Die Hausfrau

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Wenn man sie so sah, schien sie eine andere Frau zu sein als die, die man dachte zu kennen. Sie war in sich ruhend, und dabei vollkommen konzentriert. Ihr Gesicht war glatt, die Mundwinkel leicht gehoben. Sie kniff langsam die Augen zusammen, während sie um die Staffelei lief. Das Papier war noch nicht darauf, sie hielt einen großen Bogen in der Hand. Sie fühlte sich ein wenig wie ein Raubtier, was ihre Beute umkreiste. Zu malen war mehr für sie als eine bloße Beschäftigung, es war ein Erlebnis, eine Tätigkeit, und ihre Erfüllung. 

Sie wusste genau, was sie wollte. Sie wusste, wie sie es wollte. Aber wenn sie es dann auf Papier brachte, wurde es immer noch einen ticken anders. Es wurde immer mehr, als sie sich jemals hätte vorstellen können, mehr, als sie jemals erwartet hätte. Ihre Innere Welt floß auf das Papier, stellte sie dar. Es war etwas intimes. Etwas vollständiges. Und etwas, was sie nur ungestört konnte. Hier war sie voll und ganz bei sich, und ließ ihren Charakter in die Bilder fließen. Hier war sie ganz sie selbst, ließ ihre Art alles bestimmen. Selbstbestimmt. Unabhängig. Stark. Frei. 

Philomela nahm eine Palette an Acrylfarben aus dem Regal neben ihr, und stellte sie auf den Tisch. Sie lauschte dem Geräusch, was das Plastik auf dem Holz verursachte, lauschte dem Knarzen der Dielen, wenn sie sich bewegte. Sie hatte es so gewollt, das der Boden oben Geräusche machte. Sie wollte keine perfekten Räume mit perfekter Akustik und perfektem drum und dran. Sie wollte etwas echtes. Das war ihr schon immer so gegangen. Es wirkte auf sie nicht authentisch, wenn es zu glatt  war. Deswegen mochte sie auch Fotorealismus nicht besonders. Natürlich war es schön anzusehen, aber sie konnte nichts spüren wenn sie es betrachtete. Es waren keine Gefühle darin festgehalten, sondern nur Technik. Einzig und allein die wahnsinnige Technik. Sie mochte auch Musik nur dann, wenn es für sie etwas rüber brachte. Sie war sehr anspruchsvoll, und wusste das auch. Ihren Geschmack teilten nicht viele. 

Aber dafür war sie etwas besonderes, sagte sie sich. Das sagte auch ihr Mann. Wieder lief sie um die Staffelei, nur um der Musik der Dielen zu lauschen. Zu malen war etwas für alle Sinne, für jeden Sinn. Auch ein Gemälde zu betrachten sprach mehr an, als nur die visuelle Wahrnehmung. Bestimmte Farben oder Kombinationen, bei Portraits Ausdrücke oder Landschaften vermochten es, einen in bestimmte Stimmungen zu versetzen oder gar Erinnerungen zu wecken. Gute Bilder konnten abstoßen, anziehen, ekeln oder faszinieren. Manche lösten gar Angst aus. Sie hatte immer mal wieder mit der Idee gespielt, ihre Monster festzuhalten. Aber etwas in ihr hinderte sie daran. Philomela wollte mit dem Bild, an dem sie nun arbeiten würde, eine Mischung aus Wohlbefinden und einer Illusion von Tiefe hervorrufen. Ein Bild, in dem man sich verlor. 

Sie nahm das Pinselset in dem Ledereinband heraus. Sie hatte sich die Haut aussuchen dürfen, aus der das Leder dann hergestellt wurde. Ihr Mann hatte dann ihren Namen darauf schreiben lassen, in wundervoll verschnörkelter Schrift. Es sah aus wie mit einer alten Feder und Tinte geschrieben. Sie roch daran. Sie konnte die Farbe erkennen, mit der das Leder schwarz gefärbt war, konnte riechen, wie es hergestellt worden war. Es erinnerte sie an ihre Kindheit, auch wenn sie nicht wusste warum. Vielleicht etwas, was ihre Mutter getragen hatte. Die zwölf Pinsel waren auch alle graviert. Die Stiele waren von einem dunklen Rot, die Spitzen schwarz. Sie breitete den Einband auf dem Tisch neben den Farben aus, und nahm einen Behälter aus dem Regal. Altes Porzellan lag schwer in ihrer Hand. Es war grau meliert mit Pfingstrosen darauf und geformt wie ein bauchiges Glas. Sie füllte es mit Wasser. Ihre Hand lag an dem kalten, feuchten Hahn, und sie lauschte wie sich das Gefäß füllte. Geräusche, die von Wasser erzeugt wurden, hatten sie schon immer fasziniert. Sie waren klar und fließend, tropfend, hypnotisch. Wenn es nicht so eine Verschwendung gewesen wäre, hätte sie Stunden um Stunden das Wasser laufen lassen können, um ihm zu laufen. Ab und an machte sie Naturgeräusche an, aber sie hatte noch keine Zusammenstellung gefunden, die sie wirklich zufrieden stellte. Regen fand sie auch großartig. 

Ihre Palette war aus Holz mit einer Beschichtung, die sie wie Marmor wirken ließ. Schwarzen, edlen Marmor. Die Beschichtung erlaubte es, die Palette immer wieder vollständig zu reinigen und zu bewundern. Sie liebte diese ganzen Dinge. Sie hatte immer das Gefühl, mit solchem Equipment viel besser arbeiten zu können als mit allem anderen. Sie war sicher, dass es sie weiter beflügelte. 

Dann öffnete sie die kleinen Tuben mit Farbe. Jede Farbe roch etwas unterschiedlich. Schwarz roch für sie sehr schwer, gelb säuerlich, und rot ein wenig nach Nagellack. Sie konnte sie daran unterscheiden, wie sie rochen, wenn man ihr die Augen verband. Das hatten schon viele Leute versucht. Natürlich ging es am besten, wenn sie ein und die selbe Marke nahmen. Sie benutzte diese Farben, seitdem sie ein Kind war. Es waren nicht die besten, das war klar. Aber es waren Farben, die sie liebte und kannte. Zum Glück waren die Rezepturen nicht verändert worden. 

Die Deckel klackten, als sie sie öffnete, und die Tuben machten leise Geräusche, als sie die Farben auf der Palette verteilte. Sie atmete tief, bis sie den ersten Pinsel ins Wasser tauchte und sich der Staffelei näherte. Sie malte heute auf Papier.

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