» Blaue Ringe im Rauch «

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Kapitel 7

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 „Queenie! Nein!"

Seine Worte verfolgten mich ins Haus. Sie warteten nicht vor der Tür, ließen sich nicht an der Schwelle abschütteln, sondern hallten in meinem Kopf nach, als hätte sie jemand eingesperrt.

Bram. Jules. Ich musste sicherstellen, dass sie nicht da drinnen waren. Ich wusste, wie der ursprüngliche Sturm auf das Anwesen des Bürgermeisters ausging. Die Widerstandskämpfer waren haltlos in ihrem Zorn. Berserker in einem Blutbad. Meine Freunde hätten keine Chance, wenn sie erst einmal gefunden wurden.

Im Inneren des Gebäudes war es fürchterlich laut. Blendend laut. Das Stampfen rennender Schritte erschütterte die Gemälde an den Wänden und irgendwo weiter hinten fiel ein Schuss, der meine Ohren klingeln ließ.

Ich bekam kaum genug Luft, um die zitternden Nerven in Schach zu halten. Beißende Gestank verätzte mir die Atemwege, doch ich wusste nicht, was es war.
Ohne mich nach dem Ursprung des Knalls umzusehen, drehte ich mich nach links. Hoffentlich lagen Jules und Brams Zimmer nicht allzu weit von meinem eignen entfernt. Und hoffentlich waren sie verlassen.

Weit kam ich nicht.

Ein Zimmermädchen, kaum mehr als ein Wirbel aus zartblauer Farbe, brach um die Ecke und stieß mit mir zusammen. Ihre Kappe war verrutscht und ein Zipfel ihrer Schürze hatte sich mit rötlicher Flüssigkeit vollgesogen, von deren Anblick allein mir schummerig wurde.

Bitte nicht. Bitte, bitte nicht.

Sie erkannte mich nicht. Sah mich nicht einmal an in ihrer Panik. Mit einem lauten Aufschrei stürzte sie auf das nächste Zimmer zu, riss an der Klinke und schlug die Tür hinter sich zu.
Ein Herzschlag verging. Dann zwei.

Ich rappelte mich wieder auf. Mein Puls dröhnte in meinen Ohren und verwischte meine Sicht.

Hinter der geschlossenen Tür fiel ein Schuss.
Dicht gefolgt von dem dumpfen Laut eines Körpers, der gegen das Holz prallte.

Für einen kurzen Moment glaubte ich, ebenfalls getroffen zu sein. Ich konnte mich nicht bewegen. Nur die Zimmertür anstarren.
Nein. Nein, nein, nein.

Jemand sprach, gedämpfte, unverständliche Worte.

Ich packte meine Röcke und rannte. Egal was hinter dieser Tür geschehen war, ich wollte nicht mehr da sein, wenn der Schütze den Raum verließ. Das war ein Zimmermädchen gewesen. Ein einfaches Zimmermädchen.

Mein Fuß verfing sich im Rocksaum und ich fiel. Die ohnehin schon angeschlagenen Rippen protestierten und mein Knie versagte in den ersten Versuchen aufzustehen, den Dienst. Ich drückte mich von den Fliesen weg, doch es gab immer wieder nach und sandte mich haltlos zurück auf den kalten Grund.

Hinter mir wurden Schritte laut. Energische, entschlossene Schritte.

Ein leises Wimmern entwischte mir. Quälend langsam kroch ich zur Seite und nutzte eine Büste als kurzweilige Hilfe. Sie durften mich nicht finden. Nicht, bevor ich nicht Bram und Jules gefunden hatte.
Flammender Schmerz wie ein Messerstich schoss mein komplettes Bein hinauf. Aber dann stand es.

„Er muss sich bei seinen Angestellten verstecken. Der feige Hund!" Ich erkannte die Stimme nicht und das war Motivation genug einen Hechtsprung zur nächsten Tür zu machen und mich an den Knauf zu hängen.

Weil mein Bein nicht wirklich kooperieren wollte, schwang ich wie Tarzan mit der Tür in den kleinen Raum, ließ im letzten Moment los und fing meinen neuerlichen Sturz gerade noch mit den Händen ab.

Mit dem unverletzten Fuß kickte ich die Tür wieder zu.

Im nächsten Augenblick wurden die Stimmen klarer und lauter.

Verzweifelt hielt ich die Luft an. Ich war gefangen. So würde ich niemals zu-...

„Queenie?"

Obwohl es nur ein Flüstern gewesen war, erschrak ich so dermaßen, dass ich mich selbst von meinem Bauch katapultierte. Ein neuer Messerstich und zusammengepresste Zähne folgten prompt.
Ungeduldig wischte ich mir blonde Strähnen aus den Augen, die schon lange keine schöne Frisur mehr darstellen.

Inmitten von deckenhohen Regalen voll mit Handtüchern und Körben, saß er. Die Brille beschlagen, aber der Bart in perfekter Ordnung. Und die rechte Hand bereits an seinem Sensor.

„Oh Shit, Bram!", panisch streckte ich die Arme nach ihm aus, auch wenn ich ihn kaum von meiner sitzenden Position erreichen konnte, „Was tust du da?"

Der Mann vor mir hatte nichts mehr mit dem Professor aus der TWT-Agency gemeinsam. Seine Haut war grau und feucht, die Rehaugen sprunghaft. Er hatte sich zwischen den Regalen zusammengekauert, entschlossen seinem Leben ein Ende zu bereiten.

„Sie- sie haben den- den Butler erschla-" Er brach von alleine ab. Die Finger zitterten so heftig, dass ich es mit der Angst zu tun bekam, dass er sich den Sensor unbeabsichtigt ziehen würde. Fragil leuchtend pulsierte er an seiner Schläfe, doch eine Kante des kleinen Kreises hatte sich schon gelöst.

Ich fischte nach den richtigen Worten. Er musste sich beruhigen. Irgendwie. Lang genug, dass wir es bis zur Zeitkapsel schaffen würden. Meine ursprüngliche Idee diese Mission zu Ende zu bringen, war vollkommen vergessen. Ich fragte ihn nicht, was sie in der Zeitkapsel herausgefunden hatten. Ich fragte ihn nicht, wie katastrophal die Folgen unseres Einsatzes waren. Wir hatten größere Probleme.

„Sie haben noch nicht den Bürgermeister gefunden", erwiderte ich ruhig, den harten Trommelschlägen meines Herzens zum Trotz. Es warf sich so gegen meine empfindlichen Rippen, dass ich kurzweilig dankbar für das feste Mieder wurde. „Wenn sie ihn erst einmal aufgefunden haben, werden sie den Angriff bestimmt beenden."

Bram nickte hektisch, doch die fahrigen Augen betrogen den Mangel an Aufmerksamkeit. Er hätte wirklich nie seinen Schreibtisch verlassen sollen. Welcher Idiot schickte Wissenschaftler an die Front des Krieges? Diese Welt trat sein freundliches, zerbrechliches Wesen mit Füßen. Und seine Eltern hatten bereits einen Sohn verloren.

Erschöpft rutschte ich mit meinem Rücken zurück gegen die Wand neben der Tür und schloss die Lider. Der Schmerz in meinem Knie ebbte langsam zu einem dumpfen Pochen ab. Wenn Bram zurückgekommen war, musste Jules auch irgendwo sein. Wir konnten nicht hierbleiben.
Mit einem leisen resignierten Seufzen kehrte ich in die Kammer zurück. „Weißt du, wo Jules ist?"

Ich musste zweimal Brams Namen sagen und die Frage wiederholen, bis ich zu ihm durchkam.
„Nein", er schüttelte den Kopf und die Angst in seinen Zügen erwachte zu neuem Leben, „Wenn sie ihn gefunden haben-..."

„Wenn die richtigen Leute ihn gefunden haben, wird ihm nichts passieren. Wir haben ein paar von ihnen bei unserer Ankunft kennen gelernt", versuchte ich, ihn hastig zu beruhigen. Das Schicksal mochte uns gnädig sein, dass wir ebenfalls zuerst Jeter oder Nathan begegnen würden.

Ein neuerlicher Schuss, so nahe, dass wir sein Echo ihm Flur hörten, zerriss das Schweigen und Bram zuckte derart heftig zusammen, dass sich sein Sensor noch ein Stückchen weiter löste.

„BITTE", schnellte ich mit meinem Sitz nach vorne, „Bitte, nimm die Finger von diesem Ding!"
Es würde ihn noch umbringen! Genauso wie es Forges umgebracht hatte! Was hatte der General gesagt? Ein oder zwei Mal hatte es funktioniert? Von wie vielen Fällen? Hundert? Tausend?

Schritte rissen mich aus den Gedanken und im Zimmer neben uns wurde die Tür aufgeschlagen.
„Und?"

Ich richtete mich auf. Das war Jules Stimme! Doch da war jemand bei ihm. Und ein einziger Blick zu Bram hinüber ließ mich den Mund halten.

„Sie sind nicht hier!" Die Worte wurden deutlich stärker von der dicken Wand zum nächsten Zimmer verzerrt. Irgendjemand musste hineingestürmt sein und Jules stand auf dem Flur wache.

Ich rutschte ein wenig über den Boden, um besser an die Tür zu kommen. Egal mit wem er unterwegs war, er hatte uns gefunden. Beinahe.

Neben uns ging das Schloss und die Beiden waren wieder auf dem Gang.
„Mir wird das zu ungemütlich. Ich geh Jeter suchen und behaupte einfach der Bürgermeister ist nicht einmal im Haus. Vielleicht haben sich die Zwei ja bei ihm versteckt und sind wohl auf."

Das war Nathan! Ich robbte schneller herum, doch Bram hielt mich am Arm zurück. Stumm schüttelte er den Kopf, kaum da er bemerkte, was ich vorhatte. Er hatte die Stimmen nicht erkannt.

„Das sind Nathan und Jules. Sie suchen nach uns", versuchte ich, mich mit Nachdruck von ihm zu lösen, aber er ließ mich nicht los. Die Angst hatte ihn zu einer verkrampften Statue werden lassen, unfähig seinen Verstand zu benutzen.

Das Gespräch vor unserer Tür wurde leiser, als die beiden sich eilig entfernten.

Panik wallt in mir auf. Nein! Sie durften nicht gehen! Das hier war unsere Chance!
Gröber als beabsichtigt kämpfte ich gegen die Umklammerung an.

„Jules! Nathan!" Bram versuchte mir eine Hand auf den Mund zu pressen, doch ich wand mich immer schneller hin und her, „Wir sind hier! Wir sind hier!"

Brams Arme zitterten zu stark, um mich länger zurückzuhalten. Mit einem Ellenbogenhaken traf ich ihn am Kinn und sandte ihn rückwärts gegen die Regale.

Auf allen Vieren kroch ich auf Tür zu, immer wieder ihre Namen rufend.

Keine Antwort.

Mein Knie protestierte gegen die Bewegung und ließ mich schwindeln. Ich benötigte drei Anläufe, bis die Finger sich um die Türklinke schlossen. In einem letzten Versuch hängte ich mein ganzes Gewicht daran und sie gab endlich nach.

Der Flur vor meinen Augen war leer. Jules und Nathan bereits wieder verschwunden.

„Nein, nein, nein." Meine Lippen fühlten sich taub an. Das durfte nicht passiert sein. Sie waren gerade eben noch da gewesen! Sie waren so nahe dran! Wie konnten sie jetzt fort sein?
Mühsam zog ich mich ein Stück aus dem Schrank heraus, um den kompletten Gang einzusehen.

Nichts. Er war vollkommen verlassen, bis auf eine Spur blutiger Fußabdrücke, die vorher nicht da gewesen war.

Irgendwo über uns ertönte ein heller Schrei und verwandelte die Luft um uns herum in Eis. Sofort kam Bram in Bewegung. Am Knöchel zog er mich zurück in unser Versteck und riss die Tür hinter mir zu. Angst machte ihn größer, als er eigentlich war. Ein bedrohlicher Wächter vor dem Ausgang.

„Es tut mir leid, Queenie. Es tut mir so... ich kann das einfach nicht." In einer sanften Geste zupfte er den Sensor aus seiner Schläfe.

Für ein, zwei Herzschläge starrten wir beide den silbrigen Ring in seinen Finger an, dessen Licht zu flackern begann.
Seine braunen Augen fanden meine und er zwang sich zu einem traurigen Lächeln.
„Ich hoffe, wir sehen uns daheim."

Seine Knie gaben als erstes nach. Seine Lider hinter der Brille flatterten, noch ehe sein Körper den Boden traf. Regungslos und formlos blieb er vor mir liegen, in dieser winzigen Kammer. Und das erste Mal glaubte ich den Unterschied zwischen den Projektionen und den echten Menschen zu erkennen. Sicherlich konnte kein Lebewesen so wenig lebendig aussehen, oder? So frei von Seele und... Licht?

Unbeholfen rutschte ich näher zu ihm und streckte tastend meine Finger nach seinen dunklen Locken aus. Sie erinnerten mich an verschütteten Tee. Immer noch warm und weich.

Aber es gab keinen Zweifel: Bram war... fort. Er war einfach... fort.
Ich biss mir auf die Unterlippe, um das Zittern in meiner Brust gefangen zu halten. Würde das Glück auf seiner Seite sein? Oder war das das letzte Mal, dass ich den Wissenschaftler gesehen hatte? Panisch. Reuevoll.

Jemand riss die Tür auf, doch ich konnte mich nicht von seinem Anblick lösen. Stimmen wurden lauter, als zwei Gestalten ihren Fund an andere weitergaben. Jeters Männer, wie ich kurz darauf feststellte, als einer zu mir in die Kammer trat und Bram zur Seite schob.

Er trug Handschuhe, deren Fingerspitzen mit Metall verstärkt worden waren. Sie gruben sich in meinen Oberarm, als er mich auf die Beine zog. Hatten sie damit gerechnet, dass so viele Unschuldige sterben würden? Oder war es ihnen gleichgültig gewesen?

Ich leistete keinen Widerstand. Die Taubheit war alles, was Bram von mir zurückgelassen hatte und ich fühlte mich ebenfalls mehr wie eine Projektion denn jemals zuvor.

„HALT!" Schlitternde Schritte, dann tauchte Nathans Kopf im Türrahmen auf, „Jeter sagt, wir ziehen uns zu-..." Sein Blick huschte ins Innere des Wäschekabinetts und fanden meine. Alles Weitere, was er sagen wollte, verschluckte er mit seiner Zunge.

Für einenkurzen Moment starrte er mich an, dann Bram hinter mit und zuletzt die Waffe inden Händen des Typen, der noch auf dem Flur wartete. „Oh, ihr Arschlöcher." Undohne eine Erklärung brach er ihm die Nase.

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"Voted, damit das Schicksal auf meiner Seite ist."- Bram. 

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