November| Das etwas seltsame Probespiel

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"Viel Glück, Schatz!" wünschte mein Papa mir. Ich nickte ihm lächelnd zu, und schulterte dann meinen Hornkasten. Das Gewicht des Instruments war schon ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber nach drei Jahren kam es mir nicht mehr so schwer vor.

Ich lief auf das Regierungsgebäude zu. Von Bildern kenne ich ein paar Regierungsgebäude der Erde, die total groß, protzig und einschüchternd wirken. Das hier war jedenfalls nicht so. Insgesamt ging es ziemlich in die Breite, und wurde von großen Säulen gestützt.

Außerdem war es in Nachtblau gestrichen. Weiße Sterne sprenkelten sich rund um das Gebäude, und ließen es wie einen herausgeschnittenen Teil des Sternenhimmels aussehen. Ich trat durch eine kunstvoll verzierte hölzerne Tür ein.

"Guten Tag." Begrüßte mich die Sekretärin an der Rezeption. Sie trug eine dunkelblaue Jeans und dazu eine weiße Bluse. Auf Callisto nahmen wir es nicht so ernst mit der Arbeitskleidung. "Mia Wagner, nicht wahr?" 

Ich nickte, da mir vor Aufregung die Stimme versagte. Gleichzeitig beobachtete mein Gehirn die Inneneinrichtung - schlicht und einfach eingerichtet, mit nur ein paar Tischen und Stühlen am anderen Ende des Raumes.

"Kommen Sie mit, ich zeige ihnen die Einspielräume. Raum M2 sollte noch frei sein." sagte die Sekretärin lächelnd, und ging vor.

Gemeinsam liefen wir den scheinbar ewig langen Flur entlang, bis wir an einer schwarzen Tür angelangt waren. "Du hast eine Stunde zum einspielen. Ich werde dich dann abholen kommen." sagte sie freundlich, und drückte die goldene Türklinke herunter.

Der Raum war wie die Eingangshalle ebenfalls schlichtgehalten, es hing jedoch ein buntes Bild mit Blumen an der Wand. Wenigstens sah es nicht so trist aus.

Die Sekretärin legte kurz ihre Hand auf meine Schulter. "Viel Glück." wünschte sie.

Dann war ich alleine im Raum.

Ich stellte den Hornkasten auf dem Boden ab, und öffnete den Reißverschluss. "Hi, schöner Tag um vor zu spielen, nicht wahr?"

Jaja. Ich redete mit meinem Instrument. Mit einem soliden Gegenstand. Klingt verrückt, oder?

Es heißt nicht, dass Dinge keine Gefühle haben, nur weil wir sie nicht verstehen. Das ist jedenfalls meine Theorie. Deshalb hatte ich es mir zur Angewohnheit gemacht, jeden Tag vor dem üben mein Waldhorn zu grüßen.

Natürlich gab es keine Antwort. Es wäre auch gruselig gewesen, wenn es plötzlich: "Hi, Mia! Wie gehts? Ja, heute ist ein sehr schöner Tag!", geantwortet hätte.

Ich schloss das Mundstück an das Horn an, und blies probehalber rein. Ein warmer, weicher Ton erklang. Genau der Ton, was mich ausgerechnet auf das Instrument gebracht hatte. Langsam begann ich, Tonleitern auf und ab zu spielen und begann, mich immer sicherer zu fühlen.

Die Zeit verging wie im Flug, und die Sekretärin kam hinein. Als die Türklinke quietschend runterging, hätte ich vor schreck beinahe mein Horn fallen lassen.

"Du bist dran, ich führe dich zum Saal." sagte sie, und lächelte mich an.

Meine Aufregung steigerte sich, doch ich hatte sie unter Kontrolle. Aufregung war sogar gut, Panik dagegen nicht. Außerdem hatte ich gut geübt. Das einzige, was mir noch Sorgen machte war, dass mir nicht vorher gesagt wurde, was ich zu spielen hatte - Ziemlich unüblich für ein Probespiel.

"Ich wünsche dir viel Glück." sagte die Sekretärin, als wir an einer Flügeltür aus Holz angelangt waren. "Hab einfach Spaß, okay?"

Mit angehaltenem Atem betrat ich den Saal. Die Decke war gewölbt, und wie das äußere des Gebäudes in Nachtblau gestrichen. Allerdings leuchteten die Sterne hier. Es war einfach atemberaubend schön.

"Mia Wagner! Schön, dass sie die Zeit gefunden haben! Ich bin Bruno Schmidt." grüßte mich ein gut aussehender, junger Mann. Er hatte braune Haare, und dazu passende haselnussbraune Augen. Sein Gesichtsausdruck war freundlich, beinahe verschmitzt.

"Guten Tag." erwiderte ich aufgeregt. Mein Herz raste immer noch mit einer Geschwindigkeit von hundertdreißig mal pro Minute.

"Also, Mia. Wieso spielst du Waldhorn?" fragte Bruno. Das war jetzt definitiv nicht normal für ein Probespiel. Es klang eher so wie eine Therapie - Wieso tust du das? Gibt es irgendeinen spezifischen Grund?

Nach kurzem einatmen sagte ich: "Waldhorn hat mich schon immer fasziniert. Der Klang, die verschiedenen Klangfarben, und der Tonumfang. Es macht einfach spaß, zu spielen. Man fühlt sich frei und glücklich, als ob man alles erreichen könnte."

Er schien mit der Antwort zufrieden zu sein. Jedenfalls lächelte er nur, und fragte nichts weiter zu dem Thema. "Und...glaubst du an Magie?"

Was zur Hölle war das denn jetzt? Langsam wurde ich wirklich verwirrt. 

"Ja." erwiderte ich. "Wieso nicht? Die Erdmännchen haben keine Ahnung von unserer Existenz, da könnte es ja auch sein, dass wir keine Ahnung von einer anderen, magischen Welt haben, oder?"

Bruno Schmidt nickte langsam. "Interessante Theorie. Nun, zum Schluss. Würdest kurz ein Lied improvisieren?"

"Klar." sagte ich. Das hatte ich schon ein paar mal ausprobiert, allerdings nur für mich. Jetzt etwas eigenes zu improvisieren, mit einem Zuschauer, machte mich schon ein wenig nervös. Dennoch setzte ich das Mundstück an die Lippen, und begann zu spielen.

Dunkle, warme Klänge hallten durch den Raum, und füllten die Luft mit Freude. Vielleicht war Musik einfach generell magisch? Musik hatte die Kraft, Gefühle zu verändern und hervorzurufen. 

Als ich fertig war, öffnete ich meine Augen. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich blind gespielt hatte.

"Danke, Mia. Das Ergebnis kommt per Cmail." sagte Bruno Schmidt mit einem seltsamen Funkeln in den Augen. Dann nickte er mir zu, und öffnete die Tür.

Ich trat raus, und konnte es nicht fassen. Die Erinnerung an das improvisierte Stück war verschwunden! Ich konnte mich nicht mehr erinnern, was ich soeben gespielt hatte.

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