Mittwoch - 1.1 - Sirenen

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

Don't forget - it's fiction!

..............................................................................................................

Normalerweise geht bei uns um 5:40 Uhr der Radiowecker an. Wir Eltern drehen uns dann nochmal kurz um und scheuchen anschließend den Nachwuchs aus dem Bett. Markus fährt schon um 6:12 mit dem Zug zur Arbeit. Maja hat mittwochs Berufsschule und steigt also um 7:00 Uhr in den Zug nach Frankfurt. Und Simon steigt um 7:20 Uhr auf sein Rad und flitzt quer durch die kleine Stadt zur Schule. Danach kehrt zu Hause Ruhe ein. Ich nehme mir Zeit für mich, manchmal gehe ich sogar nochmal ins Bett, mache dann ein bisschen Haushalt und gehe die ToDo's des Tages an. Irgendwann schlappe ich in meine Werkstatt und bastele Aufträge ab.

Normalerweise. Heute ist alles anders. Simon liegt in der Bettritze zwischen Markus und mir. Unser Bett hat Überbreite, aber zu merken ist er eben doch. Nebenan sind drei junge Koreaner wegen Jetlag schon vor einer Weile wach geworden und hocken darum jetzt bei den anderen vier Jungs im Zimmer von Simon. Und dann mischt sich schon wenige Minuten nach dem Wachwerden ein anderes, ungewohntes Geräusch in die Klänge aus dem Radio.
Sirenen? Eine Übung gefühlt mitten in der Nacht???  Was ist denn in die gefahren???
Der Radiosprecher, der bald darauf einen Song mit „einer wichtigen Eilmeldung" unterbricht, belehrt uns eines Besseren. Markus und ich sitzen schlagartig senkrecht im Bett und trauen unseren Ohren nicht.

„Die Polizei Südhessen bitten um ihre Aufmerksamkeit. Beim Rückbau des AKW Biblis kam es heute morgen um 5:13 zu einem Störfall. Sämtliche Dosimeter der Frühschicht schlugen bei der Sicherheitskontrolle vor dem Betreten der Gefahrenzone stark an. Die zulässige Tagesdosis von 50 Mikrosievert wurde verdreifacht gemessen. Außerhalb der Gebäude wurde bei Kontrollen keinerlei Strahlung gemessen. Die Bevölkerung wird dennoch aufgefordert, sich nicht ohne Not im Freien aufzuhalten. Alle Flughäfen, Bahnhöfe und sonstiger ÖPNV werden sofort stillgelegt. Es ist verboten, sich mit Privatfahrzeugen über den eigenen Wohnort hinaus zu entfernen, damit die Straßen nicht blockiert werden. Bitte hören sie durchgehend weiter Radio und stellen sie sicher, dass auch all ihre Nachbarn informiert sind. Solange keine konkretere Warnung herausgegeben wird, ist es erlaubt, Vorräte einzukaufen. Ab 9:00 Uhr darf kein Leitungswasser mehr genutzt und ihr Wohnort nicht mehr verlassen werden. Im Anschluss an diese Meldung werden wir die öffentlich eingerichteten Schutzräume nennen, zu denen sie sich begeben können, falls sie nicht zu Hause bleiben können. Im Notfall haben alle Ärzte und Krankenhäuser Bereitschaftsdienst. Wir bitten die Bevölkerung, Ruhe zu bewahren. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich um eine technische Störung. Wir werden sie informieren, sobald die Ursache der Störung erkannt und behoben ist."   

blablabla ... 

Ich kriege Gänsehaut und starre Markus an. Er starrt mich an. Ein Atomunfall. 30 Kilometer vor unserer Haustür. Elf Menschen in einem engen Reihenhaus. Sieben davon sind hier fremd und müssten eigentlich ganz wo anders sein. Kein Flugzeug, kein Zug, kein Bus. Autofahrverbot. Elf Menschen, zu wenig Trinkwasser, kein Wasser zum Kochen, kein Wasser für Hygiene, Spülen, Waschen. Drei Stunden Zeit.
Oh Gott, jetzt bist du dran! Schenk mir nochmal dieselbe Geistesgegenwart wie gestern Mittag und lass mich jetzt sofort alles Nötige tun!

Es klopft an der Tür, auf meine Aufforderung hin kommt ein verunsicherter Namjoon zum Vorschein und schaut uns fragend an. Die Sirene muss die Jungs sehr erschreckt haben. Ich verspreche ihm, gleich runter zu kommen, will mich aber noch kurz mit Markus absprechen. Dann schnappe ich mir von seinem Schreibtisch einen Block und Stifte und fordere ihn auf, mit mir gemeinsam Brainstorming zu machen, was bis 9:00 Uhr alles passiert sein muss. Bloß nichts vergessen! Wir geben den Zetteln Überschriften und schreiben durcheinander, was uns alles einfällt.

VERSORGUNG: 
- dringend Lebensmittel, Meerschweinchenfutter und gaaaanz viel Wasser kaufen
Warum zum Henker war ich gestern ohne Grund bei ALDI und habe dann nicht ohne Grund 5x soviel Wasser und 1000 andere Sachen gekauft???
- vorher Allergien checken, zu Zweit fahren – bald! Bevor Chaos draußen ausbricht und die Regale leer sind
- später Teams und Dienste für alles einteilen, damit Routine eintreten kann.
Wer weiß, wie lang das dauert???

HYGIENE:
- alle nochmal duschen, Küche und Bäder gründlich putzen – Feuchttoilettenpapier kaufen (spart Wasser), Sagrotan!, Badewanne volllaufen lassen, Eimer als Toilettenspülung bereitstellen
- nochmal 2 Maschinen Wäsche laufen lassen??

KÜCHE:
- möglichst viele Flaschen mit Wasser füllen, noch genug Filterkartuschen fürs Wasser da?? Kühlschränke und Tiefkühlschrank checken, Unnötiges raus, Einweggeschirr kaufen??

MEERSCHWEINCHEN:
- rein in Majas Zimmer mitsamt Streu / Futter, nochmal ausmisten vorher

ZIMMEREINTEILUNG:
- schlafen wie letzte Nacht. Wenn alles andere geregelt, miteinander planen, wo im Haus Ruhezonen bzw. Platz für Action, damit keiner durchdreht

SINNVOLLE BESCHÄFTIGUNG:
- Tanzen, Singen, Spiele spielen, gemeinsam kochen und essen, mit den Tierchen beschäftigen, Englisch üben,
Schadet uns allen nicht...
Lesen, Texten/Komponieren, Choreo's üben, Gitarre spielen, Filme glotzen, gute Absprachen treffen und viel Offenheit, alle müssen sich wohlfühlen, dann halten wir die Situation länger aus

SICHERHEIT:
-   Nachbarn grade weg. Wenn wir die erreichen, dürfen wir vielleicht deren Kühlschrank/ ... mit benutzen. Haben Schlüssel, Haustüren direkt nebeneinander... Fenster geschlossen halten, aber doch ab und zu lüften, wenn erlaubt. Mülltonnen in die Gasse holen, möglichst wenig unter freiem Himmel sein

INFORMATION NACH AUßEN:
-  Manager, Eltern, ... informieren, möglichst beruhigen, Telefonnummern/ WhatsApp/ Mailadressen... von allen streuen, müssen auf jeden Fall irgendwie erreichbar sein, unsere Familien auch informieren

BTS:
-  mit dem Konsulat telefonieren, ob noch Möglichkeit ist, Jungs aus Stadt zu holen, Hotels anrufen, aber lieber hier lassen, schon wegen Jimin, Info an PD

TECHNIK:
- alle Computer u.a. Geräte im Haus sortieren, laden, mit W-Lan verbinden, planen, wo was, überall Kerzen / Streichhölzer verteilen für Notfall

Sonstiges: lieber Gott, möge das ein schlechter Traum sein!

Doch leider ist es kein Traum sondern bittere, beängstigende Realität, die sofort organisiert werden will. Das hier wird eine logistische, organisatorische, soziale und psychologische Herausforderung. Soviel ist klar. Zudem habe ich den Eindruck, dass die Experten in Biblis nicht wirklich wissen, was sie da tun oder wonach sie suchen. Organisierter Katastrophenschutz klingt in meinen Ohren auch anders. Aber: wir haben keine Wahl. Wenn die Jungs hier nicht mehr raus gebracht werden können, werden sie selbstverständlich unsere Gäste sein, so lange es irgend geht. Es bleibt ja zu hoffen, dass die in Biblis ganz schnell irgendeine harmlose Störung finden und der Spuk in ein paar Stunden vorbei ist. Wenn nicht - wir werden uns vorbereiten. Die Vorstellung, die jetzt hier rauszuschmeißen und in irgendeinen Schutzraum, sprich: eine Schulturnhalle mit hunderten von anderen Menschen abzuschieben, ist definitiv keine Option! Zum Glück sieht mein Mann das genau so: Aus meiner Spontanität von gestern Mittag ist nun unsere Rettungsinsel geworden. Für elf Menschen.

....................................................................................

18.10.2018    -    5.4.2019    -    23.3.2020

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro