Donnerstag - 2.2 - ABC 123

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Don't forget  -  it's fiction!       

Wie an dem Bild oben gut zu erkennen ist: heute muss ich eine Triggerwarnung aussprechen: Soziophobie und Traumatisierung kommen zur Sprache. Pass auf Dich auf!

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Womit wir wieder beim Thema wären – Wasser ... Die heute übliche, völlig selbstverständliche Immer-Verfügbarkeit von Wasser. Selbst, wenn wir immer zu Dritt aufs Klo gehen und erst am Ende einmal spülen – was definitiv keiner von uns will! - wir brauchen mehr Wasser, um die Toiletten zu spülen! Wir können uns am Waschbecken auch ohne Seife waschen und das verwendete Wasser dann in die Badewanne schöpfen. Aber das ist doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein!

Ich habe keine Wahl. Da die Infos heute morgen auch ein „keine Radioaktivität messbar" enthielten, entscheide ich, die Wanne einfach wieder volllaufen zu lassen. Das Risiko müssen wir eingehen, wir können einfach kein Trinkwasser dafür benutzen und müssen trotzdem irgendwie unseren Hygienestandard hoch halten. Sonst sind wir am Ende alle krank. Als wäre es eine direkte Reaktion auf meine „Missetat", wird schon bald danach stundenlang in allen Nachrichten davor gewarnt, Leitungswasser zu benutzen, und mit drastischen Strafen gedroht.
Wie auch immer die die durchsetzen wollen ... Jedenfalls bin ich nicht die einzige ...

Die direkte Folge unseres spannenden Vormittags vollzieht sich ganz im Stillen. Eine Stunde später gehe ich wieder durchs Haus. Und Yoongi sitzt mit Stift und Block in einer Ecke, schreibt, streicht durch, ergänzt, schreibt, ... Namjoon produziert mit entsprechenden Instrumenten-Programmen auf seinem Läppi interessante Klänge quer durch das klassische und moderne Orchester, mal melodisch, mal beat-lastig, mal getragen, dann wieder dynamisch und aufwühlend. Hoseok steht vor dem Spiegelschrank im 4er-Zimmer und probiert eindeutig Maschinenbewegungen aus. Und Guk hockt an einem anderen PC, schaut sich den First-Try-Film vom Wasser-Tanz an, notiert sich eine Time-Line und durchforstet dann Netflix nach Naturaufnahmen. Ich habe keine Ahnung, ob sie sich auf koreanisch abgesprochen haben, ohne dass wir das mitgekriegt haben. Aber es ist offensichtlich, dass das Gesehene und Improvisierte in ihnen weiter arbeitet und sich grade einen künstlerischen Weg ans Tageslicht bahnt. Gleichzeitig ist es ihre innere Auseinandersetzung damit, was ihr Leben grade mit ihnen veranstaltet, es gibt ihrer Zeit hier einen Sinn und eine Aufgabe, ganz egal, ob und was am Ende dabei herauskommt.
Na, da bin ich ja mal gespannt!
Ich fühle mich erleichtert, weil mit Händen zu greifen ist, wie gut es den Jungs tut. Und mich macht es entspannter, weil ich das Gefühl habe, dass wir so keinen Budenkoller kriegen werden, dass das Eingesperrtsein in der Enge doch gelingen kann.

Namjoon ist mit dem Vervollständigen der Wörterlisten gestern so weit gekommen, dass ich nun die Fäden zusammenführen kann. Die deutsch-englischen Wörter auf meinen Listen passen in den meisten Fällen zu den koreanisch-englischen Wörtern auf den Listen von Jin, so dass ich hinter seine Wörter einfach nur noch die deutsche Bedeutung schreiben muss. Also – im Idealfall. Vieles vom Deutschen bleibt auch offen, die Lücken in seiner Liste schließe ich weitgehend mit DeepL.com. Stolz über die Idee hänge ich die Listen an den Kühlschrank und ins Wohnzimmer, kopiere manche, damit ich sie noch in andere Räume hängen kann. Jin kommt, weil er seine Brille sucht, und bleibt vor der Küchenliste stehen. Dann führen wir ein seeeeeehr lustiges Gespräch über Küchengeräte, Lebensmittel und Zubereitungsarten, haben Spaß an unseren Missverständnissen und müssen viel über uns selbst lachen.

Allmählich stellt sich sogar sowas wie Urlaubsfeeling ein. Ich glaube, das haben die Jungs nicht mehr gehabt, seit sie als Kind mit ihren Eltern ans Meer oder in die Berge gefahren sind. Entspannt, ungestylt, unrasiert, ungekünstelt, in bequemen Klamotten, ohne Stichwörter und Regieanweisungen geht jeder seinen Interessen nach und lässt sich treiben. Ich habe großen Spaß daran, sie so pur und echt zu erleben. Beim Zusehen wird so manche Beobachtung aus dem Internet entweder bestätigt oder widerlegt. Yoongi schläft mit dem Block in der Hand und dem Stift im Mundwinkel ein – ich glaube, dieses Klischee wird niemals zu widerlegen sein, und ich muss mich echt zusammenreißen, um nicht laut loszulachen. Hoseok tanzt immer noch vor dem Spiegel. Auch dieser Bewegungsdrang wird sich wohl nie ändern. Jimins intensive Bindung zu Tieren ist sicher schon weniger Leuten aufgefallen. Und niemand da draußen weiß, wie bedächtig, umsichtig und vorsichtig Namjoon in Wirklichkeit sein kann, wenn man keine Kamera auf seine Hände richtet. Nach dem blöden Knall gestern hat nicht nur Guk alle Fühler ausgestreckt zu den anderen - manchmal ist ihm förmlich auf die Stirn geschrieben:"Gibts hier was, was ich 'merken' sollte???" Auch Namjoon scheint irgendwie freier, mutiger, selbstverständlicher drauflos zu 'machen'.

Aus unserem lustigen Küchengespräch wird auf einmal eine vergrößerte Lernrunde am langen Tisch. Denn Namjoon ist aufgetaucht und stöbert schon wieder durch das Englisch-Wörterbuch. Allmählich finde ich das zu dumm und umständlich und biete ihm eine erste richtige Deutsch-Stunde an. Dazu gesellen sich Jungguk und Maja für eine erste Koreanisch-Einheit. Gemeinsam üben wir nun Schreibweisen und Aussprachen der Buchstaben in Deutsch, Englisch und Koreanisch, damit sie im nächsten Schritt die Möglichkeit haben, die Wörter lesen zu können. Ich bin da so eher der Logik-Typ. Ich mache also eine Klang-Tabelle.

Ansonsten muss man ja bereit sein, sich gründlich zum Affen zu machen. Unsere gegenseitigen Versuche, diese vorne, in der Mitte oder hinten sitzenden, scharfen, weichen oder kehligen Laute hervorzubringen, werden begleitet von saukomischen Grimassen und Verzweiflungsrufen. Jeonguk verschluckt fast seine Zunge, weil die deutschen Doppelkonsonanten ch, br, kr, pf, schw, st, pl und Co. einfach nicht rauszukriegen sind. Und Tae lacht sich darüber so kaputt, dass Guk sich schließlich auf ihn stürzt, um ihn zur Strafe durchzukitzeln. Im Nullkommanix wird aus dem unschuldigen deutschen „TZ" eine wilde koreanische Verfolgungsjagd durchs ganze Haus.

Sie sausen hintereinander die Treppe hoch, Tae um Gnade winselnd, begleitet von unserem Gelächter. Die Tür zum 2. Stock knallt bei dem Ansturm auf und gegen die Wand. Doch plötzlich ertönt lautes, wütendes Gebrüll von ganz oben, woraufhin die beiden mit betroffenem Gesicht wieder runtergerast kommen, verfolgt von einem völlig aufgelösten Yoongi. Der ist offensichtlich von den beiden Kaspern aus dem Tiefschlaf gerissen worden.
Wie war das? Wecke niemals einen Yoongi, wenn dir dein Leben lieb ist?"
Aber das hier ist viel ernster, denn seine Reaktion ist schon seltsam. Er zittert am ganzen Körper und drückt sich mit schreckensweit geöffneten Augen an die Wand.

Endlich wieder ein Problem!
Und noch dazu eines, das ich überhaupt nicht deuten kann. Aber Namjoon kann.
Gott sei Dank!
Er flüstert mir „his socio phobia" zu, bellt ein koreanisches „Ruhe!" in Richtung der verwirrten Maknaes und geht langsam und vorsichtig auf Yoongi zu, fasst ihn aber nicht an.

„Yoongs, hab keine Angst, ich bin da, ich passe auf dich auf. Ich glaube, ich weiß, was dir grade passiert ist. Mach dir keine Sorgen, das kriegen wir wieder hin. Ich bitte dich nur, dich nicht irgendwo einzuschließen. Dann kann ich dir nicht mehr helfen."
Yoongi nickt. Und bei mir fällt der Groschen.
Die Soziophobie!!! Ach Mist!
Die eintretende Routine und der intensive Morgen haben mich eingelullt, und ich habe nicht mehr gemerkt, wie trotzdem bei allen die Anspannung wegen der Atomgeschichte unter der Decke lauert. Die zwei kleinen Idioten haben die Ruhezone im zweiten Stock missachtet und Yoongi sehr abrupt geweckt, und jetzt gehen die alten Ängste mit ihm durch. Wie gut, dass Namjoon damals alles erlebt hat und darum nun weiß, was zu tun ist. Und wenn es nur hilft, dass Yoongi weiß, dass Namjoon weiß...

„Es ist so eng und voll hier."
Yoongi flüstert, käseweiß im Gesicht, und erstarrt. Taehyung und Jeongguk fangen an zu weinen. Namjoon öffnet die Wohnzimmertür weiter und lotst Yoongi raus.
„Du gehst jetzt wieder rauf und ruhst dich aus. Ich bleibe in deiner Nähe, falls du mich brauchst. Und der 2. Stock ist ab sofort absolutes Tabu für alle, die da kein Bett haben. Darauf kannst du dich verlassen. Du kommst da erst wieder raus, wenn du das selbst willst."
Derweil trifft sein strenger Blick die beiden „Übeltäter", die ergeben nicken. Die beiden Hyungs verschwinden nach oben.

So schnell zeigt sich, WIE trügerisch der Schein sein kann. Ich kenne euch eben doch nicht so gut. Ich ahne nur, dass bei euch allen das Eis gaaaaanz dünn ist, weil unsere Situation einfach so unsicher ist. Yoongi kann ich nicht helfen, da ist Namjoon schon der richtige Ansprechpartner. Ihn hat offensichtlich der laute Knall der aufgeschlagenen Tür irgendwie getriggert. Aber die beiden Häuflein Elend auf dem Sofa, um die kann ich mich kümmern.
Ich bleibe kurz vor meiner Gebetsecke stehen und schiebe mich dann zwischen die beiden aufs Sofa. Ich verteile Taschentücher, und dann lege ich meine Arme um die beiden.
„Heult euch erstmal aus, ihr seid ja genauso erschrocken wie Yoongi!"

Ein verwirrter Jimin stolpert herein. Er hat wohl auch geschlafen, ist von dem Lärm und Rauf und Runter geweckt worden, ist dem Yoongi-Gespenst und Namjoon im Flur begegnet und versteht nun die Welt nicht mehr. Hoseok steht sofort auf, geht mit ihm wieder ins Jungszimmer und erklärt ihm dort wohl die unschöne Situation. Maja räumt das ganze Lernmaterial vom Tisch, und Markus geht mit dem Rest in die Küche, um Pizza zu machen. Das mögen alle, da kann für jeden Geschmack eine eigene Ecke belegt werden, das wird die Stimmung wieder heben.

Wir drei bleiben einfach auf dem Sofa sitzen.
Muss ich mir jetzt um Yoongis Sicherheit ernsthafte Sorgen machen?
Ich habe schwer traumatisierte Menschen gesehen, die nach einem Trigger völlig ausgeflippt sind und hinterher nicht mal mehr wussten, was sie in dieser Zeit alles getan haben.
Hoffentlich hat Namjoon das wirklich im Griff! Das dauernde Sirenengeheul und die unbestreitbare Enge dieses Hauses tragen bestimmt nicht zur Beruhigung bei.
Aber ich übe mich in Geduld und bleibe einfach bei den beiden zerknirschten Jungs. Die erliegen grade einem chronischen Anfall von Demut. Sie entschuldigen sich bei mir.
WOFÜR?
Sie wollen hochgehen und sich bei Yoongi entschuldigen.
Bloß nicht!!!
Sie würden am liebsten die Welt aus den Angeln heben, um ihre Unachtsamkeit ungeschehen zu machen.
Hilft nüscht, müsst ihr mit leben ...

Als sie sich wieder etwas beruhigt haben, frage ich nach.
"Habt ihr jemals in der Trainee-Zeit oder danach erlebt, dass Yoongi so die Fassung verloren hat?"
Beide schütteln den Kopf und bestätigen, dass sie am Anfang viel zu viel Respekt vor Yoongi hatten, zu der Zeit noch gar nicht da waren oder Namjoon das alles zu gut abgepuffert hat. So gut ich es kann, versuche ich also den beiden zu erklären, wie eine Traumatisierung entsteht, was ein Trigger, ein Flashback, eine Dissoziation ist, wie unterschiedlich die Auswirkungen und Schutzmechanismen ausfallen können und was da vermutlich grade in Yoongi abgegangen ist. Es wird offensichtlich, dass sie bisher mit einem dermaßen traumatisierten Menschen keinerlei Erfahrung gemacht haben und erst heute begreifen, was das „Ding" ist, mit dem Yoongi leben muss. Die beiden vergehen vor Scham, als ihnen klar wird, was für eine Last das für ein Leben sein kann.

Ich werte nicht, ich suche mit ihnen nach Auswegen. Ihr übergroßes schlechtes Gewissen kann ich nur bedingt wieder einfangen. Aber ich fürchte, damit müssen sie nun erstmal leben, bis wieder ein Gespräch mit Yoongi möglich sein wird.
Möge das bald sein! Wir müssen unbedingt die psychische Großwetterlage im Haus einigermaßen entspannt halten, sonst stehen wir das hier nicht durch.
Bisher ist das leider weitgehend Theorie. Grade ist nämlich der Dritte von sieben Membern seelisch aus den Latschen gekippt. Innerhalb von nicht mal 48 Stunden. Diese Bilanz ist ziemlich furchterregend ...

Als die Pizza fertig ist, trommeln wir die Leute aus dem ersten Stock ohne Glocke zusammen. Für Namjoon und Yoongi machen wir ein Tablett fertig, das Maja leise raufträgt. Hinterher berichtet sie, dass Namjoon Yoongi einfach ins Bett gepackt hat und nun neben ihm sitzt. Yoongi hat Kopfhörer auf und schreibt irgendwas.

Die Stimmung am Tisch ist bedrückt. Guk deckt den Tisch und bedient uns von vorne bis hinten. Er tut mir so leid. Es ist scheußlich, was für Auswirkungen das hatte, aber die beiden waren doch einfach nur albern. Das war toll! Nach dem ersten Dämpfer und den guten Vorsätzen gestern trägt Guk aber nun doppelt schwer an dieser Last. Auch Tae vergeht innerlich vor Scham. Zum Ausgleich achtet er gut auf Jimin, atmet mit ihm um die Wette, und der hält die ganze Situation tapfer aus und macht mit. Gut geht es ihm damit auch nicht, dafür ist er zu sensibel.

Einzig die Pizza ist ein echter Lichtblick. Fürs Kochen bin ja meist ich zuständig, aber sobald die Ofenklappe aufgeht, ist mein Mann einfach der King im Haus!

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26.10.2018    -    18.3.2019    -    24.3.2020

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