Kapitel III. - Etwas warnt

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Es war für Ceridwen seit langem offensichtlich gewesen, dass etwas nicht stimmte. Die Karten logen nicht. Das Licht der Dämmerung warnte sie. Und vor allem deutete der Klang der Knochenwürfel immer wieder auf Bedrohungen hin. Alle zeigten auf Lloyds merkwürdiges Kind, doch ihre Probleme waren älter als die sechs Jahre, die es nun auf dieser Welt weilte. Der Wagen unter ihr rumpelte, wieder zogen sie hinab in das Winterquartier. Vor ihr lagen ruhige Wochen, in denen sie sich ganz der Herstellung von Arzneimitteln widmen konnte. Genug gesammelt hatte sie. Magentrost, Traumbeere, Bitterwurzel und Taubnessel. An hölzernen Stangen im Inneren hatte sie heute Morgen noch Blaue Drossel, Sinnerkraut und Spitzflaum zum Trocknen aufgehängt. Jede von diesen Pflanzen galt sowohl als heilsam, als auch als giftig. Es war immer die Erfahrung des Anwenders, die zwischen dem Tod und der Rettung stand. Manchmal brachte sie Gesundheit, manchmal Erlösung. Sie lenkte die Zugpegasi den schmalen Pfad hinunter. Westwind und Grassucher waren Brüder, die sie selbst vor vielen Jahren von einem Fieber geheilt hatte. Seitdem zogen sie den Kräuterkarren zu jedem Quartierwechsel hinauf und hinunter. Sie kannten den Weg schon besser als sie und hätten auch ohne Führung ihr kleines Häuschen im Colchytal gefunden.

Ceridwen machte es sich gemütlich und döste vor sich hin. Der Umzug war anstrengend, besonders für eine Frau in ihrem Alter. Der holpernde Wagen entspannte sie. Grassucher schnaubte und verlangsamte seine Schritte. Ceridwen öffnete ein Auge und sah gerade noch, wie sich Lloyds jüngste Tochter zwischen den Gräsern versteckte. Es war ungewöhnlich, dass man das Kind ohne ihren Vater sah. Ein erneutes Schnauben von Grassucher und Bronwyn hob ihren Kopf. Das Mädchen beobachtete ihren Wagen und die Pegasi. Was wollte sie? Geduld war schon immer die beste Lösung gewesen, wenn man ein Rätsel lösen wollte. Es war einfach, die Illusion einer schlafenden Alten aufrechtzuerhalten und Bronwyn unter gesenkten Lidern weiter zu beobachten. Der Wagen hatte das Versteck schon beinahe passiert, als auch Westwind reagierte und leise wieherte. Als ob er eine Einladung aussprechen würde. Vom lebhaften Grassucher hätte Ceridwen nichts anderes erwartet, aber sein missmutiger Bruder mied die meisten Bree, vor allem ihre Kinder. Von abseits des Weges erscholl Gelächter. Rufe ertönten und das Kind versteifte sich. Schneller als Ceridwen es erwartet hatte sprang es auf und kletterte flink wie ein Wiesel zwischen die Pegasi. Ihr kleiner Körper landete auf der Deichsel und die Pegasi nahmen ihr Tempo wieder auf. Interessant.

Es war genau der richtige Moment gewesen. Ein paar Jugendliche sprangen auf den Weg und schauten sich neugierig um. Sie zählte fünf, drei jungen und zwei Mädchen. Alle mit lockigen Haaren und schlanker Statur. Der Stolz der Bree.

"Heda, Ceridwen", rief einer der Jungen und sie öffnete langsam die Augen. Das Mädchen auf der Deichsel bewegte sich nicht. "Hast du meine Cousine gesehen? Sie ist hier irgendwo langgelaufen und wir sollen sie zurückbringen." Sie kramte in ihrem Kopf nach Namen, aber sie war einfach nicht gut darin. Es war nicht einmal möglich, das auf ihr Alter zu schieben, denn auch in jüngeren Jahren hatte sie die Bewohner des kleinen Tals ständig verwechselt.

Ein Mädchen aus der Gruppe lachte, doch es war kein schönes Lachen. Ceridwen kannte die Bedeutung eines solchen Lachens noch aus ihrer eigenen Kindheit. Die Bree waren ein stolzes Volk. Wer nicht ins Bild passte, wurde grausam ausgegrenzt und oft verspottet.

Sie fasste einen Entschluss. "Ich habe geschlafen, bevor du mich geweckt hast", brummte sie und schaute den jungen Mann missmutig an.

Er schien nicht die Spur von Reue zu empfinden und zuckte nur mit den Schultern. Die Fünf kreuzten die Kutsche so dicht, dass Grassucher aus dem Schritt kam und Westwind nach einem der Mädchen schnappte. Guter Junge. Sie musste daran denken, ihm später ein Blättchen Süßgras zu zustecken. Die Horde stob auseinander und rannte weiter den Berg hinab. Vorsichtig drehte sich das Mädchen auf der Deichsel um. Sie hatte ein natürliches Körpergefühl und gleich die Schwankungen der beiden Pegasi ohne Schwierigkeiten aus.

Der Blick aus den grünen Augen des Kindes war unangenehm. Es war so, als ob diese Augen älter waren und viel gesehen hatten. Sie passten nicht in das Gesicht eines Kindes.

"Möchtest du mitfahren?", fragte Ceridwen schließlich. Das Mädchen nickte und gleichzeitig blieben die beiden Pegasi stehen. Sie hatten ein starkes Gefühl für die Stimmungen dieses Kindes. Es war merkwürdig. Ceridwen beugte nach vorne und reichte dem Kind eine Hand. Es sagte keinen Ton, kletterte aber mit geschickten Bewegungen zu ihr auf den Kutschbock.

"Du redest nicht viel, oder?" Wie erwartet erhielt sie keine Antwort. "Das macht nichts. Gespräche langweilen mich meistens, daher meide ich die Anderen."

Das Kind nickte, als ob Ceridwens Worte einen Sinn ergeben würden. Langsam zogen Grassucher und Westwind wieder an und ihr Wagen holperte den Weg entlang.

Es war nicht nötig, die Zügel zu halten, daher konzentrierte sich Ceridwen ganz auf das Rätsel, das neben ihr saß. "Kennst du den Unterschied zwischen Heilung und Gift?", fragte sie. Bronwyn schüttelte den Kopf, aber aus ihren Augen strahlte die Neugier. "Es gibt eigentlich keinen. Jede Pflanze trägt beides ins sich, wie auch wir Menschen nicht nur aus gut und böse bestehen. Es ist immer eine Frage der Abmessung."

Der Wagen rumpelte um eine Kehre herum, immer weiter Richtung Süden. Auf der Straße standen die Jugendlichen und diskutierten. Eine zarte Berührung lenkte sie ab. Bronwyn hatte ihre Hand ergriffen und sah sie großen Augen an. Schnell fasste Ceridwen einen Entschluss. "Wenn du möchtest, darfst du hinten im Wagen warten, bis wir in Colchy ankommen. Es dürfte nicht mehr lange dauern." Das Mädchen nickte und öffnete die schmale Tür, die hinter dem Kutschbock angebracht war. "Aber nichts anfassen", brummte Ceridwen.

Ihr Gefühl hatte sie nicht getrogen. Noch vor der Mittagszeit hatten ihre treuen Pegasi den Karren zu ihrem Häuschen geführt. Still und einsam sah es aus, doch es bot alles, was Ceridwen in den nächsten Monaten benötigen würde. Der Vater des Mädchens war nicht aufgetaucht. Sie würde die Kleine in das Dorf bringen müssen. Mühsam erhob sich Ceridwen und wie erwartet knarrten ihre Knie. Das Alter würde sie weniger stören, wenn es nicht so unliebsame Begleiterscheinungen hätte. Sie streckte sich und kletterte vom Kutschbock. Die kleine Tür hinter dem Kutschbock nutzte sie seit Jahren nicht mehr. Der Karren verfügte über einen weiteren Zugang am hinteren Ende. Dieser war wesentlich bequemer zu nutzen, musste man sich doch weder ducken noch klettern, um in das Innere zu gelangen. Neugierig schob sie die Tür auf. Wie es ihrem kleinen Gast wohl ergangen war?

Bronwyn saß auf dem kleinen Sofa vor dem Holztisch und studierte die Knochenwürfel. Der Anblick sandte einen kalten Schauer über ihren Rücken. "Was siehst du?", fragte Ceridwen.

Die Finger des kleinen Mädchens zeigten zuerst auf das Bild des Vogels. Sie flatterten weiter zum Auge und endeten vor dem leeren Würfel. Ein interessanter Wurf, der vieles bedeuten konnte. "Möchtest du, dass ich die Würfel für dich deute?"

Bronwyns Haltung veränderte sich. Ihre Schultern sackten herunter und sie schüttelte zaghaft den Kopf.

"Hast du Angst vor den Würfeln?"

Wieder ein Kopfschütteln.

Was war es dann? Sie folgte einem weiteren Impuls. "Weißt du, was die Würfel dir sagen wollen?"

Das Kind nickte. In ihren Augen glänzten Tränen. Jetzt war sich Ceridwen sicher, dass in dem Kind kein Reski wohnte. Naturgeistern fehlte die Fähigkeit zur Trauer. Dieses Mädchen war nur anders. So anders, wie sie es vor vielen Jahren selbst gewesen war.

Sie nahm die Würfel in die Hand und studierte jeden einzelnen von ihnen. Vogel, Auge, Leere, Fuchs und Geist. Es war nicht ihr Wurf, daher konnte sie nicht mit Sicherheit sagen, ob es eine Warnung oder nur Zufall war. An sich waren es nichts Besonderes. Die Leere stand meist für ein Ende oder einen neuen Anfang. Vielleicht bot sich für das Kind ein Neuanfang. Der Geist möglicherweise für die Gerüchte, die im Umlauf waren. Aber Vogel, Fuchs und Auge konnten alles bedeuten. Selbst wenn sie es gewollt hätte, eine klare Aussage wäre ihr schwer gefallen.

Ein Klopfen an der Tür lenkte sie ab. "Ja?"

"Ich bin es, Lloyd. Ich möchte Bronwyn abholen."

Bronwyn stand auf und ging zur Tür. Ihre kleine Hand auf fand Ceridwens Arm und ihr Blick war eindringlich. "Du musst vorsichtig sein. Solange du nicht aktiv suchst, besteht keine Gefahr."

Ceridwen schluckte. Hatte sie sich doch in dem Kind geirrt? "Ist das eine Drohung?"

Die Umarmung der Kleinen traf sie unvorbereitet. Ein kurzer Druck, das Gefühl eines Herzens, das im gleichen Takt wie ihres schlug. Dann öffnete Bronwyn die Tür und ließ kalte Luft herein.

"Hallo Liebes. War es schön bei Ceridwen?"

Bronwyn nickte. Ihr Lächeln war herzerwärmend. Vielleicht hatte sie sich die Unterhaltung nur eingebildet. Dann stutzte sie. "Woher wusstest du, dass sie bei mir ist?"

Lloyd sah überrascht aus. "Sie meinte, dass du sie eingeladen hättest, mit ihr hinab ins Dorf zu fahren. Hattest du nicht?"

Doch. Irgendwie schon. Doch erst zu einem viel späteren Zeitpunkt. Lloyd nahm sein Kind auf den Arm und winkte zum Abschied. Es dauerte lange, bis Ceridwen wieder zur Ruhe kam. Sie würde herausfinden müssen, was hier vor sich ging. Gefahr hin oder her, sie würde vorsichtig sein.

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