35 - Eliahs Rudel

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Nervös knettete ich meine Finger, während ich im Flur auf Eliah wartete, der gerade noch einen Pullover für mich holte, weil er der Meinung war, dass ich zu wenig an hatte.
Dafür das es mittlerweile wirklich Herbst geworden war, schien die Sonne heute besonders kräftig und selbst der nervige Wind der letzten Tage hatte sich gelegt, weshalb ich nicht dachte, dass es allzu kalt draußen sein würde. Da ich es jedoch süß fand wie Eliah sich um mich sorgte, meckerte ich nicht, sondern ließ ihn einfach machen.

»Hier.« Mit einem sanften Lächeln reichte er mir einen weinroten Fleecepullover, der mir mit Sicherheit Meilen weit zu groß sein würde. »Danke. Ich ziehe ihn an, wenn mir kalt wird, ok?« Ich wollte nicht aussehen wie ein Clown, wenn ich die Mitglieder seines Rudels kennenlernte und mit einem Pullover, der so groß war, dass er mir beinahe bis zu den Knien ging, würde ich genau so aussehen.
Eliah nickte nur und schenkte mir dann eines seiner atemberaubenden Eliah Lächeln. »Bereit?«
»Bereit, wenn du es bist.«, antwortete ich gespielt gelassen, obwohl ich innerlich vor Nervosität zitterte. Nur mit viel Willenskraft konnte ich verhindern, dass meine Hände ebenso zitterten.

Als wir zur Haustür hinaustraten bestätigte sich mein Verdacht. Es war angenehm warm für Oktober.
Genüsslich streckte ich mein Gesicht der Sonne zu und genoss wie die Sonnenstrahlen meine Haut kitzelten. Ich konnte den Sommer kaum mehr erwarten und der Gedanke, dass gerade einmal Herbst war, stimmte mich etwas traurig.
Erst als Eliah sanft an meiner Hand zog, löste ich mich von der Sonne und folgte ihm zu Fuß in eine Richtung in der man schon vereinzelte Häuser stehen sehen konnte.
Überrascht stellte ich fest, dass Eliahs Haus seltsam weit weg von den Häusern seiner Rudelmitglieder stand und noch dazu völlig schutzlos direkt am Waldrand.

Lukas war der Mittelpunkt unseres Rudeln und genauso war sein Haus der Mittelpunkt unserer Häuser. Jedes Rudelmitglied hatte sein Haus beinahe kreisförmig um das Alphahaus erbaut um erstens dem Alpha nah sein zu können und zweitens im Fall der Fälle diesen beschützen zu können. Der Alpha war das Wichtigste in einem Rudel und jeder war darum bemüht, dass dem Alpha nichts geschah. Auch, wenn der Alpha der stärkste Wolf im Rudel war und dementsprechend gut auf sich allein aufpassen konnte, so würde jedes Rudelmitglied ungefragt sein Leben für ihn geben.
Doch anscheinend lief das in Eliahs Rudel anders. Zumindest was die Häuser betraf.

Den ganzen Weg über und auch als wir die ersten Häuser passierten, begegneten uns keine Rudelmitglieder. Besser gesagt es begegnete uns keine einzige Seele.
Es war niemand zu sehen. Niemand zu hören. Würden die Häuser nicht alle so gepflegt aussehen, könnte man beinahe meinen niemand würde hier weit und breit wohnen.

Erst als wir durch einen kleinen Torbogen auf eine Art Platz traten entdeckte ich vereinzelte Personen.

Sie sahen nicht auf als wir den aus Kopfsteinpflaster bestehenden Platz betraten. Alle hielten in ihrer Bewegung inne, hörten auf ihre Tätigkeit weiter zu führen. Ein älterer Herr goß gerade eine Topflanze, doch durch seine plötzliche Bewegungslosigkeit lief der Blumentopf langsam vor Wasser über, welches leise plätschernd auf dem Boden aufkam. Aufgrund seines Alters und dem offensichtlichen Gewicht der vollen Gießkanne zitterte sein Arm unter der Belastung, doch er setzte nicht ab, sondern ertränkte die Pflanze.

Ich ließ meinen Blick über die Leute schweifen. Alle hielten ihre Köpfe gesenkt und würdigten uns keines Blickes, während sie ihre Tätigkeiten gestoppt hatten als wären sie urplötzlich zu Stein geworden.
Selbst ein kleines Mädchen, das am Rand des Platzes mit einem Ball spielte, hatte einfach in ihrer Bewegung inne gehalten und neigte ihren Kopf so weit zu Boden, dass ihre blonden Zöpfe im Dreck baumelten.
Irritiert und mit einem beklemmenden Gefühl sah ich zu Eliah hinauf, der jedoch seinen Blick stur geradeaus gerichtet hatte und die umstehenden Personen gar nicht zu beachten schien.

Mit wenigen Schritten hatten wir den Platz überquert und verwundert stellte ich fest, dass Eliah mir keinen einzigen der Leute dort vorgestellt hatte.
Ich drehte mich unterm Gehen um, wollte ihm damit signalisieren, dass ich die Leute hier auch kennenlernen wollte, doch Eliah lief unbekümmert weiter und zog mich mit meiner Hand in seiner einfach mit. Wollte er mich nicht mit seinem Rudel bekannt machen?
Das waren eindeutig Wölfe gewesen und nachdem sie hier waren mussten sie zu Eliahs Rudel gehören, also hätte er mir sie ja auch vorstellen müssen, oder?

Eliah steuerte auf ein großes Gebäude zu vor dessen Eingang zwei verwandelte Wölfe saßen, welche den Kopf unbequem gen Himmel geregt hatten und uns wie auch die Anderen keines Blickes würdigten. Woran lag das bitte? Warum diese unbequeme Pose? Dass sie momentan Wache hielten, lag auf der Hand, aber warum so... so krampfhaft?

Mit einem lauten Rumps stieß Eliah die Flügeltüren auf und sofort konnte ich lachende Kinder wahrnehmen. Der Lautstärke nach zu urteilen mussten es einige Kinder sein, die ausgelassen spielten und damit mein Herz aufleuchten ließ. Ich war schon immer ein Fan von Kindern. Kinderlachen war einfach das herzlichste Geräusch, das es auf Erden gab.

Ich freute mich den Kindern beim spielen zusehen zu können, doch als wir den großen Raum betraten, der offenbar der Spielraum war, verstummte das Lachen, stoppten die Spiele und wie die Menschen draußen schon, neigten die etwa zwanzig Kinder und zwei Erwachsenen automatisch ihren Kopf nach unten und sahen uns nicht an.
Die plötzliche Stille hallte unangenehm in meinen Ohren wider und in dem Augenblick wünschte ich mir nichts sehnlicher als wieder das Kinderlachen hören zu können.

Wie konnte man zwanzig Kinder so schnell so verstummen lassen?
Wenn Lukas zu den Welpen kam, stürmten alle auf ihn zu und jeder wollte von ihm zu erst geknuddelt werden. Lukas begegnete ihnen dabei mit so viel Herzlichkeit, dass man beinahe annehmen könnte, dass das alle seine eigenen Kinder waren.
Das war hier jedoch weit gefehlt.

Ich sah zu Eliah hinauf, der weiterhin meine Hand fest in seiner hielt, und, keine Ahnung, was ich erwartet hatte, aber dieses freche Grinsen, das er trug, war es eindeutig nicht. Erst als ich seinem Blick folgte, realisierte ich, dass Jim, Eliahs bester Freund, sich ebenfalls hier befand. Er war der Einzige, der seinen Kopf nicht unterwürfig geneigt hatte.
Stattdessen trug er ein genauso freches Grinsen wie Eliah. »Ich wusste, dass du hier bist.«, grinste Eliah und schritt auf ihn zu.

Ich konnte mich jedoch kaum auf das Gespräch konzentrieren, dass Eliah und Jim sogleich begannen, sondern beobachtete die Kinder, die weiterhin still dasaßen und den Kopf zu Boden gesenkt hatten.

Zaghaft löste ich meine Hand aus Eliahs und ging vor einem kleinen Mädchen, das mir an nächsten saß und nervös an den Haaren ihrer Puppe fummelte, in die Hocke. Das Mädchen realisierte schnell, was gerade geschah, hielt in ihrer Bewegung inne und sofort konnte ich den intensiven Angstgeruch von ihr wahrnehmen. »Das ist aber eine schöne Puppe.«, lächelte ich ihr zu und versuchte ihr etwas die Angst zu nehmen. Als ich jedoch bemerkte, dass ich so keine Reaktion von ihr bekam, setzte ich mich auf meine Knie um auf ihre Augenhöhe zu kommen. »Hat sie einen Namen?«, fragte ich vorsichtig nach um ihr nicht noch mehr Angst zu machen. Augenblicklich begann das kleine Mädchen stark zu zittern und mit einem Herz zerreisenden Schluchzen presste sie die Puppe fest an ihren schmalen Körper. Man konnte ihr förmlich ansehen, wie sie versuchte sich still zu halten und je mehr sie zu zittern begann desto größer wurde ihre Angst.
Ich wollte der Kleinen irgendwie helfen, aber wusste nicht wie, ohne, dass ich ihr noch mehr Angst machen würde.

»Finn.« Eliahs Hand, die sich fest auf meine Schulter legte, ließ mich den Blick von dem Mädchen abwenden. Kurz sah ich zu meinem Gefährten auf, ehe ich abermals den Blick über die anderen Kinder schweifen ließ.
Der Anblick war herzzerreißend. Das Bild viel zu unnatürlich. Keine Kinderstube sollte so sein.
In keiner Kinderstube sollte Angst regieren.

Das kleine Mädchen hatte Angst vor mir und Angst war auch das Einzige, was mächtig genug war, um eine Horde Kinder auf diese Art verstummen zu lassen.

Mit einem komischen Gefühl in der Magengegend erhob ich mich vom Boden. Wovor hatten diese Kinder solche Angst? Und selbst die erwachsenen Aufsichtspersonen und die Leute draußen auf dem Platz?
Vor mir? Weil ich so gesehen ein Eindringling war? Weil ich einem fremden Rudel angehörte?

»Alicia.« Eliahs Alphastimme, welche ich davor schon einmal gehört hatte, war so forsch, dass selbst ich diesmal zusammenzuckte, obwohl er nicht mein Alpha war oder mich angesprochen hatte. Die zierlichere der zwei Erwachsenen zuckte ebenfalls sichtbar zusammen und kam mit schnellen Schritten auf uns zu ohne jedoch den Blick zu heben.

»Das ist Alicia. Sie ist zuständig für die Welpen.«, erklärte Eliah, diesmal mit seiner normalen Stimme, während er mich mit einem sanften Lächeln ansah.
Alicia zuckte abermals zusammen als Eliah ihren Namen nannte und nickte dann schnell. »Das ist eine schöne Aufgabe.«, lächelte ich, doch die Brünette sah weiterhin auf den Boden. »Hallo Alicia. Ich bin Finn. Schön dich kennenzulernen.«, versuchte ich zu ihr durchzudringen, in der Hoffnung sie würde den Kopf heben. Mein freundliches Lächeln bröckelte jedoch als sie vor meiner Hand zurückzuckte, die ich ihr eigentlich zur Begrüßung reichen wollte und überrascht zog ich sie wieder zurück. Dachte sie ich wollte sie schlagen?
»Hey Alicia. Schau mich an.«, säuselte ich mit ruhiger Stimme, während ich mich etwas nach unten lehnte und versuchte ihren Blick aufzufangen. Alicia durfte nicht älter sein als ich und es tat mir in der Seele weh zu sehen, welche Angst sie und die Kinder verspürten. War sie mit der selben Angst aufgewachsen wie diese Kinder?

Alicia wich weiterhin meinem Blick aus. Zögerlich griff ich nach ihrer Hand, die einfach an ihrer Seite hinunter gehangen war, und drückte sie um ihr zu zeigen, dass ich keine bösen Absichten hatte. Diesmal zuckte sie nicht zurück.
Ich wollte das sie mir vertraute.
Vertrauen war das A und O in einem intakten Rudel.

Kaum merklich erwiderte sie den Druck und hob zögernd den Kopf bis ich in ihre braunen Knopfaugen sehen konnte, welche so viel Angst ausstrahlten, dass mir beinahe die Luft wegblieb.

»Zurück an die Arbeit.«, zischte Eliah plötzlich, packte unangenehm fest meine Schulter und sofort Alicia brachte viel Abstand zwischen uns, während sie ergeben nickte.
Ich konnte Eliah nur einen bösen Blick zuwerfen, welchen er jedoch gar nicht beachtete, sondern mich mit der Hand auf der Schulter aus dem Raum lotste.

Kaum waren wir über die Türschwelle getreten, die Tür hinter uns ins Schloss gefallen, ertönte wieder fröhliches Kinderlachen und innerlich atmete ich auf. Die Kinder sollten Spaß haben, sich austoben und nicht vor Angst erstarren.

Die Erkenntnis ließ mich bestürzt die Augen aufreißen. Das war es was den Leuten auf dem Platz passiert war. Sie waren im wahrsten Sinne des Wortes vor Angst erstarrt.
Nun stellte sich mir nur noch die Frage wovor sie Angst hatten.

Der Reaktion der Kinder nach zu urteilen, muss es entweder an mir oder Eliah liegen.
Automatisch presste ich mich fester an meinen Gefährten, der mich eine Treppe hinauf in den oberen Stock des Gebäudes führte.
Ich wollte das Eliahs Rudel mich akzeptiere. Mich mochte. Mir vertraute.
Und keine Angst vor mir hatte.

»Das ist mein Büro. Ziemlich langweilig, aber ich wollte es dir dennoch zeigen.« Leise kicherte Eliah als er die schwere Holztür aufstieß und ein typisches Büro offenbarte. Ein schwerer Holztisch stand in der Mitte, des mit vollen Bücherregalen gespickten Raums und ein edle Sofagarnitur schmückte eine etwas dunklere Ecke aus.
Eliah ließ mir jedoch nicht die Zeit oder gar die Möglichkeit den Raum zu betreten und ihn näher zu betrachten.
»Ich will dir noch jemanden vorstellen.«, trällerte er mehr als fröhlich, griff meine Hand und ehe ich mich versah hatten wir das Gebäude verlassen und überquerten abermals das Kopfsteinpflaster des Platzes, der diesmal menschenleer war, und in der Ferne konnte man schon eine große Wiese erblicken, welche an drei Seiten von hohen Bäumen umgeben war.

»Alpha Eliah.« Ein kränklichen aussehender älterer Mann schob sich in unser Blickfeld und senkte wie alle anderen ergeben den Kopf. »Doktor.« Eliah nickte ihm höflich zu und erst daraufhin hob der Doktor seinen Kopf, ehe Eliah mir die Hand auf dem Rücken legte und mich etwas in Richtung des Mannes schob. »Das ist Finn.« »Ah, du bist also Finn.« Mit einem netten Lächeln reichte er mir seine Hand und tätschelte sie sanft, während er mich offensichtlich musterte. »Der ehemalige Beta.«, sagte er eher zu sich als zu mir und ließ seinen Blick weiterhin über meinen Körper schweifen.
Sein immer länger weilender Blick ließ mich unbehaglich fühlen, weshalb ich einige Schritte rückwärts machte und erst beruhigt ausatmen konnte als ich mit dem Rücken gegen Eliah stieß. Automatisch legte Eliah seinen Arm um mich.

Die Berührung unserer Körper ließ mich gleich besser und vor allem sicher fühlen. »Eure Bindung ist stark.«, stellte der Dok fest, der mich genauestens beobachtet hatte, »Obwohl ihr euch noch nicht verbunden habt.« Denkend legte er einen Finger an sein Kinn und driftete offensichtlich in seine Gedanken ab.
»Ich würde ihn mir gerne genauer anschauen.«, grinste der Doktor plötzlich gruselig und wollte wieder nach meiner Hand greifen. Eliah reagierte jedoch schnell, stieß ein tiefes Knurren aus und augenblicklich ließ er ältere Herr von mir ab, senkte unterwürfig den Kopf, ehe er ohne einem weiteren Wort so plötzlich verschwand wie er aufgetaucht war.

Ich presste mich fester an Eliah, suchte nach Sicherheit und konnte die Angst erst ablegen als Eliah mich an seine Brust zog und fest seine Arme um mich legte.
»Der Dok ist manchmal etwas seltsam, aber er hat ein breites Wissen.«, murmelte Eliah gegen meine Haare und drückte mich weiterhin gegen sich.
Ich brauchte einige Minuten bis ich mich beruhigt hatte - ich konnte selber nicht ganz verstehen, warum ich so übertrieben reagierte - und bat Eliah mich weiter herumzuführen.

Er schenkte mir ein sanftes Lächeln, küsste meine Stirn und gemeinsam setzten wir unseren Weg fort.

Ernüchternd musste ich feststellen, dass die Rudelsiedlung aus relativ wenig Häusern bestand und folgerte daraus, dass Eliahs Rudel verhältnismäßig klein sein musste.

Im Gegensatz zu anderen Rudeln hatte ich trotz meiner Arbeit als Beta nie von Eliahs Rudel gehört. Ich wusste nur, dass es sich um ein starkes Rudel handeln musste. Zumindest war es das was ich gehört hatte. In Anbetracht der wenigen Häuser zweifelte ich daran etwas, denn, klar, konnten auch kleine Rudel stark sein, aber schlussendlich galt der Grundsatz je größer das Rudel desto stärker.

Auf der Wiese, die wir schlussendlich erreichten, übten zahlreiche junge Menschen Kampftechniken, wobei einige als Mensch, die Mehrzahl jedoch als Wolf trainierten.
Vereinzelt standen Personen, die ich eindeutig als Trainer ausmachen konnte, welche wild irgendwelche Befehle brüllten.

Skeptisch betrachtete ich das Gerangel vor mir und je näher wir an sie herantraten desto mehr beunruhigte mich der brutale Umgangston, der hier herrschte.
Die Art und Weise wie grob und erbarmungslos jeder auf seinen Gegner losging, obwohl es sie hierbei offensichtlich nur um Übungen handelte, alarmierte mich. Was ich hier sah gefiel mir ganz und gar nicht.
Einige hatten bereits starke Verletzungen und konnten sich kaum auf den Beinen halten. Blut spritze herum, der Geruch davon hing schwer in der Luft und ließ mich schwerfällig atmen.

Diese Übungskämpfe wirkten viel mehr nach einem gnadenlosen Kampf zwischen zwei verfeindeten Rudeln als nach effektiven Training.

Ich klammerte mich Halt suchend an Eliah, welcher jedoch nicht überrascht wirkte. Als ich zu ihm hinaufsah um ihn auf die missliche Lage hinzuweisen, riss mir der stolze Blick auf seinem Gesicht beinahe den Boden unter den Füßen weg.

Er hieß das gut? Wie konnte er dieses Massaker stolz betrachten?

»Finn.« Mit einem Quietschen sprang mir aus dem Getümmel plötzlich Emilia in die Arme und knuddelte mich fest, wodurch ich mich von Eliah lösen musste.
Auch an ihrer makellosen Haut klebte Blut, welches ich jedoch keiner Verletzung zu ordnen konnte. Offenbar stammte das Blut nicht von ihr. »Wie schön dich wieder zu sehen. Wie geht es dir? Du siehst so blaß aus.«, stellte Emilia leicht besorgt fest und strich mir über den Oberarm. Ich konnte sie nur sprachlos anstarren.
Sie wirkte so normal. Als wäre das alles hier Alltag.

»Ich... uh... mir gehts gut.«, brachte ich leise heraus und konnte meinen Blick nicht von den Kämpfen lösen. »Supi. Freut mich. Ich muss dann wieder. Eliah, machst du mit?«, fragte Emilia gut gelaunt und strich ihre aschblonden, teilweise vom Blut dunkel gefärbten Locken hinter die Ohren und strahlte Eliah an, der nur den Kopf schüttelte. »Ich zeige Finn etwas herum.«, antwortete er ihr und legte seine Hand in meinen Rücken. »Ich stibitze mir Bernard kurz.« Emilia nickte nur, presste Eliah und mir einen Kuss auf die Wange und verschwand wieder zwischen den sich bekämpfenden Jugendlichen.

»Eliah?...«, fragte ich leise und zupfte wie ein Kind an seinem Shirt. Sein Blick flog wieder stolz über die einzelnen Personen, ehe er offensichtlich bei einer hängen blieb und sich sein Blick schlagartig änderte.
»Finn, warte kurz hier.«, knurrte er nah an seiner Alphastimme und verschwand mit langen Schritten wie Emilia eben im Getümmel.
Kurz konnte ich noch den Blick auf ihn lassen, doch schnell war er in der kämpfenden zwar nicht allzu großen, jedoch unübersichtlichen Menge untergegangen.

»Finn?« Ich zuckte etwas zusammen als ich meinen Namen hörte und drehte mich der fremden Person zu.
Schockiert zog ich die Luft ein und versuchte schwerfällig meine Augen daran zu hindern aus dem Kopf zu fallen.

Der Junge vor mir, oder besser gesagt, dass was man noch als Junge identifizieren konnte, lächelte mich bestmöglich an. Sein Gesicht war übersät von Hämatomen, die sich bereits ins dunkle violett verfärbt hatten. Nicht ein Stück der Haut in seinem Gesicht hatte noch eine normale Hautfarbe. Seine rechtes Auge war komplett zu geschwollen, während sich sogar das Weiß seines linken Auges rot gefärbt hatte. Seine Lippe war verkrustet, weil sie höchstwahrscheinlich aufgeplatzt war. An seiner Stirn und an den Wangen zogen sich rote Kratzer, die nur mäßig verheilten.
Sein Arm war offensichtlich gebrochen und war mit einer Schlinge um seinen Hals an seinem Oberkörper fixiert. Selbst die Finger dieser Hand waren einbandagiert. Offenbar auch gebrochen. Seine Haltung war etwas vorne über gebeugt und es sah so aus als würde er versuchen sein Bein zu schonen und nicht zu viel Gewicht darauf zu stützen.
Generell sah er aus als wäre er gerade eben frisch zusammen geschlagen worden, wären seine Wunden nicht bereits versorgt gewesen.

»Ich wollte mich bei dir entschuldigen–«, setzte der fremde Junge an, doch ich unterbrach ihn »Du hast nichts gemacht? Du musst dich nicht entschuldigen.« Mit einem zaghaften Lächeln schüttelte er den Kopf. »Ich habe dich angegriffen.«
Ich wollte schon wieder etwas sagen, da unterbrach er mich. »Ich bin Henrik.«
Überrascht formten sich meine Lippen zu einem stummen Oh und mit weit aufgerissenen Augen scannte ich nochmals seinen Körper.

Mein Blick fiel kurz zurück auf die kämpfende Meute, ehe ich Henrik am Ärmel packte und etwas abseits zog.
»War das Eliah?«, fragte ich direkt nach und deutete auf ihn. Es lag auf der Hand was ich meinte.

Henrik zuckte nur mit den Schultern. »Wie gesagt, ich möchte mich bei die entschuldigen. Ich hätte dich nicht angreifen dürfen. Das war ein starkes Fehlverhalten und es wird nicht mehr vorkommen.«

Perplex schüttelte ich nur den Kopf. »Nein, Henrik. Du hast richtig gehandelt. Vielleicht etwas voreilig, aber richtig. Ein fremder Wolf ist in dein Haus eingedrungen. Deiner Familie hätte sonst was passieren können.«
Der Junge blinzelte einige Male und zog skeptisch die Augenbrauen zusammen. »Nein, mein Handeln war falsch. Ich habe die Bestrafung verdient.«, sagte Henrik mit ernster Stimme und glaubte seine Worte offensichtlich wirklich.
»Hör mir zu, Henrik. Du hast richtig gehandelt. Hörst du? Ich bin der Geschädigte, ja? Und ich sage, dass du die Bestrafung nicht verdient hast.« Eindringlich sah ich zu ihm hinauf. Eigentlich hätte mir gleich auffallen müssen, wer er war, immerhin sah er eins zu eins wie eine junge Version von Jim aus. Wenn auch etwas ramponiert.
Er schwieg einige Augenblicke. »Wirklich?«, fragte er dann beinahe hoffnungsvoll nach. »Ja!« »Der Alpha fand die Strafe angebracht.«, murmelte er und senkte etwas den Kopf. Da er größer war als ich konnte ich ihm dennoch in die Augen schauen. Doch er mied meinen Blick.
»Nein, Henrik. Da lag Eliah falsch.« Kurz zögerte ich. »Was genau haben sie dir angetan?«, fragte ich leise und musterte erneut seinen Körper auf der Suche nach weiteren Verletzungen, doch der Junge antwortete mir nicht. »Henrik, du kannst mir vertrauen.« Doch auch daraufhin sagte er nichts.
Ich an seiner Stelle würde mir wahrscheinlich auch nicht trauen. Erstens, war ich ein Fremder, zweitens, Eliahs Gefährte. Henrik vermutete wohl, dass alles was er zu mir sagte, gleich zu Eliah fließen würde.
»War es Eliah, der die Strafe vollzogen hat?«, fragte ich zögerlich nach und langsam nickte Henrik.
Wie ein geschlagenes Kind drückte ich die Augen zusammen, versuchte meine Gedanken zu sortieren. Ich wusste es, oder besser gesagt, ich hatte es geahnt. Doch es zu hören, war wie ein Schlag ins Gesicht. Ich wusste mittlerweile, dass Eliah lieber körperlich handelte, ehe er sich zu einem Gespräch bequemte, aber ich hätte nicht gedacht, dass er auch dem Sohn seines wohl besten Freundes gegenüber zu so etwas fähig war. Vor allem in Anbetracht dessen was er getan hatte. Unterm Strich war sein Handeln meiner Meinung nach immer noch nicht ausreichend um eine derartige Strafe dafür zu kassieren.

»Ich habe versucht ihn zu beschwichtigen, aber er wollte es nicht hören.«, entschuldigte ich mich bei Henrik und fuhr mir gestresst durchs Gesicht. Ich hätte mich mehr für ihn einsetzten müssen, dann würde es ihm vielleicht jetzt besser gehen.

Kurz sah Henrik mir direkt in die Augen, ehe er leise seufzte. »Pass auf dich auf, Finn.« Er schenkte mir noch ein schiefes Lächeln und wollte sich von mir wegdrehen, doch ich griff erneut nach seinem Ärmel und stoppte ihn damit in seiner Bewegung.

Er war schon die zweite Person, die mir gegenüber so etwas erwähnte. Erst Lukas, dann er? Das konnte kein Zufall sein.
Warum sollte ich aufpassen? Wegen Eliah? Aber warum? Eliah wollte mir nichts böses. Er ist mein Gefährte und bald würde ich sein Mal tragen. Er würde immer auf mich aufpassen, dass verriet mir allein die Art und Weise wie sehr er bereits jetzt auf mich achtete. Selbst die kleine Geste mit seinem Pullover, damit ich nicht fror, bestätigten mir, dass Eliah nur das Beste für mich wollte.

»Henrik. Warte. Was meinst du?«
Er drehte dich wieder halb zu mir, machte jedoch nicht die Anstalten etwas sagen zu wollen.
»Wovor hat hier jeder so Angst?«, fragte ich dann leise nach. Wenigstens darauf wollte ich eine Antwort haben. »Vor mir? Weil ich so gesehen ein Eindringling bin?«

Henrik riss überrascht die Augen auf und schüttelte sofort energisch den Kopf. »Nein, Finn. An dir liegt es wirklich nicht.« »Woran dann?«, bettelte ich und wollte nach seiner Hand greifen als Eliah plötzlich hinter ihm auftauchte und ihm schwungvoll die Hand auf die Schulter schlug.

»Na Sportsfreund.«, lachte Eliah mit einem drohenden Unterton und drückte offensichtlich zu, denn Henrik versuchte sich mit schmerzverzerrten Gesicht unter Eliahs Hand weg zu ducken. »Hallo Alpha.«, antwortete Henrik leise und senkte den Blick auf den Boden. In Anbetracht der Prügel, die Henrik offenbar von Eliah erhalten hatte, konnte ich bei ihm dieses Verhalten sogar nachvollziehen.

»Worüber habt ihr gesprochen?« Interessiert sah Eliah zwischen uns hin und her, wobei mir der warnende Blick in Henriks Richtung nicht entging, ehe er an meine Seite trat und mich beinahe grob an seinen Körper zog.
»Henrik hat sich bei mir entschuldigt.«, erklärte ich ruhig und lächelte meinen Gefährten an. »Na, wenn das so ist.«, lächelte nun auch Eliah und deutete dann Henrik mit einer schlaksigen Handbewegung an weg zu gehen.

Henrik und ich sahen uns noch einmal kurz an und es wirkte als würde Dankbarkeit in seinen Augen aufblitzen, welche jedoch so schnell verschwunden wie sie aufgetaucht war.

Eliah drückte mir einen Kuss auf die Stirn und führte mich dann in Richtung eines groß gewachsenen Mannes, der uns mit einem zugegebenermaßen freundlichen Lächeln betrachtete.
»Finn, das ist Bernard. Der beste Kämpfer unseres Rudels.«

»Hallo Finn.«
Bernard war wirklich groß. Er überragte sogar Eliah in Höhe und Breite. Seine Arme waren so muskulös, dass sie wirkten wie Baumstämme und sein nackter Oberkörper erinnerte stark an einen Bodybuilder. Mal davon abgesehen, dass Bodybuilder im Normalfall keine frischen Blutspritzer auf der Haut hatten.
Zahlreiche Narben zierten seine goldbraune Haut und vor allem die breite Narbe, die sich von seiner Stirn über sein rechtes Auge hinab bis zum Mundwinkel zog, hob sich mit ihrer zartrosanen Farbe extrem von seinem normalen Hautton ab. All diese Narben, die er trug stammten von einem Alpha, denn das war die einzige Möglichkeit, wie einem Wolf Narben bleiben konnten. Normalerweise konnte unsere Selbstheilungskraft alles reparieren. Außer eben Wunden, die einem von einem Alpha zugefügt wurden. Narben waren für einen Wolf eigentlich ein Schandfleck, denn sie zeugten von Ungehorsam und dass der Wolf etwas getan hatte wofür er bestraft werden musste.
Offenbar störte sich Bernard jedoch nicht an seinen Narben. Mit einem breiten Grinsen und mit funkelnden Augen sah er zu mir hinunter. Es wirkte beinahe surreal diesen Bär so fröhlich zu sehen. Irgendwie passte das nicht zu seinem Äußeren.

Automatisch kam in mir die Frage auf, ob Eliah der Alpha war, der Bernard so entstellt hatte.
Vielleicht kam Bernard auch aus einem anderen Rudel und Eliah hatte ihn aufgenommen?
Wobei, normalerweise würde ein Alpha keinen Wolf aufnehmen, der von seinem vorherigen Alpha so gekennzeichnet wurde.Also konnte es nur Eliah gewesen sein. Aber warum? Würde Eliah so etwas tun?

»Hallo Bernard.«, lächelte ich schwach.

Diese ganze Situation. Die erstarrten Leute auf dem Platz, die verängstigten Kinder, das brutale Training, Henrik und der entstellte Bernard.

Ich wollte mich übergeben. Mein flauer Magen und das bedrückende Gefühl darin ließen mich beinahe Galle spucken.
Ich musste hier weg.

»Ich hab schon viel von dir gehört. Eliah schwärmt richtig von dir. Du wirst bestimmt eine klasse Luna. Ich freue mich schon richtig.« Seine Stimme überschlug sich beinahe vor Euphorie, was mich gequält die Augenbrauen zusammenziehen ließ.

Wie sollte ich jemals eine gute Luna werden, wenn das Rudel offensichtlich Angst vor mir hatte?

»Eliah...« Ich wusste, dass es unfreundlich war, den netten Bernard einfach links liegen zu lassen, doch ich musste hier weg. Unbedingt.
Zaghaft zupfte ich an Eliahs Shirt, der sich daraufhin mit einem sanften Lächeln zu mir hinunter beugte. »Ich will nach Hause.«, flüsterte ich leise. So leise, dass ein Mensch es wohl nicht verstanden hätte, aber ich hatte Angst, dass Bernard mich hören konnte.
Kurz sah Eliah mir direkt in die Augen, musterte mich besorgt, ehe er sich wieder mit einem breiten Grinsen an Bernard wand.
Halt suchend griff ich nach Eliahs Arm und kuschelte mich an ihn. Seine Anwesenheit und seine Nähe waren momentan das Einzige, das mich davon abhielt komplett in Panik zu verfallen.

»Die Tage Chilli?«, fragte Eliah Bernard, welcher sofort begeistert zustimmte.
»Gut. Wir ziehen weiter. Bis dann.«
»Bis dann. Tschüss Finn.« »Tschüss.«, murmelte ich und rang mir ein schwach Lächeln ab.

Mit seinem Arm fest um meinen Körper geschlungen, führte Eliah uns von der Wiese runter zurück in die Richtung aus der wir gekommen waren. Mit einem letzten Blick beobachtete ich das anhaltende Gemetzel kritisch und nahm mir vor Eliah später darauf anzusprechen. Und auf die Kinder.

»Geht es dir gut?«, fragte Eliah und küsste liebevoll meine Stirn. Ich konnte nur nicken.

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