» Schluss mit Pistolen «

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Kapitel 5

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          Die Gasse entpuppte sich als Sackgasse, was auch nicht schlimmer war, als das was folgte. In meinem Versuch, möglichst schnell um die Ecke zu biegen, stieß ich mit Jules Rücken zusammen und sandte ihn stolpernd vorwärts. Ich stoppte mich an einer Hauswand, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

Die vier Typen standen am Ende der Straße im Kreis. Einer wurde von dem Krach alarmiert und brachte bei unserem Anblick seine Pistole in Position. Sein Kumpan links neben ihm hielt mitten im Schlag inne und gab den Blick frei auf einen blutüberströmten Jugendlichen, dessen Nase ziemlich sicher gebrochen war.
Shit. Shit. Shit.

Der Dritte im Bunde, ein grobschlächtiger Kerl mit fleischigen Schultern und dem Gesicht einer überfahrenen Bulldogge, schwang seinen Dietrich, gerade als sich der Letzte von ihnen in Bewegung setzte.
Auf uns zu.
Kein einziger von ihnen sah glücklich aus. Noch nicht einmal der Junge, den sie am Kragen in die Höhe hielten, als würde so ein Bursche nicht mehr als ein Hühnchen wiegen. Lange, schlecht proportionierte Gliedmaßen schwankten in der Luft wie ein Wimpel.
„Hier gibt es nichts zu sehen!", schnarrte uns der Pistolentyp an und wackelte mit eben jener Waffe, um uns zu verscheuchen.

Und ich wollte ihm wirklich gerne gehorchen. Wirklich.
Die Sache war nur die... ich hatte etwas gegen Kindesmisshandlung. Und das galt auch für Teenager.
„Jules", ich rückte so unauffällig wie möglich zu dem Mechaniker, „Geh und hol Hilfe."
Ich könnte sowieso nicht mit diesen Schuhen rennen. Zumindest versuchte ich, mir das einzureden, als meine Augen sich auf den Mündungslauf der Waffe fixierten. Die Dinger waren alles andere als treffsicher, richtig? Ich wünschte, meine Erinnerung an historische Fakten würde sich in solchen Momenten nicht stets als Erstes verkriechen.

In meinem peripheren Sichtfeld sah ich einen Jules-förmigen unscharfen Flecken lossprinten. Ihm folgten sämtliche Augenpaare der Versammlung, was ich für mich nutzte, um einen unsicheren Schritt nach vorne zu machen. Wie schindeten die Helden in den Filmen noch immer Zeit? Leichte Konversation?
„Was kann ein Bursche getan haben, dass es gleich vier Männer braucht, um ihm eine Lektion zu erteilen?"
Oder man reizte sie.

„Verpiss dich", schnauzte die Bulldogge und ich sah selbst auf diese Distanz die Speicheltropfen aus seinem Mund fliegen. Innerlich zog ich mich angeekelt zurück. Wegen so was hatte man Desinfektionsspray erfunden.

Seiner geballten Faust zum Trotz spürte ich meinen eigenen Ärger anfluten. Das war kein guter Moment für schlechte Impulskontrolle. Aber dann wiederum fiel mir auch kein guter Moment für so etwas ein. Was hatten sie noch gleich gesagt? Verpiss dich?
„Aussprache, die Herren! Sie befinden sich in der Gegenwart einer Dame." Und nur, um meinen Punkt noch einmal zu unterstreichen, trat ich in den Lichtkegel der nächsten Gaslampe.

Keiner von ihnen war beeindruckt. Nicht mal ein bisschen. Aber wenigstens senkte der Erste die Pistole. Allerdings nur, um seinen Freunden zu bedeuten, dass sie sich dieses dreiste Kuriosum näher ansehen sollten.
„Sag mir, wollte dein Ehemann dich loswerden, dass er dich nachts in diesen Stadtteil schickt? Oder warst du selbst so blöd?"

Ausgezeichnete Frage. Vermutlich war es eine Mischung aus beidem. Ich kämpfte gegen den Drang an, vor den Kerlen zurückzuweichen, und reckte stattdessen das Kinn. Eine Darbietung, die beinahe von meinen zitternden Fingern kaputt gemacht wurde.
„Ich habe nach dem Grund gefragt, warum ihr ein Kind misshandelt. Darauf steht selbst in dieser Stadt zwei...", ich runzelte die Stirn, „Nein, sogar drei Monate unbezahlte Zwangsarbeit. Glaubt ihr etwa, dass die Polizei zu beschäftigt ist, um einem solchen Fall nachzu-...."

Der folgende Schuss ließ mich mit einem Schrei zu Boden gehen, auch wenn er nichts weiter tat, als einen Funken an der Hauswand zu schlagen.
Gelbzahn grinste mich an. „Glück gehabt." Entspannt lud er nach, als ich mich zurück auf die Füße kämpfte.

Tränen zogen ihre heißen Spuren über mein Gesicht und mit der Hand vor den Lippen behielt ich die wenigen Krümel des Abendessens drinnen. Er hatte. Auf mich. Geschossen. Ich hätte tot sein können! Und er grinste! Übelriechender Schlamm hatte sich in der kompletten Vorderseite des Kleides festgesogen.
„Versuchter Mord sind vier Jahre", presste ich mühsam zwischen meinen Zähnen hervor.

Bulldoggengesicht und sein Freund mit der Schnabelnase waren inzwischen nur noch zwei Schritte von mir entfernt. Ich sah jede Pockennarbe, jeden fehlenden Zahn und den gelben Schimmer in ihren Augen. Sie waren krank, alle miteinander. Die Gase in der Luft fraßen sich langsam durch ihren Körper und verpesteten ihr Blut.
„Er ist ein Dieb. Hat sich durch unsere Vorräte gefressen und jetzt müssen wir daheim unseren eigenen Kindern erklären, warum es diesen Monat nichts mehr geben wird außen den Küchenschaben in ihren Betten. Sag mir Fräulein, wenn du das Gesetz so gut kennst: Ist das auch versuchter Mord?"

„Sonst wäre ich selbst verhungert!", brüllte der Junge los, bemüht, sich aus dem Klammergriff seines Peinigers zu befreien. Doch dieser schüttelte ihn nur kräftig durch.
„Ach und du darfst entscheiden, wer stirbt und wer nicht?", blaffte er ihn an und holte neuerlich mit der Faust aus, „Ich prügle den Leib Brot aus dir heraus, du Mistkerl! Meine Tochter hatte seit zwei Wochen keine Mahlzeit mehr-..."

„GENUG!" Ich stolperte nach vorne, ehe sich seine Fingerknöchel noch einmal in das Gesicht des Jungen gruben. Meine Knie waren Nudeln. Oder die Pflastersteine in dieser Welt nicht so solide, wie sie den Eindruck erweckten. Mit unfähigen Fingern nestelte ich an einem kleinen Beutel an meinem Gürtel herum, bis ein paar Taler zum Vorschein kamen, die mir die Garderobe anvertraut hatte. Sie stammten ebenfalls aus einem Museum und waren für Notfälle. Doch wenn dies keiner war, dann wollte ich auch in keinen geraten.
„Ich weiß nicht wie viel er gestohlen hat", meine Stimme stockte und ich musste schlucken, „aber das hier sollte euch besser dienen als sein Leben."

Klirrend fielen die Münzen in die Hand von Schnabelnase, der sie kritisch beäugte. Er brauchte dafür so lange, dass Bulldogge die Geduld ausging und er ihn zur Seite schubste, um ihm die Taler abzunehmen und damit zu ihren übrigen zwei Kameraden zurückzukehren.
Sie alle steckten die Köpfe zusammen, doch der Typ mit der Pistole reagierte am schnellsten. Mit einer einzigen Bewegung entschied er die Entlassung des Jungen, der wie ein Haufen Knochen mitten zwischen ihnen auf den Boden klatschte. Das Geräusch ließ mich zusammenzucken.
„Es war mir eine Freude, Eure Bekanntschaft zu machen", deutete er eine spöttische Verbeugung an und zog seinen löchrigen Hut. Dabei offenbarte er einen beinahe kahlen Kopf. Am liebsten hätte ich ihm jede einzelne Münze an die Glatze geworfen. Hart und schnell wie Geschosse.

Mit einem widerwärtig breiten Grinsen stolzierte er an mir vorbei, dicht gefolgt von Bulldogge und Schnabelnase. Ihr letzter Kumpel blieb für einen kurzen Augenblick neben mir stehen.
„Ich weiß es bedeutet Euch nichts, aber ich danke Euch trotzdem. Das hier sollte für ein Luftschiffticket und ein neues Leben reichen." Die wässrigen Augen musterten mich, dann beeilte er sich, seinen Freunden zu folgen. Von seinen Knöcheln tropfte immer noch fremdes Blut.

Ich schloss die Lider. Meine Atmung ging in einem derartigen Tempo, dass mir schwindelig wurde und mein Magen rebellierte gegen den Gestank der Gestalten.
Warum konnte ich nicht einfach heim? Warum hatte Forges mich mit seinen dämlichen Kinderbildern hierzu überredet? Und warum hatte meine Mutter diese Welt so sehr geliebt, wenn es hier nichts als Dreck und Krankheit gab?
Letzter Gedanke erinnerte mich an den Jungen, der immer noch auf der Straße lag und ich zwang meine Augen wieder auf.

Wankend kam ich auf ihn zu und ging neben ihm in die Knie. Blut floss aus seiner Nase wie ein aufgedrehter Hahn, die Lippe war an zwei Stellen aufgeplatzt und die ersten Verfärbungen wurden sogar im nächtlichen Zwielicht auf seiner Haut sichtbar. Uff. So etwas würde in dieser Welt niemals aus dem feinen Stoff meiner Kleidung gehen.

Doch als ich die nassen Spuren der verängstigten Tränen auf seinen Wangen sah, schalt ich mich selbst für den Gedanken. Vorsichtig berührte ich ihn an der Schulter. „Sie sind fort", ich schluckte, „Wir haben noch einmal Glück gehabt."

„Du hättest ihnen das Geld nicht geben sollen."

Für einen kurzen Moment war ich erstaunt, wie sehr der Junge nach Nathan klang. Dann hob ich den Kopf.
Der Erfinder saß auf einem Gerüst nur wenige Meter über uns und ließ die Füße baumeln. Er hatte sein Kinn auf dem Geländer platziert und betrachtete die Szene unter ihm interessiert.
„Sie haben keinen Lohn verdient, wenn sie ihren Zorn an wehrlosen Kindern auslassen."

Ich konnte nicht anders als ihn anstarren. Wie lange saß er schon da und befand es nicht als notwendig mir zur Hilfe zu kommen? Vorsichtig richtete ich mich auf und half dem Jungen hoch.
„Meine Optionen waren eher limitiert dank der Tatsache, dass ich es alleine mit vier Kerlen aufnehmen musste."

Nathaniel kam ebenfalls auf die Beine und schwang sich in einer nebensächlichen Bewegung übers Geländer, sodass er neben uns auf den Füßen landete. Ein goldenes Funkeln kündigte Lil'Cub an, der sich freudig auf seiner Schulter niederließ.
Für einen kurzen Moment musterte sein Besitzer den Burschen eingehender, um sich ein besseres Bild von dessen Zustand zu machen, ehe er sich wieder mir zuwandte.
„Ich gebe zu, ich hatte mehr erwartet, nachdem du mich mit solch einem Talent beim Abendessen in meine Schranken gewiesen hattest."

War das sein Ernst? Er war immer noch eingeschnappt, wegen des Abendessens? Er hätte mich dafür beinahe sterben lassen.
„Das nächste Mal werde ich mehr Rücksicht auf deine zerbrechlichen Gefühle nehmen", giftete ich zurück.

Er verzog seine Lippen zu diesem schiefen Grinsen, das ihn um Jahre jünger wirken ließ. Seine blauen Augen blitzten.
„Vielen Dank. Du bist eine der merkwürdigsten Frauen, die mir jemals begegnet sind. Sag, warum hast du dir nicht den Dietrich geschnappt und deinen Standpunkt ohne Geld verteidigt?"

Wie bitte? Ich blinzelte verdutzt in die Nacht hinein. „Weil ich überleben wollte?" Sah ich etwa so aus, als könnte ich mich mit einem Werkzeug gegen vier Schläger verteidigen? Ich konnte es gar nicht oft genug wiederholen: HISTORIKERIN! Das war gleichbedeutend mit: Hauskatze. Ich sah vielleicht aus wie die anderen Exemplare, aber ich fürchtete mich selbst vor meinem eigenen Schatten.

Nathan zog die Nase kraus und fuhr sich mit der Linken durch die kurzen Stoppel seiner Haare. „Dann musst du dringend lernen, für dich einzustehen. Mir hat bereits nicht gefallen, wie dieser Forges dich das Genick einziehen ließ."

Oh, bitte gib mir den Dietrich und ich probiere die Golfmethode an dir aus.
„Forges hatte nichts mit meiner Entscheidung zu tu-..."

„Queenie!", Jules' Stimme ließ mich den Kopf drehen, „Ich bin gerannt, so schnell ich konnte! Ist alles in Ordnung bei dir? Forges wird mich umbringen, wenn-..." Als seine Augen Nathan und den Jungen fanden, der sich während unserem Streit einige Schritte zurückgezogen hatte, gingen ihm die Worte aus, bevor er seinen Satz beenden konnte.

Hinter ihm trat Jeter in den Schein der Straßenlaternen. Er sah ähnlich außer Atem aus wie mein Mechaniker, doch obwohl der von Nathans Anwesenheit eher nervös wurde, entspannte sich der Organisationsleiter sofort.
„Was waren das für Männer, Nathan? Problemstifter?"

Bei seinem Anblick streckte Lil'Cub die Flügel und surrte auf den Widerstandsanführer zu, eine hohe Melodie anstiftend.

Sein Erfinder stopfte die Hände in die Hosentaschen und trat von mir fort. „Nichts als hungernde Bürger. Sie werden keine weiteren Probleme machen." Sein Blick fiel zurück auf mich und Jeter hob eine fragende Augenbraue.

Doch er sollte keine Antwort bekommen, denn Jules fand in diesem Moment seine Stimme wieder und ich musste einschreiten, um das Gröbste zu verhindern.
„Jeter, kann ich dir diesen Jungen anvertrauen? Seine Wunden brauchen Fürsorge und ich befürchte sein Magen ebenfalls." Ich warf dem Burschen ein kleines Lächeln zu, doch er hatte nur Augen für den näherkommenden Hünen. Skeptisch trat er von einem Fuß auf den anderen.

„Sicherlich", der Anführer des Widerstands nickte, die Arme wie eine Glucke in die Seiten gestemmt, „Ich habe die Kinder lieber unter meinem Dach, als auf der Straße wo sie nichts als Ärger machen." Er wandte sich zu Gehen. „Ihr solltet verschwinden. Wir haben eine Polizei-Patrouille nur zwei Blocks von hier passiert. Sie werden bald vorbeikommen."

Hinter ihm kämpfte Jules mit seiner Selbstbeherrschung. Nervös strich er sich die Locken glatt und warf Nathan lange Blicke zu, die glücklicherweise großteilig von der Nacht verschluckt wurden. Zumindest hatte er den Anstand zu warten, bis Jeter und der Junge verschwunden waren, ehe er förmlich über Nathan herfiel.
„Also wirst du wieder mit uns zum Haus des Bürgermeisters kommen?"

Der Erfinder verschränkte die Arme. „Nein danke." Er gab einen belustigten Laut von sich und marschierte einfach an mir und Jules vorbei zum Ausgang der Sackgasse.

Wir wechselten einen Blick. Entweder er erwartete eine längere Entschuldigung oder aber er hatte bereits mit Jeter gesprochen. Nichts von beidem war gut. Also raffte ich meine Röcke und folgte ihm.
„Du glaubst also, unsere Mission ist zum Scheitern verurteilt?"

Er wurde nicht mal langsamer. Flankiert von zwei Menschen, die ihm in körperlicher Größe nicht das Wasser reichen konnten, musste er sich wahrlich außergewöhnlich vorkommen, mit seinen riesigen Schritten und dem Kinn weit erhoben.
„Ich denke, dass eure Gruppe zum Scheitern verurteilt ist."

Ich schnappte nach Luft. Nahmen wir mich einmal heraus, waren das hier die besten Mitglieder, die TWTA zu bieten hatte.
Aber das wusste er natürlich nicht. „Und es wäre selbstverständlich unter deiner Würde, mit etwas anderem als Profis zu arbeiten!" Wenn er so weiter machte, würde ich Forges doch um Erlaubnis bitten einen größeren historischen Eingriff durchzuführen.

Sein Schritt kam ins Stocken und er drehte sich zu mir um. Herausfordernd hob er die Augenbrauen.
„Wenn du wirklich nett fragst, überlege ich es mir vielleicht noch einmal."

Also hatte er doch noch nicht mit Jeter gesprochen. Unbewusst schob ich das Kinn vor.
„Das würde mich nicht so viel kosten, wie dich die Entschuldigung beim Bürgermeister. Bereit, auch den eigenen Stolz herunter zu schlucken, oder gelten deine Ansprüche nur für andere?"

Aus irgendeinem Grund brachte ihn das zum Lachen. Grinsend griff er an seine rechte Seite und zog eine Pistole aus dem Gürtel. In einer einzigen Bewegung schaffte er es, Jules Hand wegzuschlagen und sie mir in die Finger zu drücken.
„Ich will, dass du für dich selbst einstehst. In jeder Situation. Nicht nur gegen mich."

Ich starrte die Waffe an.
Wa...wie...Oh GOTT! Nimm es weg! Nimm es verdammt noch mal weg! Was wenn es einfach losging? Wenn ich jemanden erschoss?
Ich traute mich nicht, mich zu bewegen.
„Und warum ist das so?", brachte ich mit minimalem Lippeneinsatz heraus.

„Weil", Nathan räusperte sich einmal, doch kein Funken Unsicherheit betrog seine Haltung, „Für das Kind einzustehen war... selbstlos. Und so etwas habe ich seit bestimmt fünf Jahren nicht mehr gesehen." Er zuckte mit den Schultern, auch wenn sein verdecktes Kompliment mich genauso rot anlaufen ließ wie Jules. Nathan blieb unberührt.
„Also ändere ich meine Bedingungen. Ich will, dass du auf dieses Schild schießt." Er deutete fort, doch ich sah es nicht, weil ich mich nicht traute, den Kopf zu bewegen. „Sieh es als ersten Schritt in deinem Training."

Ich. Sollte. Was?
„Bist du eigentlich übergeschnappt? Das ist illegal!" Ich kämpfte gegen die hysterische Höhe meiner Stimmbänder an und verlor auf ganzer Linie. „Ich werde ganz bestimmt nicht nachts im Dunkeln eine Waffe abfeuern! Ich werde die halbe Stadt wecken!" Polizisten würden kommen, neue Straßengangs vorbeischauen und vor allem: Was konnte denn der Shop-Besitzer dafür?

„Wenn du weiter so kreischst, werden sie so oder so wach werden", erwiderte Nathan entspannt. Für ihn war das hier nichts als ein Spiel. Ein Weg, um mich an meine Grenzen zu bringen oder Rache zu nehmen, weil ich ihn gegen Forges nicht unterstützt hatte.

Das würde er noch bereuen! Ich brach in Schweiß aus. Es musste doch einen anderen Weg geben, um ihn zum Haus zu bekommen, die nicht in einer Katastrophe enden würden!
Ganz vorsichtig, um Erschütterungen zu vermeiden, versuchte ich, ihm die Pistole zurückzugeben.

Er wich mir aus. Laut lachend riss er die Arme in die Luft und tänzelte von mir fort, als hätte ich die Pest.

Nahe dran. In einer uneleganten Bewegung wechselte ich meine Richtung zu Jules, der zwar bereits die Hände freudig nach diesem Desaster ausstreckte, doch Nathan schritt sofort dazwischen.
„Keine Chance, Queenie. Entweder du oder ich kehre hier und jetzt zu Jeter zurück."

Er weckte in mir das Bedürfnis, ihn zu erschießen. Aber dem war er sich offensichtlich nicht bewusst. Hatte ich inzwischen wieder Zugriff auf mein historisches Wissen und konnte sagen, wie treffsicher diese Dinger waren? Nicht sonderlich, aber das war eigentlich auch irrelevant, wenn man darüber nachdachte, dass ich auch nicht zielen konnte.
Und noch ehe ich einen weiteren logischen Gedanken finden konnte, umfasste ich den Griff und schoss.

Auf den Fußboden.

Zwischen uns.

...

Das musste man erst einmal wirken lassen.
Und ich war die Einzige, die nicht in einem riesigen Satz fortsprang. Weil ich dachte, dass die Sicherung noch drinnen gewesen wäre. Der Schock über diesen Moment betäubte mich so sehr, dass ich Nathan die Waffe tatsächlich mit einem nüchternen Gesichtsausdruck zurückgab.
„Ich hab's versucht. Wir gehen jetzt."

Obwohl Jules Augen größer als die Scheinwerfer waren, folgte er mir ohne ein weiteres Wort der Diskussion. Doch ich hörte seine geflüsterten Worte hinter meinem Rücken. „Tu das nie wieder! Wir hätten sterben können!"

Nathan lachte nur leise. Das nächste Mal würde ich ihn erschießen.

Wir erreichten das Haus des Bürgermeisters nach Mitternacht. Und in jedem Fenster brannte das Licht.

Eine Wagenladung Steine landete in meinem Magen und machte den nächsten Schritt beinahe unmöglich. Hatte Forges bemerkt, dass wir verschwunden waren? Es war die schönste Erklärung, die ich für die hektischen Schatten hinter den Vorhängen fand.

Vor uns wurde die Tür aufgerissen, bevor wir überhaupt das kleine Gartentor passieren konnten. Gleißendes Licht umrandete die Gestalt, die die wenigen Stufen auf uns zu gestolpert kam.
„Eliza? Jules?" Brams Stimme war rau vor Sorge, als seine instabilen Beine ihren Weg zu uns fanden.

Ich hatte Probleme, die Augen zu fokussieren. In meinen Ohren rauschte das Adrenalin, auch wenn ich mich bemühte, die schlechte Vorahnung im Zaum zu behalten.

„Bram? Was ist passiert?" Tiefe Falten zeichneten ihre Linien auf Jules jugendliches Gesicht, als er neben mich trat und den Forscher an der Schulter griff. Er schien die Stütze tatsächlich zu benötigen.

„Forges... sie haben seine Leiche gefunden!"

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"Voted gegen Cliffhänger!"- Queenie.

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