Samstag - 4.2 - Wichteln

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

Don't forget  -  it's fiction!

...............................................................................................................

Und wer hat nun mich gewählt?
Das erfahre ich eine ganze Weile lang nicht. Es bleiben ja nur Taehyung, Namjoon und Yoongi übrig, die sich aber alle bedeckt halten. Dafür trudeln im Laufe des Vormittags auf meinem WhatsApp-Account immer wieder Botschaften von einer fremden Nummer ein: Botschaften, die mir sagen, was der Absender an mir mag. Was er mir für mein weiteres Leben wünscht. Was er von mir lernen möchte oder schon gelernt hat. Sinnsprüche – und auch aufbauende Bibelverse. Ich bin unglaublich berührt und würde diese liebevollen Komplimente am liebsten riesig und rot an meine Wohnzimmerwand sprayen, damit ich sie nicht übersehen kann, wenn ich mal wieder an mir selbst zweifele. Ich spüle zum Beispiel grade das Besteck vom Frühstück, da macht mein Tablet PLING und ich lese.
"Wenn wir einen Freund heiterer machen können, so sollten wir es auf jeden Fall tun, mag er uns darum bitten oder nicht. Hermann Hesse"

Ich versuche natürlich herauszufinden, wer mich da verwöhnt, aber das ist nicht so einfach. Eigentlich immer hat jemand grade sein Handy in der Hand, wenn eine Nachricht bei mir eintrudelt. Aber immer jemand anderes.
PLING:„Freunde sind wie Sterne. Du kannst sie nicht immer sehen, aber Du weißt, sie sind immer für Dich da."
Ich bin jedesmal mit anderen Leuten in anderen Räumen. Und wer auch immer es ist, derjenige hat echt Pokerface. Denn: die Sprüche passen (fast) immer zur momentanen Situation – derjenige muss also zumindest in der Nähe sein. Das macht mich gleichzeitig kribbelig und total glücklich.

Jin hat mit Guk ein Mittagessen gezaubert, an dem alles dran ist, was Guk so liebt. Mit Markus hat er das Brot für morgen und 2 verschiedene Kuchen gebacken, einen koreanisch angehauchten Improvisationskuchen und einen strunzdeutschen Käsekuchen. Mit beidem wollen wir am Sonntag Nachmittag so richtig urdeutsch Kaffeetrinken veranstalten. Guk hat derweil gefilmt und wird heute Abend ein improvisiertes „Eat Jin" hochladen, wo es ums Backen geht.

Nach dem Mittagessen sehe ich, wie Tae versucht, mit Hilfe unserer stinknormalen, uralten Kaffeemaschine einen Cafe Americano zu machen und ihn dann mit einem Milchschaumherzchen zu verzieren.
Aha!
Bei mir fällt der Groschen. Der hat also Yoongi gezogen. Das finde ich knuffig, denn bei diesen Hawaii-Momenten geht mir immer das Herz auf. Die beiden sind für mich echt was Besonderes und ein Symbol dafür, wie BTS tickt.
PLING:„Ein wahrer Freund ist der, der Deine Hand nimmt, aber Dein Herz berührt."

Irgendwie ergibt es sich, dass wir nach dem Essen anfangen zu singen. Darauf haben alle Lust und bleiben da. Jin schnappt sich meine Gitarre, und dann geht es los. Durcheinander in allen Sprachen wird geübt, gesungen und gelacht. Manches Lied hat eine Geschichte, die erzählt werden will. Die Jungs geben für uns ein paar ihrer Songs zum Besten, und wir grölen vergnügt und völlig sinnbefreit mit. Besonders Simon erntet einige Lacher, wenn er zum Beispiel bei Airplane pt.2 statt „El Mariachi" lieber „El Moriarty" singt. Ich dafür höre bei Rise of Bangtan am Anfang „Young Amadeus" bei Yoongis Part, was definitiv nicht stimmt. Und nach und nach finden wir noch mehr köstliche Verhörer, die sich bei uns eingeschlichen haben. Die Jungs schmeißen sich weg vor Lachen. Zum Beispiel können Maja und ich uns nicht einigen, ob Yoongi in Anpanman „gagagaga" oder „yayayaya" singt. Er lacht und schreibt uns in Romanisation auf einen Zettel:"Kkalkkalkkalkkal".
Aaaaaja ...
PLING:„Und plötzlich ist da jemand, der kippt einfach ein paar Eimer Farbe in Dein Leben und macht Deine Welt bunt."

Yoongi liest seine Rohfassung vom Wasser-Song vor, und Namjoon spielt uns ein paar Melodiefragmente vor. Hoseok zeigt uns seine Übungen zum Maschinen-"Tanz". Es ist zu erkennen, wieviel das Projekt ihnen bedeutet – und wie es Stück für Stück wächst.
PLING:„Perfekt ist das Leben nie, aber es gibt besondere Momente, die es lebenswert machen, und es gibt Menschen, die diese Momente perfekt machen. Zu diesen Menschen zählst Du für mich."
Boah, ich möchte meinen Wichtel bittedanke gerne für immer behalten. Das fühlt sich saugut an!

Nachdem Yoongi seinen Cafe Americano genossen hat, ziehen sich die beiden kreativen Köpfe zurück, um ein erstes Mal zu versuchen, wie sich Text und Musik verbinden lassen. Dass sie dabei gleich die ganze Kaffeekanne mitgehen lassen, erntet allseits Gelächter. Von wem die Botschaften an mich sind, habe ich immer noch nicht raus gefunden.
PLING:"Menschen zu finden, die mit uns fühlen und empfinden, ist wohl das schönste Glück auf Erden. Carl Spitteler"

Etwas später am Nachmittag. Namjoon hat mal wieder das Lexikon in der Hand und versucht sich an deutschen Wörtern. Ich setze mich zu ihm.
„Hallo, du Superhirn, sag mal: wieviel von dem, was wir Deutschen untereinander reden, verstehst du eigentlich inzwischen?"
Er wird ein bisschen rot und antwortet verlegen.
"Ja und nein und essen und trinken und einige Gegenstände. Und ich glaube, dass zwar die Reihenfolge der Satzglieder anders ist, aber dass die grundsätzliche Struktur von Sprache wie im Englischen ist. Außerdem verstehe ich im Zusammenhang ganz oft die Wörter, die es im Englischen auch gibt."
Hilfe, ist der schnell!
„O.K. Dann erkläre ich dir mal, warum du so viel verstehst. Und dann wirst du um so schneller lernen, denke ich."

"In Europa waren die ersten Hochkulturen die Griechen und die Römer. Und die Römer haben über mehrere Jahrhunderte hinweg wirklich ganz Europa bis kurz vor Schottland, quer durch das heutige Deutschland und weit nach Osten beherrscht. Sie haben die Völker unterworfen, ihnen ihre moderne Verwaltung verpasst, mit allen gehandelt, sich zum Teil mit ihnen vermischt – und überall ihre Sprache hinterlassen, als sie wieder weggingen. Die Verbreitung des christlichen Glaubens ging auch von Rom aus. Und die gesamte Entwicklung der Wissenschaften der westlichen Welt basiert darauf, dass überall, erst in den Klöstern, dann an den Universitäten, alle eine gemeinsame Sprache hatten: Latein. Bis ins 17. Jahrhundert hinein war Latein die Wissenschaftssprache Nr.1, wurde geschrieben und gesprochen. Erst im 20. Jahrhundert hat Englisch das endgültig abgelöst. Aber speziell England war ja auch ca. 350 Jahre lang römisch. Dann kamen die Sachsen, die aber wiederum von den Normannen abgelöst wurden. Und die kamen aus Frankreich, das ja auch römisch gewesen war. Es gibt also unendlich viele Wörter, die mit gleicher oder ähnlicher Bedeutung in allen europäischen Sprachen auftauchen. Pater, Padre, Père, Vater, Vadder. Oder attentus (aufmerksam), attention, attentione, attentiòn. Viele Menschen bezeichnen Latein als eine tote Sprache, weshalb man das nur noch in sehr wenigen Schulen lernen kann. Ich aber behaupte: Latein ist die lebendigste tote Sprache, die es geben kann. Ich musste zum Beispiel durch einen Umzug zwei ganze Schuljahre Englisch nachlernen. Die Grammatik hatte ich innerhalb von drei Monaten drauf. Ich musste nur immer verstehen, wo die Parallele zu Latein ist. Der Rest kam von alleine."

Namjoon hat aufmerksam zugehört.
„Dann liege ich also richtig, wenn ich mir deutsche Wörter aus dem Englischen erschließe?"
Ich lächele.
„Oft. Immer dann, wenn der gemeinsame Ursprung Latein ist. Aber nicht immer! Denn die Sprachen hatten ja 2000 Jahre Zeit, sich weiterzuentwickeln. Dabei haben sich Laute verschoben und Bedeutungen. Da sind viele Stolperfallen, weil man oft so grade eben daneben liegt. Das ist zwischen Deutsch und Niederländisch besonders lustig. Die Sprachen sind sehr nah beieinander, manche Deutsche behaupten auch abfällig, dass Holland nur die 17. deutsche Provinz ist und sowieso dort alle Deutsch können. Aber das ist Quatsch. Da gibt es zum Beispiel die Verben 'mögen', 'dürfen' und 'wagen' im Deutschen, also 'like', 'be allowed' und 'dare' im Englischen. Im Niederländischen gibt es 'mogen'. Das heißt aber übersetzt nicht 'mögen' sondern 'dürfen'. Da gibt es auch ein 'durven', das aber übersetzt 'wagen,  sich  trauen' heißt. Das deutsche 'mögen' benutzen wir, wenn uns etwas gefällt. Es ist von der Bedeutung irgendwo zwischen neutral und 'lieben'. Wenn mir also jemand einen Kaffee anbietet, antworte ich:'Nein danke, ich mag keinen Kaffee'. Sage ich aber in Holland:'Ne bedankt, ich mag geen Koffie' werde ich mit Sicherheit seeehr komisch angeschaut, denn übersetzt habe ich gesagt:'Nein danke, ich darf keinen Kaffee trinken.'"
Wir müssen grinsen, und dann gruselt er mich fast, denn er versteht sofort und ergänzt das.
"Und wenn du sagst 'nei bedankt, ich durv geen Koffie drinken', dann bedeutet das für die: du traust dich nicht, Kaffee zu trinken."
Ich reiße die Augen auf.
Wie sagt Irene Adler in der zweiten Staffel von Sherlock? „Brain is the new sexy ..."

Noch eine Weile später finden sich wieder neu gemixte Konstellationen von Miteinanderbewohnern zusammen. Wann immer mehrere von uns in einem Raum sind, ist Yoongi sehr aufmerksam und übersetzt wie ein Weltmeister in alle Richtungen, vor allem, wenn Namjoon da ist. Als irgendwann Guk aus Versehen über ein Legohaus stolpert und Hobi losschimpft, will Namjoon schlichten. Aber sofort ist Yoongi da und übernimmt das. Da fällt bei mir der Groschen. Spontan schießen mir Tränen in die Augen, und ich drehe mich schnell weg, damit Namjoon das nicht sieht und vielleicht falsch versteht. Yoongi hat mal wieder gespürt, dass ihn jemand braucht, und gibt grade zurück, was er am zweiten Tag von Namjoon bekommen hat – den Rücken freihalten. Er ist Namjoons Wichtel! Und darum bedeutet das auch: Namjoon hat sich meinen Namen genommen und schickt nun schon den ganzen Tag lang liebevolle Botschaften an mich, um mir zu zeigen, was ich ihm bedeute. Ich bin über diesen Tag nur glücklich. Auch ich darf loslassen, denn alles läuft gut. Und meine Seele wird mit guten, herzlichen Worten verwöhnt. Als während des Abendessens wieder eine Nachricht eintrudelt –
PLING:"Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar". - Antoine de St. Exupery" -
antworte ich schnell.
" 'Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen sein' Gen. 12,2 – Danke, dass du bist, wie du bist, Namjoon."
Sein Handy piept, sein Blick fällt aufs Display – und fliegt dann hoch zu mir. Wir müssen beide grinsen. Durch die konzentrierte Liebhaberei und Wohltuerei war dieser ganze Tag echt entspannt, und alle haben die Wichtelei sehr genossen.

Nach dem Abendessen spielen wir wieder miteinander. Diesmal packt Markus ein eher strategisches Spiel aus, an dem vor allem Namjoon großen Spaß hat, und ich quäle die Hektiker nun mit „Set". Die Köpfe rauchen.
„Da ist ein Set!"
„Nö, falsche Farbe."
„Aber ICH hab eins!"
„Nö, die Formen stimmen nicht."
„Och menno, da ist keins dabei."
„Doch, ich sehe zwei."
'Set' ist definitiv nichts für Menschen ohne Frustrationstoleranz ...
So klingt der Verwöhntag fröhlich aus.

Bis Namjoons Telefon klingelt und PD wieder anruft. Er konnte es organisieren, dass die Jungs in den meisten Städten dieser Tournee statt Einzelzimmern große Suiten kriegen. Aber ansonsten bleibt er hart, und auch um eine Entlastung für Jimin kämpft Namjoon wieder vergebens.
„Das Programm bleibt, wie es ist. Basta!"
Damit ist für heute die Stimmung dahin, und nach und nach schleichen alle in ihre Betten. Wir singen noch miteinander unseren Kanon, aber so richtig Frieden will diesmal nicht einkehren.

Keiner von uns weiß, wann das hier endet und wie. Aber allmählich wird den Jungs, eigentlich uns allen, klar, dass mit dem Ende dieses Problems einfach sofort das nächste auf sie wartet. Sie verändern sich hier, gewinnen neue Einsichten, entwickeln neue Wünsche, horchen auf ihre Bedürfnisse – und wissen, dass sie hinterher wieder in die alten Muster und Regeln gezwungen werden. Namjoons Dauerkampf, PD irgendwie an den Veränderungen hier teilhaben zu lassen, um ihn weiter auf ihrer Seite zu haben, scheitert kläglich. Es wird mehr und mehr zu einer verhärteten Konfrontation statt zu einem neuen Miteinander. Und die gesundheitliche Bedrohung von Jimin hängt wie ein Damoklesschwert über allem.

..........................................................................

5.11.2018    -    20.4.2019    -    28.10.2019
25.3.2020

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro