war gewachsen. Immer weiter, immer schneller. Nicht nur eine. Gleich drei Kugeln hatten die beiden Jungs und das Mädchen aus dem Schnee geformt. Drei wunderschöne, schneeweiße, große, Kugeln.

„Wie sollen wir die nur aufeinanderstapeln?" Ratlos sah die Jüngste zwischen ihren beiden großen Brüdern hin und her. Doch diese grinsten nur und ehe sich die Blonde versah, hatte die größte der drei Schneekugeln eine zweite auf ihrem Kopf.

Begeistert klatschte die Kleine in die Hände. „Jetzt die andere", forderte sie zufrieden die Jungs auf. Es war definitiv nicht mehr so einfach, dasselbe Manöver erneut zu vollbringen, am Ende musste der Schneemann jedoch auch nicht kopflos weiterleben. Ein bisschen schräg saß er vielleicht schon, doch das hinderte das Mädchen nicht daran, ihrem Bauwerk liebevoll über den Kopf zu streicheln – oder es zumindest zu versuchen. Ein wenig klein war sie dafür vielleicht dann doch noch.

Auf einmal machte sie einen kleinen Satz, als der Älteste der drei, ohne, dass sie es offensichtlich bemerkt hatte, neben ihr aufgetaucht war. Als er jedoch seine Hand ausstreckte und somit die zwei Kohlestücke zum Vorschein kamen, bildete sich auf ihrem Gesicht wieder das strahlende Lächeln. Nun kam der zweite der Älteren – ebenfalls von hinten – um seine kleine Schwester hochzuheben, kaum hielt diese das schwarze Gold in ihren Händen. Dadurch war es auch für die kleinste ein leichtes, dem Schneemann seine Augen zu schenken.

*Pling*

Kurz, ganz kurz, so schnell, dass sogar das kleine Mädchen es nicht bemerken konnte, egal, wie konzentriert sie hingeschaut hätte. Wie ein Augenschlag war es gewesen. Es war nur ein einfaches Zu- und Aufklappen gewesen. Und doch hatte es gereicht.

Vorsichtig, so, als hätte er Angst, sich zu verletzten, würde er die Geschwindigkeit erhöhen, blickte sich der Schneemann um. Erst nur geradeaus. Emotionslos beobachtete er einen Vogel der von einem zum andren Ast flog; hier und da an einem Meisenknödel pickte. Dann wanderte sein Blick über den Boden, über die schneebedeckte Fläche, bis er bei sich selbst auskam.

Weiß. Alles war weiß. Er war weiß, der Boden war weiß. Er konnte gar keine wirkliche Grenze zwischen sich und dem Boden ausmachen. Gehörte er womöglich zum Boden? Aber er stand doch über diesem, blickte von oben auf ihn herab.

Auf einmal legte sich etwas um ihn. Er konnte es spüren, er konnte es sehen. Das kleine Mädchen hatte einen bunten Schal geholt, welchen sie ihrem selbsterbauen Kunstwerk umlegte.

Glücklich sah der Schneemann erneut an sich herunter. Jetzt glich er nicht mehr dem Boden, jetzt hob er sich von diesem ab. Er besaß einen Schal, etwas Buntes, etwas Schönes. Er blickte zu dem Vogel auf dem Ast. Der hatte keinen Schal. Der hatte keinen von dem kleinen Mädchen bekommen.

Wieder lenkte er seinen Blick zu dem im Vergleich zum Schnee förmlich leuchtenden Stoff. ‚Wie gerne ich ihn anfassen würde', dachte er sich insgeheim, als seine Augen an den flauschig aussehenden Fasern hängen blieben.

„Hier, willst du die deinem Schneemann auch noch geben?" Der Älteste der drei hatte der Jüngsten zwei Äste hingehalten, welche diese sogleich an sich nahm und fröhlich auf den Schneemann zuhoppste.

„Hast du noch mehr von den Schwarzen Dingern?" Ein beinahe schon bettelnder Blick legte sich auf das Gesicht der Blonden, als sie sich, zufrieden mit ihrer Arbeit wieder umdrehte. „Was willst du denn damit?" So ganz schien der Rothaarige nicht zu verstehen, was seine jüngere Schwester da vorhatte. Dann aber holte er kommentarlos erneut die kleine Tüte mit den Kohlestücken aus seiner Jackentasche, um sie seinem Gegenüber offen hinzuhalten. „Mach du", lächelte diese nur ihren Bruder an, der immer noch nicht zu verstehen schien, was er tun sollte.

„Ach gib her." Wenigstens einer hatte verstanden, worum es bei der Sache ging und so wurde dem Schneemann nun auch noch ein lächelnder Mund geschenkt, der sich unbemerkt, kaum, dass er richtig festsaß, noch ein kleines Stückchen höher zog.

Der Schneemann schielte einmal nach rechts, der Schneemann schielte einmal nach links. ‚Es würde doch keiner bemerken, wenn...' Mit einer flinken Bewegung fasste er sich einmal vor die Brust, spürte das Gefühl des Schales unter seinen verästelten Fingern, prägte es sich so gut ein, wie es nur ging. Und kaum, dass es einer hätte mitbekommen können, wirkten die Arme auch schon wieder so bewegungslos und steif, wie zuvor.

Trotzdem kam es dem Schneemann so vor, als könne er noch immer spüren, wie sich der weiche Stoff um seine Finger legte. Gerne hätte er dieses Gefühl noch länger genossen. Erneut blickte er zu dem Vogel. ‚Ob der wohl auch schon mal so etwas Weiches gespürt hatte?'

„Ich finde er ist schön geworden!" Über beide Ohren strahlend sah das kleine Mädchen zu ihren beiden Brüdern. „Oder? Er ist doch schön?!" Ebenfalls lächelnd nickte der Älteste, während der Blonde von beiden noch etwas einzuwenden hatte. „Willst du, dass er noch schöner wird?" „Wie?" Ein wenig Skepsis lag in ihrer Stimme, aber auch die Neugierde war allzu präsent.

Und ihre funkelnden Augen sollten nicht enttäuscht werden. Sie wurden beinahe noch größer, als ihr älterer Bruder die Karotte hinterm Rücken hervorholte, die er extra vorhin mit hinaus genommen hatte, dann aber auf den richtigen Moment wartete, um das Mädchen damit zu überraschen.

Erneut wurde die Jüngste hochgehoben. Dieses Mal musste sie deutlich mehr Kraft aufbringen, um dem Schneemann seine Nase zu geben. Mit ein wenig Hilfe des Rothaarigen schaffte sie es dann aber schließlich doch.

Jetzt hatte der Schneemann nicht nur Augen, einen Mund und einen wunderschönen Schal, auch eine leuchtend orange Nase konnte er sein Eigen nennen. Wissbegierig saugte er all die neun Eindrücke in sich auf. Ein süßlicher Duft wehte von links, dort, wo das Küchenfenster offenstand und die Mutter im inneren gerade das Plätzchenblech herausgeholt hatte.

‚Wie wohl der Vogel die Welt wahrnahm', hallte es ihm auf einmal durch den Kopf. ‚Ob er wohl auch diesen süßlichen Duft riechen konnten.'

Noch ein letzten Mal blickte der Schneemann an sich herunter. Er fühlte sich schön, er war glücklich, er fühlte sich, als würde er das Lächeln ewig in seinem Gesicht tragen.

Wie falsch er damit lag.

„Wir sollten reingehen, es gibt bestimmt gleich Abendessen." Zwar wirkte das Mädchen nicht so, als hätte sie sonderlich Lust schon jetzt den Spaß im Schnee aufzugeben, am Ende sagte sie jedoch auch nichts und folgte ihren Brüdern wortlos zurück ins Haus. Natürlich nicht, ohne ihrem Schneemann noch einmal zuzuwinken, was dieser zwar nicht ganz verstand, sehr wohl allerdings mitbekam, dass die Kinder gingen.

Und dann, als gerade auch das letzte Kohlestück verrutscht war, viel Licht auf den Schneemann. Die Tür des Hauses hatte sich geöffnet. Es war das kleine Mädchen, welches sich noch einmal leise nach draußen schlich.

Sie schien, als wolle sie etwas sagen, doch als sie den traurigen Blick des Schneemanns sah, streckte sie sich und schob die Mundwinkel ihres Gegenübers wieder nach oben. „Gute Nacht", lächelte sie mit einer kindlichen Sorglosigkeit in der Stimme, dass es auch dem Schneemann wieder warm ums Herz wurde, bevor er von der Kleinen in eine Umarmung gezogen wurde.

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