5. Kapitel - Cora

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Es waren Vorhänge, die durch den Wind des geöffneten Fensters seicht über den Boden schwebten, die ich als Erstes erblickte, als ich die Augen vorsichtig aufschlug. Große Glasfenster schickten bereits die ersten, milden Strahlen der Sonne bis zum Bett herüber und hatten mich durch ihre kitzelnde Wärme geweckt.

Während die Szenerie mich in ihren Bann zog, ihre schlichte Schönheit mich gefangen nahm, erreichte mich nach Minuten ein Gedanke. Es war die Erkenntnis, die mich einholte, ehe ich mich möglichst vorsichtig umdrehte, um die Person neben mir im Bett zu sichten.

Erleichtert ließ ich mich zurück in die Kissen fallen und rückte ein Stück näher an ihn heran. Die letzte Nacht hatte ich es ziemlich übertrieben mit dem Alkoholkonsum, aber ich war nicht überrascht mit wem ich hier gelandet war, sogar ganz im Gegenteil, ich war froh. Er war kein Unbekannter, ich kannte ihn bereits seit ein oder zwei Wochen und das die Nacht hier geendet hatte, war in Ordnung für mich.

"Hm", brummte er zur Begrüßung, denn anscheinend hatten meine Bewegungen ihn geweckt. Er sprach erst weiter, als er sich meinem Blick kontaktsicher war. "Lust auf Frühstück?"

Ungewollt schoss mir bei dem Blackout bezüglich der letzten Nacht die Röte ins Gesicht. Ich war kein Mädchen für so etwas und ich glaubte, dass man mir das offensichtlich ansah. Doch ich bereute es nicht, das war nicht der Fall. Es ging viel mehr um den Eindruck, den ich bei Anderen vermittelte. Niemand von ihnen würde es mir so direkt zutrauen, nahm ich an.

"Das verstehe ich Mal als ein Ja", schlussfolgerte er neckend. "Kein Grund schüchtern zu sein, alles gut." Alles war gut? Seit wann entschied er denn darüber?

Wut baute sich in mir auf, die jedoch augenblicklich wieder verpuffte, als ich sie richtig realisierte. Mir war es nicht gestattet auszurasten, ich hatte kein Recht dazu. Weder meine Position, noch meine Lage gab mir einen nennbaren Grund dazu.

"Okay", gab ich also schlicht von mir. "Frühstück klingt gut." Meine Stimme klang gelassener und ruhiger, als ich dachte, denn mit solch hitzigen Gedanken im Hinterkopf, hätte ich mit deutlich Schlimmeren gerechnet.

Malcom schlug die Decke von seinem Körper und schleppte sich aus dem Bett. Jedoch ließ er es sich nicht nehmen, sich ausgiebig zu strecken, sodass sein Hinterteil in meine Richtung schwang. Mir war durchaus bewusst, dass dies nicht unabsichtlich geschah, doch ich reagierte gar nicht darauf. Es würde ihm nur die Reaktion geben, die er sich erhoffte und mir war einfach nicht danach.

Er war sportlich und sah gut aus, aber er war offensichtlich nicht von dem Typus Mann, der trainieren ging oder stark auf sich achtete. Man konnte ihm höchstens anmerken, dass er Fußball spielte und das zwei Mal in der Woche, allerdings nicht im Übermaß.

Kurz und knapp, er sah gut aus, ohne es offensichtlich zu wollen – und deshalb wollte er mich damit aufziehen und Komplimente fischen. Aber er wusste, wie er auf Menschen wirkte, deshalb gönnte ich es ihm nicht und wollte sein Ego auch nicht übermäßig puschen.

"Magst du Pfannkuchen oder lieber etwas Anderes?", erklang es von der Tür, sodass ich mich schließlich wieder besonn und die Beine aus dem Bett schwang, um mich aufzurichten.

"Pfannkuchen sind eine gute Idee", bestätigte ich leise und ging herüber zu meinen Kleidungsstücken, die neben dem Bett verstreut auf dem Boden lagen. "Ich komme gleich nach."

"Okay", sprach er lächelnd, bevor er sich vom Türrahmen abstieß und ich ihn die Treppen herunter laufen hörte.

Als ich wusste, dass er mir nicht länger zu sah, sank ich aufs Bett, während ich mir inzwischen mein Shirt überwarf, das ich aus meiner Tasche neben dem Kleiderschrank gefischt hatte. Während ich versucht hatte, meine Unterwäsche zusammen zu suchen, war mir aufgefallen, dass ich mir für den nächsten Tag extra ein Shirt und eine Jeans eingepackt hatte, inklusive neuer Socken und Unterwäsche.

In sauberer Kleidung fühlte ich mich auch gleich viel wohler, bevor ich meine Haare zusammen nahm und sie in einem lockeren Zopf hoch band. Danach wagte ich es einmal durchzuatmen und richtig durch die weißen Vorhänge nach Draußen zu sehen.

Es musste inzwischen Mittag sein, vielleicht auch Vormittag. Man konnte den Vorgarten sehen, danach geradewegs auf eine alte Trauerweide, die den Blickwinkel ins Innere von der Straße und dem Gehweg aus verdeckte. Ohne diesen Baum hätte ich mich vermutlich sehr unwohl in diesem Augenblick gefühlt, allerdings könnte es mir genauso gut egal sein. Mir war inzwischen Vieles gleichgültig geworden.

Unten hörte ich bereits, wie Teller klirrten und ein Radau, eindeutig aus der Küche, ertönte. Er hatte wohl bereits den Teig angerührt und begann nun damit, die kleinen Kleckse in der Pfanne anzubraten.

Mit neuem Schwung erhob ich mich vom Bett, wandte den Blick vom Fenster ab und lief die Treppe hinunter in das kleine Erdgeschoss, das aus einer Küche und einem Wohn- und Essbereich bestand, inklusive einer kleinen Gästetoilette. Wir lebten in einem ähnlich großen Haus zu Zweit, deshalb war es mir nichts Unbekanntes, aber da er hier allein wohnte, hatte er so viel mehr Platz zur Verfügung. Bald würde es mir genauso ergehen.

Ich schluckte die Tränen herunter und setzte ein Lächeln auf, als ich in der Küche stoppte und die Pfanne übernahm, da Malcom gerade etwas in den Schränken suchte und nicht bemerkte, wie die kleinen Küchlein längst bereit zum Wenden waren. Dies tat ich leise summend, sodass er schnell meine Anwesenheit bemerkte und aufschreckte.

"Du hast mich erschreckt", versuchte er sein Verhalten zu rechtfertigen. "Schleich dich doch nicht so an!"

"Habe ich gar nicht, es ist laut, deshalb hast du mich nicht gehört", lachte ich ihn aus. Eigentlich wusste ich, dass es nicht daran lag, denn er konnte absolut nichts dagegen ausrichten. Es waren meine Wolfsgene, die das Anschleichen zu einer überaus leichten Übung für mich machten. Dies konnte er als Mensch mit seinen Ohren nicht wahrnehmen. Und genau dies mochte ich so sehr an ihm. Einfach, das er ein Mensch war.

"Ich sollte das erledigen und nicht du", murmelte er hinter mir und verschränkte die Arme vor der Brust. "Als kleines, nachträgliches Geburtstagsgeschenk am nächsten Morgen."

"Das brauchst du gar nicht", merkte ich grinsend an, "du tust schon genug, keine Extrawünsche für mich." Ganz gleich, um was es dabei ging. Ob es ein Frühstück war oder etwas Anderes, ich wollte ihn nicht ausnutzen oder es so aussehen lassen. Er tat genug für mich, einfach weil er nicht Alles wusste und keine Fragen stellte. Das war genau das, was ich im Moment brauchte.

"Dann decke ich in der Zwischenzeit eben schon Mal den Tisch", neckte ich ihn und griff bereits zum Schrank, in dem die Teller sauber und feinfühlig aufeinander gestapelt vorzufinden waren. Seinen Ordnungswahn fand ich nicht störend, sondern nahm ihn liebend gerne hin. Es war immer noch besser, als wenn es in seinem Heim Andersherum aussah. Tatsächlich war auch ich ein Fan von Sauberkeit und Ordnung, gerade weil ich mit einem Arzt in der Familie aufgewachsen war und ich inzwischen schon das Ein oder Andere über Bakterien wusste. Und über viele weitere kleine Keime und unangenehme Zeitgenossen, an die ich jedoch nicht weiter denken wollte, wenn ich mir das gleich anstehende Frühstück vor Augen führte.

"Tu was du nicht lassen kannst", brummte er wieder mit tiefer Stimme, sodass man ihn bei dem Getöse der Pfanne wieder kaum verstanden hätte. Es war manchmal ein Segen, Wolfsgene zu besitzen, denn sie ließen nicht zu, dass man solch kleine, leise Worte verpasste.

Still platzierte ich zwei Teller und das passende Besteck dazu auf dem massiven Holztisch. Er lebte seit Jahren nicht mehr zu Hause bei seinen Eltern, war in diese Stadt gezogen, um sich selbstständig zu machen. Dennoch hatten seine Eltern ordentlich Geld und hatten ihrem geliebten Kindern natürlich einiges davon mit auf dem Weg gegeben.

Bei uns sah es leider ganz anders aus, aber mein Vater hätte Berge versetzt, wenn es um mich und irgendeinen dummen Wunsch ging. Es wäre ihm egal gewesen, wie dämlich es gewesen wäre, er hätte alles versucht, um es zu erfüllen. Er war der beste Vater, den sich eine Tochter wünschen konnte, in meinen Augen zumindest.

"Bist du beim Tischdecken versteinert?", lachte Malcom, als er mich verharrend im Esszimmer vorfand. "Was siehst du dir an?"

"Die Bilder." Eigentlich sah ich mir weder die zahlreichen eingerahmten Fotos in dem Regal, noch an der Wand daneben an, sondern schlichtweg hindurch, doch dies wollte ich ihm nicht verklickern müssen. Es war zu kompliziert – und es war nicht der richtige Moment. Wenn es überhaupt einen richtigen Moment für ein solches Gespräch gab.

"Ach, die alten Fotos", spaßte er und zeigte mit dem Finger auf einige auf den obersten Plätzen in dem Regal. "Da oben stehen Familienfotos, die meine Eltern unbedingt schießen mussten und mir vor meinem Auszug aufgehalst haben." Obwohl er sich äußerlich darüber lustig machte, glänzten seine Augen glücklich. "Und ein Haufen von dem Fußballteam in meiner Heimatstadt. Wir haben fast zehn Jahre zusammen gekickt, da muss ich die Kerle ja ein bisschen in Ehren halten, meinst du nicht auch?"

"Das ist das Mindeste, das du für sie tun kannst", erwiderte ich toternst und verdrehte die Augen, als er zu mir sah. "Ist doch schön sich an die Guten alten Zeiten zu erinnern."

"Solange man nicht nostalgisch wird, ja", merkte er an und führte mich anschließend zurück zum Tisch. "Unser Frühstück wird kalt."

Deshalb begannen wir die Pfannkuchen zu verdrücken, während Malcom, eindeutig angeregt von den Fotos, die wir zuvor angesehen hatten, von dem Fußballteam erzählte. Es waren größtenteils witzige Geschichten, wie sie sich in irgendwelchen Ärger gebracht und wieder rausgeredet hatten und ein paar Spiele, die er dramatisch ausschmückte und ins Lächerliche zog.

Als wir längst fertig mit dem Frühstücken waren, ich aber noch gebannt seinen Erzählungen lauschte, klingelte es oben. Genervt stöhnte ich auf, ehe ich mich entschuldigte und die Treppen hinaufstieg, um den Anruf anzunehmen. Das penetrante Klingeln verklang nicht, bis ich es an mein Ohr drückte, ohne zuvor die Nummer gecheckt zu haben, da dafür die Zeit fehlte.

"Kain", meldete ich mich schlicht und hoffte, dass sich jemand verwählt hatte und ich an diesem Samstag im Anschluss einfach Ruhe haben könnte.

"Spreche ich mit Cora Kain?", erklang eine Männerstimme am anderen Ende der Leitung, die mir sofort in Mark und Bein fuhr. Scheiße, bitte nicht!

"Ja, das ist richtig", bestätigte ich und versuchte die aufkommende Unruhe zumindest in meiner Stimme zu verbergen. Innig hoffte ich, dass meine Vorahnung falsch liegen möge und ich zutiefst Unrecht hatte, was diesen Anrufer anging.

"Benndorf, mein Name. Ich rufe vom St. Andreas Krankenhaus an, es geht um Ihren Vater. Können Sie herkommen?"

Nein. Nein, hätte ich am liebsten geantwortet, aber stattdessen faselte ich etwas davon, dass ich so schnell wie möglich da sein und mich beeilen würde. Dann legte ich auf und senkte das Handy hinab auf den Boden, auf dem ich mich zusammengekauert hatte.

Meine schlimmste Befürchtung bewahrheitete sich. Sie holte mich ein. Immer und immer wieder. Ich fiel und fiel. Es war ein unendlich langer und schmerzvoller Sturz, weil ich immer wieder und wieder von Neuem fiel. Weil ich mich nie daran gewöhnen würde.

Unbeholfen raffte ich mich auf, stopfte meine Kleidung in meine Tasche und warf mir beim Verlassen des Zimmers meine Sweatshirtjacke über. Unten schmiss ich die Tasche vor die Garderobe zu meinen Sneakers.

"Cora? Wer war das?", schallte es aus der Küche, zusammen mit dem Geräusch von laufendem Wasser, da er unser Geschirr anscheinend spülte. Er war noch nicht im kleinen Vorraum erschienen und dies wollte ich unbedingt verhindern. Zumindest bis ich meine Tränen getrocknet hatte und ihm einigermaßen gefasst entgegentreten konnte.

"Ist leider wichtig", umging ich das Thema, "und ich muss gehen."

"Und wohin?" Er stand bereits im Türrahmen, bevor ich überhaupt reagieren und die Situation herunterspielen konnte. Nicht einmal dazu gab er mir die Chance, dieser Idiot. Nein, es war nicht seine Schuld. Er war nur zur falschen Zeit am falschen Ort und dafür sollte ich ihn nicht zu unrecht beschuldigen.

"Wer hat angerufen?" Er sah meine nassen Wangen und die Tränen, die sie immerzu benetzten. Meine Dämme waren gebrochen, als der Anruf geendet und das Handy in meiner Hand auf dem Boden niedergedrückt worden war.

"Ich – kannst du mich ins Krankenhaus fahren?" Auch wenn es mir widerstrebte, dass ich weich wurde und ihn viel zu nah an mich heran ließ, so wollte ich in diesem Moment nichts anderes, als ihm vertrauen zu können. Ich brauchte Halt, eine Stütze, konnte nicht wie bisher still weiter durch dieses Unheil streifen, ohne Andere mit in mein Verderben zu ziehen.

"Es tut mir Leid, dass ich dich da mit reinziehe, aber – aber ich habe sonst Niemanden, den ich darum bitten könnte." Ich sprach bevor ich nachdachte, allerdings entsprachen meine Worte mehr der Wahrheit, als ich mir selbst eingestehen wollte.

"Alles gut", beteuerte er. Er hastete nach oben, um nach einer Minute in Jeans und Polohemd zurückzukehren, den Autoschlüssel bereits in den Händen. "Komm."

Ich hatte es in der Zwischenzeit geschafft, meine Schnürsenkel zu binden und folgte ihm zu seinem Wagen, der in der Auffahrt unter dem Carport parkte. Nachdem wir beide auf den vorderen Sitzen Platz genommen hatte, fackelte er nicht lange und startete den Motor, als er sicher gegangen war, dass wir beide angeschnallt waren. In meinem derzeitigen Zustand schien er mir das nicht einmal mehr zu zutrauen – und ich konnte es nicht verleugnen.

Die ganze Fahrt über schwieg er, stellte keine einzige Frage, bis wir auf den großen Parkplatz vor dem Krankenhaus vorfuhren. Er hielt auf einem der ausgeschriebenen Parkplätze und sah zu mir herüber, bevor ich es überhaupt geschafft hätte, die Tür zu öffnen und zu verschwinden.

"Soll ich hier auf dich warten?"

"Nein, ist schon gut." Ich schlug die Seitentür auf und hievte mich aus dem dunkelgrünen Kleinwagen. "Danke fürs Herfahren."

Und damit stieß ich die Tür zu. Ich verschwand ohne ein weiteres Wort an ihn ins warme Innere des Krankenhauses, das mich vor dem beginnenden Regen schützen würde. Wobei mir der Regen lieber gewesen wäre, als das, was mich jetzt erwartete.

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