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Ich stand seit Stunden vor der Tür und beobachtete Anto durch das kleine Fenster.
Sie hatte sich mit dem Rücken zu mir auf das Bettgestell gesetzt und starrte regungslos die Wand an. Wie nah war ich an ihr dran, aber doch so fern. Uns trennte diese Tür, zu der ich den Schlüssel besaß, wie eine unüberwindbare Mauer.

Kayden und Jesse wussten nun, was ich die letzten Tage gesehen und erlebt hatte.
Erst hatten sie mir immer wieder dazwischen gefunkt, doch ich erzählte unbeirrt weiter.
Irgendwann waren sie verstummt und lauschten nur noch meinen Worten. Entweder sie schämten sich, weil sie von den Machenschaften dieses Monsters Bescheid wussten, oder man hatte sie zuvor wirklich noch nicht eingeweiht.

Jesse saß auf den Stufen, die nach oben führten. Sein Kopf versank zwischen seinen Knien und Armen. Kayden lungerte im Trainingsraum herum. Ich versuchte für meine Freundin da zu sein, wenn sie mich doch nur gelassen hätte.
„Anto, lass uns reden. Bitte...", bettelte ich ohne Ende. Wann würde ihr die blanke Fassade endlich langweilig werden? Sie sollte wütend sein, das Interieur zertrümmern, oder weinen und schreien, doch ich hörte sie nicht mal atmen. Aus Verzweiflung lehnte ich meine Stirn gegen die kalte Scheibe. Ich wollte so gerne zu ihr.
Es kribbelte regelrecht in meinen Fingern, die gerade über das weiße Metall kratzten.

„Was zur Hölle ist hier los? Man erzählt mir oben, ihr hättet Nivias Freundin in die Zelle eingesperrt."
Als ich mich umdrehte, verpasste Yvette meinem blonden Freund einen kurzen Tritt. Jesse schreckte auf. Er war wohl eingeschlafen, doch nun zierte ihn der gleich entsetzte Gesichtsausdruck, welchen er noch vor der Traumwelt trug. Seine Augen weiteten sich nur noch mehr, als er an dem weiten Hosenbein seiner Vorgesetzten hinauf schaute. Auch Kayden gesellte sich zu uns. Dabei wirkte er nicht mehr, wie ein Schatten seiner selbst. Die blauen Augenringe passten sich fast schon perfekt seiner Iris an.

„Sie ist ein Vampir", sprach ich aus, was ich mich bisher weigerte, gänzlich zu glauben.
„Bitte was?" Yvette stürmte zu mir, stieß mich zur Seite und überzeugte sich selbst. „Seid ihr euch sicher?
Was ist passiert?" Zum ersten Mal, erlebte ich diese Frau hysterisch.
Sie drehte sich im Flur und wartete darauf, wer von uns ihr als erstes antworten würde. Die Jungs hatten nichts damit zu tun.
„Feliz hat sie entführt und ich wollte sie holen. Ich habe mich nicht an seine Vorschriften gehalten und das war seine Rache", fasste ich die Tragödie kurz. Mein Blick schweifte kurz in Antonellas Richtung, doch selbst darauf reagierte sie nicht.

„Du bist alleine dort hingefahren?" Ihr Mund blieb nach der Frage offen stehen.
„Nein, Roel, ein sogenannter Verlorener hat mich begleitet."
Nur zögerlich kam meine Chefin wieder zu Sinnen. Ihr Kopf wankte von links nach rechts und wieder zurück. Sie ließ ein verächtliches Schnaufen aus.
„Nivia, ich bin so unglaublich enttäuscht von dir. Dein Handeln hat einen Menschen das Leben gekostet. Seit wann bist du so verantwortungslos? Ist dir bewusst, was du angestellt hast?"
Zu Beginn ertönte der Schmerz,
doch er machte Platz für die Wut mit der sie mir ihren letzten Satz entgegen donnerte.

„Ich habe, wie berufen, nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt", gab ich ihr monoton zurück. Keiner hatte mich zuvor ausgebildet, oder vorbereitet.
Ich traute ihnen nicht mehr, sondern nur noch mir. Sie konnte es vergessen, die Schuld gänzlich auf mir abzuladen.

„Dann hast du somit bewiesen, dass dir dieses Amt nicht liegt", kam sie mir mit der selben Gelassenheit entgegen. Vielleicht hatte sie Recht. Ich wusste nicht mehr, wo ich hingehörte.
Mein Ziel war es immer gewesen zu helfen, wenn ich Hilfsbedürftigkeit entdeckte. Wenn die Polizei zusah, wie einzelnen Personen Leid zugefügt wurde und das auch noch gut hieß, dann war ich hier fehl am Platz. „Kommt mit nach oben. Ich kümmere mich um die Vampirin", forderte sie streng und so schnell wurde aus Anto, meiner Freundin, eine einfache Vampirin.

Ich ging auf Yvette zu, stellte mich direkt vor sie und packte nach ihrem Arm. „Signora Antonella Caruso ist mit mir hier her gekommen und wird dieses Gebäude auch nur mit mir verlassen. Sollte es anders kommen, wird ein Skandal ausbrechen, dessen Tragweite du nicht im entferntesten einschätzen kannst." Yvette riss sich aus meiner Hand. Ihre gesamte Stirn lag in Falten, doch meine Mimik blieb starr. Ich meinte es verdammt ernst. Anto würde nicht als Versuchskaninchen, bei Feliz, oder in der Eingliederung in die Menschheit bei der 066 enden. Beides verdiente sie nicht, nachdem sie zu einer starken und selbstbewussten Frau heran gewachsen war. Sie war eine liebenswerte Tochter und Freundin und leidenschaftliche Arbeiterin. Sie hatte zu viel Positives in diese Welt gebracht, um jetzt als Täter behandelt zu werden.

„Wieso habe ich nicht früher schon gesehen, wie dumm und naiv du bist, Nivia." Ich war dumm gewesen, als ich mir all die Fachbücher auswendig gelernt hatte, ohne zwischen den Zeilen zu lesen.

Meine Beine trugen mich allen voraus, die Treppen hinauf.
„Yvette, die Stimmung ist gerade so ziemlich angeheizt. Lasst uns alle später nochmal reden, wenn wir uns alle beruhigt haben." Jesse suchte nach versöhnlichen Argumenten.
„Ja, Yvette. Nivia hat viel durch gemacht. In dieser Welt werden noch einige dieser Fehler passieren, auch uns." Auch Kayden versuchte mich zu schützen, doch vor Yvette brauchte ich gewiss keinen Schutz. Ich hatte viel durchgemacht, aber ich war zurechnungsfähig. Sie sahen es anders, dessen war ich mir bewusst.

Unser Weg führte uns direkt vor das Büro unserer Vorgesetzten.
„Für Nivia folgen Konsequenzen und verliert ihr beiden noch ein Wort, dann kommt das Selbe auch auf euch zu!" Jesse und Kayden verstummten, bevor Yvette ihnen die Tür vor der Nase zu knallte. Mich hatte sie in ihre trauten vier Wände gelassen.
Es stank, wie eh und je nach Rauch. Schmiedete mein großes Vorbild hier heimlich einen Pakt gegen viele einst sterbliche Wesen, während sie ihre Zigarre rauchte?
War sie nicht der starke Mensch, der anderen zur selben Stärke verhelfen wollte?
Einst sah ich sie als zweite Mutter, weil sie meinen Wunsch, über mich hinaus zu wachsen, besser verstand als meine eigene Familie. Doch keine Mutter dieser Welt würde die Verbrechen, die in diesen Hallen verrichtet wurden, unter einer tarnenden Decke verstecken.

„Entledige dich deiner Dienstmarke, sowie deiner Waffe und lass deine Uniform hier. Für dich heißt es erstmal Urlaub auf unbestimmte Zeit." Es war mir klar gewesen,
doch wie sehr es schmerzen würde, konnte ich mir nicht vorstellen.
Ich schmiss das schwere Metall der Beretta auf ihren Tisch, doch bei der Marke zögerte ich.
An ihr hing das kleine Mädchen mit nur diesem einen Traum, welchen es mal hatte. Auch wenn ich mich mit aller Kraft dagegen wehrte, Schwäche zu zeigen, so ließen diese Tränen sich nicht aufhalten. Ich tastete in meiner Hosentasche nach der kleinen Medaille. Für mich war sie eine. Die silbernen Zacken des Adlers bohrten sich in meine Haut. Wie viele Stunden hatte ich dafür gearbeitet, geschwitzt und geblutet? Dieses Wappen verlieh mir Stolz und Sicherheit. Sie war mein Beweis, dass ich es geschafft hatte.

Ich schloss die Augen, als ich die Marke sachte auf ihrem Tisch niederlegte.

„Was sind in deinen Augen Vampire? Wieso lässt du zu, dass ihnen solch eine Ungerechtigkeit widerfährt, wenn durch ihre Adern noch das selbe Blut fließt, wie durch unsere? Feliz sagt, du weißt Bescheid über die Dinge, die er in seinen Lagerhallen versteckt. Stimmt das?" Es brannte mir seit jeher auf der Seele.

Yvette mied meinen Anblick. Sie verstaute meine Sachen in ihrer Schublade.
„Stimmt e...", wollte ich wiederholen, doch wurde schlagartig unterbrochen.
„Über mir stehen mindestens fünf Vorgesetzte, teilweise auf Landesebene. Sie fürchten ein Ungleichgewicht zwischen Mensch und Vampir. Nivia, wir wurden einst ausgebildet mit dem Kopf zu arbeiten, nicht mit dem Herzen. Vampire sind unkontrollierbare Waffen in Menschengestalt."
Ich bezweifelte, ob Yvette jemals gesehen hatte, was ihre Aussage in der Praxis bedeutete. Und dennoch setzte sie fort, als sei sie sich ihrer Sache sicher.
„Die Forschungen sind dem Lebenselixier gewidmet. Gesundheit ist das Wichtigste und wenn Signor Zovko es schafft, ein Heilmittel gegen sämtliche Krankheiten zu entwickeln, dann stehen wir hinter ihm. Jeder Preis wird sich lohnen. Außerdem kommen wir so der überlegenen Existenz der Vampire ein Stück näher, ohne dabei unsere Menschlichkeit aufzugeben, so wie sie es tun müssen." Yvette so reden zu hören, erschrak mich. Sie verwandelte sich in einen eiskalten Roboter aus Eisen, geführt von Elektrizität, ganz ohne Herz.
Nichts rechtfertigte die Zerstückelung dieser noch so jungen Wesen.
„Die Menschlichkeit müsst ihr tatsächlich nicht aufgeben. Ihr habt sie schon längst verloren", teilte ich ihr mit, was ich nach dieser Stunde festgestellt hatte.

Darauf kehrte ich ihr, dem Büro und dem Revier den Rücken zu.
Kayden und Jesse folgten mir bis zum Haupteingang, während sie mir aufbauende Floskeln entgegen warfen. Das brauchte ich nicht.
Ohne sie zu beachten, marschierte ich an ihnen vorbei. Draußen angekommen, füllte ich wieder bewusst Luft in meine Lungen.
Zuvor klappte es automatisch, wie ein einfacher Mechanismus.
Doch nun empfand ich Erleichterung mit jedem Atemzug.
Der Morgen ruhte noch in der Kälte der Nacht. Ich begrüßte die Einsamkeit, weil ich nur in ihr die Wahrheit fand. Der Rest meines vertrauten Umfelds, war zu einer Kulisse für Schauspieler geworden, für Schurken, die gerne die Helden spielten und für Helden, die in ein Schurkenkostüm gepackt wurden.



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