Epilog

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Der Lehrer legte das Notizbuch auf dem Rednerpult ab. Seine Augen waren gerötet und feucht.
»Darius Hauburg starb in der Nacht vom 26. auf den 27. November diesen Jahres in Folge seines Suizids, bei dem er sich vor einen Zug schmiss, um 0:37 Uhr. Neun Tage nach seinem Attentat, bei dem Sina Frohmann infolge einer Stichverletzung im Bauch wenige Minuten nachdem sie im Krankenhaus ankam durch den Blutverlust und geschädigte Organe verstarb. Auch für Kevin Popp war es ein Überlebenskampf, der für ihn glücklicherweise besser aus ging, sodass er hier an dieser Gedenkfeier teilnehmen kann«, sprach er mit zittriger Stimme.

Der Lehrer versuchte erneut anzusetzen, jedoch entwich ihm stattdessen ein Schluchzen. Der Direktor erhob sich und kam auf den Lehrer zu. Flüsternd bat er diesen sich zur Mutter von Darius zu setzen. Markus Weißner nickte und ging nach hinten weg, während der Direktor übernahm.
»Wir haben diese Trauer- und Abschiedsfeier nicht umsonst stattfinden lassen. Die Lesung von dem gefundenen Tagebuch von Darius Hauburg sollte allen hier Anwesenden bewusst machen, dass seine Tat einen Grund hatte. Der Junge war psychisch fertig und wusste keinen anderen Ausweg mehr. Doch er hat leider zu spät erkannt, dass es Möglichkeiten gegeben hätte. Diese Schule ist zwar offiziell keine Brennpunktschule, doch ich habe diesen Begriff schon oft genug in Verbindung mit unserer Schule gehört. Niemand soll so leiden wie Darius es tat, das hat er uns nicht nur in seinem Notizbuch gesagt, sondern das haben wir auch aus seiner Tat erkennen können. Ich habe als Schulleiter versagt, dadurch, dass ich an Anti-Mobbing Maßnahmen gespart habe und auch bei Mobbingfällen nicht genug habe durchgreifen können. Markus Weißner, ein so selbstloser Vertrauenslehrer und wunderbarer Mensch, hat sich schon vielen Schülern angenommen, besonders unterstützte er Darius wo er konnte. Er hat ihn bei sich aufgenommen, als er kein Zuhause hatte. Er war der Ansprechpartner dieses Jungen wenn irgendetwas passiert ist. Sein Engagement hat Darius lange über Wasser gehalten. Ich bitte um einen großen Applaus für diesen Mann.«

Ein lang anhaltender Applaus donnerte durch die Sporthalle, doch in Markus Weißners Gesicht zeigte sich kein Lächeln. Fertig saß er im Stuhl neben Darius' Mutter und ihrem Verlobten, welcher die schluchtzende Frau liebevoll im Arm hielt. Als sich der Applaus legte sprach der Direktor weiter:»Ich habe mein Versagen als Schulleiter erkannt. Zum Halbjahr wird es einen offiziellen Wechsel der Schulleitung geben. Schon jetzt möchte ich euch Frau Kerstin Jahn vorstellen, die meinen Platz einnehmen wird.«
Eine junge Frau betrat die Bühne, doch Markus Weißner wollte diesem bürokratischen Geschwafel nicht zuhören. Über den Hintereingang verließ er unauffällig die Halle und ging ins Freie.

Leichter Schnee fiel vom Himmel und schmolz direkt auf dem nassen Boden. Der Einzige sollte er jedoch nicht draußen sein. Auf einer Bank unter einem Vordach entdeckte der Lehrer Victor, Tara, Alexander, Julien, Florian, Marcel, Svenja und Jaqueline beisammen sitzen. Es waren Freunde des verstorbenen Schülers gewesen. Der Lehrer beschloss zu ihnen zu gehen.
»Wenn ich an diesen Moment zurück denke, an dem ich die Nachricht bekommen habe. Oh Gott, mir wird schlecht wenn ich daran zurück denke. Er hat ja tagelang niemandem auch nur ein Lebenszeichen geschickt und plötzlich bekommen wir alle die selbe Nachricht, nur damit es seine letzte ist«, sagte Tara gerade, als der Lehrer zu ihnen dazu stieß.
»Hallo Herr Weißner«, sagten die Schüler brav im Einklang, doch der Mann winkte ab.
»Darf ich mich zu euch setzen?«, fragte er und sofort rutschte Marcel auf der Bank zur Seite, um ihm Platz zu machen.

»Es ist schön dich hier zu sehen, Alex. Ich wünschte die Umstände wären erfreulicher«, begrüßte er den Jungen, welcher nicht diese Schule besuchte.
»Ich wünschte es ebenfalls«, entgegnete dieser.
»Wir fanden es sehr stark von ihnen, wie sie Darius' Notizbuch vorgelesen haben. Vor allem gegen Ende hin. Auch das sie keine Scheu gezeigt haben vor allen Schülern Tränen zu vergießen«, fiel Svenja dazwischen.
»Ja, das war wirklich stark von ihnen«, stimmten ihre Freunde ihr zu.
Der Lehrer winkte ab.
»Mir lag etwas an dem Jungen, warum sollte ich das nicht auch zeigen?«
»Ich glaube Darius hat schon immer in ihnen einen Vater gesehen, den er lange nicht mehr hatte. Er hat nämlich immer so von ihnen erzählt, als ob sie alles für ihn wären«, sagte Alexander.
Ein Lächeln huschte in sein Gesicht und eine weitere Träne floss die Wange des Lehrers hinunter. Ja, mit Darius hatte er wirklich einen Sohn verloren, den er nie hatte.

»Wie geht es Manuel eigentlich? Sina ist doch... naja ihr wisst schon. Sie war seit ein paar Tagen seine Freundin und dann ist sie gestorben, ohne, dass er was dagegen tun konnte«, fragte Jaqueline in die Runde.
»Ich weiß ehrlich gesagt nicht mal, ob er Sina wirklich geliebt hat«, merkte Tara an.
»Er geht nur Beziehungen ein für das Eine. Das hab ich damals auf die harte Tour lernen müssen. Ich dachte, ihm liege wirklich was an mir, aber so frühreif wie er war... Zum Glück hab ich das zwischen uns beendet, bevor ich gewisse Dinge bereuen würde. Aus der Erfahrung ist es für mich eher offensichtlich, dass er nur mit Sina zusammen war, weil er sich da was erhofft hat.«
»Wie konntest du danach eigentlich noch weiter mit ihm befreundet sein?«, fragte Julien das Mädchen.
»Ich hab einige Tage lang nicht mit ihm gesprochen und von meinen damaligen Freundinnen wurde ich nur gefragt, warum ich es nicht gemacht habe. Sie haben mein Nein zu Manuel einfach nicht verstanden. Er hingegen hat sich ein paar Tage später bei mir entschuldigt. Er wollte mich ja zu nichts zwingen und das ganze Bla bla. Ich war dumm und naiv, aber ich hatte ja auch niemand anderen.«

»Deine Entscheidung damals war richtig«, unterstützte Victor Tara.
»Ich wünschte, ich hätte mich auch früher von den Idioten abgekoppelt. Die haben mir ganz und gar nicht gut getan.«
»Ich hoffe wirklich, dass die aus der Sache gelernt haben und sich bessern werden«, seufzte Florian und stützte seinen Kopf auf seinen Armen ab.
»Aus Darius wäre so ein toller Musiker geworden. Wenn es doch nur nicht so hart auf hart gekommen wäre...«
»Stimmt ja! Habt ihr eigentlich mal anderen den Song gezeigt?«, fragte Svenja die Gruppe.
»Nun ja. Wir haben es vorgestern auf YouTube hochgeladen und es kam auch gut an. Aber ob ihr das schon gesehen habt wissen wir nicht«, erklärte Julien.
Alexander zog sein Smartphone hervor und bat Florian darum, den Song mal vorzuspielen. Die Gruppe lauschte gebannt und als Herr Weißner Darius' Stimme hörte, schossen ihm wieder die Tränen in die Augen. Dieser Junge war wirklich so begabt gewesen. Würde er doch noch leben und hätte er doch nur die nötige Förderung zum Musizieren bekommen. Er wäre so ein großartiger Musiker geworden.

Als das Video endete trat Schweigen in die Gruppe ein, welches nach ein paar bedrückenden Minuten von Julien gebrochen wurde.
»Denkt ihr, wir als seine Freunde hätten ihn noch mehr unterstützen müssen? Das wir mehr für ihn hätten da sein sollen?«
»Nun ja«, entgegnete Victor: »Auch wenn ich gerne für ihn da gewesen wäre, ich wollte ihm auch nicht auf die Pelle rücken mit ständigem Beistandsgedusel.«
»Außerdem war es für ihn ungewohnt so plötzlich so viele Menschen um ihn herum gehabt zu haben. Meiner Mutter ist richtig aufgefallen, wie schüchtern und zurückhaltend er im Gegensatz zu euch war. Ja fast schon scheu«, merkte Florian an.
»Denkt ihr, euch hätte er von seinem Vorhaben erzählt? Schließlich hat er sich auch vor Markus verschlossen und er war sein engster Vertrauter«, warf Alexander kritisch ein.
»Nun ja, mir war er vergleichsweise offen«, mischte sich Tara in die Diskussion ein.
»Als ich meine Mutter das letzte Mal getroffen habe, und das Gespräch eher weniger erfreulich war, habe ich anschließend sehr resigniert im Bus gesessen, wo ich zufällig Darius getroffen habe. Er war es, der angeboten hat, ich könne ihm erzählen was mir auf der Seele liegt, in der Hoffnung, dass es mir danach besser geht.«
»Dich kennt er von uns auch am längsten, oder?«, fragte Marcel das Mädchen.

»Ja, wir haben uns kennen gelernt als er vorübergehend ins Heim musste. Ich selbst war noch nicht so lange da wie andere und hab mich bei Darius ehrlich gesagt wohler gefühlt, weil er in meinem Alter war. Als wir dann hier an die Schule gekommen sind, habe ich mit all denen was gemacht, mit denen ich in der Grundschule war, also Manuel, Ali, Simon und die ganze Truppe. Als ich mich wieder mit Darius anfreunden wollte hat Manuel das schön verhindert und hat mir jedes Mal eingebläut, ich soll nicht mit solchen Losern abhängen. Hätte ich nur damals schon kapiert, dass er und die anderen die Loser sind. Ich wünschte, ich hätte mich eher wieder mit Darius angefreundet als erst vor ein paar Wochen«, erklärte diese.
»Jeder macht Fehler. Wir waren ja alle nicht besser«, sprach Svenja schuldbewusst.
»Jeder hatte eben Angst vor Manuel und seinen Jungs, gerade früher«, pflichtete Jaqueline ihr bei.
»Trotzdem bereue ich es ebenso. Nach der 6. oder 7. Klasse hat Manuel bei den meisten nicht mehr so einen großen Stellenwert gehabt. Da hätten wir ja einfach auf ihn scheißen können und Darius helfen können. Gerade in dieser Zeit hat er am meisten gelitten.«

»Wir können uns da jetzt so lange ausmalen wie es gewesen wäre wie wir wollen. Wir können die Vergangenheit nicht ändern. Darius ist tot. Und Sina auch«, seufzte Marcel mit finsterer Miene.
»Wir müssen jetzt damit klar kommen statt uns Vorwürfe zu machen.«
Wieder trat Schweigen in die Gruppe ein. Auf dem Pausenhof war zu beobachten, dass die meisten begannen die Turnhalle zu verlassen. Die Feier war wohl vorbei.
»Ich gehe mal zu Frau Hauburg. Nicht das sie mich später sucht wenn sie mich wieder mit nach Hause nimmt«, sagte Alexander und wollte sich auf den Weg machen, als die ganze Truppe aufstand.
»Wir kommen mit dir. Wir haben ihr noch gar nicht unser Beileid ausgesprochen«, erklärte Florian.
»Schließlich ist es als Mutter das schlimmste, wenn das eigene Kind stirbt«, fügte Julien hinzu und erhielt nickend Zustimmung von den anderen.
Gemeinsam gingen sie über den Pausenhof zu der Frau, die immer noch von ihrem Partner im Arm gehalten wurde. Markus Weißner folgte den Schülern. Auch er wollte nochmal mit der Mutter sprechen.

Als die Gruppe bei dem Paar ankam lächelte die Frau trotz ihrer Tränen an.
»Guten Tag Frau Hauburg«, begann Florian höflich, doch diese winkte ab.
»Ihr könnt mich ruhig Juliane nennen, genauso wie ihr meinen Verlobten Lukas nennen dürft. Ihr wart Freunde von Darius, richtig? Ihr wart auch auf dem Konzert.«
Die Gruppe nickte.
»Ich muss euch Dank aussprechen. Darius hat von euch immer so wunderbare Sachen erzählt. Danke, dass ihr in den letzten Wochen meinen Sohn noch so glücklich gemacht habt.«
Während sie das sagte liefen ihr ein paar weitere Tränen über das Gesicht. Die Jugendlichen wussten nicht was sie sagen sollten. Stattdessen lächelten sie das Paar nur brav an.
»Mein Dank geht auch an dich, Markus. Du warst immer für ihn da, im Gegensatz zu mir. Wie kann ich das nur wieder gut machen?«
Der Lehrer winkte ab.
»Ich habe getan, was ich für jeden anderen Schüler auch machen würde der an seiner Stelle gewesen wäre.«
Lukas räusperte sich kurz.
»Ich störe wirklich nur ungerne, aber wir haben leider einen etwas engeren Zeitplan und müssen bald fahren«, erklärte er.
»Das ist verständlich. Ich wünsche euch eine gute Fahrt«, sagte Markus.
»Na dann mach's gut Alex«, verabschiedete Tara sich, woraufhin sich die anderen auch von dem Jungen verabschiedeten.
Kurz darauf ging das Paar auch zusammen mit dem Jungen in Richtung des Parkplatzes.

Auch die anderen verabschiedeten sich untereinander und machten sich auf den Weg nach Hause. Nur noch Tara und Victor waren nun übrig.
»Hast du was dagegen, wenn ich dich nach Hause begleite?«, fragte der Junge das Mädchen.
»Ich muss in der Gegend noch was erledigen.«
»Nein, du kannst mich ruhig begleiten. Das ist kein Problem«, entgegnete das Mädchen ihm.
»Ich will mir unterwegs noch was zu Essen holen, wenn dich das nicht stört.«
»Im Gegenteil. Ich könnte selbst was vertragen«, meinte der Junge.
So machten sie sich gemeinsam auf den Weg. Lange liefen sie schweigend nebeneinander her, bis Tara meinte, sie wolle sich in einem kleinen chinesischen Imbiss eine Nudelbox holen, worauf auch Victor Appetit hatte. Mit ihrem Essen setzten sie sich anschließend auf eine trockene, überdachte Parkank in der Nähe.

»Du Tara?«, fragte der Junge, als sie beide aufgegessen hatten.
»Ja?«
»Tut mir leid, wenn ich neugierig bin, aber was ist eigentlich zwischen deinen Eltern und dir?«
Sie seufzte.
»Ich erzähle es dir nur, weil du jemand bist, dem ich vertraue. Ich hoffe, du gehst mit dem Wissen nicht so scheinheilig um wie Manuel.«
»Für wen hälst du mich?«, fragte er gespielt empört und mit einem Lächeln im Gesicht.
Tara lachte kurz auf, wurde dann aber wieder ernst.
»Meine Mutter war 13 als sie mich bekam. Meinen biologischen Vater kenne ich nicht. Ich weiß nur, dass er 16 war und abgehauen ist, als er erfahren hat, dass er meine Mutter geschwängert hat.«
»Was ein Arsch!«, fiel Victor dazwischen.
»Ja, aber meine Mum war auch nicht besser. Normal würde ich jetzt nichtmal hier sitzen. Sie wollte abtreiben, aber was genau damals passiert ist, dass sie es nicht machen konnte, weiß ich nicht. Sie hat mich also ausgetragen und an Adoptiveltern abgegeben. Aber die haben sich auch getrennt als ich im Kleinkindalter war und keiner von ihnen wollte mich. Da bin ich im Heim gelandet.«
»Du tust mir wirklich leid«, sagte der Junge mitfühlend.
»Es ist wohl in meiner Familie vorprogrammiert, dass es nur Chaos gibt. Meine Großeltern haben ja auch keine Unterstützung gegeben. Schließlich kam meine Mutter selbst aus schwierigen Verhältnissen. Da hatte sie nur Geld, wenn das Harz IV gekommen ist, oder sie mit Drogen und Prostitution welches bekommen hat.«

Victor schwieg kurz.
»Das Manuel die Umstände nicht genutzt hat doch schon damals zu ärgern und nicht nur erst als du dich auf Darius' Seite geschlagen hast.«
»Er wusste nichts von mir, das kam ja erst später raus. Mit Darius war das irgendwie anders. Ich war offen, er verschlossen. Ich habe mich mit Manuel angefreundet, Darius wollte nichts mit solchen Menschen zu tun haben. Ich habe alles vom Heim bezahlt bekommen, Darius musste jedesmal den Klassenlehrer nach einem Antrag auf finanzielle Unterstützung von Förderverein fragen. Ich habe vieles mitgemacht, Darius hat sich von allen distanziert. Leider musste ich lernen, dass Manuel mit diesen Überlegenheitskomplexen erzogen worden ist. Sein Vater hat ihm schon immer eingebläut, dass Arbeitslose faul sind und sich nur auf den Staat stützen. Und auch wenn Darius Vater leider einige Klischees erfüllt hat, er macht da keinen Unterschied.«
Das Mädchen atmete kurz durch.

»Ich könnte jetzt noch ewig darüber einen Monolog führen, aber was bringt es? Du kanntest Manuel ja auch, oder?«
»Wohl nicht so wie du«, seufzte Victor und stand auf.
»Komm, wir können weiter reden, wenn wir laufen.«
Auch das Mädchen stand auf und gemeinsam gingen sie weiter.
»Wirst du bei den Anti-Mobbing Projekten mitmachen?«, fragte Tara den Jungen.
»Klar! Auch wenn ich nur noch dieses Halbjahr da bin.«
»Du gehst auch ab?«
»Du auch?«, wunderte sich Victor und Tara nickte zur Antwort.
»Ich hab mich bei ein paar Berufsschulen für die Sozialassistenz eingeschrieben. Mal schauen, welche mich annimmt. Ich denke wirklich Erzieherin könnte mein Beruf sein«, erklärte sie.
»Das passt zu dir«, nickte er.
»Ich mache eine Ausbildung zum Stahl- und Betonbauer. Wie bist du denn auf den Beruf gekommen?«
Tara lächelte leicht.
»Darauf hat Darius mich gebracht.«

Der Junge sah auf sein Handy. In der Küche stritten seine Eltern im Hintergrund. Sein Vater beschwerte sich lautstark, während seine Mutter versuchte beruhigend auf ihn einzureden. Seit jenem Tag ging das so. Seitdem seine Freundin von dem getötet wurde, den er in den Selbstmord getrieben hatte. Nach all den Jahren verspürte er das erste mal Schuld und Reue. Er hatte sich nie Gedanken darüber gemacht, was er Darius eigentlich angetan hatte; er und seine Freunde. Er hatte sein Zimmer verschlossen und saß nun einsam in der Dunkelheit, die nur durch die Straßenlaternen und andere Lichter der Außenwelt erhellt wurde. Das Licht störte ihn, also zog er die Vorhänge zu. Gerade war in seiner Welt kein Platz für Licht. Seine Freunde schrieben zwar mit ihm, aber er spielte ihnen vor, alles sei in Ordnung. Doch nichts war in Ordnung. Sina war tot, und es war seine Schuld. Hätte er es doch nur nicht zu weit getrieben. Als er seine trauernde Mutter heute gesehen hatte, war ihm bewusst geworden, welchen Fehler er begangen hatte. Er dachte immer, Darius wäre ein Niemand. Aber das war er nicht. Er hatte eine Mutter, einen Vater, Freunde und sein eigenes Bewusstsein. Er wusste, bei seinem Vater war sein Leben nichts wert. Das hatte er ihn zu genüge spüren lassen. Das war sein, Manuels, Fehler gewesen. Sein Vater hatte ihm immer gesagt, um den Abfall der Gesellschaft solle er sich nicht scheren. Er hatte immer gedacht, es wäre eine Rechtfertigung gewesen Darius fertig zu machen. Erst jetzt begriff er, er hätte den Jungen einfach in Ruhe lassen sollen, schließlich hatte er seine eigenen Probleme gehabt. Er hatte ihm nur noch mehr Probleme gegeben. Darius' weinende, schwangere Mutter kam ihm wieder ins Gedächtnis. Er konnte es nicht über sein Herz bringen sich zu entschuldigen, als er sie gesehen hatte. Erneut schossen ihm die Tränen in die Augen. Er könnte sie niemals um Vergebung bitten; das hatte er nicht verdient. Eine Zeit lang saß er schluchzend auf seinem Bett. Die Schuld erdrückte ihn und er wünschte, er hätte diesen Fehler nie begangen. Er begann auf seinem Handy einige Bilder von ihm und seinen Freunden, vor allem mit Sina, anzusehen. Er vermisste sie schrecklich. Auch wenn sie sich erst kürzlich ihre gegenseitige Liebe und Zuneigung gestanden hatten, war nicht nur ihre viel zu kurze Beziehung mit ihr gestorben, sondern auch eine langjährige und gute Freundschaft. Immer älter wurden die Bilder, die er sich ansah, und schließlich bleib er mit dem Blick auf einer anderen, besonderen Person hängen: Tara.

Auch sie war, nachdem sie nicht mehr mit ihm und den anderen herum hängen wollte, in sein Fadenkreuz des Ärgers hinein gezogen worden. Genauso wie Darius hatte sie es nicht verdient gehabt. Sie hatte sich für die Richtigen angefangen stark zu machen. Sie hatte früher erkannt, worauf es wirklich ankam, und er war so ein Idiot gewesen. In Wahrheit wusste er doch gar nichts!
Eine Zeit lang ließ er diese Erkenntnis auf sich einwirken, ehe ein neuer Gedanke durch seinen Kopf huschte: Tara könnte er aufrichtig um Verzeihung bitten. Er hatte ihr Unrecht getan und wenn er ein besserer Mensch werden wollte, dann war es vielleicht der erste richtige Schritt sich bei ihr zu entschuldigen. Er suchte am Handy den Chat mit ihr heraus. Seit Wochen hatten sie online kein Wort mehr miteinander gewechselt und er hoffte, sie hatte ihn nicht schon längst blockiert.
Kann ich mit dir reden?
Er sendete die Nachricht. Und er musste tatsächlich nicht so lange auf eine Antwort warten.
Was willst du von mir? Warum sollte ausgerechnet ich mit dir reden wollen?
Ein wenig recht hatte sie ja schon, aber er versuchte es weiter.
Mir geht es ehrlich nicht gut und ich weiß einfach nicht weiter. Du bist die einzige, die mir eingefallen ist, mit der ich reden könnte.
Wieder wartete er und sein Herz schlug bis zum Hals, als er sah, dass Tara tippte.
Ich weiß, es ist schon spät. Aber wenn du es wirklich ernst meinst, dann treffen wir uns jetzt gleich am Haupteingang vom Stadtpark. Wehe, du lässt mich das bereuen!
Erleichtert atmete Manuel aus.
Werde ich nicht.
Er lauschte: Seine Eltern waren nicht mehr zu hören. Das war seine Chance. Er zog sich warme Sachen an und verließ die Wohnung; mit ein wenig Glück auch in eine bessere Zukunft.

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Und damit ist mein Projekt »Das Monster in mir« offiziell beendet! 🥳
Ich habe das Ende doch noch einmal ein wenig abgeändert, also genießt nochmal ein paar Wörter mehr zu dieser Geschichte ;)
Eigentlich wollte ich das Buch in einem Jahr fertig haben, aber es sind doch fast 2½ geworden 😅

Teilweise ist das Buch echt Cringe muss ich zugeben (oder zumindest finde ich es), aber gut, mit 16 ist halt noch nicht jeder ein Profi Autor 😂
Rückmeldung ist gerne erwünscht, das würde mich sehr freuen!
Schließlich will ich ja wissen was ich gut gemacht habe und was nicht 😂

Und nochmal eine ernste Nachricht an alle Leser: Wenn es euch schlecht geht, seien es Mobbing, Depressionen und andere psychische Probleme, habt keine Scheu euch Hilfe zu holen. Wenn ihr mit niemandem, den ihr persönlich kennt, darüber reden möchtet, könnt ihr immer noch anonym bei Seelsorge-Hotlines anrufen. Auch im Internet seid ihr anonym und viele auf Wattpad und anderen sozialen Netzwerken bieten es an, dass ihr sie anschreiben könnt.
Ich persönlich sehe mich dieser Aufgabe nicht gewachsen. Persönliche Erfahrung habe ich damit gemacht, aber ich bin niemand der diese Belastung dauerhaft aushält. Aber ihr findet hier bestimmt einige andere Personen ;)

Vielleicht liest man sich in einem anderen Projekt wieder ^^

LG Oukami 🐺

Song oben: Unbroken von Beyond the Black

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