49. Auf Geisterjagd

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"Ghosts don't haunt us. That's not how it works. They're present among us because we won't let go of them."

Und dann riss Victoria schlagartig die Augen auf.

Rasch aus der nebulösen Weld erwacht, ein leicht gelichteter Vorhang zwischen Jenseits und Diesseits, so drängte sich der jungen Frau augenblicklich der nächste anzutretende Schritt auf.

Eine durchaus riskante Handlung, die ihr höchstwahrscheinlich Kopf und Kragen kosten würde.

Doch jetzt, wo das Ziel, endlich den Spuk für alle Zeit zu beenden, in greifbare Nähe gerückt zu sein schien, durfte sie nicht aufgeben. Alles in allem ging der Kampf um die Wahrheit weiter und kein Geist der Welt, egal wie bösartig dieser wohl sein musste, würde sich ihr jetzt mehr entgegen stellen können.

Nein, in Victorias Herz brannte die Flamme der Entschlossenheit. bereits lichterloh. Lediglich das Aufheben der hier vorherrschenden Finsternis und das Befreien der hier gefangenen Seelen vermochte das wabernde Feuer ein für alle mal zu löschen und komplett zu fasriger Asche zerfallen lassen.

Schwerfällig erhob sich die junge Frau, die bislang auf dem kalten Steinboden gelegen hatte, abermals in die Senkrechte empor. Leise fluchend reckte die Schwarzhaarige ihren Kopf, wischte sich derweilen rasch ihre Hände auf dem bereits fleckigen Nachthemd ab und blickte sich schnell zur Seite um - doch kein anderer Geist ließ sich in direkter Sichtweite entdecken.

Vor schier verspürter Erleichterung atmete Victoria sogleich ein paar Mal tief ein und aus, denn mit dem bestimmt erzürnten Fabian konnte sie sich erst dann auseinander setzen, wenn das begehrte Amulett sicher in ihrer fest umklammernden Hand verweilte.

Obgleich von eisiger Kälte und feuchter Dunkelheit umringt, so fühlte sich die junge Frau keinesfalls allein. Rosmaries Geist, den sie weiterhin tief in ihre Seele spüren konnte, spendete ihr zusätzlich Kraft für das Bevorstehende.

Es war, als würde nun wärmende Zuversicht durch ihr Blut fließen und jeglichen Zentimeter des eigenen Körpers mit tapferem Mut erfüllen. Rosmarie, welche nun kein Wort mehr sprach, verweilte jetzt hingegen tief verborgen in ihrer Seele.

Mehr je denn je nahm die Lebendige beider uralte Verbindung zur Kenntnis, geprägt durch die geteilte Blutlinie und das unerklärliche Doppelgängertum.

Nun ist die Stunde der Wahrheit endlich gekommen. Und ich werde nichts unversucht lassen, diesen Fluch endlich ein für alle Mal zu Staub zerfallen lassen.

Mit hastigen Schritten eilte daher die tatkräftig gestimmte Victoria durch die bleierne Dunkelheit, vertraute hierbei ausschließlich auf erwachte Orientierungsinstinkte und jüngst ereigneten Erinnerungen. Zu ihrem kompletten Erstaunen fand sie recht bald, und ohne eine einzige Verirrung, die weit offen stehende Bibliothekstür.

Wie ein Wirbelwind auf zwei Beinen schlüpfte die Schwarzhaarige geschwind durch das einsam und verlassene Bücherportal hindurch, während ihr Herz weiterhin bis zum Halse schlug.

In aller Schnelle schien das düstere Erdgeschoss des Herrenhaus von Dunkelmoor durchquert und der Haupteingang erreicht. Rasch schlüpfte eine gedankenverlorene Victoria in ihre mitgebrachte schwarze Jack und zog sich gleichermaßen warme Stiefel ein. Zwar wollte ein Teil ihrer Selbst sowohl Charlotte als auch Louisa an ihrer Seite wissen, doch das Folgende musste sie alleine schaffen. Dies schien sie vor allem Rosmarie schuldig.

Bewaffnet mit dem hell glänzenden Taschenlampenschein ihres mitgebrachten Handys, so stellte sich junge Frau schließlich dem zu begegnenden Schicksal.

Sobald die laut knarzende Hauptür wieder hinter der jungen Frau in die verstaubten Angeln zurückfiel, starrte ihr augenblicklich ein schwarzes Loch entgegen.

Unweigerlich peitschte Victoria die herab tropfenden Tränen des Himmels ins Gesicht, kühl und dabei höchst erbarmungslos. Leicht erschaudernd hielt die Heimgesuchte an Ort und Stille kurz inne, während sich die umliegende Dunkelheit stetig mehr verdickte.

Alles in allem glich diese verregnete Nacht einem düster glänzenden Porträt, gemalt in den geheimnisvollsten Farben der Mutter Natur. Dicht besiedelte Wolken hingen des Weiteren tief am Gestirn, schwer und bedrohlich, so als würden sie jeden Moment auf die schlafende Erde herab fallen können. Schneller als gedacht kroch die fröstelnde unter ihre notdürfte Kleidungsschicht, ein eisiger Hauch, der rasch bis in ihre Knochen hinab wehte.

Für einen Moment schien die Welt still zu stehen, ehe sich Victoria mit ihrem angepeilten Ziel vor Auge abermals in Bewegung setze. Rasch eilte die junge Frau in Richtung des Friedhofs, dessen umrahmende Mauern bereits aus entlegener Ferne seltsam gefährlich wirkten.

Während ihres hastigen Spurts pfiff der heulende Wind herab, flüsterte ihr dabei stets unverständliche Worte ins Ohr. Beinahe war es, als würden die zügigen Böen eine Geschichte mit unbekanntem Ende erzählen wollen.

Allerdings gedachte sich Victoria im Hier und Jetzt keinen Kopf darüber zu zerbrechen, denn sie wusste nur zu gut, dass manche Erzählungen für tapfere Heldinnen ganz und gar nicht gut endeten.

Nur wenige Minuten später stand die mittlerweile klitschnass gewordene Bewohnerin des Herrenhauses zum zweiten Mal in ihrem Leben vor dem imposanten Tor stand, umringt von den allseits umringenden Wällen.

Jetzt oder nie.

Mit zitternden Händen öffnete Victoria den laut knarrenden Eingang und fand sich just auf dem aufgesuchten Friedhof vor, der ihr nun gruseliger denn je erschien.

Wahrlich, der Gottesacker stellte unleugbar einen Ort an, an dem die Welt der Lebenden auf die der Toten traf.

Beinah silbrig glänzte hier und das feuchte Gras angesichts der wenig herabfallenden Mondstrahlen und bedeckte gleich einem durchnässten Teppich den matschigen Untergrund.

Rund herum ragten die mit Flechten und Unrat überzogenen Grabsteine in die klamme Luft empor und erinnerten in ihrer Form an die hervorstehenden Zähne eines riesigen Ungeheuers, der tief im Boden schlummerte und nur auf die nächstbeste Gelegenheit wartete, wieder aus seinem auferlegten Schlaf gerissen zu werden.

Gedankenverloren erschauderte Victoria bei dem gegebenen Anblick, der nicht hätte trostloser sein können. Ungünstigerweise verstärkte wohl auch der schier nimmer enden wollende Regen das Gefühl der Einsamkeit, jedes Plätschern der prasselnden Tropfen hallte wie kichernd erklingendes Flüstern durch die hier eisern regierende Stille.

Am Ende des Friedhofs, hinter unzähligen Grabstätten liegend, machte Victoria sogleich in aller Schnell die alte Gruft aus. Mutiger als sie sich im Insgeheimen tatsächlich führte, rannte die junge Frau auf beinah halsbrecherische Weis den mit Kieselsteinen gesäumten Pfad entlang, welcher sie schon bald ihrem gefürchteten Ziel näher bringen sollte.

Endlich bei der schweren Türe angekommen, atmete die Schwarzhaarige tief ein und aus, ehe sie das versperrende Gestell öffnete und sogleich aus freiem Mut den vor ihr aufgebahrten Schlund betrat.

Wie bei ihrem letzten Besuch zuvor, so glaubte die Kopf bis Fuß frierende Victoria abermals einen Hauch von Ewigkeit in der Luft hängen sehen zu können.

Denn diese mutterseelenalleine Ort war einer jener, an dem die Vergangenheit nicht wirklich eine Ruhe fand und stets zwischen den ausgekühlten Steinwänden weiter lebte.

Vorsichtig setzte die Urlauberin einen Fuß vor den anderen, blickte sich ab und zu, wohl zur eignen Versicherung, über die eigenen Schultern hinweg. Bis jetzt schien die Luft rein und Victoria hoffte bange, dass sich dieser friedvolle Zustand bis zum bitteren Ende nicht mehr ändern würde.

Schneller als gedacht erreichte sie nach wenigen Minuten das verborgene Gedärm der Gruft und begab sich ohne Umschweife in das dahinter liegende Innere hinein.

Verdammt, es ist so ruhig hier... als hätte hier sogar der Tod höchstpersönlich seinen ewige Atem angehalten. Ich muss schnell das Amulett finden und dann nichts wie weg.

Gleich darauf richtete sich ihr Blick bereits auf die drei aufgestellten Särge, die weiterhin in zentraler Position ruhten.

Kein gemeiner Laut drang unweigerlich zu Victorias Ohren vor. Ab und zu unterbrach allerdings das gelegentliche Tropfen von Wasser das gesponnene Netz der Ruhe. Kühle Feuchte tropfte hier und da von der Decke herab und platschte leise auf den Boden nieder. Ein einsames, beinah rhythmisch anmutendes Klopfen, das wie das Pochen eines lebendigen Herzens in der Brust der Gruft erklang.

Mit äußerster Vorsicht näherte sich Victoria allen drei geschlossenen Totenkisten auf, darauf bedacht, durchaus beim abrupten Öffnen eine böse Überraschung zu erleben. Obgleich sich das Gefühl des Grauens wie die Made im Speck bis tief in ihren Magen hinab fraß, so dachte sie keinesfalls ans Aufgeben.

Beim ersten Sarg schließlich angekommen, hielt sich eine höchst nervöse Victoria nicht lange mit Zögern auf und griff stattdessen den schnaubenden Stier direkt bei seinen Hörnern. Mit zitternden Fingern griff sie den Deckel und riss diesen mit Schmackes weit auf.

Der erste Sarg, schlicht und aus dunklem Holz, barg, wie die junge Frau nur ein paar Augenblicke später feststellte, wohl die sterblichen Überreste von Katharina. Denn jene weiblichen Überreste trugen leider kein Amulett am Halse.

Ihr leichenblasses Skelett, von Kopf bis Fuß eingehüllt in ein altmodisches Trauerkleid, lag seelenruhig da. Victoria beschien sie mit dem Licht ihrer Handykamera, doch keine Spur von dem begehrten Schmuckstück.

Erschaudernd fiel ihr verweilender Blick auf leer stehende Augen, vollkommen des Leben beraubt. Dunkle Locken kringelten sich vom fahl glänzenden Schädel ab und blitzen im hellen Schein düster auf.

Selbst nach näherer Betrachtung konnte die Abenteuerin den einst fleischliche Anblick nicht so recht in Einklang mit dem lebenslustigen Geist bringen, den sie im Geheimen sehr zu mögen angefangen hatte. Rasch nickte sie der Toten zu, um ihr den letzten Respekt zu erweisen.

Mit überaus sanfter Besorgnis setzte eine leise ächzende Victoria den extrem schweren Deckel wieder herab. Unweigerlich raunte der Klang von aufeinander treffenden Holz durch die Gruft, ehe die Melodie schließlich wieder ins Leere verblasste.

Instinktiv erahnte die Doppelgängern, dass Fabian leiblicher Körper wohl als erster Erbe in der mittleren Lage ruhen muss. Für einen Augenblick überlegte Victoria, ob sie ihn nicht kurz betrachten sollte. Vielleicht ließ sich ja sogar in den eingefallenen Zügen sein eigentliches Wesen erkennen, welches sie seit der ersten Begegnung so faszinierte.

Am Ende entschied sich die hadernde Abenteuerin gegen diese verlockende Option, so wollte sie Fabian mit all seiner silbern schimmernden Schönheit in Erinnerung behalten und nicht als ein Stück verwestes Fleisch.

Und dann blieb nur doch der dritte Sarg zu inspizieren übrig.

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