Spuk in Leap Castle - Die Weisheit Kafkas'

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Lillian hockte vor einer dunklen Holztür und spähte durch einen kleinen Spalt in die große Wohnhalle. Unzufrieden verzog die Vampirin das Gesicht. Sie fühlte sich wie ein spionierendes Kind, das andere Kinder heimlich beim Spielen beobachtete.

„Wie wäre es, wenn wir es mit den Taschenlampen versuchen?", schlug der größte des Dreiergespanns gerade vor. „Es ist zwar oldschool, aber vielversprechend."

„Meinetwegen", antwortete der mit den dunklen Wuschelhaaren, während er eine Kamera aufstellte. „Kannst du die Lampen raussuchen, Mandy?"

Das einzige Mädchen der Runde schien skeptisch. „Und dann? Stellen wir Fragen und gucken, ob da Licht flackert?"

Lillian fand ihre Zweifel berechtigt. Der einzige Geist im Raum war der des alten Mannes, der wie immer in dem hohen Lehnstuhl vor dem Kamin saß und in ein kaltes Geisterfeuer starrte, das nur für ihn brannte. Davon abgesehen, dass keiner der drei mediale Fähigkeiten besaß und daher niemand etwa von seiner Anwesenheit ahnte – er würde sicher nicht antworten.

Doch der Wuschelkopf verdrehte die Augen. „Ach, Amanda! Jeder, der sich die Fähigkeit erhält, Schönes zu erkennen, wird nie alt werden!"

„Hä?"

Lillian schüttelte den Kopf. Sollte man den Urheber dieser Worte nicht kennen?

Wenigstens enttäuschte Wuschelkopf nicht: „Das ist Kafka! Will sagen: Sei nicht so grumpy! Das nimmt dir den Spaß am Abenteuer! Also: Holst du jetzt die Lampen?"


Während die drei Geisterjäger weiterhin ihre Vorbereitungen trafen, wandte sich Lillian an Mademoiselle Vallet, die sie weiterhin begleitete: „Ich muss mit dem Alten sprechen." Lillians Blick huschte wieder durch den Türspalt hindurch, zu dem Lehnstuhl. „Und da er den Raum nicht verlässt, müssen die drei da raus."

Die Gouvernante nickte. „D'accord. Ist es immer noch nicht gewünscht, dass die Menschen über das Dasein der Dinge aufgeklärt werden?"

„Oui", antwortete Lillian leise. „Der Orden und die anderen Wächtergruppen wollen kein zweites Debakel wie die Hexenjagden riskieren."

Damals dachte irgendein Trottel, es sei eine gute Idee, die Kirche über übernatürliche Existenzen aufzuklären. So viele Tote. So viel Leid. Das wollte niemand wiederholen.

„Hallo?", klang es derweil von drinnen. „Ist hier jemand?"

Die Gouvernante und Lillian seufzten gleichzeitig und schüttelten den Kopf. Fremdschämen. Dann erbarmte sich Mademoiselle Vallet und betrat den Raum. Natürlich sah sie niemand. So konnte nur Lillian beobachten, wie die Gouvernante zu einer Taschenlampe schritt und diese ein- und ausschaltete. Verblüffte Stille folgte.

„Wie krass. Habt ihr das gesehen?!"

„Gänsehaut!"

„Kann auch Zufall sein. Wir versuchen es noch mal!"

„Okay, okay. Geist? Bist du da?"

Wieder Taschenlampen-Blinken. Lillian war sich nicht ganz sicher, aber sie glaubte, ein Lächeln auf dem Gesicht der Gouvernante zu sehen. Das machte ihr Spaß! In dem Moment hörte die Vampirin von irgendwoher, die beiden Kinder rennen und lachen. Mademoiselle Vallet hatte ihre Schützlinge auf den Plan gerufen – und jetzt machten sie so viel Krach, das selbst die drei Menschen es mitbekamen.

„Was war das?", murmelte das Mädchen und klang mit einem Mal sehr zurückhaltend.

Doch die beiden Männer waren Feuer und Flamme. „Kommt das aus der blutigen Kapelle? Dort soll ein Laird seinen eigenen Bruder, den Priester, umgebracht haben. Während einer Andacht! Und-"

Wildes Blinken der Taschenlampe.

„Oh. Mein. Gott. Bist du der Priester?"

„Oder sein Mörder?"

„Sollen wir dahin gehen?"

Wieder antwortete die Gouvernante mit wildem Blinken und Lillian überlegte, wie die drei aus diesem ganzen Wirrwarr an Fragen und Blinken eine Antwort ableiten wollten. Doch offenbar konnten sie es. So sammelten sie ihre Kameras und Smartphones zusammen und machten sich auf den Weg zur verfluchten Kapelle – was Lillian aus der Sicherheit eines alten Wandschranks heraus beobachtete.


Dann hatte sie den Raum für sich allein. Naja – fast. Da war immer noch der alte Mann im Lehnstuhl. Aber zu ihm wollte die Vampirin auch.

Respektvoll neigte Lillian den Kopf. Dieser Geist sah nicht nur alt aus, er war auch alt – selbst für Geisterverhältnisse. „Ihr habt rufen lassen, Herr. Hier bin ich."

Das alte Gaelic der Insel ging ihr noch schwerer von der Zunge, als das Französisch. Doch auch wenn es jetzt schon sehr lange her war, hatte sie die Sprache viele Jahre lang täglich benutzt. Ganz vergessen tat man so etwas nie.

Das runzelige Gesicht des Alten wandte sich zum ersten Mal an diesem Abend von dem Kamin ab, sofort erloschen die kalten Flammen darin. „Lillian. Wie schön, dass du so schnell gekommen bist!", antwortete er in dem gleichen, freundlichen Sprachrhythmus.

Auch wenn die Vampirin es nicht gern zugab – manchmal vermisste sie es. Vielleicht sollte sie wirklich öfter hier vorbeischauen. „Aber natürlich. Wie könnte ich Eure Aufträge ausschlagen? Oder Eure Gastfreundschaft?"

Der Alte gluckste geschmeichelt. „Fühl dich zu Hause! Außerdem ist es immer gut, wenn sich jemand um das Ungeziefer in diesen Mauern kümmert. Darf ich dir dein Werkzeug geben?"

Lillian nickte. Sie war nicht sicher, inwieweit der Geist die Situation verstand. Er sprach immer von Ungeziefer, niemals von einem Elementar. Andererseits hatte er ein sehr genaues Gespür für diese Kreatur. „Das wäre sehr gütig, Herr. Dann kann ich mich sofort darum kümmern."

Daraufhin zog der Alte den langen Dolch aus der Scheide seines Gürtels und reichte ihn der Vampirin. Sie wog die Klinge in der Hand – es war, als würde man Luft greifen. Würde sie die Geisterklinge nicht sehen, würde sie nicht wissen, dass sie da war. Aber sie war da. Und weil die Vampirin genauso tot war wie die Geister, würde sie diese Waffe auch führen können.

„Du weißt: Drei Streiche und das Ungeziefer sind wir los", erinnerte der Geist des Alten sie mahnend an Dinge, die Lillian lange wusste. „Aber bitte eile dich, denn diesmal hat es sich in der Kapelle eingenistet – Gott vergib uns."

Lillian erstarrte und hatte das Gefühl, tief, tief zu fallen. „Die Kapelle?", hauchte sie leise und dachte an die drei Menschen.

„Ja. Sogar die Vögel, die sich im Frühjahr ein Nest im Gebälk bauten, hat es getötet. Wir haben es erst spät-"

Mit einer abrupten Bewegung unterbrach Lillian den Alten und deutete einen höflichen Knicks an. „Habt Dank, Herr. Ich werde mir das sofort ansehen."

„Natürlich. Ich habe Vertrauen." Der Alte lächelte. „Hab eine erfolgreiche Jagd."

Die Vampirin zwang sich ein Lächeln auf die Lippen. „Es wird sicher traumhaft leicht." „Eine Traumjagd also!", kicherte der Alte und Lillian hoffte, er möge recht behalten.

Dann wandte sie sich ab und zog in der gleichen Bewegung den Ring von ihrem Finger.
Jetzt hatte sie einen Auftrag – und einen Notfall.



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