Prolog

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Schmerzen.

Schmerzen, wie ich sie noch nie in meinem Leben erlebt hatte. Sie waren seit einer Stunde das Einzige, was meine Existenz ausmachte. Sie überschatteten alles. Meine Gedanken. Mein ganzes Dasein.

Es war, als hätte jemand die Uhr angehalten, mich in eine kleine Blase gesteckt und die Realität ausgesperrt. Alles, was draußen passierte, spielte keine Rolle mehr. Es gab nur noch mich und meinen Körper, der seit einer Stunde Schwerstarbeit leistete. Es gab nur den Gedanken, weiter zu atmen.

Als die nächste Schmerzwelle etwas nachließ, keuchte ich und ließ mich für einen kurzen Moment mit geschlossenen Augen zurückfallen. Langsam hatte ich meine Grenze erreicht. Ich spürte deutlich, dass ich nicht mehr lange durchhalten würde.

Eine Berührung weckte meine Aufmerksamkeit und ließ mich die Augen öffnen. Grüne Augen fingen meinen Blick. Augen, die mein Herz auch nach vielen Jahren noch zum Rasen brachten. Eine Hand strich mir sanft die wirren Strähnen aus der verschwitzten Stirn und legte sich warm und beruhigend auf meine Wange.

»Du machst das sehr gut. Gleich hast du es geschafft.« Mein Mann lächelte mich zuversichtlich an. Auch für ihn war diese Situation hart, nicht weil er die Schmerzen aushalten musste, sondern weil er mich unterstützte, wo er nur konnte. Wie ich war auch er am Ende seiner Kräfte. Um 23 Uhr war die Fruchtblase geplatzt und wir haben uns auf den Weg ins Krankenhaus gemacht. Inzwischen war es acht Uhr morgens und wir hatten keine Sekunde geschlafen.

Ich wollte ihm antworten, ihm auch Mut zusprechen, als mich wieder eine Schmerzwelle erfasste. Automatisch tat ich das, was ich in der letzten Stunde immer wieder getan hatte.

Tief einatmen und pressen. Und das dreimal hintereinander.

Inzwischen hatte ich keine Kraft mehr. Das dritte Einatmen schaffte ich nicht mehr rechtzeitig, bevor das Kommando zum Pressen kam, also hielt ich die Luft einfach an und hatte dadurch noch weniger Kraft.

Ein Teufelskreis. Es dauerte zu lange. Viel zu lange. Das merkte ich nicht nur an meiner schwindenden Kraft, sondern auch an den inzwischen besorgten Blicken der Hebamme und der Ärztin. Ich sah sie leise miteinander diskutieren, hörte einzelne Worte wie ›Saugglocke‹ und ›Sauerstoffversorgung‹ und ›Chefarzt holen‹.

Wieder ließen die Wehen nach und verschafften mir eine Pause.

Sofort tauchte auf der anderen Seite des seltsamen Stuhls, auf dem ich lag, ein anderer Kopf auf.

»Frau Albert, ich weiß, es ist sehr anstrengend. Aber es ist gleich soweit. Bei der nächsten Presswehe geben Sie noch einmal alles, was Sie haben, und dann haben Sie es geschafft. Dann können Sie endlich Ihr Baby kennenlernen. Okay?«

Ich nickte nur, zu keiner anderen Regung mehr fähig. Ich bekam noch mit, wie sie Leon einspannten, ihm eine Aufgabe gaben, die mich beim Pressen unterstützen sollte. Dann kam die nächste Wehe.

Ich klammerte mich an die Worte der Hebamme. ›Noch einmal alles geben, dann ist es geschafft.‹ Auch das Wort ›Saugglocke‹ hatte etwas in mir ausgelöst. Ich wollte es alleine schaffen! JETZT war der richtige Zeitpunkt, JETZT wollte ich es schaffen!

Und ich gab alles. Es ist unglaublich, was man aus einem Körper herausholen kann, wenn es darauf ankommt. Es war nur der Wille, dieses Kind endlich auf die Welt zu bringen und in den Händen zu halten. Und endlich diese Schmerzen zu beenden.

Die Schmerzen steigerten sich noch einmal, soweit das überhaupt möglich war, aber ich konzentrierte mich allein auf den Gedanken, dass das Ziel ganz nah vor mir lag. Nur noch ein kleiner Schritt, dann war es geschafft.

Und plötzlich war es vorbei. Der immense Druck in meinem Unterleib verschwand, als hätte jemand einen tonnenschweren Sandsack von meinem Bauch gerollt. Ich konnte nur noch keuchen, die Kraft hatte mich völlig verlassen. Und doch schaffte ich es, den Kopf zu heben.

Und da war es ... das kleine Wesen, das ich 40 Wochen lang in meinem Bauch getragen hatte und das von nun an unser ganzes Leben auf den Kopf stellen sollte.

Ein kleiner Junge. MEIN kleiner Junge.

Er schrie nicht, wie man es aus Hollywood-Filmen kennt. Nein, er strampelte mit Armen und Beinen und zeigte deutlich seinen Unmut darüber, aus seiner warmen, gemütlichen Höhle vertrieben worden zu sein.

Nach einem kurzen Check kam die Hebamme lächelnd auf mich zu und legte mir das kleine nackte Wesen auf die Brust.

»Herzlichen Glückwunsch! Lernt euch erst einmal kennen, ich muss ihn gleich noch einmal ganz kurz entführen.«

Und dann stand die Welt wieder still. Es ist ein magischer Moment, wenn man sein Kind zum ersten Mal in den Händen hält. Es ist etwas ganz Besonderes. Für die einen ist es die allumfassende Liebe, die sie von der ersten Sekunde an spüren. Bei anderen - wie bei mir - ist es eher der Stolz. Stolz auf uns beide - auf uns drei - dass wir es geschafft haben. Und Freude, endlich dieses kleine Wesen kennenzulernen, das mich so lange mit seinen endlosen Turnübungen wachgehalten hatte.

Leon lehnte sich an mich, gab mir zuerst einen liebevollen Kuss und betrachtete seinen Sohn dann voller Stolz. Zaghaft hob er die Hand und strich dem kleinen Gnom über die gerunzelte Stirn.

»Hallo, kleiner Mann«, murmelte er leise und sanft. »Willkommen auf der Welt. Wir freuen uns, dich kennen zu lernen.«

Und dann rümpfte unser Sohn die Nase, als würde ihm etwas nicht passen, und streckte die Zunge heraus. Und ich konnte nichts gegen das Lachen tun, das in mir aufstieg. Ich lachte aus vollem Halse. Ich lachte die ganze Anspannung weg.

Und Leon tat es mir gleich. Wir lagen uns lachend und weinend in den Armen und betrachteten verliebt den kleinen Gnom, der uns mit skeptisch gerunzelter Stirn ansah und sich wahrscheinlich fragte, in welchem Irrenhaus er hier gelandet war.

Doch für uns stand für den Moment fest, egal was noch kommen mochte: Heute war ein schöner Tag, heute lachten wir zusammen. So wie früher. Auch wenn die Welt gerade um uns herum zerbrach. Was zählte, war unser Lachen. Für diesen Augenblick.

Wie nah wir dem Abgrund zu diesem Zeitpunkt bereits waren, ahnte jedoch niemand von uns.

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