Kenny III

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Während Dad mit Taschenlampe und Grandpas altem Jagdgewehr allein in den Wald ging, fragten Julie und ich unsere Nachbarn, ob sie Kenny gesehen hatten. Niemand konnte uns weiterhelfen. Nach zwei Stunden erfolgloser Suche orderte Mum uns nach Hause. Niedergeschlagen verschwand Julie in ihrem Zimmer. Obwohl sie erst so desinteressiert gewirkt hatte, zeigte sie doch, dass sie sich ebenso Sorgen um den Hund machte. Ich rieb mein duschnasses Haar trocken, als ich hörte, wie im Erdgeschoss die Haustür geschlossen wurde und Barney kurz zur Begrüßung bellte. Nur mit meinen Boxershorts bekleidet hastete ich die Treppe hinunter.

"Hast du ihn gefunden?", rief ich, noch bevor ich meinen Dad sehen konnte. Doch das Bild, das sich mir bot, als ich die Haustür erreichte, war ernüchternd. Er war allein.

"Halt das mal, bitte", er drückte mir das Gewehr in die Hand. Dann entledigte er sich mit Mühe seiner Stiefel.

"Hast du keine Spur gefunden?"

"Ich bin Grafiker, Henry , nicht Buffalo Bill!"

Ich verzog den Mund, sagte aber nichts. Grandpa, wäre er besser zu Fuß, hätte sicher gewusst, wo man suchen musste.

"Und jetzt geh' ins Bett. Es ist schon spät."

Obwohl ich sicher nicht schlafen würde, gehorchte ich.

"Trotzdem danke, Dad", murmelte ich und wand mich ab.

"Kenny findet schon selbst zurück. Mach dir keine Sorgen."

Wie erwartet lag ich wach und stierte an die Decke. Da knarrte leise meine Zimmertür. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sie sich kontinuierlich weiter öffnete bis, durch das Licht im Flur, ein Schatten herein fiel. Der Schatten machte einen Schritt. Ein leises Kratzen. Dann schlich Barney völlig herein und legte sich in das Körbchen neben meinem Bett. Im Halbschlaf spürte ich schließlich Gewicht auf meinen Beinen und Barneys Nase schob sich immer weiter meiner Hand entgegen. Eigentlich durfte er nicht ins Bett, aber heute brauchte ich ihn. Das wusste er.

Die Tage strichen vorüber, doch Kenny tauchte nicht auf. Bei jedem Spaziergang hoffte ich, dass er mir aus den Büschen schwanzwedelnd entgegen springen würde, doch das geschah nicht. Mum und Julie hatten eine 'Hilfe-Hund-Entlaufen'-Anzeige am schwarzen Brett im Supermarkt angebracht, doch die Anrufe blieben aus. Beim Tierarzt waren ebenfalls keine herrenlosen, verletzten Tiere aufgetaucht. Eines Abends hatte ich sogar meine Eltern belauscht, wie sie sich über die neugeborenen Welpen von Mums Arbeitskollegen unterhielten. Kein Welpe der Welt konnte Kenny ersetzen!

Dreizehn Tage nach seinem Verschwinden saß ich Grandpa bei einer Partie Schach gegenüber. Im Haus war es still. Wieder unternahmen meine Eltern mit Julie und Barney etwas. Ich hatte nicht mit gewollt, denn jemand musste schließlich Kenny die Tür öffnen, wenn er Heim fand.

"Du bist unkonzentriert, Junge", stellte Grandpa fest und stellte meinen geschlagenen Turm an den Spielfeldrand.

"Grandpa, Kenny ist immer noch nicht..."

"Es war im Frühjahr als ein junger Anishinabe von wilden Hunden träumte."

"Was?"

"Er ging zum Wabeno, einem Kräuterheiler und Traumdeuter, und der sagte ihm, dass es großes Unheil bedeute. Er müsse seinen Hund opfern und verspeisen, um die Katastrophe abzuwenden. Die Tage zogen ins Land und die Zeichen des Himmels standen günstig, doch sein Hund Myeengun rettete seine Frau am selben Tage vor dem Ertrinken."

Grandpa ließ sich nicht mehr unterbrechen. Was die Geschichte bedeuten sollte, verstand ich nicht. Sein Verhalten machte mir ein wenig Angst.

"Er brachte es nicht über's Herz, ihn zu töten. Und wenige Wochen später betraten französische Pelzjäger ins Lager. Es kam zum Streit, infolgedessen die Europäer die Einheimischen ermordeten. Wie wilde Hunde fielen sie über die friedlichen Menschen her. Die Frau des jungen Mannes verblutete im See. Ihr Körper trieb leblos im Wasser. Er taumelte durch das brennende Dorf bis er Myeengun fand, der eine abgerissene Hand im Maul trug. Er wedelte mit dem Schwanz. Sein weißes Fell war tief rot. Alles drehte sich. Er griff nach einem Speer, der in der Erde steckte. Dann warf er ihn."

"Grandpa, was erzählst du denn da?", fragte ich.

"Doch es war zu spät. Der Tod und der böse Geist, den er heraufbeschworen hatte, verfolgten ihn und das Blut sickerte in die Erde wie der Fluch. Der junge Anishinabe streifte ruhelos durch die Wälder, doch keine Beute ließ sich blicken und so war er gezwungen, die menschlichen Überreste zu verspeisen. Sein Wesen veränderte sich. Der Hass und die Schuld zerfraßen ihn. Er war nicht wie der Wolf, er war wie der Hund. Ein verwilderter Hund ohne Heimat und ohne Rast. Er veränderte sich zu einem Wesen, dessen Name nicht genannt werden darf. Pssst...", Grandpa legte den zittrigen Zeigefinger auf die Lippen. Ich schluckte. Gespannte Stille herrschte im Haus.

"Mach' deinen Zug", meinte Grandpa wieder ruhig.

Ich hob meine Dame, doch in dem Moment kratzte es an der Terrassentür.

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