Kapitel I. - Etwas beginnt

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An dem Tag, als Riana ihre Tochter Bronwyn zur Welt brachte, wehte ein scharfer Wind durch das Colchytal. Obwohl ihr Volk bereits seit ein paar Wochen auf den Sommerweiden lagerte, fühlte sich die Hitze in der Luft falsch an. Überall legte sich gelber Staub auf die runden Steinhäuser und sogar auf die Rücken der Pegasi, die unruhig auf den Wiesen grasten. Ein solcher Wind galt als besonders schlechtes Omen und die Stimmung der Gemeinschaft war dementsprechend gedrückt.

Das Dorf Colchy lag unterhalb des Sommer-Passes und der tanzende Wind störte hier mehr als in der südlichen Steppe.
Hätte Riana eine Wahl gehabt, so wäre sie an einem anderen Tag erneut Mutter geworden. Doch ihr Körper hatte entschieden und nun lag sie schwitzend in den Geburtshöhlen und versuchte, ihrem Kind den Übergang in diese Welt zu erleichtern. Pressen, pressen. Atmen. Die Sonnenschwester, die sie betreute, kontrollierte immer wieder ihre dürftigen Fortschritte. Jedesmal, wenn die Frau mit dem gelben Kleid zu ihr kam, hoffte Riana, dass es los ginge. Doch genauso oft schüttelte die Schwester den verhüllten Kopf und verließ sie wieder, um andere Dinge zu erledigen. Die Stunden der Einsamkeit sollten sie auf ihre neue Rolle vorbereiten. Riana frustrierten sie nur. Dennoch fühlte sie sich beinahe überrascht, als die Geschwindigkeit der Wehen am Nachmittag endlich zunahm.

„Siehst du schon etwas?", keuchte Riana zwischen zwei Schmerzwellen.

Die Sonnenschwester tätschelte Rianas harten Bauch und schüttelte mitleidig den Kopf. „Noch nicht, kleine Sonne. Du brauchst mehr Geduld."

Rianas Antwort verlor sich, als eine weitere Wehe ihren Körper schüttelte. Bei Elyns Geburt war alles so viel schneller gegangen. Die damalige Sonnenschwester hatte kaum Zeit für die notwendigen Riten gefunden und nach kurzer Zeit hielt sie schon den wunderschönen Säugling in den Armen. Atmen. Pressen.
Der Druck in ihrem Bauch nahm zu und zog sie zurück in die Gegenwart. Die Sonnenschwester begann zu singen. Leise, aber eindringlich. Die Töne umgaben Riana, flogen um sie herum und entspannten sie. Der Text war einfach gehalten und diente nur dazu, die Reski zu vertreiben. Die boshaften Naturgeister bedrohten vor allem Neugeborene und nisteten sich in den hilflosen Kindern ein. Riana kannte dieses Lied noch von Elyns Geburt, auch wenn sie sich dieses Mal besser darauf einlassen konnte.

Die Sonnenschwester fuhr mit beiden Händen über Rianas Kopf. In Höhe der Schläfen begann sie mit einer Massage. Die Schmerzen traten in den Hintergrund. Riana wusste, dass sie noch da waren, aber dank der Sonnenschwester waren sie nur noch ein Poltern hinter geschlossenen Türen. Die sanften Hände wanderten in ihren Nacken und machten sie ganz schläfrig. Ihr Blick schweifte gelöst durch den Raum in dem sie lag. Vier Laternen leuchteten jede Ecke des Raumes aus. Auch das Licht sollte die Reski verschrecken. Ob es wirklich funktionierte, wusste Riana nicht. Naturgeister waren nicht sichtbar und hinterließen keine Spuren. Es war also schwer zu sagen, ob die ganzen Vorkehrungen wirklich notwendig waren oder nur einem alten Aberglaube dienten. Schnell verbrannte sie diese aufrührerischen Gedanken. Über dem kantigen Höhleneingang hing ein Windspiel, das sie vor unsichtbaren Eindringlingen warnen sollte. Doch die hölzernen Stäbe bewegten sich nicht.

Der Wind vor der Höhe entwickelte sich zu einem handfesten Sturm. Die Sonnenschwester sang lauter, um das Getöse zu über tönen. Auf solchen Winden ritten die Reski, so hieß es. Sie konzentrierte sich darauf, eine folgsame Bree zu sein. Ein Teil des auserwählten Volkes. Sie sollte mehr Vertrauen in ihre Riten haben und weniger zweifeln. Zweifel waren gefährlich. Vor allem jetzt, wo sie als zweifache Mutter auch eine doppelte Verantwortung trug.

Riana fühlte den glatten Leinenstoff unter sich. Bei jeder Wehe bohren sich ihre Finger tiefer in das Tuch. Der Schmerz war kaum mehr zu spüren, allerdings ließ der Druck nicht nach. Pressen. Atmen. Pressen. Sie fühlte sich wie etwas, das in Kürze platzen würde. Fliegende Staubkörner zogen ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sie schwebten über ihr und glitzerten im Licht der Lampen.

„Es wird alles gut, kleine Sonne." Die Schwester nahm neben ihr Platz und das Holz knarrte. Das Geburtsbett war das einzige Luxuriöse, das dieser Raum bot. Colchy galt als wohlhabendes Sommerdorf und hatte drei Betten von einem Meisterschreiner herstellen lassen. Die Finger ihrer rechten Hand wanderten über den verzierten Rahmen. In das Holz waren unzählige Sonnen eingeschnitzt und sie spürte die fest verwobenen Stoffbahnen in ihrem Rücken. Dieses Bett war bequemer als ihr eigenes. Vom feinen Leinenstoff, auf dem sie lag, ganz zu schweigen.

Doch ihr Bett zuhause hatte etwas zu bieten, dass es in dieser Höhle nicht gab. Mit einem Lächeln dachte sie an ihren Gefährten, der wahrscheinlich gerade mit ihrer großen Tochter vor den Höhlen wartete. Lloyd. Ob er sie in diesem Moment noch anziehend finden würde? Ihr lockiges braunes Haar klebte eng am Kopf. Die Massage hatte es noch mehr zerzaust. Bis auf das Hemdchen war sie unbekleidet, dennoch schwitzte sie in der trockenen Luft. Die Höhlen waren kühl, nach der Hitze draußen sogar angenehm. Doch ihr Körper arbeitete hart und man sah ihr die Anstrengung gewiss an. Zum ersten Mal war sie dankbar darüber, dass der Brauch es nur den Sonnenschwester gestattete, sich während der Geburten in den Höhlen aufzuhalten. Ablehnung oder gar Ekel in seinen Augen hätte Riana tief getroffen.

„Es geht los, kleine Sonne", murmelte die Sonnenschwester hinter ihrer goldenen Maske. Riana wäre jede Wette eingegangen, dass ihre frühere Freundin Ladina die Geburt betreute. Doch wie erwartet wurde, zeigten sie kein Zeichen des Erkennens. Namen hatten in den Höhlen nichts zu suchen, hätten sie doch nur die Geister angelockt.
Die Schwester führte Riana in den Nebenraum. Dort, im Boden eingelassen, schimmerte das Wasser im Geburtsbecken und versprach baldige Erlösung. Die Schwester stützte sie und gemeinsam kletterten sie hinein. Das Wasser war wärmer, als sie es in Erinnerung hatte. Wärmer als die Seen, selbst die, die in der Steppe lagen.
Die Tür, die ihren Schmerz weggeschlossen hatte, öffnete sich ein Stückchen. Riana biss die Zähne zusammen. Pressen. Das Wasser kühlte ihren Körper trotzdem und beruhigte ihre Nerven. Erst jetzt bemerkte sie die goldenen Locken der Sonnenschwester, die neben ihr auf der Wasseroberfläche schwammen. Sie schimmerten wie gefallene Sonnenstrahlen. Sie dachte an ihr eigenes goldenes Kind, das Mädchen, dessen Wesen ihr ähnlicher war als Lloyd. Rechtschaffen. Kühl. Pressen. Würde sie ihm diesmal einen Sohn schenken? Einen Junge, der ebenso verschmitzt und fröhlich war, wie der Gefährte ihres Herzens? Pressen. Die Sonnenschwester stellte sich hinter sie, umschlang Rianas riesigen Bauch mit beiden Armen und drückte. Ein kurzes Wimmern entstieg Rianas Kehle, dann hatte sie sich wieder im Griff. Atmen. Schmerz war nur eine Prüfung, die es zu bekämpfen galt. Sie musste sich fokussieren. Das nasse Gewand der Schwester drängte sich gegen sie. Ein Hauch von Lavendel stieg ihr in die Nase. Sie schnupperte. Nasse Wolle und der Geruch nach Schweiß. Nichts unerwartetes. Der Druck nahm zu, auch wenn es kaum mehr möglich war.

Pressen. Etwas riss.

Stille. Ruhe. Kälte. Die Schwester ließ sie los und es fiel Riana schwer, das Gleichgewicht zu halten. Sie griff nach vorne und fühlte rauen Stein. Ein Anker zur Welt. Die Schwester tauchte wieder auf und Riana drehte sich zu ihr um. Schwankend. Die Andere hielt eine Puppe mit hellbrauner Haut in den Armen. Eine Puppe? Nein, ein Kind. Riana seufzte glücklich. Lloyds Hautfarbe. Es musste ein Junge sein. Er sah perfekt aus. Riana hob die Hände, um ihn zu nehmen. Hände, die vor Erschöpfung zitterten.
„Es ist ein Mädchen", flüsterte die Sonnenschwester.
Irritiert ließ Riana ihre Hände sinken und trat einen Schritt zurück. Der Stein, der sie eben noch gestützt hatte, bohrte sich nun schmerzhaft in ihren Rücken. „Mädchen sind nicht so dunkel." Ihr Protest klang schrill in der kleine Kammer. Sie räusperte sich. Versuchte zu verstehen, was sie da sah.
Die Sonnenschwester zuckte nur mit den Schulter. Es wirkte so hilflos, wie Riana sich fühlte.
Dann öffnete das kleine Mädchen die Augen und in Riana stieg eine unbekannte Furcht auf. Die Iriden ihres Kindes leuchteten grün.

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