Wie Werwölfe leben

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„Wir sollten vor allem die Schwerverwundeten nicht zu weit transportieren", gab Amarok zu bedenken.

„Da hast du sicher recht", stimmte Natalia sofort zu. „Wie lange brauchen wir denn noch nach Altkirch?"

„Zu lange", erwiderte der Arzt. „Wir dürfen nicht zu schnell fahren, um die Patienten nicht zu sehr durchzurütteln. Ich bin dafür, dass wir in Wilkin Halt machen und dort die Verletzten zurücklassen. Zumal sie dort sicherer sind als in Altkirch."

„Aber wäre das nicht ein Umweg?", erkundigte sich Maciej.

„Im Gegenteil", Danijel breitete seine Karten aus. „Schaut her, Hoheit, der Große Handelsweg führt im Bogen am südlichen Waldrand vorbei, um die Kreuzung zu erfassen, von der aus der Weg nach Neuenbrück und Grünanger, aber auch zu den Dörfern der Süd-Fraktion führt. Der Karte nach kommen wir aber bald an eine Abzweigung, welche direkt nach Osten führt, Wilkin kreuzt und kurz vor dem Fünfweg zwischen Grünanger und Altkirch wieder auf den Großen Handelsweg trifft."

„Heißt das, ich hätte mir den Weg abkürzen können, wenn ich nicht brav auf dem breitesten Weg geblieben wäre?", fragte Piroska verblüfft.

„Hättest du", gab Raifa zu. „Aber im Allgemeinen schätzen wir es nicht, wenn man die Route über Wilkin als Abkürzung nutzt."

„Warum gibt es den Weg dann?"

„Weil auch zu uns Händler kommen", erklärte Tala. „Und wir auch in eure Dörfer liefern. Vieles können wir huckepack transportieren, aber auch wir haben einige Wagen für größere Waren. Vor allem, wenn wir Wildfleisch zum Markt in Grünanger bringen, brauchen wir die Wagen und einen befahrbaren Weg."

Stepan runzelte die Stirn. "Wer zieht denn eure Wagen, wenn ihr keine Haustiere habt?"

„Wir selbst natürlich. Ich habe schon vielen von uns Zuggeschirre aus Ylvigurs Leder gefertigt."

„Ihr seid schon seltsame Geschöpfe."

Tala lachte darüber. „Das Gleiche denken wir von euch."

„Aber ich gebe zu, ihr seid nicht ganz so absonderlich, wie ich euch erst eingeschätzt habe", gab Asena zu.

Danijel, der mit den Soldaten gesprochen hatte, kam nun zurück. „Wir können fahren", meldete er.

„Müssen wir auch jetzt noch reiten?", erkundigte sich Asena sofort. Danijel überlegte. „Ich glaube, jetzt besteht keine Notwendigkeit mehr dazu."

Daraufhin luden die Wilkos Rüstungen und Schwerter in der Lastkutsche ab und einige entkleideten sich prompt. Ylvigur vergewisserte sich, dass sein Vater noch mit den Verletzten beschäftigt war und kam dann auf Piroska zu. „Willst dus probieren?"

Sie wusste sofort, was er meinte. „Oh ja!" Daraufhin ließ auch er die Hüllen fallen, nahm die Maske ab und verwandelte sich.

Natalia lächelte. „Sowas wie Scham kennt ihr auch nicht."

„Warum auch?", Raifa hatte es sich in der Kutsche bequem gemacht, um auf der Fahrt mit der Fürstin, Danijel und Vukan die bisherigen Erkenntnisse durchgehen zu können. „Ihr Menschen habt doch für ‚nackt' auch den Ausdruck ‚so wie Gott ihn schuf'. Und doch verhüllt ihr das, was euer Gott euch gab und wendet eure Augen von diesem Anblick ab."

„Recht hast du", gab Natalia zu. „Aber wie bereits gesagt wurde, wir sind eben etwas absonderlich."

Reiten auf einem Wolf war schwieriger, als Piroska gedacht hatte. Sie hatte schon einige Reiterfahrung, auf den Zugochsen ihres Vaters, Görans Lastpferd und einmal hatte ihr Vater sie schimpfend von seinem wilden Zuchtbullen heruntergeholt. Aber der Wolfsrücken war schmaler, biegsamer und geschmeidiger. Und weniger hoch trotz Ylvigurs beeindruckender Größe.

„Nicht aufrecht sitzen", mahnte Tala, die neben ihr auf ihrem Ehemann hockte. „Beug dich vor und fasse mit den Händen in seine Mähne."

„Mähne?"

Wortlos wies Tala auf das dichte Fell an Nacken und Hals.

„Ach so!"

„Gut so, lehn dich noch weiter vor."

„Aber dann liege ich ja direkt auf ihm!"

„Das sollst du ja auch. So bewegst du dich mit ihm und belastest ihn nicht. So, jetzt nimm die Füße hoch. Du kannst sie über seinem Rücken kreuzen oder gegen seine Hüftknochen stemmen."

„Tut das nicht weh?"

Der Wolf unter ihr schüttelte heftig den Kopf und so probierte sie diese Stellung aus. Und stellte fest, dass sie so einen sicheren Halt auf dem Wolfsrücken hatte.

Vorsichtig ging Ylvigur nun einige Schritte. Piroska spürte jeden einzelnen seiner Muskeln unter sich und passte sich unwillkürlich seinen Bewegungen an. Als er das bemerkte, erhöhte er das Tempo. Und Piroska blieb fest auf ihm, ohne auch nur zu rutschen.

„Schön, nicht?" Tala auf Faolán holte zu ihr auf und lächelte sie an. Piroska nickte eifrig. Diese Art Reiten war so anders als auf einem Pferd oder Rind. Sie fühlte sich Ylvigur unglaublich nahe verbunden, folgte ohne nachzudenken jeder noch so kleinen Regung seines Körpers, als seien sie nur ein Wesen. Sie barg ihr Gesicht in seinem Nackenfell. „Das ist wundervoll", flüsterte sie ihm ins Ohr. Er drehte kurz den Kopf und leckte ihre Wange.

„Warte nur, bis er rennt", meinte Tala schmunzelnd. Faolán nahm das als Aufforderung und spurtete los. Ylvigur zögerte noch. Aber als Piroska ihm zuwisperte: „Du auch!", sprintete er seinem Schwager mit großen Sprüngen hinterher.

Es war einfach herrlich. Sie spürte den Wind in den Haaren und den kräftigen Körper unter sich, sah die Bäume und Sträucher an sich vorbeifliegen und erschreckte Eichhörnchen und Kaninchen davonflitzen. Mehrmals kamen sie niedrigen Ästen gefährlich nahe, aber Ylvigur schätzte genau ab, wie nahe er unter dem Geäst hindurchlaufen konnte, ohne seine Reiterin abzustreifen. Einige Male berührten lediglich Blätter ihr Gesicht, aber Piroska war sicher, dass das dann Absicht gewesen war. Ylvigur liebte den Wald mit jeder Faser seines Wesens und er wollte ihr seine Heimat nahebringen. Und dazu gehörte neben Sehen, Hören und Riechen eben auch Fühlen.

Sie hätte ewig so dahinrasen können, aber schon bald tauchten rechts und links graue Steinbauten auf. „Ist das schon Wilkin?" fragte sie enttäuscht.

Ylvigur nickte und bremste allmählich ab. Sie hatten die Kutschen und Reiter weit hinter sich gelassen, stellte sie fest, als sie abstieg. Tala und Faolán hatten bereits angehalten und der schwarze Wolf wurde gerade wieder zum Menschen. „Wollt ihr erst mal ankündigen, dass die Fürstin kommt?" erkundigte sich Piroska und erntete schallendes Gelächter. „Das wissen sie doch schon längst! Unerwartet kommt hier niemand herein, wir riechen und hören ihn schon lange vorher", erklärte Faolán.

Ylvigur, wieder Mensch, nahm Piroska von hinten in die Arme. „Jetzt kann ich dir wenigstens schonmal unser Dorf zeigen."

„Ja, geht nur. Wir warten hier." Tala lächelte die beiden an. „Du wirst dir wahrscheinlich vor allem seinen Bau ansehen wollen und der ist noch ein Stück weit weg."

„Bau?" wunderte sich Piroska und Ylvigur lachte. „Wir nennen unsere Häuser Baue. Aber keine Sorge, sie ähneln euren Häusern mehr als den Erdbauen unserer natürlichen Verwandten."

Piroska beäugte neugierig die beiden Häuser rechts und ein Stück weiter links. Beide waren zweistöckig erbaut, aus grauem, unbehauenen, aber geschickt verfugten Stein gefertigt und wiesen Türen und Fenster auf. Ihnen fehlte jedoch ein separat gezimmertes Dach. Auf halber Höhe des zweiten Stocks waren die Steine einfach immer enger gesetzt worden, bis die vier Wände aufeinandertrafen. Auch die Türen waren oben abgerundet, die Fenster halbe oder sogar ganze Kreise. Auch Sinn für Symmetrie schienen die Wilkos nicht zu haben. Die Fenster waren in der Höhe und Größe wohl den Räumen innen angepasst, ob sich von außen dadurch ein einheitliches Bild ergab, hatte die Erbauer nicht gekümmert.

„Sehr fremd?" erkundigte sich Ylvigur besorgt. Piroska lachte. „Ja – sieht aber irgendwie gemütlich aus. Wie eine Höhle." Sie sah sich um. „Wo sind die anderen Häuser?"

„Weiter weg. Wir wohnen nicht so dicht aufeinander wie ihr." Ylvigur führte sie nun ins Dorf hinein. Der Weg führte weiterhin durch dichten Wald, aber immer wieder konnte sie Trampelpfade erkennen, die zwischen den Bäumen verliefen. Ylvigur zeigte ihr, dass diese Pfade sich bis zu vereinzelt stehenden Häusern erstreckten. Nur wenige Bauten waren vom Hauptweg aus erkennbar.

„Hier bin ich aufgewachsen", sagte Ylvigur plötzlich. Der Weg hatte sich zu einem Platz erweitert, an dem mehrere Häuser standen, die meisten größer als diejenigen, die sie bisher gesehen hatte. Der Werwolf wies auf eines dieser Häuser. „Hier wohnen meine Eltern noch und hier wurden wir aufgezogen."

Piroska lächelte beim Anblick des Hauses. Obwohl die Werwölfe Landwirtschaft ablehnten und sie bisher auch nichts gesehen hatte, was an einen Garten erinnerte, war um dieses Haus herum der Boden gerodet worden. Jemand hatte einzelne Beete angelegt und dort verschiedene Kräuter angebaut. „Lass mich raten – Heilkräuter."

„Ja. Mama war nicht erbaut von der Idee, Pflanzen bewusst zu setzen, aber Papa will seine Zutaten immer zur Hand haben."

„Das Haus ist größer als die anderen. Warum?"

„Alle Häuser sind größer, welche Werkstätten beinhalten. Im unteren Stock befinden sich Papas Lager, sein Labor und der Raum, in dem er Kranke verarztet, sowie Mamas Kontor. Und natürlich wie in allen Häusern die Küche. Die Schlafräume sind bei uns immer oben."

„Bei uns auch. Aber im Winter schlafen wir oft in der Küche; am Herd ist es wärmer."

„Solche umbauten Herde wie ihr haben wir nicht, nur einfache Feuerstellen. Aber glaub mir, du wirst auch hier im Winter nicht frieren."

„Was sind die anderen für Häuser?" Angesichts Ylvigurs schelmischen Grinsen ging Piroska auf seine Bemerkung lieber nicht ein.

„Lagerhallen und Gasthäuser."

„Ihr habt Gasthäuser? Fehlt nur noch eine Schenke!" Aber die Werwölfe lehnten doch Alkohol ab, dachte Piroska verwirrt.

„Keine von eurer Art. Diese Häuser stehen leer und werden von uns lediglich sauber gehalten. Wenn Händler kommen, die hier übernachten müssen, dürfen sie sich dieser Häuser bedienen. Einen Wirt gibt es bei uns nicht."

„Also auch kein Haus, in dem ihr euch versammeln könnt."

„Nein. Versammlungen finden draußen auf dem Platz statt. Aber die Gasthäuser und Lagerräume werden uns nun nützen, dort können wir die Verletzten und die Gefangenen unterbringen."

„Und wann versammelt ihr euch?"

„Wenn es Probleme oder Neuerungen zu besprechen gibt, in Vollmondnächten und zu Feiern."

„Feiert ihr auch die Sonnenwende?"

„Ja. Aber wir tanzen nicht. Allerdings singen wir."

„Das habe ich mitbekommen. Du hast eine schöne Stimme." Das hatte Piroska schon bei seinem Willkommenslied für sie gedacht. Aber zu dem Zeitpunkt war ihr nicht nach einem Lob zumute gewesen.

„Danke. Ich werde auch oft gebeten, zu den Feiern zu singen. Die meisten begleiten mich nur."

„Also kennt ihr Musikinstrumente?"

„Außer Trommeln nicht. Was dieser Junge mit der Flöte gemacht hat, kann Tala alleine mit ihrer Stimme. Amarok auch, aber wesentlich tiefer. Die meisten Instrumente, die ich in Kronburg gehört habe, können wir nachahmen. Nur die Laute nicht."

„Kriszta spielt Laute!"

„Hm, das werden wir sicher mal ausprobieren. Ich glaube, das wird sehr interessant. Ihr habt so vieles, das wir nicht kennen und umgekehrt ist euch so viel unbekannt, was für uns selbstverständlich ist."

„Ja", Piroska lächelte. Das würde sicher spannend werden. „Wo gehen wir jetzt eigentlich hin?" Ihr wurde erst jetzt bewusst, dass Ylvigur sie aus dem Dorf herausgeführt hatte.

„Zur Haselrinne."

„Was ist das?"

„Einer der Bäche, die hier im Wald entspringen. Schau, hier ist sie schon."

Haselrinne war der passende Name, fand Piroska. Der Bach schnitt tief in den Boden ein. Das Wasser floss erst einen Meter unter den steil abfallenden Ufern, die mit Haselsträuchern bewachsen waren.

Zwischen zwei Sträuchern ließ Ylvigur Piroska hinuntersehen. Die Haselrinne war um die vier Meter breit, aber auch gute fünf Meter tief und besaß unglaublich klares Wasser, in dem sich die Fische tummelten. Und sie strömte mit erstaunlicher Kraft vorwärts. „Da möchte ich nicht hineinfallen!"

„Kannst du schwimmen?"

„Ja. Aber ob ich mich da halten könnte, weiß ich nicht." Piroska kicherte. „Zeig Stepan die Haselrinne und er rennt nach seiner Angel."

„Das wird kein Problem sein. Sieh mal rüber."

Piroska blickte zum anderen Ufer hinüber. „Was ist da passiert? Da ist ja gar kein Wald mehr?"

„Das ist die Stelle, die wir Stepan geben würden für seinen Hof. Seit einem Blitzeinschlag vor etlichen Jahren wachsen dort keine Bäume mehr. Die Rehe lieben die jungen Schösslinge und wir haben nicht die Zeit, dauernd die Lichtung zu bewachen. Wenn sich dein Bruder dort ansiedelt, kann er sich mit ihnen herumschlagen."

„Aha – so uneigennützig seid ihr gar nicht!"

„Wenn wir zwei Mäuse mit einem Biss erwischen können, tun wir's auch!"

Ylvigur folgte dem Pfad weiter den Bach entlang. „Wo geht's da hin?", erkundigte sich Piroska.

„Es kommen noch zwei Werkstätten und ein Haus."

„Und was für – oh!" Piroska sah verdutzt auf einen großen, senkrecht gestellten Mahlstein, der mit einem Mühlrad verbunden war, das aber im Moment nicht ins Wasser ragte. „Was ist denn das?"

„Hier mahlt Rando seine Farben." Ylvigur wies auf ein einstöckiges, aber ebenfalls oben abgerundetes Gebäude. „Seine Werkstatt."

Piroska blickte jedoch nach vorn, wo ein weiteres Gebäude sichtbar wurde. „Und das ist deine?"

„Nein. Das ist mein Haus." Ylvigur hatte noch nicht ausgesprochen, als Piroska bereits losrannte. An der Tür hielt sie allerdings inne. „Ich darf doch?"

„Natürlich. Ich will ja wissen, ob du hier leben magst."

Da hätte sich Ylvigur keine Sorgen zu machen brauchen. Piroska war von allem begeistert, was sie sah. Im Unterschied zu den menschlichen Häusern gab es hier keine Diele, man trat direkt in die Küche. Und die war groß und so leer, dass Piroska sie in Gedanken sogleich einzurichten begann. Die „Feuerstelle" erwies sich als großer, gemauerter Kamin, der an der Innenwand gebaut war und auch vom angrenzenden Raum aus befeuert werden konnte. An der Rückwand der Küche stieg eine breite Steintreppe ins obere Stockwerk. Unter dieser waren tiefe Regale eingebaut, ebenfalls aus Stein. Sie waren aber fast leer, nur zwei Becher, einige Teller und Schüsseln und zwei Gabeln fristeten dort ihr einsames Dasein. Im Kamin hing ein Kupferkessel und davor lag ein Bratspieß. Das war alles, was der Werwolf an Küchenutensilien benötigte. Piroska stellte fest, dass sie keinesfalls zuviel eingekauft hatte.

Ansonsten fanden sich nur ein Tisch und drei Stühle im Raum. Neugierig öffnete Piroska die Tür zum Nebenzimmer und ihre Erwartungen wurden nicht enttäuscht: Auch hier herrschte weitgehende Leere. Es fanden sich allerdings zwei Tische vor, beide jeweils an eines der halbkreisförmigen Fenster geschoben. Jetzt sah Piroska auch, warum Ylvigur alle Fenster als Halbkreis angelegt hatte; er brauchte die Fensterbänke. In diesem Raum waren sie mit allerlei Werkzeugen belegt, von denen ihr Zukünftiger wesentlich mehr besaß als Küchengerätschaften. Ganz offensichtlich wurden hier die Arbeiten getan, für die die beiden Bewohner ihre Werkstätten nicht brauchten. Ein Tisch war mit Krügen und Töpfen aus Ton vollgestellt, auf dem anderen war die gegerbte Haut eines Rehs aufgespannt.

Auf dem Boden lag ein kleiner, lederner Ball. Piroska hob ihn auf. „Was macht der hier?"

Ylvigur lachte. „Den habe ich für meine Nichte gemacht - Asenas Tochter. Sie liefert die Kleine manchmal hier ab, wenn sie in ihrer Schmiede viel zu tun hat und weiß, dass wir hier arbeiten."

Piroska lächelte versonnen und dachte, dass Ylvigur dann in hoffentlich nicht allzu ferner Zeit Spielsachen für seine eigenen Welpen fertigen konnte.

Oben befanden sich vier Schlafräume, alle so angeordnet, dass ein Feuer im Kamin auch sie mit erwärmte. Piroska überlegte; von außen hatte sie keinen Schlot gesehen.

„Wir lassen einfach die letzten Steine ganz oben weg", erklärte Ylvigur. „Der Kamin ist immer genau in der Mitte. So werden alle Räume geheizt."

"Deshalb meintest du, ich würde hier nicht frieren."

"Ja, auch. Und sollte es dir trotz des Feuers zu kalt sein, bin ich ja auch noch da." Ylvigur lächelte sie zärtlich und verschmitzt zugleich an und beugte sich zu ihr hinunter.

„He! Kommt mal wieder runter!" rief jemand von unten. Und jemand anders fügte hinzu: „Für Zärtlichkeiten ist jetzt keine Zeit."

„Rando", seufzte Piroska. „Der ist schlimmer als du."

„Und er hat uns zu früh aufgespürt", murrte Ylvigur. „Aber leider hat er recht."

Unten fanden sie nicht nur Rando vor, sondern auch Ylvigurs Eltern. Alle waren schwer bepackt. „Du hättest auch selbst dran denken können", maulte Rando, als er seinen Packen abstellte.

„Habe ich. Aber die Wagen waren ja noch nicht da."

„Ihr seid so lieb", Piroska hatte ihre neuen Errungenschaften erkannt. „Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass wir das gleich hierlassen können." Sie umarmte jeden der drei. „Am liebsten würde ich gleich mit einräumen beginnen."

„Das kann ich mir vorstellen. Aber du wirst noch dazu kommen", tröstete Ylvigur sie.

„Demnach vermute ich, dir gefällt das Haus?" erkundigte sich Amarok. Piroska nickte strahlend. „Das wird sehr schön aussehen, wenn ich fertig damit bin."

„Ich sehe jede Menge Arbeit auf dich zukommen", murmelte Rando in Ylvigurs Richtung, als sie zurückgingen. Der lachte nur. „Das werde ich schon überleben."

„Aber meinen Zorn nicht, wenn du dir nicht gleich wieder die Maske aufsetzt", schnauzte Amarok seinen Sohn an. „Du bleibst solange wie möglich Mensch die nächsten zwei Monate und behältst das Teil auf der Nase, sonst verarzte ich dich beim nächsten Mal nicht mehr!"

Ylvigur zog eine Grimasse, aber schon hatte Piroska das beanstandete Utensil aus dem Rucksack gefischt und hielt es ihm mit strenger Miene hin. Wortlos fügte er sich.

„Eins wundert mich ja", meinte Rando zu Ylvigur. „Hast du nicht mal gesagt, du wolltest auf keinen Fall eine so dominante Frau haben wie es deine Mutter ist?"

„Oh – man kann ja wohl noch seine Meinung ändern. Außerdem ist Piroska nicht direkt dominant, nur sehr energisch."

Rando lachte, aber das verging ihm schnell, als Raifa sich umdrehte. Ihre finstere Miene verriet, dass sie mitgehört hatte. „Wie war das bitte?" Sie trat auf ihren Sohn zu, der sofort hinter Rando verschwand.

„He", empörte sich dieser. „Mir sind meine Schienbeine mindestens so lieb wie dir deine!" Er trat zur Seite.

Raifa machte einen weiteren Schritt, wurde aber gleich gestoppt. Piroska hatte sich vor Ylvigur gestellt. „Wage es nicht, ihm etwas zu tun!" fauchte sie in bester Wolfsmanier.

Allgemeines Lachen war die Folge, in das nur Raifa nicht einstimmte. Rando feixte: „Sie meint wahrscheinlich, das ist meiner, den trete nur ich!"

„Das ist auch gut, bei ihr tut es weniger weh", Ylvigurs Bemerkung war nicht gerade dazu angetan, die Wogen zu glätten. Piroska und Raifa funkelten sich noch immer zornig an.

„Nimms nicht so schlimm", Amarok trat hinter seine Frau und nahm sie bei den Schultern. „Der Junge wurde von drei sehr starken Frauen aufgezogen, es ist kein Wunder, wenn er dann erstmal seine Freiheit haben wollte. Ich habe mir schon sowas gedacht, als er sich entschied, sich nicht gleich eine Partnerin zu suchen, sondern erst eine Jungwolfgemeinschaft mit Rando und Jülf zu bilden. Und immerhin hat er sich dann doch eine Gefährtin gesucht, die dir recht ähnlich ist." Er drückte sie sanft an sich. „Irgendwann musstest du ihn ja verlieren", gab er zu bedenken.

Raifa wirkte tatsächlich traurig und sofort tat sie Piroska leid. „Du wirst ihn ja nicht ganz verlieren", versicherte sie. „Wir werden ja in eurer Nähe leben und ich werde ihn sicher nicht daran hindern, zu dir zu gehen, sooft du willst."

Jetzt lächelte Raifa. „Du hattest recht, sie ist wirklich süß", sagte sie zu ihrem Sohn und zu Piroska: „Ich erwarte aber, dass du mitkommst, wenn er uns besucht."

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