Kapitel II. - Etwas wächst

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Lloyd hatte das kleine Mädchen, dass die Sonnenschwester ihm vor drei Jahren in die Arme gedrückt hatte, vom ersten Moment an geliebt. Wie es sein Recht war, hatte er sie angenommen und ihren Namen in den Wind gebrüllt. Bronwyn.

Elyns Ablehnung der kleinen Schwester gegenüber hatte er zunächst als bloße Eifersucht abgetan, doch Rianas Gesichtsausdruck, als sie die Höhle verließ, schockierte ihn. Etwas stimmte nicht.

Dabei war es nicht so, dass Riana ihre Pflichten vernachlässigt hätte. Sie sorgte vorbildlich für den hilflosen Säugling. Sie stillte das Mädchen, wenn es hungrig war, wickelte es, wenn es notwendig wurde und kontrollierte in den ersten Wochen die Schlafgewohnheiten. Bronwyn war ein vorbildliches Kind – sie schrie nicht, sondern meldete sich nur, wenn ein Bedürfnis sie plagte.
Riana und er könnten schnell wieder das Bett miteinander teilen, doch er bemerkte, dass etwas zwischen ihnen zu stehen schien. Eine Art unsichtbare Anklage. Riana schien nicht zu verstehen, dass ihm das Aussehen ihrer jüngsten Tochter weit weniger beunruhigte als sie. War es ungewöhnlich, dass Mädchen eine dunklere Hautfarbe als ihre Väter erhielten? Ja. Das sie nicht aus blauen Augen in die Welt blickten? Ja. Machte es ihm Angst? Ja.

Aber nichts davon verhinderte das Gefühl der Zuneigung, dass er immer verspürte, wenn er Bronwyns dunkelbraunen Haarschopf sah. Seine Haarfarbe. Sein Grübchen, dass sich immer zeigte, wenn sie lächelte. So kam es, das er sie sich in den ersten beiden Jahren umschnallte, wenn er zu den Pegasi ging, um ihre Hufe, Flügel und Zähne zu kontrollieren. Auch in die Schmieden nahm er sie mit und sie schaute ihm aufmerksam über die Schulter, wenn er die Hufeisen anfertigte. Nichts schien ihr Angst zu machen, wenn er bei ihr war.
Je mehr sich Riana auf Elyn konzentrierte, desto mehr versuchte er bei seiner Jüngsten, dass Desinteresse der Mutter auszugleichen. Doch es waren nicht nur diese beiden, die Bronwyn mieden. Auch ihre Familie distanzierte sich. Wechselte man sich normalerweise bei der Kinderbetreuung ab, wenn sie den Herden auf die Sommer—oder Winterweide folgten, so überließ man das stille Mädchen ihm. Wie ein Aussätziger folgte er den anderen, mit der schlafenden Bronwyn im Trageranzen. Manchmal fragte er sich, ob man sie nicht schon beim ersten Wechsel zurückgelassen hätte, wenn er nicht gewesen wäre. Doch mittlerweile war sie dem Gestell entwachsen. Sie entwickelte sich großartig.

Die Doppelsonne schien hell auf den Pfad vor ihm und malte Schattenbilder auf den Bergpfad. Die Frühlingsluft war frisch und schwer vom Duft der Blumen, die am Wegesrand wuchsen. Es waren drei harte Jahre gewesen. Traurig schüttelte er den Kopf, um die trüben Gedanken zu verscheuchen. Sie näherten sich langsam dem Sommerpass und Bronwyn ritt auf Steppentänzer neben ihm. Der Hengst war eigentlich viel zu groß für ein Kleinkind, doch die beidem verstanden sich gut und so merkwürdig es auch war, Steppentänzer hatte auf diesen Ritt bestanden.

Bereits am frühen Morgen war er vor ihrem Haus aufgetaucht und auf sie gewartet. Bronwyn zumindest schien nicht überrascht gewesen zu sein, aber das war sie selten. Er runzelte die Stirn. Eigentlich war sie es nie.
Riana und er hatten die letzten Tücher über die Möbel gebreitet während Elyn draußen gewartet hatte. Gerade,als sie ihre Arbeit beendet hatten, wurden sie durch einen Tumult hinaus gerufen. Dort hatte sich Elyn den Arm gerieben, an dem deutlich die Abdrücke von Pegasuszähnen zu sehen waren, aber keinen Ton dazu gesagt. Riana hatte ihm einen wütenden Blick zugeworfen, als ob es seine Schuld gewesen wäre, und war dann mit Elyn und ihrem Packen zu den anderen Müttern geeilt.

Für einen kurzen Moment genoss Lloyd den Blick ins Tal. Die Weite der Steppe leuchtete wie ein endloses Meer zu ihnen hinauf. Die Sonnen schienen dort unten wesentlich heißer, so dass sich die Gräser bereits anfingen, zu verfärben.

„Vater?" Bronwys Stimme klang trotz der kindlichen Tonlage ernst. Und wachsam.

Lloyd richtete sich auf und hielt Steppentänzers Leitzügel fester. „Ja, Liebes?"

„Du solltest nach Winterschweif sehen."

Lloyd runzelte die Stirn. Die Stute lief seines Wissens nach mit der Herde und hatte keine Verletzungen. Aber er brauchte Steppentänzers auffordernden Blick nicht, um den Worten seiner Tochter Bedeutung beizumessen. Hatte er ihre ersten gesprochenen Worte noch aus Neugier überprüft, hatte er seitdem gelernt, dass ihre Ahnungen immer richtig waren.

Naturgeist, flüsterte eine dunkle Stimme in ihm. Doch er ignorierte sie. Wahrscheinlicher war es doch, dass sie mit den Pegasi irgendwie kommunizieren konnte. Er drehte sich und wollte Steppentänzer zur Herde führen, doch Bronwyn schüttelte den Kopf und hielt ihm ihre Armchen entgegen.

„Du musst reiten. Beeil dich. Er ist hinter der Herde zurück geblieben."

Vorsichtig hob er sie vom gesprenkelten Rücken ihres Reittieres, dass freundlicherweise seine Flügel noch näher an den Körper presste.
Zweifelnd blickte er zum Wagenzug, der in einiger Entfernung vor ihm den Hügel hinauf rumpelte. „Und du?", fragte er zögernd. Sein Mädchen blickte ihn aus grünen Augen an, die ihm viel älter als drei Jahre erschienen. Ihre Züge wurden langsam kindlicher, das weiche war nur noch in der Kinnpartie zu entdecken.

Sie legte ihm eine Hand an die Wange. Eine zärtliche und beruhigende Geste. „Schneerose wird bei mir bleiben. Sorge dich nicht." Unbemerkt von ihm war Steppentänzers Gefährtin neben dem beigen Hengst aufgetaucht. Unwillig setzte Lloyd das Kind auf den ungesattelten Rücken der weißen Stute. „Beeil dich", förderte Bronwyn. „Ich folge den anderen."

Mit einem letzten Blick auf Bronwyn folgte er ihrer Aufforderung, schwang sich selbst in den leichten Reitsattel und fädelte seine Füße durch die vorderen Schlaufen. Gerade als er den Fluggurt um seine Hüften band, schwang sich der Hengst mit einem mächtigen Satz in die Luft.
Steppentänzer öffnete seine Flügel und stieg mit kräftigen Schlägen höher. Eine Feder löste sich und viel nach unten, direkt auf seine Tochter zu, die ihm ruhig wie eine Statue hinterher sah. Wie ein losgelassen Pfeil schoss er der Herde entgegen. Ein Pfiff ertönte und einer der Herdenwächter schloss auf der roten Stute Feuerblume zu ihm auf. Lloyd erkannte das wütende Gesicht seines Neffen Leevi. Mit einer Handbewegung bedeutete er dem Jungen, dass er ihm folgen sollte. Als er die letzten Tiere passierte kreiste er einmal und starrte aufmerksam ins Tal hinab. Er brauchte nicht lange suchen, bis er den weißen Pegasus fand. Das Tier wurde von drei ausgewachsenen Bergwölfen umkreist. Leevi erkannte die Gefahr im gleichen Moment. Er riss das Wächterhorn aus seiner Halterung und blies dreimal hinein. Lloyd wartete nicht auf den Jungen, sondern lenkte Steppentänzer in einen steilen Sturzflug, direkt auf die grauen Angreifer zu. Erst kurz vor dem Boden öffnete der Hengst seine Flügel und stoppte den Fall. Lloyd wurde hart in den Sattel gedrückt. Steppentänzer wehrte eine Herausforderung, die von Leevis Feuerblume aufgegriffen wurde. Einer der Bergwölfe drehte sich zu ihm um und schien Lloyd direkt anzusehen. Einen kurzen Augenblick sah er in die klugen grauen Augen des Tieres, bevor sein Hengst angriff. Der Wolf schnappte und sprang zur Seite. Zwar galten Bergwölfe als echte Gefahr für einzelne Tiere, doch sie waren schlau genug, um sich nicht mit mehreren wütenden Pegasi anzulegen. Nach einigen hohen Kläfflauten ergriffen sie die Flucht.

Steppentänzer landete auf dem felsigen Untergrund und Lloyd löste die Bindung. Er rutschte vor dem angelegten Flügel vom Sattel und lief auf den zitternden Pegasus vor, der vor ihm stand. Vorsichtig tätschelte er den weißen Hals, dann gelitten seine Hände über Winterschweifs Beine. Hinter ihm hörte er andere Pegasi landen. Glücklicherweise schienen alle Verletzungen nur oberflächlicher Natur zu sein. Doch im rechten Vorderhuf steckte ein Stein. Winterschweif lahmte. Sorgsam entfernte er den Störenfried mit dem Hufkratzer, den er immer in seiner Tasche trug. Er klopfte Winterschweif trösten auf die bebende Flanke, bevor er sich zu den wartenden Jugendlichen umdrehte.

„Wie konnte das passieren?", brüllte er, von der überstandenen Gefahr noch aufgeregt. „Wer war für diesen Abschnitt zuständig?"

Bretetende Gesichter blickten ihm entgegen. Selbst die Pegasi wirkten schuldbewusst. Dann trat Rodhri nach vorne, ein junger Unruhestifter, der sich mehr für Mädchen, als für seine Aufgaben interessierte. „Es war mein Fehler", erklärte er missmutig.

Bevor Lloyd etwas erwidern konnte, ertönte eine weitere Stimme. „Warum ist er nicht weggeflogen?"

Lloyd suchte den Sprecher zwischen den anderen, aber niemand gab sich zu erkennen. „Also ist es jetzt die Schuld von Winterschweif?" Sein Schnaufen schien genau den richtigen Grad zwischen Unglauben und Abscheu auszudrücken, denn die kleine Gruppe zuckte einheitlich Zusammen. Lloyd seufzte. „Er konnte nicht fliegen, weil die Wölfe ihn überrascht haben. Zwei schnappen nach den Flügeln und einer geht die Kehle an. Das ist ihre Taktik." Er deutete auf einen Felsvorsprun, der von der Frühlingssonne erwärmt wurde und zwang seine Stimme zur Ruhe. Erklärungen waren jetzt wichtiger als Vorwürfe. „Dort müssten sie ihren Hinterhalt gelegt haben und..."

Leevi fiel ihm mit scheidende Stimme ins Wort. „Woher wusstest du über den Angriff bescheid?" Die Stimmung der Gruppe änderte sich. War sie eben noch bedrückt, musterte sie ihn nun aufmerksam. „Bronwyn hat es dir gesagt, oder?" Leevi klang beinahe hasserfüllt.

„Das tut doch nichts zur Sache", wiegelte Lloyd ab.

Sein Neffe sprach einfach weiter. „Woher könnte sie das wissen. Vielleicht weil ihr Geist verdorben ist?"

Lloyd musste seine ganze Selbstbeherrschung aufbringen, um Leevi für diese Bemerkung nicht anzuspringen. Er atmete tief durch. Fand die Ruhe, für die er so berühmt war, wieder. Er lächelte die Jugendlichen an. Sie waren kaum mehr als Kinder. „Das wird ein Nachspiel haben", erklärte er und wusste im gleichen Moment, dass es nicht stimmte. So war es immer. Wenn Bronwyn eine ihrer Ahnungen hatte und etwas sagte, wurde sie hinterher nur angefeindet. Kein Wort des danke, nur Vorwürfe. Deswegen sprach sein kleines Mädchen auch nur noch mit ihm. Mit ihm und den Pegasi, die sie liebten.
Als er nach kurzer Zeit zu Bronwyn zurückkehrte, fragte sie ihn nicht, was passiert war. Ihr glücklicher Gesichtsausdruck verriet ihm, dass sie es längst wusste. Er belohnte sie mit einem liebevollen Kuss und ließ sie auf Schneerose sitzen. Bronwyn musste er wenig erklären, sie wusste die ganzen Sachen einfach. Es war ihr klar, dass die Herde zur Weide laufen musste und nicht fliegen konnte. Es war ihr klar, dass der Zug daher von Räubern bedroht wurde. Sie wusste so vieles. Schneerose schnaubte gegen die Samenblüte einer Kugeldistel und die violetten Flieger stiegen in die Luft. Bronwyn kicherte, als Schneerose niesen musste, dann blickte sie den Samen mit einem verzückten Gesichtsausdruck hinterher. Trotz allem blieb sie sein Mädchen.

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