16 - Der Teufel und seine Braut

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Nach unserer Vermählung geht es direkt mit der Hochzeitsfeier weiter. Lucifer hüllt uns in einen Schleier der Dunkelheit und kaum ist dieser wieder verschwunden, finden wir uns in einem Labyrinth aus Flammen und Dornengewächsen wieder. Blitze zucken über den Horizont und im Hintergrund erfüllt ein unheilvolles Grollen die Luft.

Wohin mein Blick auch schweift: Überall tummeln sich tote Seelen, die sich entweder angeregt miteinander unterhalten oder sich zum Takt des Donnergrollens bewegen. Sie alle sehen glücklich und zufrieden aus. Trotzdem bin ich verwirrt.

„Warum gratuliert uns denn niemand?", möchte ich neugierig von Lucifer wissen, der neben mir steht.

„Die Seelen können uns aktuell nicht sehen", erklärt er mir. „Wenn du möchtest, mache ich uns sichtbar, aber dann war es das mit unserer Ruhe und Zweisamkeit."

Kurz überlege ich, bevor ich entscheide: „Nimm deine Menschengestalt an und wir bleiben unsichtbar. Die Seelen kommen bestimmt auch prima ohne uns zurecht."

„Okay", stimmt Lucifer sofort zu.

Sein Körper wird von dunklem Rauch verschluckt, der mir die Sicht vernebelt. Als er wieder zum Vorschein kommt, sind die glühend roten Augen verschwunden und auch die Hörner und den Schwanz gibt es nicht mehr. Stattdessen funkelt mich Lucifer glücklich aus seinen blauen Saphiraugen an und streckt mir seine Hand entgegen.

„Komm mit!", fordert er mich auf. „Ich zeige dir einen besonderen Ort, an dem wir ungestört sein können. Nur wir zwei."

Wie von selbst verweben wir unsere Finger miteinander und irren durch das Labyrinth. Während ich schon nach einer Minute die Orientierung verloren habe, scheint Lucifer zum Glück den Durchblick zu bewahren.

Wir entfernen uns immer weiter von den feiernden Seelen, sodass es zunehmend leiser und friedlicher wird. Blöderweise wird es aber auch kälter, weshalb sich mein Körper mit einer Gänsehaut überzieht.

„Hier." Ohne zu zögern streift sich Lucifer sein schwarzes Totenkopf-Jackett ab und legt es mir liebevoll über die Schultern.

„Danke", lächele ich ihn ehrlich an. Wie auch schon auf Juliets Hochzeit spendet mir seine Kleidung Wärme und taut mein erfrorenes Herz wieder auf. „Wo bringst du mich eigentlich hin?"

Lucifer schmunzelt. „Lass dich überraschen, Hails."

Normalerweise bin ich kein Fan von Überraschungen, doch jetzt gerade ist die Ungewissheit vollkommen in Ordnung für mich. Ich genieße es einfach nur, allein mit Lucifer zu sein und seine Anwesenheit und Nähe zu spüren.

Kaum zu glauben, dass er ab heute mein Ehemann ist, oder?

„Bin ich jetzt so etwas wie die Teufelin?", frage ich ihn kichernd und neugierig zugleich.

Lucifer zieht überrascht seine Augenbrauen in die Höhe. Eindeutig ein Indiz dafür, dass er nicht mit dieser Frage gerechnet hat. „Nein, du bist einfach nur Hailee", antwortet er mir lächelnd. „Eine bezaubernde Frau mit reinem Herzen und guter Seele, die anderen Menschen hilft und Hoffnung spendet."

Lucifers Worte lösen ein angenehmes Kribbeln unter meiner Haut aus. Es ist schön, dass er so wertschätzende Worte für mich und meinen Charakter findet.

Ein paar Minuten lotst mich Lucifer noch durch das Labyrinth, bis wir einen Ausgang erreicht haben. Zum Vorschein kommt nun eine Blumenwiese, die mit Windlichtern und Lichterketten geschmückt ist. Außerdem erkenne ich eine karierte Picknickdecke und flauschige Kissen.

Ohne uns absprechen zu müssen, legen wir uns auf die Decke. Lucifer schlingt seinen Arm um mich und ich bette meinen Kopf auf seiner Brust.

„Bist du glücklich?", möchte ich leise von ihm wissen.

Daraufhin seufzt Lucifer. Tief, frustriert und irgendwie auch enttäuscht. „Na ja", beginnt er zögerlich, „ich bin zwar der Teufel, aber ich habe mir dieses Leben nicht ausgesucht. Ich wäre auch gerne ein normaler Mensch und nicht die Verkörperung des Bösen."

Um ehrlich zu sein überraschen mich seine Aussagen, denn ich habe nie darüber nachgedacht, ob Lucifer freiwillig der Teufel geworden ist oder nicht. Dass er ein anderes Leben führen möchte, habe ich nicht erwartet.

„Es ist anstrengend, meinem Job gerecht zu werden", spricht er weiter. „Ich habe schon viele, unschuldige Menschen verletzt. Einschließlich dich, Hailee."

Was? Ich runzele verwirrt die Stirn. „Das stimmt nicht!", widerspreche ich ihm sofort. „Du hast mich immer gut behandelt und mich sogar zu deiner Frau genommen. Wenn du nicht gerade in deiner gruseligen Teufelgestalt herumläufst, bist du ein sehr netter, zuvorkommender und liebenswerter Kerl." Um die Aufrichtigkeit meiner Worte zu unterstreichen, hauche ich ihm einen federleichten Kuss auf die Wange.

Wieder seufzt Lucifer. „In ein paar Stunden wirst du das anders sehen", behauptet er traurig. Gleichzeitig legen sich seine Finger um meine Halskette und streichen gedankenverloren über den Sternenanhänger, der von Nebelschwaden umhüllt ist.

„Nichts könnte meine Meinung über dich ändern!", beteuere ich. „Ich bin gerne in deiner Nähe und habe immer viel Spaß mit dir! Ab heute deine Frau sein zu dürfen, macht mich unfassbar glücklich!"

Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Lucifer gequält sein Gesicht verzieht. Als hätten ihm meine Worte einen Dolch ins Herz gerammt.

„Du bist zu gut für mich, Hails", wispert er leise, „deshalb musste ich auch meine Chance ergreifen und dich in die Hölle führen. Du bist mein perfekter Gegenpart."

Ich verstehe zwar nicht den Sinn seiner Worte, aber es verletzt mich, Lucifer so nachdenklich und selbstkritisch zu sehen. Wir haben gerade geheiratet. Da sollten wir doch eigentlich glücklich und voller Tatendrang sein, oder?

Um Lucifer wieder ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern, springe ich von der Decke auf und strecke ihm meine Hand entgegen. „Ich warte auf unseren Hochzeitstanz!", erkläre ich ihm mit einem verschwörerischen Zwinkern.

Leider ist das Lächeln, das nun an seinen Mundwinkeln zupft, nicht echt. Trotzdem erhebt er sich mir zuliebe vom Boden und legt seine warmen Hände an meine Taille. Ich hingegen verknote meine Finger in seinem Nacken und drücke mich eng an seinen athletischen Oberkörper.

Obwohl es mucksmäuschenstill ist, bewegen wir uns zu einem imaginären Takt und schunkeln langsam von rechts nach links. Über unseren Köpfen glitzern die Sterne und um uns herum die vielen Windlichter und Lichterketten.

Es ist ein magischer Moment, den ich für immer in meinem Herzen speichern werde.

„Hailee?" Lucifer hält abrupt in unserer Bewegung inne, sodass ich gegen seine Brust pralle.

„Hm?"

„Sind zehn Jahre für dich okay?", möchte er von mir wissen, doch ich habe keinen blassen Schimmer, wovon er überhaupt spricht. „Dann wärst du 31 Jahre alt und könntest dir noch immer das Leben aufbauen, was du dir gewünscht hast. Ich versuche in der Zwischenzeit ein besserer Teufel zu werden und das System der Hölle so zu verändern, dass ich hier allein regieren kann."

Immer mehr Furchen graben sich in meine Stirn. „Tut mir leid", murmele ich leise, „aber ich weiß echt nicht, was du meinst."

Ich hebe langsam den Kopf und sehe, wie sich zwei Tränen der Schuld aus Lucifers Augenwinkeln lösen. Schnell fange ich sie mit meinem Daumen auf.

„Was ist denn los?", frage ich ihn besorgt. „Müsstest du nicht eigentlich glücklich sein und gemeinsam mit den toten Seelen unsere Hochzeit feiern?"

Lucifer schüttelt den Kopf. „Ich möchte lieber bei dir bleiben, Hailee." Eine weitere Glasperle kullert über seine Wange. „Zumindest so lange, wie ich es noch kann und du meine Nähe zulässt."

So langsam machen mir seine kryptischen Aussagen Angst. Wieso denkt er, dass ich ihn verlassen werde? Ich habe ihn schließlich nicht grundlos geheiratet und ihm nicht nur aus Spaß meine ewige Treue geschworen.

„Mach dir nicht so viele Gedanken", versuche ich, ihn zu trösten. „Alles wird gut, okay? Zusammen schaffen wir das!"

Schmerz flammt in seinen blauen Saphiraugen auf. Seine Stimme klingt verzweifelt und flehend, als er mich fragt: „Darf ich dich küssen, Hailee?"

„Natürlich."

Ganz vorsichtig und sanft verbinden wir unsere Lippen zu einem Kuss der Unschuld. Es fühlt sich schön und vertraut an, wie harmonisch sich unsere Münder aufeinander bewegen. Als hätten sie nie etwas anderes gemacht.

Ich möchte unseren Kuss gerade intensivieren, da löst sich Lucifer schon wieder von mir. „Danke", lächelt er mich mit Tränen in den Augen an. „Dieser letzte Kuss hat mir viel bedeutet!"

„Letzter Kuss?", wiederhole ich verwirrt.

„Ja", bestätigt Lucifer. „Es ist Zeit, zu gehen."

„Okay", stimme ich ihm zu und schnappe mir seine Hand, um ihn zurück zu dem Labyrinth aus Flammen und Dornengewächsen zu führen. „Die Hochzeitsfeier und die toten Seelen bringen dich bestimmt auf andere Gedanken und vertreiben deine ganzen Zweifel."

Erneut sieht Lucifer so aus, als hätte ich ihm einen Dolch ins Herz gerammt. Oder es brutal aus seiner Brust gerissen. „Wir gehen nicht auf die Feier."

„Hä?", entflieht mir ein unintelligenter Laut. „Wohin denn dann?"

„Zurück ins Schloss." Lucifer schluckt schwer und weicht meinem Blick aus. „Ich will die Stunde der Wahrheit einfach nur schnell hinter mich bringen."

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