Das Brautkleid

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Sechs Jahre nach dem Schüleraustausch:

Ehrfürchtig strich ich über den schneeweißen Tüllstoff des Kleides. Dabei erregten die glitzernden Strasssteine am herzförmigen Brustausschnitt besonders meine Aufmerksamkeit. Auch andere liebevolle Details am Saum fielen mir sofort auf.

,,Dieses Kleid gefällt Ihnen, nicht wahr?'' Die Verkäuferin stand neben mir und machte sich daran, das Kleid von der Kleiderstange zu nehmen. ,,Möchten Sie es vielleicht anprobieren?''

Wie bei den ganzen anderen Kleidern, die ich vorher anprobiert hatte, half sie mir beim Anziehen. Als ich aus der provisorischen Umkleidekabine hinaustrat, wusste ich, dass es das Kleid war.

Trin, meine Mutter, Ashley, Bianca und Riley schauten mich anerkennend mit staunenden Augen an und ließen mich damit für einen Moment wie das das schönste Mädchen auf dieser Welt fühlen. Und das war unbezahlbar.

,,Also wenn du das Kleid nicht nimmst, tu ich es'', sprudelte es aus Riley heraus, die sich anscheinend an meinem Anblick gar nicht satt sehen konnte.

Ich betrachtete mich etwas genauer im Spiegel und plötzlich musste ich ganz fest bei diesem Anblick schlucken, weil mir etwas ganz bestimmtes in den Sinn kam.

Mein Dad wird mich nicht in meinem Hochzeitkleid zu Gesicht bekommen.

Er wird auch nicht bei meiner Hochzeit anwesend sein.

Er wird mich nicht zum Altar bringen und es wird auch keinen Vater-Tochter-Tanz geben.

Bei dieser Erkenntnis fühlte ich das große Loch, das seit Dad Tods in mir klaffte, sehr deutlich und es raubte mir in diesem Moment fast den Atem.

,,Selina Schatz, geht es dir gut?''

Mom war die Erste von allen, die mich besorgt ansah. Als meine Mutter musste ihr natürlich direkt aufgefallen sein, dass etwas nicht stimmte.

,,Frische Luft'', war alles, was mein Mund im Stande war herauszubringen.

Ich brauchte dringend frische Luft.

Jetzt sofort.

,,Vielleicht braucht sie ja einen Kaffee oder muss etwas essen, damit ihr Kreislauf wieder in Schwung kommt. Ich gehe mal eben für ein paar Minuten mit ihr nach draußen und kümmere mich um sie'', entschied Trin und ging mit mir nach draußen.

***

,,Ist alles okay bei dir?"

Trin sah besorgt um mich aus und das wollte ich nicht. Es passte mir nicht, dass andere sich Gedanken um mich machten, nur weil ich emotional geworden war, als mir klar wurde, dass mein Dad diesen ganz speziellen Tag nicht miterleben würde.

,,Mir geht es gut, ich bin gerade nur etwas..."

Ich vermisse ihn gerade so sehr ...

,,Sehr emotional. Es ist wegen deinem Vater nicht wahr?", schlussfolgerte sie und traf damit genau ins Schwarze.

,,Woher weißt du das?"

,,Josh hat mir erzählt, dass er während eures gemeinsamen Austauschjahrs an Krebs gestorben ist. Ich verstehe es. Du bist traurig, weil dir, als du die Hochzeitskleider anprobiert hast, erst richtig bewusst geworden ist, dass er nicht miterleben wird, wie du in ein paar Wochen die Liebe deines Lebens heiraten wirst." Diese Frau war wirklich gut darin geworden, mich zu durchschauen. Fast genauso gut wie ihr eigener Sohn. ,,Er ist bei dir, weißt du. Er feiert oben diesen Tag mit dir und ist ganz bestimmt sehr glücklich und vor allem sehr stolz auf dich. Glaub mir. Er sieht dich.'' Ich wollte fest daran glauben, was Trin mir sagte. Mein Dad war bei mir, auch wenn ich ihn nicht sehen konnte. Außerdem würden all die Menschen anwesend sein, die mir so wichtig waren. Es gab also keine Begründung dafür, warum ich heulen sollte. Ich hatte sogar schon mein Hochzeitkleid gefunden und genau damit taten sich manche Frauen so schwer. Mein Verlobter würde mich nächsten Monat darin sehen und ich hoffte so sehr, dass es ihm gefiel. Allein wenn ich daran dachte, dass wir heiraten würden, wurde ich aufgeregt und es fühlte sich absolut überwältigend an. Ich konnte es gar nicht mehr abwarten und fieberte regelrecht auf den Tag hin. ,,Selina, ich ... ich habe mich bei dir und Josh noch nie bedankt, dass ihr euch stets so hingebungsvoll um Ellie gekümmert habt. Besonders bei Josh sollte ich das mal machen. Ich weiß, dass ich für meine Tochter in der Vergangenheit keine gute Mutter war. Aber das möchte ich nun ändern. Ich möchte präsenter in ihrem Leben sein und mehr Zeit für sie in Anspruch nehmen. Ihr Vater muss das auch. Es hätte nie eure Aufgabe sein sollen, sie großzuziehen. Als ihre leiblichen Eltern hätten wir das selbstverständlich übernehmen sollen. Es tut mir so leid.''

Als Trin in Tränen ausbrach, nahm ich sie in den Arm. Es war eine einfache Geste, doch ich bemerkte, dass diese allein schon ausreichte, um sie etwas zu beruhigen. Schluchzend hielt ich sie in meinen Armen, bis sich stark genug fühlte, sich von mir zu lösen und mit einem Taschentuch sich das verheulte Gesicht zu putzen.

,,Trin, es hat mir nichts ausgemacht, mich um Ellie zu kümmern. Ich glaube, Josh genauso wenig. Du solltest dich keineswegs deswegen schlecht fühlen. Deine Tochter und dein Sohn lieben dich wirklich sehr. So etwas wie perfekte Eltern gibt es einfach nicht.''

Sie sollte sich da keine Vorwürfe machen. Das brachte niemandem etwas. Es war gut, dass sie das endlich völlig begriffen hatte, was sich ändern musste und sich nun bessern wollte. Man sah sehr deutlich, dass sie sich Mühe gab. Sie sorgte nicht nur dafür, dass sie zum Abendessen da war, sondern holte auch unter der Woche Ellie von der Schule ab und unternahm etwas mit ihren Kindern.

Ihr Chef war ja gleichzeitig ihr fester Freund, daher war es einfacher für sie, sich freie Zeit zu nehmen. Auch am Wochenende sorgte sie dafür, dass sie ihre Kinder nicht vernachlässigte. Sie plante stets ein paar gemeinsame Aktivitäten für den Nachmittag, worüber sich Ellie besonders freute und das zeigte einen riesigen Fortschritt von ihrer Seite aus.

,,Ich weiß, dass du und Josh eure nicht gerade kleinen Krisen hattet. Doch vom ersten Moment an, in dem ich euch miteinander gesehen habe, wusste ich, dass ihr zwei füreinander bestimmt seid. Du bist anders als all die anderen Mädchen, die er früher mit nach Hause gebracht hat, Selina. Ich sehe, wie mein Junge dich anschaut. Ich sehe das Funkeln in seinen Augen, wenn er dich ansieht. Seine Liebe für dich. Ich weiß nicht, ob er über jemanden wie dich jemals hinwegkommen könnte. Ich weiß nicht, ob er eine andere jemals so sehr lieben könnte wie dich. Und eigentlich will ich das auch gar nicht wissen. Denn ich weiß, dass er bei dir in guten Händen ist und du bei ihm. Ich weiß, dass ihr immer füreinander da sein und euch in schwierigen Zeiten eine große Stütze sein werdet. Das was ihr miteinander habt, ist etwas Besonderes. Ich bin so froh und unendlich dankbar, dass er durch dich die Bedeutung von wahrer Liebe lernen durfte.''

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