♔Vierzehn Bücher

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Nathaniels Blicke hätten in diesem Moment töten können, doch Collin trug nur ein selbstgefälliges Lächeln auf seinen geschwungenen Lippen.
Jetzt, wo ich mir sein Gesicht näher ansah, erkannte man eine gewisse Ähnlichkeit. Sie hatten die gleichen gehobenen Wagenknochen, die gleichen Augenbrauen, ähnliche Lippen.
Doch gleichzeitig sahen sie so unterschiedlich aus wie Tag und Nacht.

"Ich erkläre es dir später. Das verspreche ich dir."
Nats aufgewühlte Stimme riss mich aus meinen Gedanken und ich löste meinen Blick von seinem Bruder. Seinem Bruder.
Der Gedanke fühlte sich furchtbar falsch an.
Es war nichts über einen zweiten Sohn der Familie Black bekannt. Es gab keinerlei Informationen über einen zweiten Erben. Collin war doch jünger als Nathaniel, oder?
Ich schluckte schwer. Die Geheimnisse dieser Familie gingen tiefer, als ich es mir jemals hätte vorstellen können. Und ich war mitten drin.

Ich bekam nur ein Nicken zustande, die Sprache hatte es mir komplett verschlagen.
"Bis später, Sonnenschein.", sagte Collin. Er schien Spaß daran zu haben, die Beziehung zwischen Nathaniel und mir zu sabotieren, also ignorierte ich seinen Kommentar.
Ich hielt den Atem an, bis die beiden außer Sichtweite waren. Dann holte ich tief Luft, presste meine Hand gegen meine Brust. Meine Lunge brannte, mein Körper rebellierte.
Das war die erste Information, die ich gegen diese Familie in der Hand halten könnte.
Und Collin hatte sie mir mitgeteilt, als wäre es nichts.
Da meine Verabredung weitaus früher beendet war, hatte ich den ganzen Nachmittag Zeit um ein Buch zu finden, dass mir mehr verraten würde.

Die Bibliothek des Schlosses war riesig, doch ich fühlte mich augenblicklich wohl.
Es gab keine Fenster, kein einziger Sonnenstrahl schaffte es in den Raum. So würden die Seiten der Bücher nicht ausbleichen. Diese Schutzmaßname zeigte mir, dass sich wichtige Schätze in diesen Reihen befanden. Schätze, die mir hoffentlich Antworten offenbaren konnten.
Eine kleine, ältere Frau war gerade dabei, ein Regal an der linken Wand zu entstauben.

Als die Tür hinter mir ins Schloss fiel, drehte sie sich um.
"Hallo Kleines.", begrüßte sie mich, legte ihren Staubwedel beiseite. Mit hinkenden Schritten kam sie auf mich zu.
"Guten Tag, Madame." Ich lächelte ihr freundlich zu.
"Willst du dir ein Buch ausleihen?" Sie kramte ein sehr alt aussehendes Notizbuch aus einem Schrank am Eingang hervor und legte es auf einen Tisch. Staub suchte sich einen Weg aus den Poren, als sie es öffnete.
"Das weiß ich noch nicht.", erwiderte ich freundlich.
"Ganz egal, ich müsste einmal deinen Namen aufnehmen."

Wieder etwas, dass mich in meiner Denkweise unterstützt. Es wird aufgezeichnet, wer die Bibliothek betritt, ganz egal ob ich mir ein Buch ausleihen möchte oder nicht. Das heißt, hier waren auf jeden Fall wertvolle Bücher verborgen.
"Eadlyn Rosemary von Dounbrig, lautet mein Name. Ich möchte mich eigentlich nur ein wenig umsehen." Das Lächeln verharrte weiterhin auf meinen Lippen. Das kleine, geübte Prinzessinenlächeln. Die Handschrift der Frau war so schnörkelig, dass ich sie nicht lesen konnte.
Sie nickte, legte ihren Stift wieder beiseite.
"Nur zu. Wenn du fragen hast, frag mich gerne. Ich weiß wo jedes einzelne Buch steht."

Ich bedankte mich bei ihr, bevor ich mich zwischen die hohen Regale begab.
Es gab Märchen, Sagen und Erzählungen. Aber auch Tagebücher, Biografien und Bücher über geschichtliche Ereignisse. Die Regale waren nach Jahren oder Jahrzenten sortiert, und dann nach dem Genre.
Die Tagebücher standen ganz oben, so dass man sie ohne Leiter niemals aus dem Regal bekommen würde. Und das war wahrscheinlich auch genau das, was für mich relevant sein würde. Doch welches Jahrzent, welches genaue Jahr? Wenn ich all diese Bücher durchsuchen müsste, bräuchte ich zweihundert freie Nachmittage, und so viel Zeit hatte ich nicht.

Möglicherweise war es eine Option, die Bibliothekarin zu fragen. Doch was, wenn sie Verdacht schöpfen würde? Wem würde sie diesen dann melden?
Ich versuchte angestrengt darüber nachzudenken, ob Nathaniel mir noch einen versteckten Hinweis gegeben hatte.
Die Bibliothek vielleicht, die Bücher dort dürfen so viel mehr sagen als ich.
Doch Bücher sprachen nicht. Der Satz bestärkte mich nur in der Vermutung, dass es sich um ein Tagebuch handeln musste.

Ich ließ meinen Blick über die Reihen gleiten. Nathaniel war 28 ahre alt. Collin würde ich, anhand seines Aussehens, vielleicht zwei bis drei Jahre jünger schätzen.
Also suchte ich nach dem Regal, in dem die Tagebücher von 1850-1870 standen. Auch dort standen sie im obersten Regal. Das Tagebuch der Königin würde hier nicht einfach so rumstehen. Und Collin war augenscheinlich ein gut gehütetes Geheimnis, würde ich überhaupt Aufzeichnungen über ihn finden?

Frustiert fuhr ich mit der Hand durch meine Haare. Das hier schien eine aussichtlose Mission zu sein.
"Sie suchen doch etwas bestimmtes, oder?" Etwas erschrocken fuhr ich herum. Die ältere Frau hatte eine Lesebrille aufgesetzt und schaute mich mit großen Augen an.
"Ich - würde nur gerne etwas mehr über die Familie erfahren. Als Anwäterin für den Posten der Prinzessin, wollte ich - ja also. Nur vorbereitet sein.", stotterte ich sehr auffällig.
"Oh das verstehe ich sehr gut. Und sie beäugen die Tagebücher. Die dürfen sich aber nur Mitglieder der könglichen Familie ausleihen. Tut mir leid, Kleines."
Ein mitfühlendes Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab.

"Vielen Dank für ihre Auskunft. Das verstehe ich natürlich."
Also konnte ich meine Suche aufgeben. Aber wieso hatte Nathaniel mir dann den Typ mit der Bibliothek überhaupt gegeben, wenn ich mir die Tagebücher nicht ausleihen durfte? Das ergab keinen Sinn, es musste noch etwas anderes geben.
"Aber vielleicht kann dieses Buch ihre Neugierde etwas stillen." Sie zog ein Buch aus dem gegenüberliegenden Regal. Es war in Leder gebunden, welches jedoch noch wie neu aussah. Der Buchrücken hatte keine Falten. Sie reichte es mir mit zittrigen Händen.

Ich umschloss das Buch mit großer Vorsicht, denn so schien es schon immer behandelt worden zu sein. Etwas Staub hatte sich auf der oberen Kante abgelegt.
"Historia secreta Dour Castle - legenda."
Meine Finger strichen über die goldene Schrift.
"Es ist verboten worden. Schon vor einiger Zeit.", flüsterte ich fasziniert.
Die geheime Geschichte des Schlosses Dour war eine Sage, zumindest wenn man dem Einband glauben schenken wollte. Doch aufgrund der Hetze, die durch die Veröffentlichung entstanden ist, wurde das Buch verboten und der Schriftsteller, Ationt Devour, öffentlich hingerichtet.

Das hat die Thesen, die dieses Buch vertritt, natürlich nur bestärkt, doch aus Angst vor dem Tod haben die Leute geschwiegen. Alle Bücher wurden verbrannt und niemand wagte es auch nur, den Titel des Buches in den Mund zu nehmen.
Und jetzt hielt ich es in meinen Händen. Ich spürte, wie mir alle Farbe aus dem Gesicht wich.
"Lesen sie es in der Bibliothek, und lassen sie sich nicht erwischen."
"Wieso steht es hier, wo jeder es sehen und lesen kann?", fragte ich ein wenig verwirrt.
"Normalerweise darf nur die königliche Familie die Bibliothek betreten - oder zumindest muss ein Mitglied dabei sein. Aber Mister Nathaniel sagte mir, dass sie früher oder später kommen würden, und das ich seinen Namen in das Buch am Einlass tragen sollte. Dort hinten können Sie in Ruhe lesen, heute wird niemand mehr kommen."

Ich schaute die Frau etwas fassungslos an. Nathaniel wollte mir Antworten geben, er durfte sie nur nicht laut aussprechen. Und jetzt hielt ich ein verbotenes Buch in den Händen, von dem ich mir nicht sicher war, ob ich es wirklich lesen wollte.
Mein Herz fühlte sich auf einmal furchtbar schwer an. Ich würde Einblicke in diese Familie bekommen, die sie verbargen, versteckten, in der Dunkelheit begraben ließen.
Doch wenn Nat wollte, dass ich es wusste, dann musste ich es auch wissen.

Mit einem Nicken wandte ich mich ab, setzte mich auf den hinteresten Sessel in der Bibliothek. Das Licht war schlecht, doch es musste reichen.
Mit Bedacht schlug ich das Buch auf, vorsichtig, um den intakten Buchrücken nicht zu verletzten. Laß noch einmal den Titel und den Namen des Autors.
Es war sein einziges Buch. Sein ganzes Leben steckte hier drin. Der Gedanke ließ mir einen Schauer über den Rücken laufen. Ich war mir sicher, auf dieses Buch stand noch immer die Todesstrafe. Langsam atmete ich ein, noch langsamer wieder aus, bevor ich mich traute die Seite umzuschlagen.

Ich ließ meinen Blick über die Kapitel gleiten, welche auf der zweiten Seite mit der Seitenzahl aufgelistet waren. Ein Kapitel zog meine Aufmerksamkeit augenblicklich auf sich.
Mein Herz klopfte viel zu schnell, viel zu laut. Ich hatte das Gefühl, das Geräusch würde von den Wänden der Bibliothek widerhallen.

"Der verlorene Erbe."

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