Die Hausfrau

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng


Es war mehr wie ein Tanz. Mehr, wie eine Art rituelle Zeremonie, als wie ein bloßes die Farbe zum Papier bringen. Natürlich gehörte das auch mit dazu, jedoch gab es noch so viel mehr dazu zu sagen. Viel mehr, was sie dabei Empfand. Sie war ganz bei sich, ganz nah an ihrem wahren Kern, den sie manchmal so vergebens suchte. Dieser strahlende Kern, den sie gern nach außen kehren würde, aber doch immer verbarg. Sie fühlte sich wie als wäre sie nicht mehr bloß in ihrem Heim, sondern irgendwo anders. Sie trennte sich selbst von ihrem Leid, ihrer Wahrheit die sie lebte ab, und war wie in einer mit Honig gefüllten Blase in der sie eine Weile treiben würde. Wenn sie dort war, nahm sie keine negativen Gefühle mit. Sie nahm nur sich selbst und ihr Glück mit sich. 

Je mehr sie malte, desto mehr füllte sich ihre Blase mit dem Geruch der Farben. Sie benutzte diese Farben seit ihrer frühen Kindheit, seit dem sie das erste Mal gemalt hatte. Sie erinnerte sich zwar selbst nicht mehr daran, aber sie hatte alte Videos gesehen die ihre Mutter gemacht hatte von ihr, als sie gerade zwei Jahre alt war. Sie musste zugeben, dass sie sich selbst doch ziemlich niedlich fand. Ihre Haare waren noch recht kurz, lockten sich auf dem runden Kopf. Ihre Haut war durchscheinend hell, blaue Äderchen zeigten sich an ihren Armen und Schultern. Sie hatte das Video wieder und wieder gesehen, ihr erster Kontakt mit Farbe. Das Video war nicht besonders lang, aber sie entdeckte doch immer und immer wieder neue Facetten. 

Es begann damit, dass sie an ihrem kleinen, pinken Kindertisch saß, der mit Papier ausgelegt war. Vor ihr lag ein weißes Blatt, rechts davon eine kleine Palette mit roter, blauer und gelber Acrylfarbe darauf. Ihre Mutter hatte begonnen, sie von vorn zu filmen, man sah, wie das kleine Mädchen immer wieder aufsah. Ein strahlendes Lächeln lag auf ihrem Gesicht, sie entblößte viele kleine Zähnchen. Immer wieder blickte sie vom Papier zu den Farben zu ihrer Mutter. Die Kamera wackelte, das gestreifte Kleid der Kleinen wirkte unwirklich. 

"Und jetzt? Was jetzt?", rief sie strahlend. Ihre Augen leuchteten. Die Mutter lief mit der wackelnden Kamera um sie herum, stellte sich hinter sie. Jetzt filmte sie auf das Papier, man sah die kleinen Patschhände und die Farbe. 

"Schau", begann die warme, klare Stimme ihrer Mutter, "Nimm einen Finger, mach ihn in die Farbe, und dann aufs Papier."

Die kleine Hand holte aus, schlug mit Schwung in die Farbe, und knallte sie dann aufs Papier. Überall landeten kleine Spritzer, und ihre Mutter lachte. Die Kleine lachte kurz mit, beugte sich dann weit über das Papier. Man sah ihren kleinen Hinterkopf, die Mutter lief mit der Kamera wieder rechts neben sie und filmte das kleine Gesicht, was auf sein Werk starrte. Ein etwas verwischter Handabdruck. 

Sie setzte sich zurück, und verkündete dann sehr ernst: "Da fehlt noch gelb, da oben in der Ecke!"

"Na, dann muss da wohl noch Gelb hin."

"Ja!"

Sie nahm mit dem Zeigefinger ein wenig Farbe auf, und trug sie mit chirurgischer Genauigkeit auf. Sie betrachtete ihr Werk. Die Augenbrauen waren leicht zusammen gezogen, die Unterlippe vorgeschoben, wieder wackelte die Kamera leicht, als ihre Mutter ein Stück näher kam und das Bild versuchte gut zu zeigen. 

"Bist du zufrieden? Phili?", fragte sie. 

"Hmmmm... ja!", kam es zurück. Dann endete das Video. 

Sie war anscheinend damals schon sehr stolz auf ihre Werke gewesen. Das Bild hatte, auf Grund von der Menge der Farbe, sehr lang zum trockenen gebraucht. Dann hatten sie es aber im Schlafzimmer ihrer Eltern aufgehängt, viele Jahre hatten sie es behalten. Ihre Mutter hatte mit schwarzem Stift noch ihren Namen und das Datum dazu geschrieben, klein, in die untere Ecke. Ihr erster Kontakt mit der Farbe. 

Sie hatten eine Ewigkeit damit verbracht, die Farbe von den Kinderhänden wieder abzubekommen. Es gab zwar extra Fingerfarben für so etwas, aber sie hatten in dem Moment nur diese drei Acrylfarben da. Danach hatte ihre Mutter ihr billige Pinsel gekauft. Sie wollte, dass sie gleich richtig malen konnte. Ihre Sammlung vergrößerte und vergrößerte sich immer weiter, es gab Bleistifte, Kohlen, Aquarellfarben, verschiedene Tinten und ähnliches die sie besaß, als sie gerade eine Jugendliche war. Sie ging nicht zu normalen Kursen, sondern brachte sich alles selbst bei. Es fiel ihr nicht immer leicht, aber es lohnte sich.

Sie spielte mit Farben, Formen, Materialien und Ausdrücken. Es entstanden flache, aber auch runde Werke, tiefe und nicht so tiefe Einblicke in ihre Gefühlswelt. Sie wurde besser und besser, verbrachte jeden Tag damit zu malen und zeichnen. 

Sie nahm oft auch Blöcke mit, in die sie immer wieder kleine Skizzen kritzelte, Ideen zu Papier brachte und sich die Zeit vertrieb. Man sah sie, gerade bis sie zwanzig wurde, nie ohne einen Stift in der Hand oder hinter ihrem Ohr. Sie schien oft verträumt und nicht ansprechbar, aber wenn man genauer hinsah, konnte man erkennen, dass entweder am zeichnen war oder sie eine neue Idee hatte, an der sie feilte. Sie produzierte unendlich viel. Es schien, als gösse Philomela alle ihre Kräfte in ihre Kunst. Für andere Projekte hatte sie dann kaum noch Energien zur verfügung, aber das störte sie nicht besonders. Sie sah keinen anderen Sinn. 

Eine zweite Leidenschaft, die sie sehr mit der Malerei verwob, war die Musik. Musik füllte die Lücken, die die Malerei manchmal nicht ganz stopfen konnte. Atmosphären, Stimmungen und Landschaften erkannte sie in den Klängen, übertrug sie auf die Bewegungen ihrer Hände. Sie genoß es, anderen zu lauschen wenn sie ihre Instrumente spielten. Sie spürte selber nie das Verlangen, Musik zu machen. In der Musik war sie nur genießender Konsument, und mehr wollte sie auch gar nicht sein. Mehr würde sie auch nie sein. Sie hatte großen Respekt vor Allen, die Meisterwerke aus Tönen schufen. Sie hatte zwar Interesse, aber kein großes musikalisches Verständnis. Dies war eine Welt, die sie zwar sah und liebte, an der sie aber niemals Teil haben würde. Sie schwebte in ihrer mit Honig gefüllten Blase und schwang den Pinsel  wie eine Zauberin ihren Zauberstab. Ihre Magie war jedoch greifbar. 

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro