23 ✴ Verblasste Erinnerungen

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Zwei Stunden zuvor

- Colyn's Sicht -

"Hör zu, ihr Bild wurde ja nicht im Himmel gezeigt - somit lebt sie noch."
Slytha versuchte mich seit Stunden zu beruhigen - oder vielleicht hatte sie auch einfach verdammt Schiss, alleine zu sein.

Ihre beiden Karriero-Kumpanen waren tot. Gestern Abend wollten wir zuerst aus Reflex ebenso in die Richtung vom Kommandohaus gehen - aber als wir eine Gruppe Ureinwohner umherlaufen sahen, mussten wir uns schliesslich im Füllhorn verstecken.

Aber nun war wieder Tag - und der Gedanke daran, dass Ayleen etwas zugestossen sein könnte, liess mich einfach nicht los.

"Sie könnte aber verletzt sein.",entgegnete ich also und sah in Slytha's sturmgraue Augen.
Keine Ahnung wieso, aber sie war mir sympathisch.
Sie war eine verrückte Killerqueen - aber sie war trotzdem sympathisch.
Das war echt total absurd.

"Colyn, bitte."
Ich ignorierte ihr Flehen, während ich meine Axt packte und einen Rucksack nahm.

Mir war es egal. Wenn jemand überleben musste - dann waren es eventuell meine Wenigkeit und ganz sicherlich Ayleen.
Aber Slytha konnte ich nicht töten. Ich konnte einfach nicht.
Ich wusste, dass mir dies schon sehr bald zum Verhängnis werden könnte - aber diese Angst schob ich in die hinterste Ecke meines ziemlich verkorksten Kopfes.

"Du liebst sie, oder?"
Slytha's Worte waren wie Messerstiche - welche mich ruckartig hochsehen liessen.

"Nein.",bekam ich heiser hinaus.
"Doch, das tust du."

Ich musste hier weg. Ich musste so schnell es ging hier weg!

"Colyn, du kannst sie nicht hier rausschaffen und dich auch dazu! Verstehst du das denn nicht?"
Aufeinmal schienen Slytha's Worte sanfter zu sein - sogar einfühlsam.

Etwas überrascht sah ich sie an, während sie sich etwas unsicher eine Haarsträhne hinter ihr Ohr strich.
So war sie normalerweise nicht - sie hatte mir gerade ihr ehrliches Gesicht gezeigt.

Aber auch so konnte sie mich nicht bei ihr behalten. Ich konnte nicht hier bleiben und dieses blöde, kaputte Frachtschiff beschützen, während Ayleen dort draussen sterben könnte.

"Ich muss zu ihr, Slytha." Nun waren auch meine Worte freundlicher - fast schon liebevoll.

Tränen sammelten sich in Slytha's Augen, während sie resigniert den Kopf schüttelte.

"Du bist echt so dumm, Colyn."
"Ich weiss."

Dann wendete sich Slytha ab - einfach so.
Ohne ein weiteres Wort liess sie mich gehen und ignorierte mich ab diesem Augenblick komplett.

Zittrig atmete ich tief durch, ehe ich mich vom Füllhorn abwendete - und in den Wald trat.

Als ich ging, schüttelte ich irgendwann den Kopf über mich selber.
In der Schule hatte ich Ayleen immer als Nervensäge angesehen, welche sich für was Besseres hielt.
Stets an der Seite des bleichen Elio - von welchem die Mutter vor nicht allzulanger Zeit gestorben war.

Sie hatte mich nie interessiert - Ayleen Fox.
Zu der Zeit in Distrikt 7, gab es für mich nur eine Person.
Eine Person, welcher ich stets wie ein geschlagener Hund hinterhergelaufen war.
Glenn.
Alles in mir verzog sich, als ich an ihn dachte.
Diesen Schmerz, welcher bisher nur eine einzige Person hatte stillen können - und zwar Ayleen.

Mein Leben hatte für mich keinen grossen Sinn mehr gegeben - also meldete ich mich für die Hungerspiele freiwillig.
So erbärmlich es auch war.
Ich war bescheuert. Wollte einen dramatischen Abgang.

Wie konnte ich auch wissen, dass ich Jemanden wie Ayleen so nahestehen würde - und das nach so wenigen Tagen?
Ich hasste mich selber dafür - und liebte sie dafür.

Beim Kommandohaus war niemand mehr.
Nachdem ich mit zittrigem Körper die unstabile Leiter hinaufgeklettert war - stand ich im menschenleeren Raum.

Gerade wollte ich resigniert wieder runtergehen - trotzdessen dass mir diese Leiter echt Angst bereitete - als ich eine Pinnwand entdeckte.

Sofort bemerkte ich, dass dies alles Bilder von den Tributen waren - was für ein sadistischer Einfall des Kapitols war das denn bitte?

Jedoch fand ich kein Einziges, auf welchem ich drauf war. Hatten sie mich etwa wieder einmal vergessen?
So, wie ich bisher stets immer von den Menschen vergessen wurde?
Was für eine Überraschung.

Aber nein; da war noch ein richtig verstaubtes, halb zusammengefaltetes Bild ganz am Rand der Pinnwand.
Halb zerrissen hing es an dem kleinen Reissnagel.
Wie wunderbar.

Es zeigte ihn und mich.
Wie wir uns hinter dem Bürgermeisterhaus an die Wand angelehnt küssen.

Ein ängstliches Wimmern entstiess mir, während ich wie ein scheues Tier einige Schritte von der Pinnwand zurückstrauchelte.

Die ganze Zeit schüttelte ich immer und immer wieder den Kopf, während ich die Leiter hinabkletterte.
Der Schmerz des Gedanken an ihn - war zu viel für mich.

Ich musste zu ihr.

Doch ich hatte mich irgendwann verlaufen.
Nachdem ich am Ufer des Sees meine Wasserflasche aufgefüllt hatte, lief ich orientierungslos umher.
Woher sollte ich wissen, wo sie war?
Ich war so dumm.
So verdammt, verfickt dumm.

Ruckartig blieb ich stehen, als ich von weitem Jemanden durch die Büsche entdeckte.
Mitchel - aus Distrikt 6.

Gerade wollte ich mich verstecken, als er mich bemerkte.
Also hielt ich meine Axt fest im Griff - und schluckte leer.

Wieder im hier & jetzt
- Ayleen's Sicht -

Es fing an zu regnen.
Ich spürte schon, wie meine Füsse klatschnass waren, weil die Schuhe die lange Nässe nicht auszuhalten schienen.
Aber ich konnte nicht aufhören zu rennen. Immer und immer wieder sah ich Colyn - mit bleichem Gesicht und blutgetränktem Oberkörper.

Dachte an Mitchel. Der Sohn des Bürgermeisters aus Distrikt 6. Colyn starb durch einen Sohn des Bürgermeisters.

Mein Atem stockte und ich verschluckte mich fast vom Regenwasser.

Colyn hätte es verdient, einen anderen Tod zu sterben. Er hätte länger überleben müssen - so lange, bis es nur ging. Er hätte es sogar verdient, zu gewinnen.
Und nun starb er in den ersten Tagen - einfach so.
Wie konnte die Welt nur so verdammt unfair sein?

Ich überquerte ohne zu zögern einen Fluss - wodurch meine Beine nur noch mehr durchnässt wurden.

Mein Schluchzen war schon so gewohnt - wie es vorher war, zu schweigen. Ich weinte und weinte, während ich lief. Fiel einige Male hin.

Die Binde an meiner linken Hand war mit Schlamm durchtränkt - sodass sich meine Wunde warscheinlich entzünden würde.
Aber mir war es egal.

In diesem Moment konnte ich nichts mehr. Und wollte auch gar nichts mehr.

Jedes Mal ertönte ein patsch, wenn ich weiter durch den Wald rannte.
Meine Beine schmerzten - aber mein ganzer Körper schmerzte ebenso.

Ehe ich es mir versah, stand ich auf einem verlassenen Zeltplatz.
Verwirrt und blinzelnd wegen der Regentropfen - sah ich umher.
Ich glaubte mich zu erinnern, dass keine Zelte im Füllhorn deponiert gewesen waren.

Ausserdem sahen alle Zelte ziemlich alt und ebenso überwachsen aus - wie gefühlt alles hier auf der Insel.

Ich wollte und konnte nicht mehr.
Also schmiss ich meine Sachen in das eine, rote Zelt - ehe ich selber hineinkrabbelte.
Dies erschien mir noch am ehesten nicht kaputt.

Mit zittrigen Atem legte ich mich hin und zog die Knie an meinen Körper.
Es roch modrig und unangehnem, aber auch dies war mir in diesem Moment egal.
Meine durchnässte Kleidung klebte an meinem Körper - ebenso meine Haare waren in nassen Strähnen in meinem Gesicht verteilt.

Der Regen trommelte bedrohlich auf das Zelt hinab - ich sah, wie bei dem einen Riss immer wieder Wasser neben mich hinabtropfte.

Vor Erschöpfung schloss ich einfach die Augen - wollte einfach nur für eine Zeit lang diesen unbändigen Schmerz nicht mehr fühlen müssen.

"Hey!"

Ruckartig zuckte ich aus dem Schlaf und starrte dann orientierungslos in die Augen von Jemandem.

In türkise Augen.

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