Vermittler

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Inzwischen hatten sich die drei Gefangenen gut kennengelernt. Sie wussten nun auch über das Leben auf dem Bauernhof Bescheid, über so ziemlich alle Streiche, die Ylvigur zusammen mit Tala und Asena und später mit Rando und Jülf verübt hatte und konnten sich Jolantas Vater bei der Edelsteinschleiferei und ihren Onkel beim Verfertigen von filigranen Schmuckstücken gut vorstellen. Sie kannten jeden Winkel ihrer Zelle und vor allem konnten sie mittlerweile über ein Dutzend Wege aufzählen, wie man dieser Zelle nicht entkommen konnte. Die Fenster ließen sich nicht herausbrechen, die Wände hielten jeder Bearbeitung stand und auch Schloss und Riegel ließen sich mit keinem Mittel knacken, welches ihnen zur Verfügung stand.

„Stepan ist – war vier Jahre älter als ich", erzählte Piroska, während sie das Messer am Holz direkt neben dem alten, aber immer noch stabilen Schloß ansetzte. „Er war manchmal wie ein Spielkamerad, aber manchmal auch wie ein zweiter Vater. Er hat immer auf mich aufgepaßt. Auf uns, sollte ich sagen. Kriszta ist so alt wie ich, ihr Bruder Marian zwei Jahre jünger. Stepan war da immer der Anführer."

Ylvigur ergriff Piroskas Hand und führte sie zu einem anderen Ansatz an den dicken Bohlen. „So brichst du die Klinge nur ab. Versuch es in diesem Winkel." Er selbst bearbeitete mit Marians Hirschfänger den äußeren Rand der Tür.

„Also hattest du sozusagen zwei Väter", sinnierte Jolanta, die mit dem zweiten Messer oberhalb des Schlosses werkelte. „Ich hingegen bin mit zwei Müttern und drei Vätern aufgewachsen. Ich bin das einzige Kind und mein Onkel und meine Tante haben keine eigenen Kinder. Und dann ist da ja noch mein Großvater. Ich bin also das verhätschelte Nesthäkchen der Familie." Sie grinste. „Und die Hoffnung meiner Familie. Die Werkstätten müssen ja weitergeführt werden. Sie können sich nur nicht einigen, was für einen Handwerker ich einmal heiraten soll, denn in meiner Familie werden drei Berufe ausgeübt."

„Und wenn du es selbst lernst?", fragte Ylvigur und Jolanta lachte leise. „Genau das habe ich vor. Ich habe von klein auf zugesehen und kann schon vieles. Seit Onkel Tiborek mit euch Wilkos Handel treibt, sieht er das auch anders. Er hat mir erzählt, dass bei euch auch Frauen Berufe ausüben. Und dass sie es gut machen."

„Allerdings. Das Messer, mit dem du gerade werkelst, hat meine Schwester geschmiedet."

Verblüfft sahen beide Mädchen auf ihre Werkzeuge. „Eine Frau kann schmieden?", staunte Piroska, während Jolanta mit glänzenden Augen rief: „Das reibe ich Onkel und Vater gleich unter die Nase! Wenn", sie stockte plötzlich. „wenn ich überhaupt wieder nach Hause komme und Onkel Tiborek noch lebt."

„Nach Hause werden wir dich schon irgendwie bekommen", stellte Ylvigur klar. „Egal wie. Wir finden Möglichkeiten!"

Beide Mädchen lächelten etwas mühsam und machten sich mit neuem Elan an die Arbeit. Die Tür war dick und massiv, sie würden sicher Wochen brauchen, um sie brechen. Aber wenn man sie lange genug hier ließ, würden sie es schaffen.

Am frühen Morgen des vierten Tages wurde endlich die Tür wieder geöffnet. Die drei hatten noch geschlafen und blinzelten verwirrt zu Eliska auf, die plötzlich vor ihnen stand. Diese beachtete sie jedoch nur flüchtig.

„Der Junge und die Kleine", befahl sie den Männern in ihrer Begleitung. „Die Blondine ist zu verdächtig."

„Aber kann die Kleine überhaupt ordentlich zupacken?" fragte einer verwundert. „Sie ist doch noch ein Kind!"

„Ich bin kein Kind und ich bin nicht klein!" schnappte Piroska wütend. Dass ihr gerade in diesem Moment die widerspenstige Locke ins Gesicht fiel, verärgerte sie noch mehr und sie pustete die Strähne mit ungewohnter Heftigkeit fort. Und dass die Männer daraufhin laut loslachten, half ihr nicht gerade, ihre Fassung wieder zu gewinnen.

„Ich seh's, die Ketten sind nötig", einer der Männer machte sich an ihren Füßen zu schaffen.

„Lass das!" Piroska trat zu und wurde im nächsten Moment von gleich drei Männern festgehalten. „Das ist vielleicht eine Rabiate!" stellte einer von ihnen fest.

Ylvigur blieb ruhig. „Was habt ihr jetzt mit uns vor?"

Eliska wandte sich zu ihm. „Ihr habt vielleicht schon mitbekommen, dass ich Vermittlerin bin. Das bedeutet, ich kümmere mich um meistens junge Menschen ohne Heim und Arbeit und besorge ihnen Tagesarbeiten. Es kommen viele junge Leute von den Dörfern hierher, in der Hoffnung auf gut bezahlte Arbeit. Aber ohne Ausbildung und Erfahrung bekommt man schwer eine feste Anstellung. Ich bringe die Menschen in meinen Häusern unter und verpflege sie und vermittle sie als Tagelöhner und Aushilfsdiener."

„Und dazu ist es nötig, uns in Ketten zu legen?" Ylvigur hatte bemerkt, dass die Männer schwere Fußketten bei sich trugen und sich bemühten, der strampelnden und tretenden Piroska gerade ein Exemplar anzulegen.

„Oh ja. In einigen meiner Heime wohnen nämlich auch Strafgefangene. Bei mir können sie ihre Taten sühnen und dank der regelmäßigen Arbeit wieder Fuß fassen in der Gesellschaft. Meistens sind es junge Leute, die sich auf den falschen Weg haben führen lassen und denen die Richter bescheinigen, dass man sie vielleicht noch bessern kann."

„Das hört sich ja alles sehr schön an", meinte Jolanta. „Aber was haben wir denn bitte getan? Ich jedenfalls habe keinen Richter gesehen."

„Ach, das ist keine Sache", Eliska winkte ab. „Du bist eine Landstreicherin, das war mir auf dem ersten Blick klar. Dieses viel zu kostbare Kleid wirst du wohl auch gestohlen haben; eine Frau, die sich ein solches Kleid leisten kann, würde niemals barfuß und dermaßen verdreckt herumlaufen. Schön, dass du dich gewaschen und umgezogen hast. Wo hast du eigentlich das Kleid her?"

„Das hatte ich meiner Schwester mitbringen wollen", entgegnete Ylvigur rasch; ihm war klar, dass die Erklärung, es sei Piroskas Ersatzkleid gewesen, nicht ziehen würde. Dazu waren die beiden Mädchen einfach zu unterschiedlich gebaut.

„Wahrscheinlich auch gestohlen", vermutete Eliska. „Jeder weiß, dass ihr Wilkos weder weben und nähen könnt noch Geld habt, um etwas zu kaufen. Ihr lebt nur vom Wald und von Diebstählen."

„Ich gehe mal davon aus, die Tatsache, dass ich ein Wilko bin, genügt, um mich als Straftäter auszuzeichnen", sagte Ylvigur kalt.

Eliska stimmte zu. „Natürlich. Selbst schuld, wenn du den Ostwald verlässt. Und die Kleine da wurde wegen allzu koketten Verhaltens festgenommen. Erregung öffentlichen Ärgernisses ist nämlich auch nicht erlaubt."

Piroska fuhr auf. „Ich bin nicht kokett!"

„Es gab aber Beschwerden deinetwegen."

„Nur weil Katinka ..."

„Aha – du weißt also genau, worum es geht. Und du willst unschuldig sein?"

Piroska klappte den Mund zu. Ob Eliska nun log oder tatsächlich glaubte, man habe ihr Straftäter überstellt, spielte keine Rolle mehr. Gegen diese Frau kam sie nicht an.

„Was passiert denn jetzt mit uns?" erkundigte sich Ylvigur, als auch ihm Fußfesseln angelegt wurden. Die Ketten erlaubten ihm normale Schritte, aber schnelles Laufen war mit ihnen unmöglich. Die Hände wurden ihnen diesmal nicht gefesselt; es schien ihren „Wächtern" an einer gewissen Beweglichkeit gelegen zu sein.

„Gestern Nacht hat ein großer Frachter angelegt", erklärte Eliska. „Es wird Tage dauern, ihn zu entladen und neu zu beladen und es sind nicht genug Stauer frei. Zudem hat der Kapitän einen Wutanfall bekommen, als er das völlig verdreckte Kontor gesehen hat und eine Putzmagd gefordert. Und dass du putzen kannst, hast du ja schon bei der Frau Großmutter bewiesen." Sie warf Piroska einen strengen Blick zu. „Und es wird ja nicht mit den Matrosen oder gar den Offizieren kokettiert, verstanden?"

„Weil ich mich sonst wieder strafbar mache?" fragte Piroska.

„Auch. Und weil sie nicht dafür bezahlt haben", erwiderte Eliska kalt und dem Mädchen verschlug es die Sprache.

Dafür meldete sich ihre blonde Gefährtin: „Und was ist mit mir? Putzen kann ich auch!"

„Ja, aber du bist blond", gab Eliska zurück. „Die Soldaten suchen alles ab nach einem blonden Mädchen, einer entführten Adeligen. Und nehmen jede Blondine mit, die ihre Herkunft nicht zweifelsfrei beweisen kann, um sie der Fürstin vorzuführen. Darum bleibst du erstmal hier, bis sie wieder abgezogen sind."

Ylvigur zuckte bei Eliskas Worten zusammen. Als man sie die Stiege hinaufführte, nutzte Piroska den Moment, um ihm zuzuflüstern: „Was hast du?"

„Jetzt hoffe ich doch, dass meine Leute unsere Spur nicht gefunden haben", wisperte er zurück.

„Warum?"

„Meine Schwester ist blond."

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