11. Kapitel

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"Mein Vater starb vor vier Jahren. Der Krebs hat ihn dahingerafft und wir haben es alle mit angesehen. Leon war zu klein, um es zu verstehen, Edda kennt die groben Züge, aber ich weiß alles.
Meine Kindheit war wunderschön, Maurice. Wir haben in einem kleinen Häuschen in Potsdam an der Havel gewohnt. Ich war glücklich. Ich erinnere mich zum Beispiel, dass ich mit Edda nachts Feentänze getanzt habe oder dass Papa und ich oft Enten füttern waren. Enten waren seine Lieblingstiere. Er war der netteste Mensch der Welt, das hat jeder gesagt. Samstags haben wir im Sommer abends mit seinen Freunden gegrillt und vormittags hat meine Mutter diese Kaffeekränzchen für ihre Freundinnen veranstaltet.
Eigentlich sind wir erst nach Berlin gezogen als Papa seine Diagnose bekam. Leukämie, unheilbar. Das habe ich mit vierzehn dann auch mal gesagt bekommen.
Der Arzt meinte, es wäre vererbbar. Wir wurden untersucht. Mein Test fiel negativ aus, ich war gesund. Aber Edda und Leon nicht. Die Krankheit kann jederzeit ausbrechen und wenn es dann soweit ist, bleiben zwei Monate. Zwei verschissene Monate. Dann sterben sie ...
Ab da ging's erstmal bergab. Ich hab so Sachen gemacht. Wie Häuser anzuzünden und Schmuck zu klauen. Von Klassenkameradinnen und es war nur Modeschmuck, nichts teures.
Mein Vater hat mir gesagt, dass er das nicht gut findet. Er hat mir keine Vorwürfe gemacht; er sagte einfach, er fände es nicht gut und riet mir aufzuhören. Ich habe es gelassen, sofort.
Dann kamen die Depressionen, nach seinem Tod. Ich habe mich selbst verletzt und nur wenig gegessen. Alles ging durcheinander.
Plötzlich war da Nick und ich war zum allerersten Mal verliebt. Ich weiß, man redet vor seinem Neuen nicht unbedingt über den Ex, aber er war mal ein verdammt wichtiger Teil meines Lebens. Er hat mir Chloe vorgestellt, die mich rausgezogen hat aus meinem Selbstmitleidssumpf.
Ich war glücklich, bis mir auffiel, dass ich es nicht mochte wie er mich behandelte. Er gab auf Partys regelrecht mit mir an und wir stritten öfter, weil er sein Temperament nicht unter Kontrolle hatte. Das ist noch immer so, soweit ich weiß. Irgendwann hatte ich Angst, dass er eines Tages vielleicht nicht mehr nur an meinen Haaren ziehen, sondern mich schlagen würde. Also hab ich Schluss gemacht.
Er hat sich nie wieder bei mir gemeldet und ich mich auch nicht bei ihm. Dass er gestern hier war, hat mich ziemlich aus der Bahn geworfen. Du bist mein Held, weil du ihn vertrieben hast.
Ich war glücklich. Aber meine Empathie ist, glaube ich, nicht ganz so gut für mich.
Chloe will Magnus heiraten. Ein Arschloch. Ich habe ihm die Nase gebrochen als er mich anbaggerte, aber sie wollte trotzdem nicht auf mich hören. Jetzt sind wir wahrscheinlich keine Freundinnen mehr, weil ich wieder glücklich bin.
FIA hab ich gar nicht selbst für mich entdeckt. Ihr seid Chloes Lieblingsband gewesen und jetzt, wo unsere Freundschaft den Bach runter geht, fühlt es sich an als hätte ich sie ihr weggenommen. Aber ihr ward für mein erstes Lächeln nach langer, langer Zeit verantwortlich. Danke dafür so ganz am Rande.
Na ja, jedenfalls bin ich zufrieden mit meinem Leben gerade. Es gibt Tiefpunkte, die kommen und gehen.
Ich werde keinen Therapeuten in Anspruch nehmen, du bist Therapie genug.
Du bist die einzige Person, die alles weiß. Chloe weiß nicht, dass sie ersetzt wurde, Nick weiß nicht, dass mein Vater tot ist. Ich hab's ihm nie erzählt, weil ich nicht wollte, dass er mich als Emo betrachtet oder so.
Du genießt das Privileg mit der alten Mara zusammen zu sein. Die, die sich nach dem Tod ihres Papas endlich wiedergefunden hat.
Und jetzt ist der Moment, in dem du dich entscheidest, doch nicht mit mir zusammen zu sein, weil du bemerkt hast, dass das gar nicht das ist, was du wirklich willst und weil dir das Ausmaß meiner Debilität gar nicht wirklich bewusst war."
Maurice, dessen Hände Muster auf den Tisch zeichneten wie Mara es vorausgesagt hatte, sah seiner Freundin in die Augen.
Er wollte sie schützen. Er wollte, dass sie ihn liebte wie er sie. Er wollte Mara nie wieder gehen lassen, sie festhalten.
Er wollte auf dieser Hollywoodschaukel mit ihr sitzen in sechzig Jahren und sie genauso lieben wie in diesem Moment, in dem er alles von ihr wusste: Dass sie achtzehn war, seine Band und insbesondere ihn anhimmelte und dass sie ein instabiles Nervenbündel darstellte oder eine Bombe, die jederzeit explodieren und damit sich selbst und alles in ihrer Umgebung vernichten könnte.
"Ich bin dabei, mir Kindernamen auszudenken", sagte er. "Was hältst du von Rico und Clara?"
Mara umarmte ihn grinsend. "Sie sind ein Paradoxon, Monsieur Druger", flüsterte sie und Maurice bekam eine Gänsehaut. Ja, Mara konnte fließend Französisch. Akzentfrei. Sie war eine Zehn auf der Skala, zweifellos.
"Der Stuhl ist unbequem", klagte Maxim, um die Stille zu durchbrechen. Zu viel von dieser machte ihn nervös.
"Ich werde einkaufen. Soll ich dir was mitbringen?"
Maurice zögerte. Wollte sie ihn loswerden? Nicht direkt, aber da sie ihm gerade ihre Lebensgeschichte mitgeteilt hatte, wollte sie wohl etwas Privatsphäre zurück, was er nachvollziehen konnte.
"Gummibärchen, aber keine ekeligen", rief er.
"Präzise Angabe", lachte sie aus dem Schlafzimmer, wo sie sich anzog.
Er küsste sie zum Abschied intensiver als geplant und hoffte, dass das nicht implizierte, er hätte Mitleid mit ihr, dass er zwar hatte, wovon er aber wusste, dass sie es nicht annehmen würde, weil es, er sah es genauso, nichts besser machte.
"Ich bin stolz auf dich", sagte er leise. Es war angebrachter als ich liebe dich.
"Und ich auf dich", erwiderte sie.
Sie umarmten einander und beide wünschten sich, sie könnten diesen Moment anhalten und für immer in ihm leben.

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